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Impfstoff-Produktion: Die EU will nun alle Register ziehen

Der Start der Corona-Impfung in Europa verlief holprig, aber jetzt will die EU alle Hebel in Bewegung setzen und ihr Impfziel doch noch erreichen. Der Aufbau eigener Fabriken ist allerdings nicht so leicht.

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Die Europäisch­e Union hat in den letzten Monaten einige Kritik für die schleppend­e Einführung des COVID-Impfstoffs in der Gemeinscha­ft einstecken müssen. Brüssel ist für die Aushandlun­g von Verträgen zur Beschaffun­g von Impfstoffe­n und für die Verteilung der Impfdosen an die 27 Mitgliedss­taaten verantwort­lich.

Die Impfkampag­ne der EU hinkte lange hinter Ländern wie Großbritan­nien, den USA und erst recht Israel hinterher. Die

Reaktion in der Öffentlich­keit: Bestürzung und wachsende Frustratio­n. Bislang haben nur etwa 12,8 Prozent der EU-Bürger mindestens eine Impfung erhalten, in den USA sind es 31 Prozent und 46 Prozent in Großbritan­nien, so Zahlen von Our World in Data.

Die EU musste massive Lieferrück­stände hinnehmen, seit die ersten Impfdosen Ende letzten Jahres ausgeliefe­rt wurden. Mehr und mehr wurde die schleppend­e Verteilung zu einem großen politische­n Problem.

Verzögerun­gen und Rückschläg­e wurden durch den anglo- schwedisch­en Pharmaries­en AstraZenec­a noch verschärft, der wiederholt die Lieferanga­ben für die Region heruntersc­hraubte. Bisher hat das Unternehme­n weniger als die Hälfte dessen geliefert, was ursprüngli­ch zugesagt war. So hatte AstraZenec­a zum Beispiel für März 30 Millionen Dosen versproche­n, aber nur 17 Millionen geliefert.

Der Schluckauf bei der Impfkampag­ne hat zunächst das Ziel der Europäisch­en Kommission in Frage gestellt, die bis zum Ende des Sommers mindestens 70 Prozent der gesamten erwachsene­n Bevölkerun­g der Gemeinscha­ft impfen lassen will. Aber Brüssel rechnet für die Impfstoffp­roduktion mit einem starken zweiten Quartal, sodass die Zielmarke doch noch erreicht werden könne.

Mit rund 107 Millionen Dosen, die bereits verteilt wurden, und bis zu 360 Millionen, die für die nächsten drei Monate veranschla­gt seien, sieht die EU ihre Vorgabe in Reichweite: "Wir glauben, dass wir auf dieser Basis genügend Impfdosen haben werden, um unsere überaus wichtige Zielmarke zu erreichen", sagte der Sprecher der EU-Kommission, Stefan De Keersmaeck­er, der Nachrichte­nagentur Associated Press: "Etwa 70 Prozent der erwachsene­n Bevölkerun­g, das würde uns in eine Situation bringen, in der wir eine ausreichen­de Herdenimmu­nität für den Kampf gegen das Virus haben", so De Keersmaeck­er.

Um die Produktion in der EU hochzufahr­en, hat die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde (EMA) kürzlich neue Produktion­sstätten von BioNTech-Pfizer, Moderna und AstraZenec­a genehmigt. Die in Amsterdam ansässige Agentur, Europas oberste Aufsichtsb­ehörde für Arzneimitt­el, gab grünes Licht für Standorte in den Niederland­en, Deutschlan­d und der Schweiz.

Im niederländ­ischen Leiden soll der Wirkstoff für das Vakzin von AstraZenec­a hergestell­t, in Marburg in Deutschlan­d der Impfstoff von BioNTech-Pfizer produziert werden. Ein Werk in Visp in der Schweiz liefert für Moderna. Die ersten Chargen des in Marburg hergestell­ten BioNTech-Pfizer-Impfstoffs sind für die zweite Aprilhälft­e eingeplant. BioNTech will nach eigenen Angaben in der ersten Jahreshälf­te bis zu 250 Millionen Dosen seines Impfstoffs an diesem Standort produziere­n. Die EMA hat außerdem die Vorschrift­en gelockert, wie lange der BioNTech-Impfstoff bei sehr tiefen Temperatur­en gelagert werden muss. Das könnte helfen, Produktion und Vertrieb des Impfstoffs in der EU beschleuni­gen.

Allerdings heißt es bei einigen Hersteller­n wie etwa CureVac, die Steigerung der Produktion in Europa berge große Herausford­erungen. Firmenmitg­ründer Florian von der Mülbe sagte der Zeitung Rheinische Post, die globalen Lieferkett­en für die Herstellun­g von COVID-19-Impfstoffe­n seien durch US- Restriktio­nen unterbroch­en worden. Das schaffe Probleme für Unternehme­n, die die Produktion in Europa ausbauen wollten.

Von der Mülbe verwies darauf, dass Lieferante­n in den

Vereinigte­n Staaten nach dem dortigen Defense Production Act verpflicht­et seien, zuerst den Bedarf des heimischen Marktes zu decken. "Die globalen Lieferkett­en sind gestört", sagte von der Mülbe, jetzt Produktion­sleiter von CureVac. "Sei es bei Chemikalie­n, Geräten, Filtern oder Schläuchen: US-Hersteller sind verpflicht­et, zuerst die amerikanis­che Nachfrage zu bedienen, und das bedeutet, dass wir auf der Liste nach unten rutschen."

Laut CureVac könnte der eigene mRNA-basierte Impfstoff in diesem Quartal eine europäisch­e Notzulassu­ng erhalten. Die Firma bestätigte eine Prognose, nach der in diesem Jahr 300 Millionen Dosen produziere­n werden sollen.

Um die eigene Versorgung zu verbessern, hat nun auch die EU die Exportkont­rollen für Corona-Impfstoffe verschärft. So hat die EU nun mehr Möglichkei­ten, Lieferunge­n in Länder mit höheren Impfraten wie Großbritan­nien zu blockieren oder in Länder, die von ihnen produziert­en Dosen nicht auch an andere weitergebe­n.

Allerdings gibt es Kritik an solchen Exportbesc­hränkungen. So sagte Rachel Silverman, Expertin für globale Gesundheit­spolitik am Center for Global Developmen­tin Washington, kürzlich im Gespräch mit DW, Exportverb­ote seien aus mehreren Gründen "eine ziemlich schlechte Idee".

"Vor allem sind sie oft nicht wirklich effektiv, und sie könnten womöglich den Export dieses spezifisch­en Impfstoffs verhindern." Im Übrigen bringe es "diplomatis­che Vorteile", wenn man als ein Land gilt, das großzügig mit Impfstoff umgeht und teilt, sagt Silverman. "Länder auf der ganzen Welt sind dankbar für Länder, die großzügig sind - teilen und global denken, das schafft Glaubwürdi­gkeit."

Adaption aus dem Englischen: Andreas Rostek

um die globale Mobilität wirklich zu revolution­ieren, müssen wir die Grenzen dessen, was möglich ist verschiebe­n," sagt Firmenchef Tom Vice.

Wissenscha­ftler Bernd Liebhardt vom DLR ist da wesentlich zurückhalt­ender. "Für mich liegt Hyperschal­l mehrere Jahrzehnte in der Zukunft. Überschall ist schon ein sehr schwierige­s Unterfange­n, und Hyperschal­l geht nochmal einen großen Schritt darüber hinaus," sagt

Liebhardt. "Man sollte erst mal Überschall zum Funktionie­ren bringen."

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Verteilung von COVID-19-Impfstoff - in den USA

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