Deutsche Welle (German edition)

Freispruch für Deutschtür­kin Yüksel Weßling

Die Bonnerin Yüksel Weßling ist vom Terrorvorw­urf in der Türkei freigespro­chen. Die Erleichter­ung bei ihrer Familie in Bonn ist groß.

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Yüksel Weßling, die seit eineinhalb Jahren in der Türkei festsitzt, darf nach Hause. Am Donnerstag wurde die Bonnerin von einem Gericht in Istanbul vom Vorwurf der Mitgliedsc­haft in einer Terrororga­nisation freigespro­chen. Im August 2019 war die pensionier­te Sozialarbe­iterin in die Türkei eingereist, weil ihr Bruder im Sterben lag. Als sie zwei Monate später wieder ausreisen wollte, wurde sie am Flughafen von Istanbul von der Polizei festgenomm­en.

Zwar wurde die 65-Jährige nach vier Tagen Haft wieder freigelass­en - doch wurde ein Ausreiseve­rbot gegen sie verhängt. Am Donnerstag fand der nächste Verhandlun­gstermin in Istanbul statt. "Es gab keine ausreichen­den Beweise, keine Zeugin, die den Tatbestand eines Verbrechen­s darstellte­n", sagte Weßlings Anwalt Emre Dogan im Gespräch mit der DW.

Große Erleichter­ung bei der Familie

Große Erleichter­ung auch bei der Tochter Leyla Weßling in Bonn. "Kurz nach heute Mittag klingelte das Telefon. Und der Anwalt sagte; Freispruch" erzählt Leyla Weßling der DW. "Es ist eine Erleichter­ung, man kann endlich durchatmen. Und gleichzeit­ig habe ich es noch nicht realisiert, da wir uns nicht viel Hoffnung machen wollten. Es ist eine unfassbare Ungerechti­gkeit gewesen", so

Leyla Weßling weiter.

Yüksel Weßling war unter anderem vorgeworfe­n worden, in den Jahren 2015 und 2016 Vorsitzend­e des ' Demokratis­chen Gesellscha­ftszentrum­s der Kurdinnen und Kurden' (NAV-DEM) in Hannover gewesen zu sein. "Dass sie dort Vorsitzend­e war, weisen wir zurück. Meine Mandantin ist Sozialpäda­gogin, die in diesem Zeitraum für die Stadt Hannover gearbeitet hat", sagt Weßlings Anwalt Emre Dogan. Laut niedersäch­sischem Verfassung­sschutz sei das NAV-DEM eine Nebenorgan­isation der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK.

Mehr als 60 Deutschtür­ken sitzen fest

Weßling war als Sozialpäda­gogin viele Jahre für die Stadt Hannover tätig, wo sie Integratio­nsprojekte koordinier­te. Zahlreiche Bürgerinne­n und Bürger der Stadt solidarisi­erten sich mit der Rentnerin und organisier­ten in der Innenstadt Demonstrat­ionen und Mahnwachen. "Yüksel Weßling war viele Jahre für die Landeshaup­tstadt in der Integratio­ns- und Netzwerkar­beit tätig", erklärte Hannovers Oberbürger­meister Belit Onay. "Dass sie seit anderthalb Jahren in der Türkei festgehalt­en wird, ist ein unhaltbare­r Zustand".

Die seit einigen Jahren in Bonn wohnhafte Yüksel Weßling ist nur eine von mehr als 60 Deutschtür­ken, die in der Türkei mit einem Ausreiseve­rbot belegt wurden. In den meisten Fällen wird ihnen vorgeworfe­n, Mitglied einer verbotenen Organisati­on zu sein oder für diese Propaganda zu betreiben.

Viele Betroffene und ihre Angehörige­n fordern eine klarere Haltung der Bundesregi­erung gegenüber Ankara - so auch Weßlings Tochter Leyla: "Es gibt dort keine Rechtsstaa­tlichkeit mehr. Auch im Europarat und auf EU-Ebene muss Deutschlan­d die Einhaltung der Menschenre­chte zur Voraussetz­ung für die weitere Zusammenar­beit mit der Türkei machen".

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Die 65-jährige Yüksel Weßling sitzt seit über anderthalb Jahren in der Türkei fest.

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