Deutsche Welle (German edition)
Der Kampf um Grönlands Bodenschätze
Die Erderwärmung lässt Grönlands Eis schmelzen und legt unerschlossene Öl-, Gasund Mineralvorkommen frei. Die jüngste Wahl zeigt ein gespaltenes Land auf der Suche nach der Balance zwischen Wirtschaft und Umweltschutz.
Naasu Lund, Bäuerin in dritter Generation, begutachtet ihr Land. Die Stille wird nur von einem heftigen Wind und dem Blöken der grasenden Schafe unterbrochen. Ihr Hof in der Nähe der Stadt Narsaq im Süden Grönlands liegt nur sieben Kilometer von einer geplanten Mine für den Abbau von Uran und Seltener Erden entfernt.
Lund hatte sich Sorgen gemacht, dass die umliegende Natur und ihre Farm, auf der Urlaubsgäste Grönlands unberührte Landschaft genießen wollen, durch die Mine in Gefahr geraten könnten. Jetzt kann sie aufatmen. Das Abbauvorhaben wurde vorerst gestoppt.
"Wir sind Hüter dieses Landes und betrachten uns als Teil der Natur", sagt die Farmbesitzerin. "Wir haben jetzt die Möglichkeit, es so zu entwickeln, wie wir es für richtig halten."
Um die geplante KvanefjeldMine tobte der jüngste Wahlkampf in Grönland. Man könnte sagen, der Streit um die Mine stürzte die Siumut-Partei vom Regierungsthron. Sie war seit 1979, als das Land die Autonomie von Dänemark erlangte, fast ununterbrochen an der Macht und befürwortete das Bergbauprojekt.
Bei der jüngsten Wahl in Grönland hat die linke Umweltpartei Inuit Ataqatigiit (IA) die meisten Stimmen geholt. Sie hatte sich gegen den Abbau der Bodenschätze gestellt und bereits versprochen, das Projekt zu den Akten zu legen. Allerdings: Ob es tatsächlich so kommt, ist längst noch nicht klar. Denn alleine regieren kann die IA nicht, sie muss eine Koalition mit an
deren Parteien bilden.
Die Kontroverse um das Bergwerk offenbart: Die Bevölkerung der Insel im Nordatlantik ist tief gespalten über die Abwägung zwischen wirtschaftlichen Gewinnmöglichkeiten und dem Schutz der unberührten arktischen Umwelt. Und die Debatte hat in den letzten Jahren an Schärfe zugenommen, denn die globale Erderwärmung lässt Grönlands Eisdecke schmelzen und legt reiche Vorkommen an Öl-, Gas und Mineralien frei, die auf internationales Interesse stoßen, insbesondere in China und den USA. werde Grönland einen großen finanziellen Segen bringen.
Greenland Minerals Limited (GML), ein australisches Unternehmen, das die KvanefjeldMine entwickelt, sagt voraus, dass das Land über die geplante Lebensdauer der Mine von 37 Jahren jährlich gut 200 Millionen Euro an Steuern und Lizenzgebühren erhalten würde. Der größte Anteilseigner von GML ist die Shenghe Resources Holding, ein chinesisches Unternehmen, das Seltene Erden verarbeitet und Verbindungen zur chinesischen Regierung hat.
Bisher hängt Grönlands Wirtschaft größtenteils von der Fischerei, dem Tourismus und jährlichen Zahlungen in Höhe von 600 Millionen Dollar aus Dänemark ab. Eine Ausbeutung der Ressourcen könnte eine Möglichkeit sein, die Staatskasse aufzubessern und einen Weg zu echter Unabhängigkeit zu finden. Umfragen zeigen eine breite Befürwortung für die Abspaltung von Dänemark. In einer Befragung der Universität Kopenhagen gaben 2019 rund 67 Prozent der Erwachsenen an, sich in Zukunft ein unabhängiges Grönland zu wünschen.
"Es ist nicht sicher, dass das Projekt der KvanefjeldMine tatsächlich niemals realisiert wird", sagt Mikaa Mered, Dozentin für arktische Angelegenheiten an der Wirtschaftshochschule HEC in Paris. "Wenn die Siumut-Partei in der Zukunft an die Macht zurückkehrt, könnte der Kampf um die Unabhängigkeit immer noch über die Uranminen geführt werden."
Kvanefjelds Gegner argumentieren, die wirtschaftlichen Vorteile durch den Ressourcenabbau würden schöngerechnet, etwa das Argument, er würde Arbeitsplätze bringen. Denn auf der 56.000 Einwohner zählenden Insel fehle schlicht das Fachwissen über den Abbau und die Verarbeitung von Selten Erden. Außerdem, so argumentieren sie, werde die potentielle Bedrohung für das unberührte Ökosystem der Insel unterschätzt.
"In aller Regel verdienen die Einheimischen nicht so sehr an den Minen, wie anfangs versprochen. Stattdessen bleibt ihnen nach dem Abbau ein verschmutztes Land", sagt Mariane Paviasen, eine IA-Abgeordnete aus Narsaq, die sich seit 2013 gegen die Mine einsetzt und von ähnlichen Projekten auf der ganzen Welt berichtet.
Die überwiegend aus Inuit bestehende Bevölkerung von Narsaq befürchtet, dass beim Abbau Staub von Uran und anderen radioaktiven Nebenprodukten über die Landschaft geweht werden könnte. Einheimische und Umweltschützer, darunter Friends of the Earth Denmark, sorgen sich um die Verschmutzung von Boden, Wasser und Meereslebewesen durch Bergbauabfälle. Die Fischerei ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt.
"Unser Leben hängt vom Meer ab", sagt Ole Jorgen Davidsen, Fischer und Mitglied der dänischen Fischervereinigung KNAPK. "Unser kulturelles Erbe, unsere Wirtschaft und sogar unsere Freizeit sind mit der Natur verbunden, in der wir leben. Der Fischfang ist die Lebensgrundlage für die meisten Familien hier."
Greenland Minerals Limited lehnt es ab, das aktuelle Wahlergebnis zu kommentieren - und was es für das Projekt bedeuten könnte. Vor der Wahl sagte das Unternehmen der DW, man habe robuste Sicherheitsund Umweltbewertungen durchgeführt. "Wir haben in allen Bereichen, die ein Risiko für die Umwelt darstellen könnten, internationale Experten hinzugezogen", so Jorn Skov Nielsen, Executive General Manager von GML.
Für Lill Rastad Bjorst, außerordentliche Professorin für Sozialwissenschaften an der Universität Aalborg, ist der Wahlerfolg der Inuit Ataqatigiit ein Zeichen dafür, wie wichtig die Umwelt für die Identität der Grönländer ist, und welche Spuren die dänische Kolonialisierung des Landes in den Inuit-Gemeinschaften hinterlassen hat. Etwa 88 Prozent der Bevölkerung der Insel sind Inuit oder Dänisch-Inuit.
Bjorst arbeitet seit 2013 mit der Narsaq-Gemeinde zusammen und berichtet, die Einheimischen fühlten sich als "Zuschauer eines Entwicklungsprojekts" - so wie früher. Die heute autonome Insel stand vom frühen 18. Jahrhundert bis 1979 unter direkter dänischer Herrschaft.
Die IA- Partei will die Unabhängigkeit Grönlands erreichen, indem sie, laut eigener Aussage, die Wirtschaft des Landes vorantreiben und gleichzeitig auch die Lebensbedingungen mit "Respekt vor der Umwelt" verbessern will. Das könnte, so Mariane Paviansen von der IA, eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion im eigenen Land beinhalten. "Um unseren ökologischen Fußabdruck in Verbindung mit dem Transport zu reduzieren und nach alternativen Wegen zur Unabhängigkeit zu suchen", sagt sie. Derzeit ist das Grönland weitgehend auf Lebensmittelimporte angewiesen.
Dennoch zeigten lokale Medienumfragen vor der Wahl, dass zwar 63 Prozent der Befragten gegen das Kvanefjeld-Bergbauprojekt waren, aber nur 29 Prozent gegen den Bergbau im Allgemeinen. Und da Grönlands natürliche Ressourcen durch den Klimawandel immer leichter zugänglich werden und mehr internationales Interesse auf sich ziehen, werden die Grönländer weiterhin eine Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz finden müssen.
gar nicht erst als Saatgut zertifizieren lassen.
Zusätzlich zum Sortenschutz verbieten Saatgutvermarktungsgesetze in vielen Ländern den Verkauf oder sogar die Weitergabe von nicht- zertifiziertem Saatgut. Damit sollen Standards gewahrt bleiben und ein hoher kommerzieller Ertrag unter industriellen Anbaubedingungen gewährleistet werden.
Saatgut von Agrarkonzernen zu kaufen ist somit oft die einzige legale Möglichkeit. Und das bedeutet, dass weltweit immer mehr Lebensmittel auf immer weniger genetischer Vielfalt basieren. an einem Standort zu stark, kann die Pflanze dort nicht mehr gedeihen.
Würden dagegen viele verschiedene Nutzpflanzen angebaut, die jeweils über eine große genetische Vielfalt und damit über Änderungspotenzial verfügten, könnten sich die Pflanzen selbst anpassen, erklärt Peschard - und wenn eine Pflanze ausfalle, bedeute dies für die Landwirte dann nicht mehr unbedingt den Verlust der gesamten Ernte. "Je homogener unser Genpool ist, desto anfälliger sind wir für alle Arten von Umwelt-Stress und wir wissen, dass es mit dem Klimawandel immer mehr Umwelt-Stress geben wird", so die Wissenschaftlerin. wingen, wo Lebensmittel noch großenteils von kleineren, nachhaltigeren Betrieben produziert werden.
"Wir sehen das als einen Neokolonialismus, der unsere Lebensgrundlagen und unsere Umwelt zerstört", sagt Mariam Mayet, Direktorin des African Center for Biodiversity in Südafrika.
Eine Umstellung auf standardisiertes Saatgut verändert ganze Agrarsysteme. Denn die vier großen Agrarkonzerne Bayer, Corteva, ChemChina und Limagrain produzieren auch eigene Düngemittel und Pestizide, an die ihr Saatgut bestens angepasst ist. Ohne diese Mittel gelingt es Bauern kaum, nach der Aussaat des Konzernsaatguts genügend Erträge zu erzielen.
Eine Umstellung auf das Saatgut der Agrarkonzerne diktiert also in der Folge, wie Felder angelegt werden, welche anderen Pflanzen noch überleben können sowie den Nährstoffhaushalt des Bodens und damit wiederum den Bedarf an passenden Düngemitteln.
Mayet fordert Ausnahmen von der Saatgutgesetzgebung, um den Bauern die Autonomie zu geben, ihre traditionelle Landwirtschaft zu bewahren, die "das Fundament ist, um die ökologische Integrität, die Nachhaltigkeit der Natur, die biologische Vielfalt, die Landschaft und die Ökosysteme zu schützen." Und sie ist nicht allein.
Auf der ganzen Welt gibt es Bewegungen für Ernährungssouveränität, wie die transnationale La Via Campesina, die Alliance for Sustainable and Holistic Agriculture in Indien, das Third World Network in Südostasien und Let's Liberate Diversity! in Europa. Sie setzen sich für Saatgutnetzwerke ein, die es Bauern und Kommunen ermöglichen, die Agrarriesen zu umgehen und Saatgut zu eigenen Bedingungen zu verwalten.
Der Landwirtschaftssoziologe Jack Kloppenburg verpackt seit sechs Jahren Saatgut und verschickt es über die Open Source Seed Initiative (OSSI) an Bauern. Inspiriert wurde OSSI vom System der Open-SourceSoftware. Dabei werden Computercodes generiert, die von jedem frei genutzt, verbreitet und verändert werden können, solange die Nutzer anderen dieselben Freiheiten zugestehen.
Auch die Open- SourceSaatgutsorten sind frei verfügbar und werden weithin getauscht. Anstelle einer Lizenz unterliegt ihre Nutzung, wie bei den Computercodes, dem Versprechen, sie für andere verfügbar zu halten.
Jedes Päckchen OSSI-Saatgut liegt eine Erklärung bei: "Indem Sie diese Packung öffnen, versprechen Sie, dass Sie die Nutzung dieses Saatguts und seiner Derivate durch andere nicht durch Patente, Lizenzen oder andere Mittel einschränken werden." Nutzer müssen zudem versprechen, das Saatgut nur mit diesem Versprechen weiterzugeben und seine Herkunft zu benennen.
Kloppenburg gibt zu, dass das Modell nicht perfekt ist; weil das so verteilte Saatgut rechtlich nicht geschützt ist, ist es anfällig für Missbrauch durch kommerzielle Interessen. Aber er ist überzeugt, dass das Konzept "Teilen zugunsten des Gemeinswohls" funktioniert und an unterschiedliche lokale Bedürfnisse angepasst werden kann.
Die industrialisierte Landwirtschaft, die den Ertrag auf Kosten von Biodiversität und Ökologie maximiert, werde oft mit dem Argument gerechtfertigt, man müsse die Welt ernähren, sagt Kloppenburg. Für ihn ist das die falsche Betrachtungsweise. "Die Menschen müssen sich selbst ernähren können - und es muss ihnen wieder erlaubt werden, das zu tun."