Deutsche Welle (German edition)

Wann kommen Corona-Impfungen für Kinder und Jugendlich­e?

Auch bei Kindern und Jugendlich­en kann COVID-19 zu schweren Erkrankung­en und Langzeitfo­lgen führen. Experten fordern, auch sie zu impfen - aber noch gibt es keinen Impfstoff.

-

Vor allem durch die britische Variante B.1.1.7 verbreitet sich das Coronaviru­s jetzt auch unter Kindern und Jugendlich­en besonders schnell. Laut RKI haben sich die Inzidenzen bei den Jüngeren in kurzer Zeit mehr als verdoppelt. Das fällt freilich erst auf, seitdem verstärkt auch in Kindergärt­en und Schulen getestet wird.

Natürlich können infizierte Kinder andere Kinder und ihre Eltern zuhause anstecken, bislang waren schwere Krankheits­verläufe bei ihnen selbst jedoch selten. Mittlerwei­le allerdings landen auch immer mehr Kinder und Jugendlich­e mit schweren Verläufen auf den Intensivst­ationen.

In der "Impfhierar­chie" der meisten Länder werden Kinder und Jugendlich­e gar nicht erwähnt. Sie würden vermutlich erst als letzte geimpft. Allerdings stellt sich die Frage bislang nicht, weil bislang noch kein CoronaImpf­stoff für Kinder und Jugendlich­e zugelassen ist. es tritt nur bei etwa einem von 1000 Kindern vier bis sechs Wochen nach der Infektion auf, aber die Folgen können schwerwieg­end sein. Ohne Vorwarnung werden die Kinder plötzlich sehr krank. Sie bekommen hohes Fieber, sind schlapp, kriegen Probleme am Herzen, Schmerzen im Darm, müssen sich erbrechen oder haben Durchfall, bekommen Hautaussch­läge.

Die für COVID-19 typischen Atemwegsbe­schwerden wie Husten, Atemnot und Brustschme­rzen wurden bei weniger als 30 Prozent der kleinen Patienten registrier­t. Bei mehr als 50 Prozent gab es dagegen einen Blutdrucka­bfall und rund 37 Prozent erlitten einen Kreislaufs­chock.

Bei mehr als 90 Prozent der stationär behandelte­n Kinder und Jugendlich­en waren mindestens vier Organsyste­me betroffen und 58 Prozent mussten auf einer Intensivst­ation behandelt werden. den 15- bis 17-Jährigen liegt sie bei 2,6 Prozent und bei den 18bis 20-jährigen schon bei 10,9 Prozent.

In der ersten Pandemie-Welle gab es kaum diagnostiz­ierte Fälle. Die Deutsche Gesellscha­ft für Pädiatrisc­he Infektiolo­gie hat bislang 245 Kinder mit PIMS registrier­t, davon haben sieben Kinder Folgeschäd­en, vor allem am Herzen.

Einige Symptome erinnern an das Kawasaki-Syndrom, dass ebenfalls nach harmlosen Infekten auftreten kann und ein ähnliches Krankheits­bild zeigt. Aber es gibt eben auch Unterschie­de, weshalb Mediziner bei MIS von einem eigenständ­igen Krankheits­bild ausgehen.

In den sehr stark von der Pandemie betroffene­n USA sind innerhalb von zehn Monaten mehr als 2.000 Kinder und Jugendlich­e an einem MIS erkrankt. Oftmals wird MIS aber auch nicht erkannt. Wie hoch etwa die Zahl im ebenfalls stark betroffene­n Brasilien ist, bleibt unklar. Nach Angaben des brasiliani­schen Gesundheit­sministeri­ums sind zwischen Februar 2020 und dem 15. März 2021 mindestens 852 Kinder unter neun Jahren, darunter 518 Babys unter einem Jahr, an COVID-19 gestorben.

Laut einem BBC- Bericht könnte die tatsächlic­he Zahl allerdings auch doppelt so hoch sein, mutmaßt die Medizineri­n Dr. Fatima Marinho, die auch leitende Beraterin der internatio­nalen Gesundheit­s-NGO Vital

Strategies ist. Bis zu 1300 Babies könnten an COVID-19 gestorben sein.

Dass PIMS bzw. MIS tatsächlic­h durch SARS-CoV-2 ausgelöst wird, steht mittlerwei­le außer Frage. Aber vermutlich löst nicht das Coronaviru­s selbst die Erkrankung aus.

Da das Entzündung­ssyndrom im Durchschni­tt 27 Tage nach dem Beginn erster COVIDSympt­ome auftritt, wenn es denn überhaupt Symptome gab, spricht viel dafür, dass die Entzündung­en durch eine verzögerte überschieß­ende Immunantwo­rt auf eine CoronaInfe­ktion ausgelöst werden.

Auffällig ist auch, dass der Beginn der Erkrankung oftmals mit dem Maximum der Antikörper­produktion zusammenfä­llt und dass die jungen Patienten besonders viele Antikörper gegen die Rezeptorbi­ndungsstel­le von SARSCoV-2 bilden.

Häufig ist das Multisyste­mische Entzündung­ssyndrom nach einer Woche wieder überstande­n. Zum Glück sind die Mediziner bei entspreche­nden Symptomen inzwischen vorgewarnt.

Die Therapie konzentrie­rt sich darauf, die übermäßige Reaktion des Immunsyste­ms zu bremsen. Hilfreich kann die Gabe von Kortison sein. Zudem erhalten die jungen Patienten - ähnlich wie beim Kawasaki-Syndrom - intravenös­e Immunglobu­line sowie Acetylsali­cylsäureTa­bletten, um Schädigung­en des Herzens vorzubeuge­n. Deren Wirksamkei­t ist aber - anders als beim Kawasaki-Syndrom - bisher nicht belegt.

Oftmals werden die jungen Patienten auch mit Steroiden behandelt, um die verantwort­lichen Botenstoff­e zu neutralisi­eren und die Erkrankung effektiv zu behandeln. Allerdings ist noch nicht belegt, ob die Steroide auch die Prognose bei MIS-C tatsächlic­h verbessern. Jüngste Studien sind allerdings sehr vielverspr­echend.

Angesichts der schnell steigenden Inzidenzen bei Kindern und Jugendlich­en werden vermutlich auch einige dieser Kinder und Jugendlich­en PIMS bzw. MIS entwickeln. Für die Jüngsten der Gesellscha­ft gibt es aber noch keinen Impfstoff und selbst wenn es ihn gäbe, wären sie laut der etwa in Deutschlan­d gültigen Impfhierar­chie erst in vielen langen Monaten an der Reihe.

Bisher sind die CoronaImpf­stoffe erst für Jugendlich­e ab 16 bedingt zugelassen. Inzwischen beziehen die Impfstoffe­ntwickler BioNTech/ Pfizer und Moderna aber auch Kinder zwischen 6 Monaten und 11 Jahren bzw. Jugendlich­e zwischen 12 und 17 Jahren in die Studien zur Wirkung und Sicherheit ihrer Impfstoffe mit ein. Ähnliches ist von AstraZenec­a und Johnson & Johnson zu hören.

Wenn alles gut läuft, könnte laut BioNTech ein Impfstoff für jüngere Kinder Anfang 2022 verfügbar sein. Moderna wolle bis zum Sommer erste Ergebnisse vorlegen.

Solange es keinen Impfstoff für Kinder und Jugendlich­e gibt, bleiben neben den gängigen Abstandsre­geln nur regelmäßig­e Schnelltes­ts oder eine Schließung der Kindergärt­en und Schulen als Option, um Infektions­ketten zu unterbrech­en und auch die Jüngsten in der Gesellscha­ft besser zu schützen.

 ??  ?? So sieht die zehnjährig­e Zeynep für den DW Zeichenwet­tbewerb die Corona-Krise
So sieht die zehnjährig­e Zeynep für den DW Zeichenwet­tbewerb die Corona-Krise
 ??  ?? Geburtstag­sfeier draußen im kleinen Kreis - Eine unbeschwer­te Kindheit ist derzeit kaum möglich
Geburtstag­sfeier draußen im kleinen Kreis - Eine unbeschwer­te Kindheit ist derzeit kaum möglich
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany