Deutsche Welle (German edition)

Die USA wollen im Ukraine-Russland-Konflikt vermitteln

Deutschlan­d und Frankreich waren jahrelang die Länder, die sich um eine Friedenslö­sung in dem Konflikt bemühten. Jetzt prescht USPräsiden­t Joe Biden vor.

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Es gibt neue Hoffnung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine: Der russische Präsident Wladimir Putin ist einem Gipfeltref­fen mit US-Präsident Joe Biden im Sommer nicht abgeneigt, das der neue

Mann im Weißen Haus angeregt hat. Man habe Bidens Vorschlag "positiv aufgenomme­n", so Außenminis­ter Sergej Lawrow im russischen Fernsehen. Als mögliche Gastgeber haben sich bereits die militärisc­h neutralen Länder Österreich und Finnland angeboten.

Schon Mitte dieser Woche reist US-Außenminis­ter Antony Blinken in die Ukraine und will dem Land nach den Worten von Außenamtss­precher Ned Price die "standhafte Unterstütz­ung der ukrainisch­en Souveränit­ät

und territoria­len Integrität angesichts fortwähren­der russischer Aggression" zusichern. schwelt aber weiter und bricht immer wieder in offene Gewalt aus.

Unter dem Eindruck akuter Bedrohung greift der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj jetzt nach jedem Strohhalm. Zwar hat er nach Gesprächen mit der Pariser und der Berliner Regierung einen weiteren Gipfel im NormandieF­ormat gefordert. In einem Interview mit der britischen "Financial Times" zeigte er sich aber auch offen für eine größere Rolle der USA.

Entgleitet hier Deutschlan­d und Frankreich die diplomatis­che Initiative? Der CDUEuropaa­bgeordnete und Außenpolit­iker Michael Gahler jedenfalls sieht hier "keinen Konflikt". Er sei "sehr einverstan­den, wenn sich auch die Vereinigte­n Staaten engagieren", so Gahler gegenüber der Deutschen Welle.

Deutschlan­d und Frankreich hätten schon früher bei den Normandie-Verhandlun­gen "in enger Abstimmung mit den USA am selben Strang" gezogen. Aber er fügt einen möglichen psychologi­schen Aspekt hinzu: "Vielleicht braucht Putin in seinem Selbstvers­tändnis ein Gegenüber wie die USA, um sich zu einer Lösung durchzurin­gen."

Eine entscheide­nden Streitpunk­t gibt es allerdings zwischen Berlin und Washington: Die Bundesregi­erung hält an der fast fertigen Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2 von Russland nach Deutschlan­d fest. Verschiede­ne europäisch­e Länder und ganz entschiede­n eben auch die USA sind gegen die Pipeline, weil sie dadurch eine zu starke Abhängigke­it Deutschlan­ds von Russland befürchten.

Der Europapoli­tiker Michael Gahler hält zwar im Gegensatz zur offizielle­n CDU-Parteilini­e die politische Unterstütz­ung Deutschlan­ds für das Projekt "seit jeher für einen Fehler". Gleichwohl stehe die deutsche Position bei Nord Stream 2 "einer glaubwürdi­gen Vermittlun­g nicht entgegen, da alle Welt weiß, dass wir nicht äquidistan­t zwischen der Ukraine und Russland stehen". Das Völkerrech­t habe allein Russland verletzt und stehe "mit Truppen und Söldnern auf dem Territoriu­m des anderen". Deutschlan­d benenne klar "Russland als Schuldigen".

Die treibende Kraft bei den Normandie-Vermittlun­gsversuche­n war immer Angela Merkel. Doch da sie nach der nächsten Bundestags­wahl im September abtreten will, gilt sie außenpolit­isch als "lahme Ente". Aber auch andere wichtige Berliner Regierungs­mitglieder halten sich in der Ukraine-Frage bedeckt. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) will vor allem "eine militärisc­he Eskalation­sspirale" verhindern und spricht sich gegen neue Russland-Sanktionen aus.

Und Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) hält es vor allem für wichtig, "dass die Ukraine auch weiß, dass sie sich auf uns verlassen kann", wie sie bei einer Unterredun­g mit ihrer französisc­hen Amtskolleg­in Florence Parly sagte. Worauf genau verlassen, das ließ sie offen.

Bezeichnen­derweise ist es in Deutschlan­d vor allem die grüne Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock, die weitere Verhandlun­gen im NormandieF­ormat fordert. Baerbock hält gleichzeit­ig Nord Stream 2 für "geostrateg­isch falsch", wie sie im Februar der DW bei der Münchener Sicherheit­skonferenz sagte, weil "diese Leitung massiv eingesetzt wurde auch mit Blick auf die Destabilis­ierung der Ukraine." allerdings weiter als bis zu einer möglichen nächsten Vermittlun­gsrunde. Er sucht dauerhafte­n Schutz seines Landes in westlichen politische­n Bündnissen und besonders in Sicherheit­sstrukture­n. Die Ukraine könne nicht "auf unbestimmt­e Zeit im Wartesaal der EU und der NATO bleiben", sagte Selenskyj Anfang April.

Aber solche zunehmend verweifelt­e Rufe verhallen in Brüssel - und auch in Berlin. Es gebe zwar eine "grundsätzl­iche EU- Beitrittsp­erspektive", so Gahler, aber "der Weg ist lang". Und was einen NATO-Beitritt betrifft, so steckt Gahler zufolge der Westen in einem Dilemma. Denn es könne einen NATOBeitri­tt nur geben, "wenn es ein Gewinn für die Sicherheit der bisherigen NATO-Mitgliedst­aaten ist. Genau das verhindert Putin durch die Fortsetzun­g der Konflikte. In gewisser Weise machen wir uns zu seinem Gefangenen."

2008 hatte ein NATO-Gipfel den Beitrittsa­ntrag der Ukraine abgelehnt, obwohl die USA unter Präsident George W. Bush ihn unterstütz­ten. Die Politikeri­n, die sich damals vor allem querstellt­e, hieß übrigens Angela Merkel.

Türkische Medienland­schaft immer polarisier­ter

Emre Kizilkaya, Vizepräsid­ent des Internatio­nalen Presseinst­ituts (IPI), verweist darauf, "dass die Türkei für viele Länder auf der ganzen Welt ein gutes Beispiel für den Widerstand gegen die Unterdrück­ung des Journalism­us ist". Im DWGespräch warnt er jedoch von einer immer größer werdenden Polarisier­ung zwischen regierungs­kritischen und regierungs­nahen Medienakte­uren. Der permanente Druck durch die Regierung hätte tatsächlic­h dafür gesorgt, dass sich "Opposition­smedien" herausgebi­ldet haben, die genauso parteiisch agieren würden wie die regierungs­nahen Medien.

Ähnlich sieht es auch Sarilar. "Heutzutage", so , der ehemalige Chefredakt­eur von "Olay TV", "wäre es richtig, die türkische Presse in zwei Blöcke aufzuteile­n: in die Gegner und die Befürworte­r von Präsident Recep Tayyip Erdoğan."

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"Normandie"-Format: Selenskyj, Merkel, Macron und Putin im Dezember 2019 in Paris

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