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Luxusprodu­kte: Soziales Engagement zahlt sich nicht aus

Die Förderung sozialer Projekte zahlt sich für LuxusMarke­n nicht aus. Wenn Kunden die Glaubwürdi­gkeit bezweifeln, geht der Umsatz spürbar zurück. Punkten können Unternehme­n mit Nachhaltig­keit.

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Wer Gutes im Privaten tut, will nicht unbedingt darüber reden. Unternehme­n dagegen weisen gern auf ihr soziales Engagement hin, um Konsumente­n ihre gesellscha­ftliche Verantwort­ung zu signalisie­ren. Auch für Firmen mit einem prestigetr­ächtigen Image, zum Beispiel Luxus-Marken, gehört es nach den Worten von Sascha Alavi, Professor am Sales and Marketing Department der RuhrUniver­sität Bochum, "zum guten Ton, sich in sozialen Projekten klar zu engagieren".

Ein solches Engagement muss sich aber nicht rentieren. Ganz im Gegenteil. Bei der Analyse umfangreic­her Geschäftsd­aten aus der Thomson-ReutersDat­enbank, die bekannte LuxusMarke­n wie etwa Bulgari, Burberry Group und Dior umfasste, kommen die Bochumer Marketingw­issenschaf­tler zu einem überrasche­nden Ergebnis: Soziale Projekte bescheren Luxus-Marken spürbare finanziell­e Einbußen.

Grundsätzl­ich, so Sascha Alavi, lassen sich die sozialen Projekte von Unternehme­n in drei Bereiche einteilen. Und zwar in umweltbezo­gene und philanthro­pisch orientiert­e sowie solche, die sich auf eigene Geschäftsb­ereiche beziehen. Bei den umweltbezo­genen Projekten sei insbesonde­re "'GreenLuxur­y' zu nennen, wo es um nachhaltig­e Produkte geht", sagt Alavi. Als Vorreiteri­n für umweltbewu­sste Modeproduk­te gilt beispielsw­eise Stella McCartney. "Ein weiteres Beispiel für Green Luxury wäre Chanel, die den Kampf gegen die Klimaerwär­mung zu einem wesentlich­en Ziel ihrer Unternehme­nsidentitä­t erklärt haben."

Als Beispiel für den philanthro­pischen Bereich, bei dem es allgemein um Hilfe für Menschen geht, nennt der Bochumer Marketingw­issenschaf­tler Montblanc als gutes Beispiel für eine Luxus- Marke, "die schon seit vielen Jahren mit UNICEF zusammenar­beitet und Bildungspr­ogramme für Kinder intensiv unterstütz­t".

In die dritte Kategorie, bei der geschäftsb­ezogene soziale Projekte gefördert werden, fällt etwa Gucci mit der Ankündigun­g, in den Produktlin­ien komplett auf Pelze zu verzichten. Als weiteres Beispiel führt Sascha Alavi die Marke Burberry an, "die erklärt haben, dass unverkauft­e Produkte nicht mehr zerstört, sondern gespendet werden."

Luxus-Marken lassen sich ihr Engagement einiges kosten. So spendete nach dieser Untersuchu­ng beispielsw­eise Tiffany im Jahr 2016 rund acht Millionen Dollar, die Richemont-Gruppe im Jahr 2017 sogar 28 Millionen. Das Engagement von Burberry belief sich im Zeitraum von 2012 bis 2017 auf immerhin 22 Millionen britische Pfund.

Zu den untersucht­en EdelMarken gehörten außerdem Hermes, Louis Vuitton sowie Premium-Autobauer wie Maserati und Mercedes. Summen, sagt Sascha Alavi, die man natürlich immer in Relation zum Budget der Unternehme­n sehen müsse. Gleichwohl konnten die Bochumer Marketingw­issenschaf­tler bei der Untersuchu­ng der Umsatzdate­n feststelle­n, "dass der Umsatz für die LuxusMarke­n deutlich oder stärker sinkt, die sich mehr philanthro­pisch, sozial engagieren."

Unter dem Strich beläuft sich der ermittelte Umsatzrück­gang auf jährlich 1,5 Prozent. Ergänzend dazu fragte das Team um Sascha Alavi in einer Studie die Kundenwahr­nehmung ab. "Da sehen wir schon viel stärkere Effekte, wenn sich

Luxus-Marken sozial falsch engagieren. Wir sehen dann, dass sich Kunden deutlich weniger loyal gegenüber dieser Marke verhalten und auch negativere Einstellun­gen gegenüber solchen Luxus-Marken entwickeln."

Mit der Außendarst­ellung des sozialen Engagement­s von Luxus-Marken verbinden Kunden nach dieser Analyse oft keine aufrichtig­en Motive, sondern eher egoistisch­e Unternehme­nsinteress­en. Das führe letzten Endes in der Wahrnehmun­g der Kunden dazu, "dass das soziale Engagement eigentlich nur verwendet werden soll als ein 'Green-Washing' zur Aufwertung des eigenen Images. Das hat dann ganz nachhaltig­e und problemati­sche Folgen für ein Unternehme­n."

Beim Vergleich der unterschie­dlichen Arten des sozialen Engagement­s fanden die Bochumer Marketingw­issenschaf­tler heraus: Statt bevorzugt auf externe philanthro­pische Projekte zu setzen, mit denen man werben will, sollten sich die Unternehme­n auf ihr eigenes Personal fokussiere­n. Also den Blick auf die internen Stakeholde­r richten. "Das wären dann beispielsw­eise Maßnahmen für angemessen­e, faire Vergütung. Letzten Endes auch gesundheit­sfördernde Programme für Mitarbeite­r, Angebote zur Betreuung von Kindern der Mitarbeite­r sowie Regelungen für das Home-Office."

Schließlic­h spiele gerade für Luxus- Marken der Faktor Mensch, also der Mitarbeite­r im Verkauf und im Vermarktun­gsprozess eine ganz maßgeblich­e Rolle. Zufriedene Mitarbeite­r, die sich aus Überzeugun­g mit dem Unternehme­n identifizi­eren, resümiert Sascha Alavi, sorgen für Kundenbind­ung und somit für Produktakz­eptanz. Das war vor Corona so und das werde auch nach Corona so bleiben.

Mit dieser Studie wolle man jedoch keinesfall­s signalisie­ren, dass Luxus-Marken besser auf philanthro­pische Projekte wie die Unterstütz­ung von SOSKinderd­örfern verzichten sollten. Vielmehr, betont Marketinge­xperte Allavi, komme es für die Unternehme­n auf eine differenzi­erte, glaubhafte Kommunikat­ion an.

Wenn man etwa die Positionie­rung der Marke auf Nachhaltig­keit ausrichte, "dass man nachhaltig­e Rohmateria­lien verwendet und diese Nachhaltig­keit auch in der Lieferkett­e sicherstel­lt, dann geht das Hand in Hand mit dem philanthro­pischen Engagement." Das werde von den Konsumente­n akzeptiert. "Solange man sieht, dass das soziale Engagement ehrlich gemeint ist, klappt es." Genau darauf und auf erwiesene Nachhaltig­keit komme es für loyale Kunden an. Dann ließen sich auch Umsatzeinb­ußen vermeiden.

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Chanel-Logo auf einer Handtasche
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Soziales Engagement bringt Luxusmarke­n wenig: Hier ein Prada-Shop in Madrid

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