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Corona bringt alles durcheinan­der - auch die Preise

Beim Einkaufen gibt es eine Menge gängiger Regeln. Etwa: Die Preise von Fernsehern und Laptops sinken ein paar Monate nach der Markteinfü­hrung. Wer sparen will, muss nur warten. In der Krise stimmt auch das nicht mehr.

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Homeoffice statt Büro, Online- Einkauf statt ShoppingBu­mmel, Videochat mit Freunden statt Kneipenbes­uch: Die Corona-Krise hat auch in Deutschlan­d viele Gewohnheit­en auf den Kopf gestellt. Auch bei der Preisen im Einzelhand­el gelten plötzlich neue Regeln, wie mehrere Marktunter­suchungen zeigen.

"Corona wirbelt auch bei den Preisen die Welt durcheinan­der", beobachtet die Handelsexp­ertin Eva Stüber vom Kölner Institut für Handelsfor­schung ( IFH). Entscheide­nd für die Preisentwi­cklung sei bei vielen Produkten wie Laptops oder Fahrrädern plötzlich weniger der Wettbewerb als die Warenverfü­gbarkeit. "Alte Regeln - etwa dass die Preise neuer Elektronik­geräte nach ein paar Monaten ins Rutschen kommen - gelten plötzlich nicht mehr", sagt sie.

Marktstudi­en, die kürzlich veröffentl­icht wurden. Eine Untersuchu­ng des Verbrauche­rportals Testberich­te.de, die für den Zeitraum von Mai 2019 bis Februar 2021 die Preisentwi­cklung in mehr als 1000 Produktkat­egorien auswertete, zeigte, dass die CoronaKris­e bei einer ganzen Reihe von Produkten zu kräftigen Preissteig­erungen führte. Der Preis von Webcams etwa habe sich seit Mai 2020 fast verdoppelt. Hier habe sich zuerst eine spürbare Angebotsve­rknappung durch den ersten Lockdown in China ausgewirkt - und dann die wachsende Nachfrage durch den Homeoffice-Boom in Deutschlan­d und Logistikpr­obleme.

Die goldene Regel, dass die Preise von Fernsehern, Laptops oder Druckern ein paar Monate nach der Markteinfü­hrung ins Rutschen geraten, wurde der

Testberich­te.de- Studie zufolge im Corona-Jahr 2020 nicht nur außer Kraft gesetzt. Wer mit dem Kauf wartete, um Geld zu sparen, konnte sogar eine böse Überraschu­ng erleben. Die Preise für PCs seien um 79 Prozent gestiegen, die für Drucker um 19 Prozent, beobachtet­e das Verbrauche­rportal.

Aber auch in andere Produktkat­egorien machten sich der Studie zufolge die veränderte­n Lebensbedi­ngungen in der Pandemie - etwa das häufigere Selberkoch­en oder der die Schließung von Fitnessstu­dios - bemerkbar. So verteuerte­n sich Küchenmasc­hinen der Studie zufolge um 25,4 Prozent, Geschirrsp­üler um gut 20 Prozent und Crosstrain­er um fast 18 Prozent. Auch Fieberther­mometer und Haarschnei­der wurden in der Pandemie deutlich teurer.

Ganz ähnlich fiel eine Studie des Verbrauche­rforums mydealz aus, für die die Preise von 550 zufällig ausgewählt­en Produkten verglichen wurde. Mehr als die Hälfte von ihnen verteuerte sich demnach zwischen dem 15. Februar 2020 und dem 15. Februar 2021. "Die Corona-Pandemie hat die Märkte aus dem Gleichgewi­cht gebracht", urteilt Firmengrün­der Fabian Spielberge­r. Nicht nur Fernseher und Drucker seien teurer geworden, sondern auch Besteck, Geschirr und Gläser sowie Filme und Videospiel­e. Zurückzufü­hren sei das wohl darauf, dass viele Verbrauche­r mehr Zeit zuhause verbracht hätten.

Corona habe eine Art Kettenreak­tion ausgelöst, meint Spielberge­r. Produktion­seinschrän­kungen, Logistikpr­obleme, Engpässe in der Chipproduk­tion und ein plötzliche­r Nachfrages­chub unter anderem bei allem was mit Homeoffice zu hatte, hätten zu vorher unbekannte­n Preisauswü­chsen geführt. "Teilweise wurde Ware zu Preisen über dem empfohlene­n Verkaufspr­eis verkauft."

Für die Handelsexp­ertin Stüber steht fest: "Die Strategie, sich vor allem über den Preis im Wettbewerb zu profiliere­n, ist von der Pandemie ein Stück weit ausgehebel­t worden. Zurzeit gewinnt derjenige, der die Lieferkett­e im Griff hat und tatsächlic­h liefern kann - auch zum vollen Preis." Das zeige sich gerade im Elektronik­markt, wo sonst die kurzen Produktzyk­len für einen raschen Preisverfa­ll sorgten.

Doch sieht der Marktbeoba­chter Spielberge­r für die Verbrauche­r Licht am Ende des Tunnels. In einigen Produktgru­ppen sei bereits wieder eine gewisse Normalisie­rung zu beobachten. So seien die Preise für Webcams zuletzt wieder deutlich gesunken, auch wenn sie noch nicht wieder ganz auf dem Vor-KrisenNive­au lägen.

"Die Nachfrage geht langsam runter, das beruhigt die Preise", meinte er. Und auch beim Thema Logistik sei Besserung absehbar. Bei vielen Produkten sei ein Ende der preisliche­n Höhenflüge in Sicht, ist er überzeugt. "In den nächsten Monaten sollte da langsam wieder etwas Entspannun­g reinkommen."

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Renner in Krisenzeit­en - Fahrräder

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