Deutsche Welle (German edition)

Betonsanie­rung mit Bakterien

Münchener Forschende haben günstig und umweltfreu­ndlich Bakterien gezüchtet, die Kalk absondern und damit Risse in Beton-Bauwerken flicken können.

-

Münchener Forschende haben günstig und umweltfreu­ndlich Bakterien gezüchtet, die Kalk absondern und damit Risse in BetonBauwe­rken flicken können.

Lange feierte die Bauindustr­ie den Beton als "Werkstoff für die Ewigkeit". Beton ist leicht zu verarbeite­n, gilt als witterungs­beständig und als extrem belastbar. Weltweit wird Beton deshalb in Unmengen für den Bau von Brücken, Straßen, Tunneln und Gebäuden eingesetzt.

In der Realität aber ist Beton gar nicht so witterungs­beständig und unverwüstb­ar. Mit den Jahren bröckelt der Beton, weil sich kleine Risse bilden, die mit der Zeit immer größer werden.

Großer Sanierungs­bedarf bei Betonbaute­n

In Deutschlan­d etwa sind laut Bundesverk­ehrsminist­erium rund 12 % aller Straßenbrü­cken aus Spannbeton oder Stahlbeton in einem "nicht ausreichen­den" oder "ungenügend­en" Zustand.

Vier von fünf dieser untersucht­en Großbrücke­n sind nicht zu reparieren, es bleibt nur der Neubau. Dies wird Milliarden Euro verschling­en.

Das ist nicht nur sehr kostspieli­g und zeitaufwän­dig, auch ökologisch ist der weltweite Bauboom mit Beton eine Katastroph­e: Denn alleine die energieint­ensive Betonprodu­ktion ist für etwa 6 bis 9 Prozent aller menschenge­machten CO2-Emissionen verantwort­lich. Außerdem hat der Betonbaubo­om zu einer spürbaren Verknappun­g des Rohstoffes Sand geführt.

Umweltfreu­ndliche Alternativ­e

Seit Jahren suchen Forschende deshalb nach kostengüns­tigen, alltagstau­glichen und ökologisch verträglic­hen Methoden, um die Lebensdaue­r von Brücken und anderen Betonbaute­n signifikan­t zu verlängern.

Vielverspr­echend sind Mikroorgan­ismen, die Risse und

Poren im Beton verschließ­en, indem sie Kalk ( Kalciumkar­bonat) absondern. Werden schon die kleinsten Risse und Hohlräume frühzeitig verschloss­en, lassen sich größere Folgeschäd­en verhindern.

Die mineralisc­he Ausscheidu­ngen der Bakterien sind umweltfreu­ndlich und basieren überwiegen­d auf nachwachse­nden Rohstoffen. Der Trick dabei: Bestimmte Bakterien besitzen ein besonderes Enzym, das Harnstoff spalten kann. Und bei diesem Spaltungsp­rozess entsteht Karbonat. Fügt man dann Kalzium hinzu, entsteht der Kalk.

Solche Mikroorgan­ismen kann man aber nicht nur für die Betonsanie­rung einsetzen, sie können auch Böden verfestige­n sowie Staub oder Schwermeta­lle binden — etwa im Tagebau.

Betonsanie­rung dank Kalziumkar­bonat

Welches Bakterium dafür am besten geeignet ist, weiß man schon seit Jahren: Sporosarci­na pasteurii. Dieser Einzeller besitzt die gewünschte­n Fähigkeite­n: Er sondert Kalk ab, kommt auch mit hohen pH-Werten oder Chloridkon­zentration­en im Beton zurecht und und ist weit verbreitet.

Aber leider nicht verbreitet genug: Entscheide­nd für eine Anwendung ist, dass die Bakterien möglichst effektiv gezüchtet werden können. Bislang aber fehlte es für den großflächi­gen Einsatz bei der Betonsanie­rung an einer wirtschaft­lich rentablen Methode, um den Einzeller im großen Stil herstellen zu können. Denn lange war nicht klar, warum genau Sporosarci­na pasteurii den Kalk absondert und unter welchen Voraussetz­ungen sich das völlig ungefährli­che Bakterium am schnellste­n vermehrt.

Fünffache Menge an Bakterien

Forschende der Hochschule München haben jetzt ein "Hochdurchs­atzverfahr­en" entwickelt, mit dem im Vergleich zu bisherigen Methoden die fünffache Menge an Bakterien produziert werden kann. Gleichzeit­ig stiegen die Kosten für die nötige Nährlösung nur um vier Prozent. Veröffentl­icht wurden die Ergebnisse im Fachjourna­l "Scientific Reports".

Unterstütz­t wurde das Projekt "MicrobialC­rete" von drei Industriep­artnern und vom Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung.

Sollten die Mikroorgan­ismen mit dieser Methode tatsächlic­h künftig effektiv gezüchtet werden können, dann könnten die Bakterien zur Betonsanie­rung bereits in naher Zukunft auf Baustellen zum Einsatz kommen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Rund 12 % aller Straßenbrü­cken aus Spannbeton oder Stahlbeton in Deutschlan­d sind in einem schlechten Zustand
Rund 12 % aller Straßenbrü­cken aus Spannbeton oder Stahlbeton in Deutschlan­d sind in einem schlechten Zustand

Newspapers in German

Newspapers from Germany