Deutsche Welle (German edition)
Bundestag billigt Erleichterungen für Geimpfte
Die geplante Rücknahme von Corona-Beschränkungen für vollständig Geimpfte und Genesene hat eine weitere Hürde genommen. Der Bundestag stimmte einer Verordnung der Bundesregierung zu. Das letzte Wort hat der Bundesrat.
Mit klarer Mehrheit votierte der Deutsche Bundestag für den Entwurf einer Verordnung, den die Regierung in kurzer Zeit auf den Weg gebracht hatte. Dafür stimmten die schwarzrote Koalition, Grüne und Linke. Die FDP enthielt sich, die AfD votierte dagegen. Die Verordnung sieht eine Rücknahme von Beschränkungen für Menschen vor, die vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind oder von der COVID-19-Erkrankung genesen sind. Wenn am Freitag auch der Bundesrat zustimmt, könnte die Neuregelung am Sonntag in Kraft treten.
Die Verordnung sieht vor, dass für vollständig Geimpfte und Genesene die geltenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wegfallen. In vielen Bereichen - etwa beim Einkauf oder beim Friseurbesuch - werden sie zudem negativ Getesteten gleichgestellt. Nach Reisen müssten sie nicht in Quarantäne - es sei denn, sie reisen aus einem Virusvariantengebiet ein. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum sollen allerdings weiter gelten. "Der Erfolg der Impfungen bedeutet nicht, dass wir achtlos werden dürfen", betonte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht am Dienstag. Die Pandemie sei noch nicht überstanden und ein individuelles Restrisiko bestehe auch bei Geimpften und Genesenen.
Grundlage der Verordnung ist das Infektionsschutzgesetz, in dem die bundesweite Notbremse ab einer Sieben-TageInzidenz von 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner vorgesehen ist. Die Bundesländer haben bereits eigene Erleichterungen für Geimpfte und Genesene festgelegt.
Mehr Lockerungen für negativ Getestete?
Unterdessen forderte der Deutsche Städtetag im Zusammenhang mit den geplanten Freiheiten für Geimpfte und Genesene auch mehr Lockerungen für negativ Getestete. Viele Menschen hätten sich wegen des Impfstoffmangels noch nicht impfen lassen können, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy. "Wir plädieren deshalb dafür zu prüfen, in begrenztem Umfang auch tagesaktuell negativ getesteten
Personen Freiheiten zurückzugeben."
Es sei gut, dass geimpfte und genesene Menschen mehr Normalität erleben dürfen und ihnen wieder mehr Freiheitsrechte eingeräumt werden sollen, sagte Dedy. "Die Gesellschaft darf sich aber nicht in Geimpfte und Genesene sowie alle anderen spalten", warnte er. Es könne deshalb für den gesellschaftlichen Zusammenhalt klug sein, auch tagesaktuell negativ Getesteten mehr Begegnungen mit Menschen aus anderen Haushalten zu ermöglichen.
In der Bundesrepublik haben nunmehr 30,6 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Corona-Impfung erhalten. Das teilte das Robert Koch-Institut mit. Den vollen Impfschutz haben 8,6 Prozent erhalten. Am Mittwoch wurden demnach 1,1 Millionen Impfungen durchgeführt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schrieb auf Twitter, das sei nach dem Start der Impfkampagne in Deutschland der zweite Tag, an dem die Zahl der verabreichten Impfdosen siebenstellig sei.
Zahl der Infektionen sinkt erneut
Die Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 21.953 weitere Corona- Fälle binnen eines Tages gemeldet. Damit setzt sich der Abwärtstrend bei den Neuinfektionen fort: Am Donnerstag vor einer Woche waren es noch fast 2800 mehr. Die Sieben-Tage-Inzidenz fiel von 132,8 am Mittwoch auf nunmehr 129,1. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Virus angesteckt haben.
250 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Vor genau einer Woche waren es 264 Tote. Insgesamt liegt die Zahl der Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus nun bei 84.126. Seit Beginn der
Pandemie wurden mehr als 3,4 Millionen Menschen in Deutschland positiv auf das Coronavirus getestet.
Die regionalen Unterschiede bei den Corona-Fallzahlen sind weiter groß. Thüringen ist mit einer Inzidenz vom 206,7 das Bundesland mit dem höchsten Wert und das einzige über der Schwelle von 200. Schleswig-Holstein registriert mit 54,7 erneut den niedrigsten Wert. Auch Niedersachsen, Hamburg und Brandenburg liegen unter dem Wert 100 - RheinlandPfalz, Berlin und MecklenburgVorpommern nur noch knapp darüber.
17 Landkreise mit Inzidenz unter 50
Übersteigt die Inzidenz diese Marke, müssen etwa Kontaktbeschränkungen verschärft werden; fällt sie darunter, sind in Landkreisen und Städten mit entsprechend niedrigeren Zahlen Öffnungsschritte möglich. Das RKI zählt mittlerweile 17 Landkreise, die bereits unter einer Inzidenz von 50 liegen. Nur noch 14 Kreise weisen einen Wert von mehr als 250 auf, Tendenz auch hier sinkend. Im Saale-Orla-Kreis in Thüringen liegt die Inzidenz allerdings bei 545,4.
Der bundesweite SiebenTage-R-Wert sank laut RKI-Lagebericht geringfügig auf 0,83. Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 83 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen.