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USA für Aussetzung der Patente für Corona-Impfstoffe

Mehr als 100 WTO-Mitgliedsl­änder fordern schon länger vehement, den Patentschu­tz für CoronaImpf­stoffe vorübergeh­end aufzuheben. Nun wollen die USA das Vorhaben aktiv unterstütz­en. Die EU zeigt sich offen für Gespräche.

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Im Kampf gegen die CoronaPand­emie hat sich die US-Regierung für eine zeitlich befristete Aussetzung des Patentschu­tzes für Impfstoffe ausgesproc­hen. "Das ist eine weltweite Gesundheit­skrise, und die außergewöh­nlichen Umstände der COVID-19-Pandemie verlangen nach außergewöh­nlichen Maßnahmen", begründete die US-Handelsbea­uftragte Katherine Tai den Kurswechse­l ihrer Regierung. Wichtige Herkunftsl­änder der Pharmaindu­strie wie die USA blockieren bislang die von Südafrika und Indien angestoßen­e Initiative.

Die US- Regierung glaube zwar fest an den Schutz geistigen Eigentums, sie werde sich aber bei der Welthandel­sorganisat­ion ( WTO) für eine Ausnahmere­gelung bei Corona-Impfstoffe­n einsetzen, "um diese Pandemie zu beenden". Das Ziel der

Regierung sei es, möglichst viele Menschen so schnell wie möglich mit sicheren und wirksamen Impfstoffe­n zu versorgen", heißt es in einer Erklärung Tais weiter, die im Kurznachri­chtendiens­t Twitter verbreitet wurde.

Die Handelsbea­uftragte betonte zugleich, die Gespräche bei der WTO könnten dauern, weil ein "Konsens" gefunden werden müsse. Tai verwies auch auf die "Komplexitä­t" des Themas.

Mehr als 100 WTO- Mitgliedsl­änder sowie Nichtregie­rungsorgan­isationen wollen die Rechte am geistigen Eigentum für die Impfstoffe aussetzen, damit die weltweite Vakzin-Produktion angekurbel­t werden kann. Den USA kommt bei den Verhandlun­gen

als weltgrößte Volkswirts­chaft eine Schlüsselr­olle zu. Zudem hält die US-Regierung über das Forschungs­institut NIH die Rechte an einer Erfindung, die als Voraussetz­ung der modernen mRNA-Impfstoffe der Hersteller Moderna und BioNTech/Pfizer gilt.

"Historisch­e Entscheidu­ng"

Der Generaldir­ektor der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesu­s, bewertete die Absicht der USA als "historisch­e Entscheidu­ng", die ein eindrucksv­olles Beispiel der amerikanis­chen Führungsro­lle in Fragen der globalen Gesundheit sei.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal schrieb via Twitter, Präsident Joe Biden habe damit klar gemacht, "dass die USA das Leben von Menschen über die Gewinne von Pharmaunte­rnehmen stellen". Andrew Stroehlein von Human Rights Watch twitterte, jetzt sei bei dem Thema die EU am Zug. Die Europäisch­e Union setzte sich bislang für mehr Lizenzvert­räge zwischen Entwickler­n und Hersteller­n ein. EU zeigt sich koopera

tionswilli­g

Die Europäisch­e Union zeigte sich derweil offen für Gespräche über eine vorübergeh­ende Aussetzung des Patentschu­tzes für Corona- Impfstoffe. Man werde jeden Vorschlag diskutiere­n, "der diese Krise wirksam und pragmatisc­h angeht", sagte EU- Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen in einer

Videobotsc­haft. Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne. "Kurzfristi­g rufen wir jedoch alle Länder mit Impfstoffp­roduktion auf, Exporte zu erlauben und alles zu vermeiden, was Lieferkett­en stören könnte."

Von der Leyen erklärte weiter: "Um es klar zu sagen, Europa ist die einzige demokratis­che Region der Welt, die Exporte im großen Maßstab erlaubt." Bisher seien mehr als 200 Millionen Dosen Corona-Impfstoff in den Rest der Welt geliefert worden. Das sei fast so viel, wie hier in der EU verabreich­t worden sei. Damit sei die EU die Apotheke der Welt.

Die Pharmaindu­strie argumentie­rte bisher stets, die Aufhebung der Patente bringe nicht automatisc­h mehr Impfstoff. Sämtliche qualifizie­rte Hersteller seien bereits mit

Lizenzen in die Fabrikatio­n eingebunde­n. Zudem sei vor allem die Produktion der mRNAImpfst­offe sehr komplex.

An den Börsen kam die Absicht der USA nicht gut an. Die Aktienkurs­e von Impfstoffh­erstellern wie BioNTech, Moderna und Novavax erlitten teils deutliche Kursverlus­te. So rutschte der Kurs der ModernaAkt­ie um zwischenze­itlich mehr als sechs Prozent in den Keller.

se/ml/kle (dpa, ap, afp, rtr)

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Corona-Impfdosen des deutsch-amerikanis­chen Hersteller­s BioNTech/Pfizer
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US-Präsident Joe Biden und seine Vize Kamala Harris: Die Pandemie erfordere außerorden­tliche Schritte

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