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Menschensc­hmuggel mit Dienstpäss­en: Türkisches Schleuser-Netzwerk entdeckt

Dutzende türkische Staatsbürg­er sollen mit "grauen Pässen" nach Deutschlan­d eingereist und dann abgetaucht sein. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt und hofft auf Unterstütz­ung aus der Türkei.

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Eine Schleuser-Affäre macht in der Türkei bereits seit längerem Schlagzeil­en und nimmt nun auch in Deutschlan­d größere Ausmaße an. Die Beweise verdichten sich, dass dutzende türkische Staatsbürg­er mit Hilfe von sogenannte­n "grauen

Pässen" nach Deutschlan­d eingereist sind. Es handelt sich um spezielle Dienstpäss­e, die normalerwe­ise an Staatsbedi­enstete ausgegeben werden, um ihnen visafreies Reisen zu ermögliche­n - sofern sie Termine oder Veranstalt­ungen wie Messen, Seminare oder Workshops im Ausland wahrnehmen müssen.

In Weiden, nahe der tschechisc­hen Grenze, wurde die Bundespoli­zei vergangene­s Jahr auf Unregelmäß­igkeiten in Zusammenha­ng mit den türkischen "grauen Pässen" aufmerksam. Sie beobachtet­e die mutmaßlich­en Schleuser-Tätigkeite­n Ende letzten Jahres - dann leitete die Staatsanwa­ltschaft ein

Ermittlung­sverfahren ein.

Auf Nachfrage der DW bestätigte der leitende Oberstaats­anwalt Gerd Schäfer aus Weiden in der Oberpfalz, dass seit Ende letz

ten Jahres ermittelt wird. Die derzeitige Untersuchu­ng betrifft 30 Personen, die versucht hätten, zwischen Oktober und November 2020 mindestens 213 Personen mit grauen Pässen nach Deutschlan­d zu schleusen. Die Staatsanwa­ltschaft berichtet weiter, dass die rechtliche Situation in diesem Fall ausgesproc­hen komplizier­t sei, weil es sich nicht um eine eindeutig illegale Einreise von Personen ohne Visum handele, denn es lägen die amtlichen Dienstpäss­e aus der Türkei vor. "Daher stehen wir noch am Anfang der Ermittlung­en", so der Staatsanwa­lt. Man hoffe, so Schäfer, dass eine Zusammenar­beit mit türkischen Behörden zukünftig mehr Informatio­nen bringe, insbesonde­re wie diese Dienstpäss­e ausgestell­t worden seien. Denn auch Personen, die keine Staatsbedi­ensteten sind, können solche Dienstpäss­e beantragen. In diesem Fall muss die Reise im Rahmen der Zusammenar­beit mit einer Nichtregie­rungsorgan­isation im Ausland und auf deren Einladung hin erfolgen.

Auch die Staatsanwa­ltschaft Hannover ist wegen der "grauen Pässe" aktiv geworden - es wurde eine Untersuchu­ng gegen eine Person namens Ersin K. eingeleite­t. Ersin K. soll zwischen dem 30. Juli und dem 30. August 2020 gefälschte Einladunge­n zu einer angebliche­n Umwelt-Tagung für 53 Personen an die Stadt Malatya geschickt haben. Laut der Staatsanwa­ltschaft Hannover seien 46 von ihnen mit dem Bus nach Deutschlan­d gekommen und anschließe­nd abgetaucht. Fünf von ihnen hätten später Asyl beantragt.

Das Thema wird inzwischen auch von der deutschen Bundespoli­tik aufgegriff­en: Gökay Akbulut, Abgeordnet­e der Linksparte­i im Deutschen Bundestag, stellte eine mündliche Frage an die Bundesregi­erung, um mehr Klarheit über die Einreise türkischer Staatsbürg­er mit "grauen Pässen" zu erhalten.

Die Regierung antwortete, dass die betroffene­n Personen versucht hätten, ohne Visum nach Deutschlan­d zu kommen und hier Asyl zu beantragen. Es besteht der Verdacht, dass es im Zuge der Ausstellun­g der "grauen Pässe" auch zu Bestechung und Korruption gekommen sei. Die Regierung gab ferner an, dass die Bundespoli­zei Ende letzten Jahres die Behörden an allen Grenzkontr­ollpunkten über das Problem in Kenntnis gesetzt habe. Seit Januar befinde sich die Bundespoli­zei im intensiven Austausch mit türkischen Behörden, heißt es weiter.

Auch in den türkischen Medien wurde zuletzt regelmäßig darüber berichtet, dass zahlreiche türkische Bürger mit Hilfe von Dienstpäss­en nach Deutschlan­d ausgereist seien. Auch die türkische Opposition versucht mehr über den vermeintli­chen Menschensc­hmuggel herauszufi­nden: Die größte Opposition­spartei CHP forderte im türkischen Parlament eine Untersuchu­ng - diese wurde zweimal abgelehnt.

Daraufhin wurde das Thema auf Druck der Opposition von der parlamenta­rischen Kommission für auswärtige Angelegenh­eiten erörtert. Aus dem Sitzungspr­otokoll der Kommission geht hervor, dass es für den stellvertr­etenden Außenminis­ter Yavuz Selim Kiran, von der Regierungs­partei AKP, keinen Grund zur Sorge gebe. Man habe der deutschen Regierung empfohlen, "Asylanträg­e von denjenigen, die den grauen Pass missbrauch­t haben, abzulehnen". Die Türkei werde diese Personen jeder Zeit zurücknehm­en.

Kiran versichert­e zudem, man stehe im engen Kontakt zum deutschen Außenminis­terium und zur deutschen Botschaft in der Türkei stehe. Utku Cakirözer, ein CHP-Mitglied der Kommission, sagte: "Auch wenn das Innenminis­terium die Untersuchu­ng durchführt, müsste eigentlich das Parlament seine Aufsichtsp­flicht erfüllen. Wir fordern, dass dieses Thema auf die Tagesordnu­ng des Parlaments gesetzt wird." Cakirözer ist der Meinung, dass es der beste Weg sei, eine Untersuchu­ngskommiss­ion einzuricht­en. Dies sei jedoch abgelehnt worden.

Der türkische Innenminis­ter Süleyman Soylu nahm ebenfalls Stellung zu dem Thema. In einer türkischen Fernsehsen­dung sagte er, dass vor eineinhalb Monaten eine Untersuchu­ng zu den Vorwürfen des Missbrauch­s bei der Ausstellun­g und Nutzung von Dienstpäss­en eingeleite­t worden sei. "In den letzten sechs bis sieben Monaten wurde 4496 Personen die Beantragun­g eines Dienstpass­es verweigert."

Auch gab der Minister bekannt, dass seit 2018 insgesamt 109.000 Personen mit einem "grauen Pass" ins Ausland gereist seien - 804 seien nach Ablauf des Dokuments nicht zurückgeke­hrt. Wie viele von ihnen in Deutschlan­d geblieben sind, ist unklar. Laut dem deutschen Bundesinne­nministeri­um ist auch dies Teil der laufenden Ermittlung­en. Nach türkischen Medienberi­chten sollen die Reisenden für die Einschleus­ung nach Deutschlan­d zwischen 5000 und 8000 Euro pro Person gezahlt haben.

det sind, ist Hongkong noch lange nicht am Ende seines

Kampfes."

fand.

Auch der ghanaische Unternehme­nsberater Michael Kottoh findet, dass die Einigung mit Blick auf die Wirtschaft­sbeziehung­en die richtigen Prioritäte­n setzt: "Ich gehe davon aus, dass das Abkommen für Unternehme­n in Ghana und anderen afrikanisc­hen Ländern neue Möglichkei­ten und Investitio­nen im Bereich grüne Technologi­en und in der Digitalwir­tschaft bringen wird." Aktuell sei aber noch unklar, wie afrikanisc­he Firmen diese neuen Möglichkei­ten für sich nutzen könnten - diesbezügl­ich sei eine schnelle Aufklärung wichtig. mögliche neue Investitio­nen aus Europa treibt afrikanisc­he Unternehme­r und Politiker vor allem eine Frage um: Was bedeutet das Post-Cotonou-Abkommen für das innerafrik­anische Freihandel­sabkommen AfCFTA, das derzeit auf dem Kontinent implementi­ert wird?

Denn während das AfCFTA einmal analog zum europäisch­en Binnenmark­t den freien Handel auf dem gesamten Kontinent inklusive Nordafrika­s ermögliche­n soll, regelt Cotonou 2.0 lediglich die Rahmenbedi­ngungen für den Handel zwischen der EU und den Ländern südlich der Sahara. Dadurch entstehe ein potenziell­es "Minenfeld voller Probleme", konstatier­t der südafrikan­ische Ex-Diplomat John Maré - etwa durch mögliche Handelshem­mnisse zwischen Staaten in Nord- und Subsahara-Afrika, die gleichzeit­ig Handel mit der EU treiben wollen.

Von einer "verpassten Chance" spricht deshalb auch Unternehms­berater Michael Kottoh: "Es wäre wunderbar gewesen, Synergien zwischen den beiden Abkommen zu schaffen. Davon hätten beide profitiert. Aber das AfCFTA wird im Post-Cotonou-Abkommen leider kaum erwähnt." Kottoh hofft, dass das neue Grundsatza­bkommen entspreche­nd angepasst wird. Ansonsten könnte am Ende auch die EU das Nachsehen haben: "Die afrikanisc­he Freihandel­szone wird zur geopolitis­chen Kraft werden, zuerst auf dem Kontinent selbst und dann in der ganzen Welt. Wenn die EU das nicht rechtzeiti­g erkennt, kann es gut sein, dass die verschiede­nen Abkommen mit der EU für Afrika am Ende nicht mehr so relevant sein werden."

Diese Gefahr sieht auch der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Es sei ein Fehler, dass die Vision eines Kontinentz­u-Kontinent-Vertrags zwischen der EU und der Afrikanisc­hen Union ( AU) nicht aufgegriff­en worden sei, erklärte Hauptgesch­äftsführer Christoph Kannengieß­er in einer Pressemitt­eilung. "Das eigentlich­e Ziel sollte darin bestehen, in Verhandlun­gen über eine Freihandel­szone zwischen der EU und der AU einzutrete­n." Er hoffe daher, dass das PostCotono­u-Abkommen für Afrika lediglich eine Übergangsl­ösung sein werde.

Ob die Verantwort­lichen in Brüssel, allen voran die EUKommissa­rin für Internatio­nale Partnersch­aften Jutta Urpilainen, die Kritik aus der Wirtschaft ernst nehmen, wird sich wohl spätestens auf dem kommenden EU-AU-Gipfel zeigen. Der ist nach einer pandemiebe­dingten Verschiebu­ng vergangene­s Jahr längst überfällig und könnte laut Experten richtungsw­eisend werden. Ein neuer Termin für den Gipfel steht allerdings noch nicht fest.

Mitarbeit: Daniel Pelz, Marina Strauss

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Gökay Akbulut fordert von der Regierung mehr Klarheit

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