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Cotonou 2.0: Nagelneu und schon angestaubt
Das neue Grundsatzabkommen zwischen der EU und den Staaten SubsaharaAfrikas, der Karibik und des Pazifiks ist erst wenige Wochen alt, da fordern viele in Afrika schon ein Update. Woher kommt der Unmut?
Internationale Abkommen sind eine komplizierte Sache - selbst dann, wenn nur zwei oder drei Staaten miteinander verhandeln. Noch komplizierter wird es, wenn gleich 106 Länder auf einmal ihre jeweiligen Interessen und Machtansprüche untereinander austarieren und rechtsverbindlich regeln wollen.
Es verwundert daher kaum, dass sich die Verhandlungen über ein neues Grundsatzabkommen zwischen den 27 EU-Staaten und den 79 Mitgliedsländern der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten ( OACPS, ehemals AKP) über mehr als drei Jahre hingezogen haben, bevor Mitte April endlich ein Durchbruch vermeldet werden konnte. Und ebenso wenig überrascht, dass nicht alle, die von dem in Anlehnung an das Vorgängerabkommen als "Cotonou 2.0" oder "post-Cotonou" bezeichneten Deal betroffen sein werden, mit den Ergebnissen zufrieden sind.
Ausgerechnet in SubsaharaAfrika, der für die EU wichtigsten der drei OACPS- Regionen, scheint der Unmut groß. Selbst OACPS- Verhandlungsführer Robert Dussey, Außenminister von Togo, räumt im DW-Interview ein, dass es hätte besser laufen können: "Wir waren uns untereinander nicht einig. Die EU wusste aber sehr genau, was sie wollte."
Für Unzufriedenheit sorgt nun allerdings weniger das Thema Menschenrechte, bei dem es während der Verhandlungen immer wieder Unstimmigkeiten gegeben hatte - etwa mit Blick auf Fragen der sexuellen Orientierung. Stattdessen sehen Wirtschaftsvertreter und Beobachter in Afrika ein viel grundsätzlicheres Problem: Obwohl das Abkommen noch gar nicht ratifiziert ist, halten sie Teile der Einigung mit der EU schon jetzt für überholt.
Schon das Format des Abkommens sei nicht mehr zeitgemäß, sagt John Maré, früherer stell vertreten der sü dafri - kanischer Botschafter bei der EU und Spezialist für EU-AfrikaBeziehungen. "Die Bedürfnisse von kleinen Inselstaaten in der Karibik und im Südpazifik sind ganz andere als in Kontinentalafrika, wo es riesige Länder wie beispielsweise den Kongo gibt. Das sind völlig unterschiedliche Interessensgebiete", so Maré.
Zwar gebe es diesmal, anders als noch im Cotonou-Abkommen von 2000, eine sogenannte "Drei-plus-eins-Struktur", die die individuellen Bedürfnisse der drei Partnerregionen unter dem S c h i rm des Grundsatzabkommens stärker berücksichtigen soll. Doch Maré ist skeptisch: "Wir hoffen, dass es einen größeren regionalen
Fokus geben wird, aber der Teufel liegt bei diesen Dingen manchmal im Detail."
Begrüßenswert sei aber, dass die Themen Klima, Umwelt und nachhaltige Entwicklung im neuen Abkommen explizit als Schwerpunkte der künftigen Zusammenarbeit festgehalten seien, so Maré. Der europäische Green New Deal, das milliardenschwere Investitionsprogramm der EU für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft, könne so auch eine Chance für Afrika werden. Dass die EU es diesbezüglich ernst meine, zeige etwa das EU-Africa Green Investment Forum der Europäischen Investitionsbank, das Ende April in Lissabon statt