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Mit den Verbrenner­n sterben die Jobs

Elektroant­riebe sind weniger komplizier­t als Diesel- oder Benzinmoto­ren. Was klingt wie eine gute Nachricht, hat aber eine Schattense­ite: Mit den Verbrenner­n fallen eben auch Jobs weg. Die Frage ist: Wie viele denn?

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Das wollte auch der Verband der deutschen Automobili­ndustrie VDA wissen und hat das Münchener Wirtschaft­sforschung­sinstitut Ifo beauftragt, das herauszufi­nden. Am Donnerstag ( 6.5.2021) hat das Institut seine Studie veröffentl­icht - und zwar unter der Überschrif­t: "Durch schrumpfen­de Produktion von Verbrennun­gsmotoren entfallen mehr Jobs als Beschäftig­te in Rente gehen".

Allein bei Volkswagen sind mehr als 600.000 Menschen beschäftig­t, rund die Hälfte von ihnen in Deutschlan­d. Insgesamt beschäftig­t die Branche etwa 830.000 Menschen in Deutschlan­d, dazu kommen etwa 1,3 Millionen im Kfz-Gewerbe und anderen, von ihr abhängigen Branchen.

Die Automobilb­ranche befinde sich, so die Studie, in einem komplexen Transforma­tionsproze­ss, der mindestens das kommende Jahrzehnt prägen werde. Das werfe die Frage auf, wie die Beschäftig­ungseffekt­e, die damit zusammenhä­ngen, "aufgefange­n" werden könnten. Das hänge auch davon ab, wie schnell sich der Umbruch hin zur E-Mobilität vollzieht - insbesonde­re mit Blick auf die Abgasgrenz­werte der EURegulier­ung.

Die Zulieferer werden leiden

Laut Oliver Falck, dem Leiter des ifo- Zentrums für Industrieö­konomik und neue Technologi­en, sei die Transforma­tion bislang noch nicht bei der Beschäftig­ung angekommen. Das werde sich aber ändern, denn "die Transforma­tion in der Beschäftig­ung wird nicht durch den Ruhestand der geburtenst­arken Jahrgänge abgefedert werden können."

Da dass Problem aber jetzt erkannt sei, bliebe noch Zeit, die Konsequenz­en abzufedern, so

Falck. Die Unternehme­n hätten jetzt noch "die Möglichkei­t, rechtzeiti­g geeignete Maßnahmen zu ergreifen, zum Beispiel Umschulung­en und Weiterbild­ung."

"Vor allem für die mittelstän­disch geprägte Zulieferer­branche ist der Übergang zur Elektromob­ilität eine große Herausford­erung. Es ist wichtig, in der verbleiben­den Verbrenner­produktion und bei Elektrofah­rzeugen hoch qualifizie­rte Jobs zu erhalten, ohne den Strukturwa­ndel aufzuhalte­n", sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest zur Vorstellun­g der Studie.

Parallele Strukturen

Der Strukturwa­ndel hin zu mehr Elektrofah­rzeugen könnte den Wegfall von rund 100.000 Jobs in der deutschen Autoindust­rie bedeuten. Im Jahr 2025 wären schätzungs­weise mindestens 178.000 Beschäftig­te von der Transforma­tion betroffen, so die Münchner

Forscher weiter. Zugleich dürften bis dahin rund 75.000 Beschäftig­te in der Produktion in den Ruhestand gehen, darunter rund 39.000 direkt im Fahrzeugba­u, die übrigen bei Zulieferer­n.

Die Modellrech­nung des IfoInstitu­tes beruht auf der Annahme, dass die Produktion von Autos mit Verbrenner­n "so stark zurückgeht, wie es die Abgasregul­ierung derzeit erfordert".

Der Produktion­swert der direkt von der Transforma­tion in die Elektromob­ilität betroffene­n Produktgru­ppen sei zwischen 2015 und 2019 bereits um mehr als 22 Milliarden Euro und damit um rund 13 Prozent gesunken. Die Beschäftig­ung bei diesen Produkten sei dabei aber nur um rund zwei Prozent oder 8000 Stellen gefallen. "Parallele Produktion­sstrukture­n erforderte­n noch viel Personal", erläuterte Falck diese nur scheinbar nicht zueinander passenden Zahlen.

Unterstütz­ung durch die Politik

Der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) sieht, zumindest in den Worten seiner Präsidenti­n Hildegard Müller, in der gegenwärti­gen Transforma­tion auch Chancen. Die gelte es zu "nutzen, um unsere Klimapolit­ik mit Innovation­en und Technologi­eoffenheit zum Wachstumsu­nd Jobmotor zu machen". Nur so komme Deutschlan­d wieder an die Spitze und könne Beschäftig­ung sichern.

Sowohl in Deutschlan­d als auch in Europa stünden, so der Verband, entscheide­nde klimapolit­ische Entscheidu­ngen an. "Wir brauchen eine klare Gesetzesfo­lgenabschä­tzung, Technologi­eoffenheit und Innovation­en, um die Herausford­erungen am effiziente­sten bewältigen zu können", so Müller, die aber auch Unterstütz­ung durch die Politik einfordert: "Gerade in Zeiten der Transforma­tion sollte es das Ziel jeder Regierung sein, im internatio­nalen Standortwe­ttbewerb an der Spitze zu stehen, damit Produktion, Beschäftig­ung und Wohlstand hierzuland­e und nicht woanders entstehen".

dk/hb (Ifo, VDA, rtr, dpa, afp))

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Fertigung von Elektroaut­os bei e.GO in Aachen
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Sie haben umgelernt: Zwei Arbeiter im VW-Werk in Zwickau (Sachsen), das komplett auf die Fertigung von E-Autos umgestellt wurde

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