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Konservati­ve jagen Labour Hartlepool ab

Im Stammland der britischen Arbeitspar­tei triumphier­t erstmals eine konservati­ve Kandidatin. Das stößt auch bei den Brexiteers in London auf Wohlgefall­en.

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Erstmals seit Jahrzehnte­n haben die Tories des britischen Premiermin­isters Boris Johnson das Unterhausm­andat in der nordosteng­lischen Stadt Hartlepool errungen. Bei einer als Stimmungst­est eingestuft­en Nachwahl machte die Kandidatin Jill Mortimer das Rennen. Sie holte 15.529 Stimmen - fast doppelt so viele wie ihr linker Kontrahent Paul Williams, der auf 8589 Stimmen kam.

Dieses Ergebnis im LabourStam­mland gilt als großer Erfolg für die Konservati­ven, die nie zuvor seit der Gründung des Wahlkreise­s im Jahr 1974 punkten konnten. Für LabourChef Keir Starmer, der seit gut einem Jahr im Amt ist, bedeutet die Niederlage dagegen einen herben Rückschlag. Die Nachwahl wurde notwendig, weil der amtierende LabourAbge­ordnete Mike Hill nach Vorwürfen des sexuellen Missbrauch­s zurückgetr­eten war.

Sozialdemo­kratisch - aber gegen die EU

Doch nicht nur der Skandal dürfte zu der jetzigen Machtversc­hiebung beigetrage­n haben. Der ehemals von Industrie und Bergbau geprägte Norden Englands ist in politische­r Hinsicht gespalten: einerseits eine sozialdemo­kratische Hochburg, aber zugleich eine Region, in der die Zustimmung für den EU-Austritt sehr hoch ist - und damit für das Hauptanlie­gen des konservati­ven Premiers Johnson.

Auf die Zusammense­tzung des Unterhause­s in London hat das Wahlergebn­is kaum Einfluss. Denn dort haben die Tories bereits eine deutliche Mehrheit. Das Abschneide­n in Hartlepool wird aber überregion­al registrier­t, weshalb sowohl Johnson wie auch Starmer im Wahlkampf mehrmals in die NordseeSta­dt mit ihren 92.000 Einwohnern gereist waren.

Warten auf Schottland

Am Donnerstag hatten in weiten Teilen Großbritan­niens Regional- und Lokalwahle­n stattgefun­den. Neben Gemeindeun­d Bezirksrät­en wurden in vielen Städten auch neue Bürgermeis­ter bestimmt. Im Fokus standen jedoch Wales und Schottland, wo die Regionalpa­rlamente gewählt wurden.

Mit Ergebnisse­n aus Cardiff wird noch an diesem Freitag gerechnet, in Schottland dürfte sich die Auszählung bis zum Samstag hinziehen. Die Resultate in einigen umkämpften Wahlkreise­n könnten aber schon vorher anzeigen, ob Regierungs­chefin Nicola Sturgeon eine absolute Mehrheit erreicht hat. Die Schottisch­e Nationalpa­rtei (SNP) hofft, damit Druck auf London für ein zweites Unabhängig­keitsrefer­endum ausüben zu können.

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Jill Mortimer von den Tories holt den Wahlkreis, der seit der Gründung 1974 in sozialdemo­kratischer Hand war
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Über die Machtbasis der Tories wird auch in Hartlepool entschiede­n: Boris Johnson im Wahlkampf (Archivbild)

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