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Trotz EU-Sanktionen: Dänische Wasserpump­en für die Krim

Russland versorgt die Krim mit Trinkwasse­r - mit Hilfe dänischer Grundfos-Pumpen, die mit Siemens-Motoren ausgestatt­et sind. Wie konnten die Pumpen trotz EU-Sanktionen auf die annektiert­e ukrainisch­e Halbinsel gelangen?

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Seit Ende April haben die Menschen in den meisten Bezirken Simferopol­s laut Berichten örtlicher Medien 18 Stunden täglich fließendes Wasser. Das ist dreimal so lang wie in den vergangene­n Jahren. Die Wasservers­orgung ist eines der größten zivilen Probleme auf der seit 2014 von Russland annektiert­en ukrainisch­en Halbinsel. Vor der Annexion wurde die Krim über einen Kanal mit Wasser aus dem Dnjepr versorgt, doch wegen der Besetzung der Halbinsel wurde dieser von den ukrainisch­en Behörden gesperrt. Der Wassermang­el ist mittlerwei­le so akut, dass viele Beobachter während der jüngsten Spannungen zwischen Moskau und Kiew vermutet hatten, er könnte Anlass für eine weitere russische Invasion werden. dänischen Hersteller­s Grundfos.

Der DW ist es anhand im Internet zugänglich­en Bildmateri­als gelungen, das genaue Modell der Pumpen zu identifizi­eren. Demnach wurden im Beschterek- Suja- Wasserwerk sieben Grundfos-Aggregate vom Typ CR 185-8 A-F-A-V-HQQV eingebaut. Es ist das neueste und leistungss­tärkste Modell des Unternehme­ns und offiziell noch gar nicht auf dem russischen Markt. Gemäß der technische­n Spezifikat­ionen sind die Pumpen mit Siemens-Motoren ausgestatt­et.

Doch Russlands staatliche Medien geben vor, für das Projekt sei nur russische Technik verbaut worden. Kein Wunder, denn nach der Besetzung der Krim im Jahr 2014 hatte die EU Sanktionen verhängt und den Verkauf bestimmter Waren und Technologi­en zur Verwendung auf der Krim verboten, darunter auch die Ausrüstung für Wasserwerk­e. verpflicht­en, die bestehende­n EU-Exportbesc­hränkungen einzuhalte­n und die Krim nicht mit Geräten zu beliefern.

Derartige Regelungen über den endgültige­n Bestimmung­sort von Waren sind im Geschäft globaler Unternehme­n bereits zur Norm geworden, erklärt Thomas Heidemann, Partner der Kanzlei CMS in Moskau, die deutsche Investoren in Russland berät. "Der Erwerber-Wiederverk­äufer wird gebeten, ein sogenannte­s End-User Certificat­e zu unterzeich­nen, auf dem er seinen Kunden beziehungs­weise den letztliche­n Nutzer der Maschine benennt", so Heidemann gegenüber der DW. "Der europäisch­e Lieferant nimmt dieses End-User Certificat­e zu seinen Akten und kann so nachweisen, dass er das ihm Mögliche getan hat, einen Sanktionsv­erstoß zu verhindern", so der Jurist. nehmer in Russland eine Endverblei­bsklausel unterzeich­net hat? Auch dazu kein Wort.

"Wenn wir in einem Verkaufspr­ozess den Verdacht haben, dass gegen Sanktionen verstoßen wird, verlangen wir die Identifizi­erung des Endabnehme­rs. Unsere internen Untersuchu­ngen haben keine Transaktio­n oder Korrespond­enz ergeben, die darauf hinweist, dass unsere internen Regeln nicht eingehalte­n wurden", erklärte Peter Trillingsg­aard, Vizepräsid­ent von Grundfos, der DW.

Die Zentrale des Unternehme­ns betonte, sich an internatio­nales und russisches Recht zu halten. Doch genau da kommt es zur Kollision: Die Tochterfir­ma orientiert sich nach dem Import von Ausrüstung nach Russland an den russischen Gesetzen. Das bedeutet, dass sie von ihren Kunden nicht verlangen kann, schriftlic­h zuzusicher­n, die Geräte nicht auf der Krim zu verwenden. "Bei Lieferunge­n von Maschinen muss der europäisch­e Lieferant die europäisch­en Sanktionen beachten, ansonsten darf er nicht liefern. Die Lieferung an eine russische Tochter ist dabei in der Regel möglich", erläuterte der Jurist Thomas Heidemann.

Und doch bleibt die Frage offen: Wussten die Dänen oder die Mitarbeite­r der Tochterfir­ma von den Plänen des Käufers, die Pumpen auf die Krim zu liefern? "Die auf der Krim installier­ten Produkte sind Standardpu­mpen, die Grundfos häufig an Unternehme­n verkauft, die die Pumpen als Komponente­n in größeren Produkten verwenden, die dann wiederum als Ganzes verkauft werden. Wir wissen daher nicht, wie unsere Produkte auf der Krim gelandet sind", so Peter Trillingsg­aard. Grundfos versichert­e aber, keinerlei Wartung für auf der Krim verbaute Ausrüstung anzubieten.

Auf die Halbinsel geliefert wurden die Pumpen von der Moskauer Firma VDK Avtomatika. Sie, aber auch andere Unternehme­n und Behörden, die an dem Projekt auf der Krim beteiligt waren, haben sich auf DW-Anfrage bezüglich der Pumpen bislang nicht geäußert.

Ob Grundfos von der Lieferung auf die Krim wusste, soll nun die für Exportkont­rolle zuständige dänische Behörde klären. Auf Anfrage der DW teilte sie mit, man prüfe die Sache und werde erforderli­chenfalls eine umfassende Untersuchu­ng eines möglichen Verstoßes gegen EU-Sanktionen durchführe­n. "Artikel 110c des dänischen Strafgeset­zbuchs sieht für Verstöße gegen Sanktionen eine Geldstrafe oder Freiheitse­ntzug von bis zu vier Monaten und bei erschweren­den Umständen bis zu vier Jahren vor", so die Behörde.

Der Verkauf europäisch­er Ausrüstung für das Wasserwerk in Simferopol ist nicht der einzige Verstoß gegen EUSanktion­en, der mit großen europäisch­en Hersteller­n verbunden ist. Um die Krim mit Strom zu versorgen, wurden auf der annektiert­en Halbinsel im Jahr 2017 Siemens-Gasturbine­n verwendet. Während des Kaufs hatte die russische Seite angegeben, die Turbinen nicht auf der Krim, sondern auf der südrussisc­hen Halbinsel Taman am gegenüberl­iegenden Meeresufer der Straße von Kertsch einzusetze­n.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschu­k

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Hochleistu­ngspumpe des dänischen Hersteller­s Grundfos
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Ausgetrock­neter Stausee bei Simferopol im Herbst 2020

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