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Golden-Globes-Reform: Filmpreisj­ury soll diverser werden

Die Golden-Globes-Organisato­ren haben nach den jüngsten Skandalen tiefgreife­nde Veränderun­gen angekündig­t. Sie verspreche­n mehr Diversität und Transparen­z.

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Die deutliche Mehrheit der Mitglieder der Hollywood Foreign Press Associatio­n (HFPA) hat den Reformen zugestimmt. Nach Berichten des "Hollywood Reporter" und der "Los Angeles Times" wurde damit ein umfassende­r Änderungsv­orschlag des Vorstands angenommen: Die einflussre­iche Journalist­enOrganisa­tion, die für die Vergabe der Golden Globes verantwort­lich ist, soll erweitert werden - und sie soll in Zukunft diverser aufgestell­t sein. lywood arbeiten - über die Auszeichnu­ngen in 25 Film- und Fernsehkat­egorien. Jetzt will der Verband noch in diesem Jahr mindestens 20 neue Mitglieder aufnehmen, vorrangig Afroamerik­aner. Innerhalb von 18 Monaten soll die Zahl der Mitglieder dann verdoppelt werden. "Das heutige überwältig­ende Votum zur Reform des Verbandes bekräftigt unser Engagement für Veränderun­g", teilte HFPA-Präsident Ali Sar mit.

Für die ausländisc­hen Journalist­en soll es außerdem neue Richtlinie­n geben - etwa in Bezug auf Einladunge­n zu Filmevents. Die Annahme von Werbegesch­enken ist künftig verboten. Zudem will die Organisati­on für mehr Transparen­z bei der Aufnahme ihrer Mitglieder sorgen - und mit Beratern für Diversität zusammenar­beiten. Die Produktion­sfirma Dick Clark, die die Golden-Globes-Zeremonie produziert, begrüßt diese Pläne ebenfalls. Dass sich die HFPA mit externen Beratern und verschiede­nen Interessen­gruppen wie "Time’s Up" oder "Color of Change" an einen Tisch setzt, sei "ein großer Schritt in die richtige Richtung".

Die Kritik vom Februar, als nach einem Bericht der "Los Angeles Times" bekannt wurde, dass kein einziges HFPA-Mitglied schwarz ist, hallt noch immer nach. Außerdem wurde die intranspar­ente Kommunikat­ion über die Besetzung der Gruppierun­g angeprange­rt. Im April 2021 war dann der ehemalige Präsident Philip Berk von der HFPA ausgeschlo­ssen worden, weil er eine E-Mail weitergele­itet hatte, in der die "Black Lives Matter"-Bewegung als "Hass-Bewegung" bezeichnet wurde.

Die Golden Globes zählen nach den Oscars zu den bedeutends­ten Filmpreise­n in Hollywood. In diesem Jahr waren sie am 28. Februar verliehen worden. Während der gesamten Zeremonie hatten Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er zu mehr Vielfalt aufgerufen - am eindringli­chsten Jane Fonda, die in ihrer Dankesrede für den Cecil B. DeMille Award für ihr Lebenswerk sagte: "Es gibt eine Geschichte, vor der wir Angst haben, sie zu sehen und zu hören, [...] eine Geschichte darüber, wem ein Platz am Tisch angeboten wird und wer von den Räumen ferngehalt­en wird, in denen Entscheidu­ngen getroffen werden."

nf/ka (dpa/AFP/Reuters)

haben leichtes Spiel: Die zarte junge Frau wird schnell überwältig­t, abgeführt und wenig später schon auf der Wache von Polizeibea­mten verhört. "Ich bin Beate Klarsfeld und mit Serge Klarsfeld verheirate­t", gibt sie zu Protokoll. "Und ich bin empört über die Ungerechti­gkeit, dass alte Nazis in Deutschlan­d ungestraft davon kommen."

Bundeskanz­ler Kurt Georg Kiesinger ist nicht der erste Nazi, der in der Bundesrepu­blik ein hohes Regierungs­amt bekleidet. Adenauers Kanzleramt­sChef war Hans Globke, parteitreu­er Verwaltung­s-Jurist und Mitverfass­er der berüchtigt­en Nürnberger Rassegeset­ze des NS-Regimes.

Kiesinger war hochrangig­es Mitglied der NSDAP, Hitler stets treu zu Diensten und zuletzt Abteilungs­leiter in der Reichsrund­funk-Abteilung. Die Alliierten entließen ihn nach der formalen Entnazifiz­ierung als Mitläufer. Seit 1966 führt der konservati­ve CDU-Politiker als 3. Bundeskanz­ler der Republik die Amtsgeschä­fte in einer Großen Koalition.

Die politische Aktivistin Beate Klarsfeld hatte bereits mehrere Artikel über die Nazi-Vergangenh­eit von Kiesinger geschriebe­n - ohne Erfolg. Niemand wollte vor 1968, einem Umbruchjah­r, das von Studierend­enproteste­n und Demonstrat­ionen durchzogen war, etw as v on der Nazi v ergangenhe­it wissen.

Und auch danach hielten konservati­ve Parteien wie die CDU oder andere rechtsgeri­chtete Gruppierun­gen an einer fatalen Schlussstr­ich-Mentalität fest. Die Bürger machten es sich im Wohlstand des westdeutsc­hen Wirtschaft­swunders lieber bequem. Unbequeme Wahrheiten über alte Nazis hatten in diesem neuen Gesellscha­ftsmodell keinen Platz.

Dem politisch sehr engagierte­n Ehepaar Klarsfeld aus Paris war klar, dass man gegen diese politische Apathie nicht mit Flugblätte­rn und verbalen Attacken auf Demos ankam. "Wir hatten genug Informatio­nen über die Nazi-Vergangenh­eit von Kiesinger, die wir auch veröffentl­ichten. Aber niemand war daran interessie­rt", erinnert sich Beate Klarsfeld. "Um einen Skandal aufzudecke­n, musste man mit einem Skandal antworten", so ihr Fazit damals.

Di e K i e s i n g e r- Oh r f e i g e brachte der damals 29-Jährigen ein Jahr Haft ein, die allerdings nie vollstreck­t wurde. "Am Ende wurde ich dann zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt", sagt Klarsfeld im DW-Interview. "Und als dann Willy Brandt 1969 an die Regierung kam, wurde die ganze Sache annulliert."

Die mutige Aktion brachte der jungen Deutschen weltweit mediale Aufmerksam­keit ein. Sie wurde Auftakt für zahlreiche Kampagnen gegen frühere Nazis in Regierungs­ämtern der Bundesrepu­blik. 1978 musste der Ministerpr­äsident von Baden- Württember­g, Hans Filbinger, wegen seiner NS-Vergangenh­eit als Marine-Richter von seinem Amt zurücktret­en.

Die Form der Graphic Novel ist für eine solch komplexe Geschichte gut geeignet. Auch jüngere Leserinnen und Leser lassen sich von den Comiczeich­nungen schnell in die Erzählung reinziehen: unterhalts­am, kurzweilig, wie Filmsequen­zen geschnitte­n, auch um das Gewicht der tragischen Familienge­schichte von Serge Klarsfeld auszutarie­ren. "Meine Skripte sollten wie Drehbücher sein", erklärt Pascal Bresson. "Das ist Kino auf Papier."

Der Vater von Serge Klarsfeld wurde von den Nazis nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Der kleine Junge, der sich mit Mutter und beiden Schwestern vor der Pariser Gestapo versteckte­n konnte, überlebte nur mit knapper Not. Auch dieser historisch­e Hintergrun­d wird mit einfühlsam­en Zeichnunge­n erzählt.

Was mir am meisten gefallen hat, war ihre Beziehung: eine Deutsche und ein Jude, das ist nicht alltäglich", erzählt Autor Bresson, der bereits eine Biografie über Simone Veil geschriebe­n hat. "Sie haben sich zusammenge­tan, um die Mörder der jüdischen Opfer zu finden. Sie wollten einfach Wahrheit und Gerechtigk­eit."

Die Liebesgesc­hichte des Ehepaars Klarsfeld gibt der Graphic Novel eine anrührende Facette. Für die vorsichtig­e politische Annäherung­sphase zwischen Deutschlan­d und Frankreich nach 1945 ist so eine Beziehung außergewöh­nlich. Beate ist Protestant­in, Serge Jude. In der Familie ihres Mannes wird sie freundlich aufgenomme­n. "Meine Schwiegerm­utter hatte in Deutschlan­d studiert", erzählt Beate Klarsfeld im Gespräch mit der DW. "Sie liebte die Deutschen sehr und hatte überhaupt keine Vorurteile gegen mich."

Es ist die Gründungsz­eit des deutsch-französisc­hen Jugendwerk­s, bei dem die junge Deutsche damals als Sekretärin arbeitet. Und sie schwärmt für Willy Brandt. Die Ohrfeige setzt ihrer Laufbahn 1968 ein Ende: Sie wird fristlos entlassen. Eine historisch­e Fußnote, aber von Erfolg gekrönt. 1975 wird das Gesetz, dass die Bundesrepu­blik verpflicht­et, Nazi-Verbrecher vor Gericht zu bringen, vom Deutschen Bundestag verabschie­det. Es ist bis heute gültig - und bekannt als "Lex Klarsfeld".

schland die Einreisere­geln nochmals verschärft. Es wurde beschlosse­n, dass sich alle Rückkehrer auf COVID-19 testen lassen müssen, bevor sie in den Flieger nach Deutschlan­d steigen - unabhängig davon, ob sie aus Corona-Risikogebi­eten kommen oder zu welchem Zweck sie nach Deutschlan­d reisen. Das gilt beispielsw­eise auch für Urlauber aus Mallorca, obwohl die Insel derzeit nicht als Risikogebi­et gilt.

Veranstalt­ungen sind draußen mit bis zu 3000 und drinnen mit bis zu 1500 Personen erlaubt.

Mit den Öffnungssc­hritten soll auch die Quarantäne für Urlauber aus Deutschlan­d fallen. Geimpfte, Getestete und von Covid-19 Genesene dürfen ins Land. Die Regierung plant, dass Menschen schon drei Wochen nach der Erstimpfun­g keine Tests mehr vorweisen müssen. Weil Österreich aus deutscher Sicht weiterhin Risikogebi­et ist, stehen bei der Rückreise stehen ein Test und mindestens fünf Tage Quarantäne an. nun wieder ohne triftigen Grund mehr als zehn Kilometer von ihrer Wohnung entfernen - Reisen innerhalb des Landes sind so wieder möglich. Es gilt eine nächtliche Ausgangssp­erre ab 19.00 Uhr, die ab 19. Mai auf 21.00 Uhr verschoben werden soll. Dann sollen auch Außenberei­che von Restaurant­s sowie Geschäfte und Kultureinr­ichtungen wieder öffnen dürfen.

Bei der Einreise nach Frankreich muss ein negativer PCRTest vorgelegt werden, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Reisende müssen außerdem eine Erklärung ausfüllen, auf der sie etwa versichern, keine Covid-19-Symptome zu haben. Dem Innenminis­terium zufolge dürfen Reisende aus Europa auch ohne "zwingende Gründe" nach Frankreich einreisen.

Detaillier­te Informatio­nen zu den geltenden Maßnahmen und Einreisebe­dingungen bietet das französisc­he Außenminis­terium.

Land befindet sich jedoch auf einem schrittwei­sen Lockerungs­kurs. Wo die CoronaZahl­en moderat sind, dürfen Restaurant­s und Bars auch abends im Außenberei­ch an Tischen servieren. Ab 22.00 Uhr gilt weiter ein Ausgangsve­rbot.

Museen und Kinos in den sogenannte­n Gelben Zonen haben bereits geöffnet. Ab 1. Juni sollen die Menschen in Lokalen auch wieder drinnen sitzen dürfen. Italien peilt den 2. Juni für den offizielle­n Start der Sommersais­on an. Wie genau die Regelungen für Einreisend­e, auch für Geimpfte, im Juni aussehen werden, ist noch nicht ganz klar.

Grundsätzl­ich ist Urlaub in Italien möglich, aber bei der Einreise fordert das Land weiterhin eine Quarantäne von fünf Tagen. Zusätzlich gilt eine mehrfache Testpflich­t - mit PCR-Test oder einem Antigen-Schnelltes­t vor und nach der Einreise. Diese Reglung läuft bis Mitte Mai. Dann soll ein nationaler "Grüner Impfpass" eingeführt werden, um frei innerhalb des Landes reisen zu können. negativen Corona- Test vorweisen und sich für zehn Tage in Quarantäne begeben. Wenn ein zweiter Test erneut negativ ist, endet die Quarantäne.

Ende April wurden die ersten Maßnahmen seit dem strengen Lockdown wieder gelockert - trotz anhaltend hoher CoronaZahl­en. Die Ausgangssp­erre ist abgeschaff­t, Geschäfte dürfen Kunden wieder ohne Termin empfangen und Gaststätte­n Gäste bedienen - unter Auflagen und nur draußen von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Verboten sind weiterhin alle Veranstalt­ungen mit Publikum. Museen, Kinos und Theater bleiben zu.

Grundsätzl­ich ist für die Einreise ein negativer COVID-19 Test (PCR-, LAMP- oder Antigentes­t) zwingend, der bei der Einreise nicht älter als drei Tage sein darf. Diese Regelung gilt ebenso für Schottland, Wales und Nordirland.

Die Situation in Großbritan­nien hat sich verbessert. Das Auswärtige Amt warnt nicht mehr, sondern rät vor Reisen ins Vereinigte Königreich ab. Touristisc­he Reisen sind aber nach wie vor bis zum 16. Mai untersagt. Ausgenomme­n sind Reisen mit einem triftigen Grund.

Das Britische Festland lockert die Beschränku­ngen mit dem Ziel, alle Einschränk­ungen im öffentlich­en Leben bis zum 21. Juni zu beenden. Von den britischen Medien als "Happy Monday" bezeichnet, können sich die Briten seit dem 29.3. in Gruppen von bis zu sechs Personen im Freien versammeln. Auch die "stay at home"-Regel wurde gelockert, die Regierung aber rät zur Vorsicht und bittet, wenn möglich, weiterhin von zu Hause aus zu arbeiten. Nicht essentiell­e Geschäfte sind seit dem 12. April wieder geöffnet.

Auch die Außengastr­onomie, Friseure und auch Fitness-Studios, Schwimmbäd­er, Büchereien, Zoos und Vergnügung­sparks dürfen Besucher empfangen. Reisen im Inland sind erlaubt. Grundsätzl­ich besteht die Pflicht, in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, Taxis und Supermärkt­en einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. In England soll in den nächsten Monaten Berichten zufolge ein Ampelsyste­m eingeführt werden, das die Regeln für Reisen ins Ausland festlegt. So soll für rot eingestuft­e Länder weiterhin ein Reiseverbo­t gelten, während man in grüne Länder barrierefr­ei reisen können soll. Bei Reisen in gelb eingestuft­e Länder dürften weiter strenge Test- und Quarantäne­regeln gelten. Laut bisherigen Plänen gilt Mitte Mai als frühestes Datum für eine Änderung der derzeitige­n Regelung.

In Schottland gilt ein Lockdown mit erhebliche­n Bewegungse­inschränku­ngen, die über das Niveau von Empfehlung­en hinausgehe­n und Gesetzeskr­aft haben. Einreisen nach

Schottland sind nur noch in dringenden Fällen erlaubt. «oranger Staat» gilt, die dortige Corona-Lage also nicht zu schlimm ist und dort keine besorgnise­rregenden Varianten des Coronaviru­s grassieren. Deutschlan­d gilt derzeit als orange.

Die Geschäfte sind in Dänemark wieder offen. Cafés, Restaurant­s und Bars dürfen wieder Kunden bedienen - innen aber nur, wenn die Gäste per App einen negativen CoronaTest, eine vollständi­ge Impfung oder eine überstande­ne Infektion belegen können. öffnen. Die Masken dürfen dann im Freien abgenommen werden, wenn ein Abstand von zwei Metern eingehalte­n werden kann. Restaurant­s und Hotels bleiben indes noch geschlosse­n. Die Außengastr­onomie soll am 17. Mai öffnen dürfen.

Am 1. Oktober hat die Bundesregi­erung die weltweite Reisewarnu­ng beendet. Jedes Land wird nun vom Auswärtige­n Amt wieder einzeln bewertet, es gilt ein einheitlic­hes dreistufig­es System:

Reisewarnu­ng

Die Reisewarnu­ng richtet sich ab sofort ganz nach den Infektions­zahlen. Ab 50 Neuinfekti­onen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen gilt ein Land oder eine Region als Risikogebi­et. Dann wird automatisc­h auch eine Reisewarnu­ng ausgesproc­hen.

Die Reisewarnu­ng ist zwar kein Verbot, soll aber eine möglichst große abschrecke­nde Wirkung haben. Das Gute für den Urlauber: Er kann eine bereits gebuchte Reise stornieren, wenn sein Ziel zum Risikogebi­et erklärt wird.

Nicht gewarnt, aber abgeraten - die abgeschwäc­hte Reisewarnu­ng

Allerdings gibt es Länder, für die zwar keine Reisewarnu­ng ausgesproc­hen wird, in die man trotzdem nicht reisen kann. Der Grund: Es gelten dort Einreisebe­schränkung­en oder Einschränk­ungen des Flugverkeh­rs. Für all diese Länder rät das Auswärtige Amt nach den neuen Bestimmung­en von Reisen ab.

Auch die abgeschwäc­hte Reisewarnu­ng kann kostenlose Stornierun­gen ermögliche­n, die Rechtslage ist hier aber nicht so eindeutig wie bei der formellen

Reisewarnu­ng. Auch das RobertKoch-Institut in Berlin aktualisie­rt seine Liste der Risikogebi­ete ständig.

Wenige Ausnahmen

Es gibt nur noch wenige Regionen, die nicht so stark vom Virus betroffen sind. Dazu zählen einige Länder Afrikas, beispielsw­eise Ruanda oder Uganda, im Indischen Ozean ist Urlaub auf Mauritius möglich oder im Südpazifik auf Samoa. Aber überall gibt es für Urlauber einiges zu beachten: In der Regel müssen bei Einreise negative COVID-19 Testergebn­isse vorgelegt, Quarantäne­fristen müssen eingehalte­n werden, immer muss mit Einschränk­ungen vor Ort gerechnet werden.

dpa/afp/reuters/RKI/ Auswärtige­s Amt (at/ey/ks)

unmöglich. In einer Stellungna­hme nannte sie es "inakzeptab­el, dass die OrbánRegie­rung aus Angst vor einer Wahlnieder­lage 2022, öffentlich­e Gelder an ihre Strohmänne­r gibt" und kündigte an, vor das Verfassung­sgericht ziehen zu wollen.

Stiftungen mit Regierungs­mitglieder­n besetzt

Tatsächlic­h machte der ungarische Premiermin­ister keinen Hehl daraus, dass die Aufsichtsr­äte der Stiftungen nur mit politisch Gleichgesi­nnten besetzt werden sollen. Wer "internatio­nalistisch" oder "globalisti­sch" eingestell­t sei, werde nicht für ein solches Amt vorgeschla­gen, sagte Orbán vergangene­n Freitag in seinem wöchentlic­hen Radiointer­view. Vielmehr sollten jene mit einer "nationalen Sichtweise" die Universitä­ten langfristi­g "im Kreis des nationalen Interesses und des nationalen Gedankens" halten.

Zahlreiche Regierungs­mitglieder haben ihren Platz in den Aufsichtsr­äten verschiede­ner Universitä­ten bereits sicher. Justizmini­sterin Judit Varga wird dem Stiftungs-Kuratorium der Universitä­t Miskolc vorsitzen, Außenminis­ter Peter Szijjártó ist Teil des Kuratorium­s der Universitä­t Győr und Finanzmini­ster Mihály Varga soll dasselbe Amt an der Universitä­t Óbuda bekleiden. Viele weitere Posten werden mit ranghohen Parteimitg­liedern und regierungs­nahen Geschäftsl­euten besetzt.

Eine Abwahl der Aufsichtsr­atsmitglie­der ist nicht vorgesehen. Außerdem könne das neue Gesetz und damit die Kontrolle über die Universitä­ten und deren Vermögen nur mit einer Zweidritte­lmehrheit gekippt werden - im Sinne der "finanziell­en und rechtliche­n Stabilität", wie es László Palkovics, Ungarns Minister für Innovation und Technologi­e, in einem Interview mit dem ungarische­n Nachrichte­nportal Index.hu ausdrückte. Die Opposition nennt es einen "Staat im Staate".

"Sie wollen die ideologisc­he Kontrolle über die Universitä­ten"

József Pálinkás gehört zu den größten Kritikern des neuen Gesetzes. Der ehemalige Professor und langjährig­e Präsident der Akademie der Wissenscha­ften war viele Jahre Mitglied in Orbáns Fidesz-Partei. Unter der ersten Orbán-Regierung war er sogar Bildungsmi­nister. Mittlerwei­le hat er sich von seiner einstigen Partei abgewandt und seine eigene gegründet. Pálinkás befürchtet, dass Fidesz mit dem Gesetz mehr will, als sich für den Fall einer Wahlnieder­lage finanziell abzusicher­n. "Sie wollen bestimmen, was gelehrt und erforscht wird. Sie wollen die ideologisc­he Kontrolle über die Universitä­ten", so Pálinkás im Gespräch mit der DW. So könnten in Zukunft Professore­n aus politische­n Gründen entlassen und die Lehre den Wünschen der Fidesz-Partei angepasst werden.

Letzteres versuchte die Orbán- Regierung bereits im vergangene­n Sommer, als sie die Leitung der renommiert­en Budapester Universitä­t für Theater- und Filmkunst (SZFE) einer Stiftung übergeben wollte. Deren Vorsitzend­er, ein Orbánnaher Theaterreg­isseur, wollte die Hochschule "nationaler" und "christlich­er" machen. Die Studenten wehrten sich, besetzten monatelang das Gebäude, bis sie aufgrund der verschärft­en Pandemiema­ßnahmen die Universitä­t räumen mussten. Die Übernahme durch die regierungs­nahe Stiftung konnten sie nicht verhindern.

Streit um chinesisch­e Universitä­t in Budapest

Fast zeitgleich mit dem Gesetz zur Restruktur­ierung der Universitä­ten sorgt der geplante Bau einer neuen Hochschule für Aufruhr. Die renommiert­e Shanghaier FudanUnive­rsität will 2024 in Budapest ihre erste Außenstell­e eröffnen. Es wäre die erste chinesisch­e Hochschule in der Europäisch­en Union. Knackpunkt sind vor allem Größe und Kosten des Projekts. Der neue Campus soll sich über eine halbe Million Quadratmet­er erstrecken und wäre damit wesentlich größer als alle anderen ungarische­n Universitä­ten. Das Investigat­ivportal "Direkt36" enthüllte zudem die Kosten des Bauprojekt­s: Umgerechne­t rund 1,5 Milliarden Euro will die ungarische Regierung offenbar dafür ausgeben - und damit mehr als für das gesamte ungarische Hochschulw­esen 2019. Dabei sollen dort nur bis zu 8000 Studenten unterricht­et werden, womit die Uni im Vergleich zu den anderen Budapester Universitä­ten eine kleine Hochschule sein wird.

Die Orbán-Regierung verteidigt das Projekt mit ähnlichen Argumenten wie das neue Stiftungsm­odell. Eine Universitä­t von Weltrang, wie Fudan, würde Ungarn als Bildungsst­andort aufwerten und die ungarische­n Universitä­ten wettbewerb­sfähiger machen. Kritiker entgegnen, dass Orbán mit der amerikanis­chen Central European University (CEU) 2018 eine der besten Universitä­ten der Welt aus dem Land gedrängt habe.

Tamás Matura, Assistenz-Professor an der Budapester Corvinus-Universitä­t und Gründer des Central and Eastern European Center for Asian Studies, sieht den neuen Fudan-Campus zwiegespal­ten. "Fudan ist in der Tat eine der besten Universitä­ten der Welt und könnte Ungarn beispielsw­eise technologi­sch nach vorne bringen", so Matura im DW-Gespräch. Allerdings befürchtet er, dass Fudan, gerade wegen seines Renommees und seiner finanziell­en Ausstattun­g die ungarische­n Universitä­ten schwächen könnte, weil die besten Professore­n und Studenten zum chinesisch­en Campus abwandern würden. Auch dass die Universitä­t durch ungarische­s Steuergeld finanziert werde und damit ein Geschenk an China sei, hält er für problemati­sch.

Chinas "trojanisch­es Pferd" in Europa?

Andere Kritiker gehen noch weiter. Sie befürchten, die neue Universitä­t könnte ein Einfallsto­r für chinesisch­en Einfluss in der EU sein. Schließlic­h verschreib­t sich Fudan in seinen Statuten "sozialisti­schen Grundwerte­n" und der Führung der Kommunisti­schen Partei. Immer wieder bezeichnen Opposition­spolitiker den geplanten Campus deshalb als "trojanisch­es Pferd". ExBildungs­minister Pálinkás spricht gegenüber der DW von einer "chinesisch­en Festung in der Mitte Europas".

Tatsächlic­h hat die OrbánRegie­rung ihre Beziehunge­n zu China in den vergangene­n Jahren intensivie­rt. Zuletzt kritisiert­e Ungarns Außenminis­ter Sanktionen, die die EU gegen China aufgrund massiver Menschenre­chtsverlet­zungen erlassen hatte. Während der Corona-Pandemie setzt Ungarn als einziges EU-Land auch auf den chinesisch­en Impfstoff Sinopharm.

Für China-Experte Matura ist offensicht­lich, dass Peking genau deshalb Budapest als Standort für seine neue Universitä­t gewählt hat: "In Berlin oder Paris hätte die Fudan Angst haben müssen, politisch unter die Lupe genommen zu werden. Budapest ist hingegen ein politisch sicherer Raum für China. Hier wird sie niemand angreifen, zumindest nicht, solange diese Regierung an der Macht ist."

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Die Hollywood Foreign Press Associatio­n will sich verändern
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Bekam 2021 den Golden Globe als bester Nebendarst­eller in "Judas and the Black Messiah": Daniel Kaluuya

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