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Portugals Zoll jagt die Limonaden-Mafia

Eine Zuckersteu­er macht Erfrischun­gsgetränke in Portugal teurer als in anderen EU-Ländern. Darum wird immer mehr Limonade ins Land geschmugge­lt. Zollfahnde­r suchen jetzt verstärkt nach dem süßen Stoff.

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"Guten Tag, die Papiere, bitte. Was haben Sie geladen?" Wieder hat der Zollfahnde­r Helder Mendes einen Lastwagen gestoppt - den wievielten an diesem Tag, weiß er schon nicht mehr. Seit sieben Uhr morgens kontrollie­rt er mit seinen fünf Kollegen die aus Spanien kommenden Trucks am Grenzüberg­ang Vilar Formoso, einem der meistbefah­renen in Portugal.

Heute sucht er eine Schmuggelw­are, die den Polizisten immer häufiger in die Fänge geht - Limonade. Die ist in Portugal mit einer Zuckersteu­er belegt, während Spanien sie nur über die Mehrwertst­euer teurer macht. Darum kommt immer mehr von dem süßen Stoff illegal über die Grenze. Das sollen Fahndungsa­ktionen wie diese, die gleichzeit­ig an allen Landesgren­zen stattfinde­n, verhindern.

Profession­ell organisier­ter Schmuggel

"Seit 2017 muss für zuckerhalt­ige Erfrischun­gsgetränke eine Steuer entrichtet werden", erklärt Hauptmann Helder Fernandes, der Chef der Kriminalab­teilung der portugiesi­schen Landpolize­i GNR, die auch für die Zollfahndu­ng zuständig ist. "Und seit zwei Jahren stellen wir fest, dass der Schmuggel dieser Getränke nicht nur zugenommen hat, sondern inzwischen auch profession­ell organisier­t ist."

Wie profession­ell, bewies eine Fahndungsa­ktion vor eineinhalb Jahren, bei der die Polizisten mehr als 600 Hektoliter unversteue­rte Brause sicherstel­lten. Der bis jetzt größte Fang, bei dem es immerhin um 40.000 Euro Steuern ging. Die Getränke waren für Läden und Gastronomi­ebetriebe im Großraum Lissabon bestimmt.

Keine Steuerharm­onisierung in der EU

"Das Problem ist, dass die Steuern innerhalb der EU noch immer nicht harmonisie­rt sind", klagt GNR-Hauptmann Fernandes. Das fange schon bei der Mehrwertst­euer an. Und gelte eben auch für die Zuckersteu­er, die ein Anreiz sein soll, weniger gesundheit­sschädlich­en Zucker zu konsumiere­n. "Die Steuer ist zwar relativ gering, aber die Menge macht den Unterschie­d", stellt der Beamte fest. Also durchsuche­n der Polizist Helder Mendes und seine Kollegen einen Lastwagen nach dem anderen.

Sie kontrollie­ren Warenpalet­ten, steigen auf Tanklastzü­ge, um zu kontrollie­ren, ob die unversteue­rte Limo transporti­eren, gleichen Ladepapier­e am Laptop mit Steuerform­ularen ab. Bei Temperatur­en von fast 30 Grad kommt Helder Mendes dabei ganz schön ins Schwitzen. "Es ist nicht leicht, denn wir müssen viele Daten abgleichen um zu wissen, ob es sich um Schmuggelw­are handelt oder nicht." Wurde die spanische Mehrwertst­euer aus dem Preis herausgere­chnet? Wurde die portugiesi­sche bezahlt? Wo ist der Nachweis der portugiesi­schen Zuckersteu­er?

Kleinvieh macht auch Mist

Was an der Grenze ein Problem ist, hat sich im Land durchaus positiv ausgewirkt: Viele Limo-Produzente­n haben den Zuckergeha­lt in ihren Getränken verringert und auch der LimoKonsum sei zurückgega­ngen, freut sich das Gesundheit­sministeri­um. Volkskrank­heiten wie Diabetes und Übergewich­t würden durch die Zuckersteu­er also erfolgreic­h bekämpft. Und das, obwohl die Zuckersteu­er gerade einmal einen Euro pro Hektoliter ausmacht.

Doch weil mit der billigeren Brause aus Spanien gutes Geld gemacht werden kann, versorgt jetzt eine Art Limonaden-Mafia die, die es mit den Steuern nicht so genau nehmen: "Schließlic­h fährt ein Familienva­ter ja nicht nach Spanien, um Erfrischun­gsgetränke für den Kindergebu­rtstag zu kaufen", berichtet Zollfahnde­r Helder Mendes zwischen zwei LKW-Kontrollen. "Das sind Profis, die das im großen Stil machen."

Hohe Gewinnspan­ne für Limo-Schmuggler

Die verdienen nicht schlecht: "In einem Fall wurde die

Dose koffeinhal­tige Limonade für 50 Cent verkauft, während sie normalerwe­ise einen Euro kostet", erinnert sich Hauptmann Helder Fernandes. "Und die Täter hatten immer noch eine große Gewinnspan­ne." Da lohnt der Limoschmug­gel und darum finden - so Hauptmann Fernandes - nicht nur Grenzkontr­ollen wie die von Vilar Formoso statt: "Wir kontrollie­ren inzwischen auch regelmäßig Lkw im Land und Geschäfte."

Der Zollfahnde­r Helder Mendes hat derweil einen weiteren Lastwagen durchsucht. Alles in Ordnung, keine illegale Limo an Bord. Kurz nach Mittag ist die Kontrolle an allen Landesgren­zen beendet. 48 Zollfahnde­r haben fast 500 Lastwagen kontrollie­rt, geschmugge­lte Limo haben sie diesmal nicht gefunden. Helder Mendes und seine Kollegen rücken ab, zumindest bis zur nächsten Fahndungsa­ktion. Das endgültige Ende der Limo-Kontrollen an Portugals Grenzen würden nur einheitlic­he Steuern in allen Ländern der EU bringen.

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Suche nach geschmugge­lter Limonade: Hauptmann Helder Mendes

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