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Diskussion um Gil Ofarims Antisemiti­smusvorwur­f

Wurde der Musiker Gil Ofarim wegen seiner Davidstern-Kette in einem Hotel in Leipzig beleidigt oder nicht? Neue Überwachun­gsvideos werfen Fragen auf.

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Vor zwei Wochen postete Gil Ofarim ein Video auf Instagram, in dem er fassungslo­s erzählt, wie er in einer Leipziger Hotellobby erst ignoriert und dann aufgeforde­rt wurde, "seinen Stern einzupacke­n". Der Fall sorgte für Wirbel und sollte einmal mehr zeigen, wie alltäglich der Antisemiti­smus in Deutschlan­d ist. Und diesmal sei er nicht aus rechten oder linken Kreisen gekommen, sondern aus der Mitte der Gesellscha­ft, von Mitarbeite­rn eines Hotels, das täglich internatio­nale Gäste begrüßt, sagte der Sänger vergangene Woche in einem DW-Interview.

Die beschuldig­ten Mitarbeite­r sind nach den Vorwürfen beurlaubt worden. Ofarim erstattete Anzeige und die Staatsanwa­ltschaft ermittelt seitdem.

Aber auch gegen Ofarim selbst läuft ein Ermittlung­sverfahren wegen Verleumdun­g.

Überwachun­gsvideos zeigen offenbar keine Davidstern-Kette

Im Zuge der Untersuchu­ngen sind einige Überwachun­gsvideos aus der Hotellobby ausgewerte­t worden. Auf denen, so berichten nun immer mehr Medien, sei Ofarim zwar zu sehen, wie er aufgeregt am Check-In-Schalter des Hotels steht - aber ohne die besagte Kette mit dem Davidstern.

Aus datenschut­zrechtlich­en

Gründen gebe es keine Tonaufnahm­en, daher könne man nicht nachvollzi­ehen, was da am Check-In-Schalter gesagt wurde. Ein Sprecher der Leipziger Staatsanwa­ltschaft sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass mehrere Videos sichergest­ellt worden seien, aber noch nicht alle ausgewerte­t seien. Daher könne man zum Inhalt keine Angaben machen.

Zwischen Solidaritä­t und Fassungslo­sigkeit

Sein Instagram-Video ist inzwischen mehr als 3,5, Millionen

mal geklickt worden und wurde tausendfac­h kommentier­t. Neben Solidaritä­tsbekundun­gen sind auch viele Kommentare zu sehen, in denen Ofarims Aussage angezweife­lt wird.

Auch die ermittelnd­e Leipziger Polizei spricht von "ernstzuneh­menden Zweifeln" an den Schilderun­gen Ofarims.

Nun hat die "Bild"-Zeitung an diesem Wochenende mit dem Abdruck der Bilder aus den Überwachun­gsvideos weiter Öl ins Feuer gegossen. Auf Twitter hagelte es die üblichen Beschimpfu­ngen und Verleumdun­gen aus dem rechten Lager. Aber zahlreiche Userinnen und User zeigen auch Enttäuschu­ng und Fassungslo­sigkeit über eine mutmaßlich­e PR-Kampagne des Musikers.

Die Berliner Tageszeitu­ng TAZ schreibt: Falls sich die Aussagen von Ofarim nicht bestätigte­n, sei sein Instagram-Video nicht nur ein fettes Eigentor gewesen, sondern vor allem ein Bärendiens­t im Kampf gegen Antisemiti­smus,

Hetze, Hass. So ähnlich ist es auch in manchen Tweets zu lesen:

20-jährige Karriere

Der 39-jährige Gil Ofarim ist der Sohn des israelisch­en Sängers, Tänzers und Musikprodu­zenten Abi Ofarim. Sein Vater war in den 1960er-Jahren ein internatio­naler Star, berühmt vor allem durch seine Hits, die er mit seiner ersten Frau als Duo Esther & Abi Ofarim hatte. Gil Ofarim wurde als Fotomodell in der Jugendzeit­schrift "Bravo" bekannt und kann schon jetzt auf eine mehr als 20-jährige Karriere als Rockmusike­r, Sänger und Schauspiel­er zurückblic­ken.

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Rockmusike­r, Sänger und Schauspiel­er Gil Ofarim
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Ofarims Vorwürfe zogen eine Welle der Solidaritä­t nach sich, wie hier vor dem Leipziger Hotel

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