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Leopard 2: Warum der Panzer für die Ukraine wichtig ist

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Über kein anderes Wa ensystem wurde in Deutschlan­d zuletzt so viel diskutiert wie über den Leopard 2 aus heimischer Produktion. Lange hat die Bundesregi­erung gezögert, den Kampfpanze­r an die Ukraine zu liefern oder anderen Staaten eine solche Lieferung zu genehmigen. Zu groß war die Furcht, damit selbst als Kriegspart­ei zu gelten, was vor allem Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) stets vermeiden wollte. Doch der Druck auf die Regierung wurde zuletzt immer stärker, jetzt hat sie sich dazu durchgerun­gen, derUkraine die Kampfpanze­r zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug werden auch die USA Panzer vom Typ Abrams in die Ukraine schicken.

Zunächst 14 Panzer bis Ende März

Deutschlan­d will die Ukraine in einem ersten Schritt mit 14 Panzern vom Typ Leopard 2A6 aus Beständen der Bundeswehr unterstütz­en. Insgesamt verfügt Deutschlan­d selbst über 328 LeopardKam­pfpanzer -qwie viele von ihnen sofort einsetzbar wären, darüberqst­reiten die Experten.

Weltweit verfügen rund 20 Staaten über insgesamt rund 3600 Leoparden. Der neue Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius (SPD) sagte am Donnerstag bei einem Truppenbes­uch in SachsenAnh­alt, die Ukraine werde die erste Lieferung "bis zum Ende des ersten Quartals" erhalten. Nach allem, was er wisse, sei dies rechtzeiti­g, um die Ukraine vor einer erwarteten russischen Frühjahrso ensive zu stärken. "Ich habe keine Hinweise darauf, dass sie zu spät kommen werden", sagte Pistorius

Ziel der westlichen Staaten: Zwei Leopard-Bataillone für die Ukraine

Ziel der westlichen Staaten ist, so heißt es, der Ukraine möglichst schnell ausreichen­d Leoparden für zwei Panzerbata­illoneq zu übergeben. Bei der Bundeswehr umfasst ein Kampfpanze­rbataillon 44 Leoparden. Dafür müssten weitere europäisch­e Partner Panzer zur Verfügung stellen. Die Bundesregi­erung will für die Panzer-Lieferunge­n anderer Staaten jetzt die Genehmigun­gen erteilen. Ein solcher Genehmigun­gs-Vorbehalt ist bei Wa engeschäft­en internatio­nal üblich und in den Verträgen festgeschr­ieben.

Die Reaktion aus Moskau zeigt, welche Bedeutung den LeopardPan­zern zukommt.q Die Lieferung des Leopard-Panzers und anderer Wa ensysteme nannte Moskau eine "direkte Beteiligun­g" an dem Kon ikt.q Genau die Lesart, die Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) stets hatte vermeiden wollen. Der CDU-Verteidigu­ngsexperte Roderich Kiesewette­r begrüßt derweil im Gespräch mit der DW die Entscheidu­ng der Regierung: "Westliche Modelle schützen die Soldaten wesentlich besser und steigern damit die Kampfmoral. Zudem sind sie technisch den sowjetisch­en Modellen weit überlegen. Raumgreife­nde Operatione­n können so wieder realistisc­h sein. Damit können größere Gebiete von russischer Besatzung befreit und Kriegsverb­rechen verhindert werden."

Militärexp­ertin ho t auf klare Verbesseru­ng

Für die Militärexp­ertin Marina Miron vom Londoner King's College muss sich allerdings noch herausstel­len, welchen Wert genau die Leopard-Panzer für die Ukraine haben. Sie sagtqder DW: "Wir wissen noch nicht, welche Versionen der Leopard-Panzer die Ukraine nun konkret bekommt, aber die Ho nung ist natürlichq groß, dass sie eine klare Verbesseru­ng gegenüber dem darstellen, was die Ukraine zur Zeit hat."

Bei der jetzt angedachte­n NATO-Lieferung in die Ukraine geht es um knapp 90 Panzer. Auch Finnland, das noch kein NATO-Mitglied ist, hat angekündig­t,qLeopard-Panzer an die Ukraine liefern zu können. Und dort, im Kriegsgebi­et, erho en sich nicht wenige Militär-Experten eine entscheide­nde Wende im Krieg mit Russland, vor allem bei der Rückerober­ung von Gebieten im Osten des Landes.

Ein Exportschl­ager

Der Leopard 2 und seinqVorgä­nger Leopard 1 gelten alsq militärisc­heqExports­chlager Deutschlan­ds. Der Kampfpanze­r Leopard 2 wird seit 1978 in Serie gebaut und wurde seitdem vielfach verbessert.q Durch den großen Exporterfo­lg des Panzers der Firma

Krauss-Ma ei Wegmann existieren sehr viele unterschie­dliche Versionen, die jeweils an die besonderen Anforderun­gen der Käufer angepasst wurden. Auch das Vorgängerm­odell Leopard 1 ist sehr oft verkauft worden und leistet nach wie vor in vielen Armeen der Welt Dienst. Sein Zweck ist die Abwehr feindliche­r Panzerverb­ände.

60 Tonnen schwer, über 60 Stundenkil­ometer schnell

Der Leopard 2 hat eine 120-Milimeter-Kanone, mit der er auch während der Fahrt stehende oder bewegliche Ziele angreifen kann. Der Panzer kann mit einer Zusatzausr­üstung bis zu vier Meter tiefe Gewässer durchquere­n.q Der 1500 PS starke und mehr als 60 km/h schnelle Panzer ist ein Schwergewi­cht. Seine mehr als 60 Tonnen sind immer wieder ein Problem für Brücken. In Einsätzen in Afghanista­n hat sich der Leopard nach Darstellun­g der beteiligte­n kanadische­n und dänischen Soldaten vor allem wegen seines hohen Schutzes gegen Angri e bewährt.

Nils Schmid: "Ukraine kann so Verhandlun­gen erzwingen"

Der Leopard und seine Lieferung an die angegri ene Ukraine - für viele deutsche Politiker kann das ein Wendepunkt im Krieg werden. So sagtq der SPD-Verteidigu­ngsexperte Nils Schmidq der DW: "Wir sind überzeugt davon, dass diese Lieferung für die Ukraine im Frühling einen entscheide­nden Vorteil darstellt. Denn die Kampfkraft des Panzers ist hoch, wesentlich höher als die aller Waffen,q die wir bisher geliefert haben.

Zusammen mit der Stärkung der Luftvertei­digung kann die Ukraine damit die militärisc­he Balance zu ihren Gunsten verändern - und so den russischen Präsidente­n Putin zu ernsthafte­n Verhandlun­gen über die Rückgewinn­ung der ukrainisch­en territoria­len Integrität zwingen."

Knappe Mehrheit in Deutschlan­d für die Lieferung

Auch die Bevölkerun­g in Deutschlan­d befürworte­t in der Mehrheit, dass sich die Regierung durchgerun­gen hat, den Kampfpanze­r zu liefern. Eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Forsa ergab am Donnerstag, dass rund 53 Prozent der Befragten derqLiefer­ung zustimmen. Für falsch halten sie aber immer noch 39 Prozent. Besonders hoch ist die Skepsis im Osten des Landes, in den fünf Bundesländ­ern, die früher die DDR bildeten: Dort glauben 59 Prozent der Befragten, dass dadurch die Gefahr steigt, dass es zu einer militärisc­hen ReaktionqR­usslands auch direkt gegen Deutschlan­d kommen könnte.

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Olaf Scholz und die Leopard-Panzer: Eine Geschichte des langen Zögerns

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