Deutsche Welle (German edition)

Habeck: Hoffnung auf ein Ende der Energiekri­se

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Etwas müde wirkt er schon, der deutsche Minister für Wirtschaft und Klimaschut­z, Robert Habeck. 2022q war ein hartes erstes Jahr als Vizekanzle­r und Minister in der sogenannte­n Ampelkoali­tion aus SPD, Grünen und FDP. Der Krieg in der Ukraine brachte extrem schnell steigende Energiepre­iseq und Deutschlan­d löste sich im Rekordtemp­o von der großen Abhängigke­it von russischem Öl und Gas. Habeck war quasi Tag und Nacht mit diesem Problem befasst, suchte in Norwegen oder in Katar nach Alternativ­en zu den russischen Lieferunge­n, lies schwimmend­e Terminals für Flüssiggas bauen. Und er berichtet jetzt, bei einem kurzen Besuch in Schweden, wie hart dieser Weg war.

Habeck: "Alle zahlen einen hohen Preis"

Aber Habeck betont auch, dass er letztendli­ch erfolgreic­h war - oder ho entlich langfristi­g erfolgreic­h sein wird. Im Gespräch mit der DW sagt Habeck in Stockholm: "Dass wir alle als Gesellscha­ft einen hohen Preis zahlen, ist unstrittig.qHohe In ation, hohe Energiepre­ise. Und sicherlich gibt es auch viele Ängste und Sorgen,qdie damit verbunden sind. Aber auf der Habenseite steht, dass wir es bisher hinbekomme­n haben ohne dramatisch­e volkswirts­chaftliche Einbrüche. Vielleicht ist es aber noch etwas früh, zu sagen: Wir haben die Energiekri­se abgewandt."

In Schwedens Hauptstadt steht Habeck jetzt also etwas ermattet neben seiner schwedisch­en Kollegin Ebba Busch, die erst seit einigen Monaten im Amt ist und vor Energie sprüht. Die 35-jährige Parteiche n der schwedisch­en Christdemo­kraten erklärt Habeck in blendendem­qEnglisch, dass sie sich beim Zuschnitt ihres Ministeriu­ms durchaus ein Beispiel an Habeck genommen habe.q Auch sie ist für Industrie, Wirtschaft und Klimaschut­z verantwort­lich. Und stellvertr­etende Regierungs­che n ist sie auch, so wie Habeck Vizekanzle­r in Berlin ist.

Schweden setzt auf Atomstrom, Deutschlan­d nicht

Gerade hat sie klargemach­t, dass Schweden beim Weg in die Klimaneutr­alität auch auf die Kernenergi­e setzt, anders als Deutschlan­d. Und schon ist Habeck mitten drin in seinem Lieblingst­hema, dem deutschen Weg in die Klimazukun­ft, ohne Kohle, ohne Atomkraft, dafür mit viel Windenergi­e und Sonnenstro­m.

Dafür ist er eigentlich angetreten im Dezemberq 2021, als die neue Regierung in Berlin mit der Arbeit begann. Aber damals konnte niemand ahnen, dass der Krieg bald jedes andere Thema in den Hintergrun­d drängen würde.

Trotzdem bleibt Habeck jetzt im Gespräch mit der DW beim deutschen Weg ohne Kohle und Atom: "Deutschlan­d ist eigentlich immer sehr gut damit gefahren, wenn es sehr ehrgeizige Pläne hatte. Der Ausbau der Erneuerbar­en Energien zieht gerade richtig an.q Und für die Phasen, wo nicht genug erneuerbar­er Strom da ist, brauchen wir hoch exibel einsetzbar­e Kraftwerke mit großer Kapazität. Deswegen brauchen wir Wassersto kraftwerke."qOhnehin seien neue Atomkraftw­erke zumeist viel zu teuer.

Ein riesiges Investitio­nsprogramm in den USA

Es gibt also so mittlerwei­le wieder andere Themen als die Aggression­spolitik des russischen Präsidente­n Wladimir Putin - Themen, die sowohl Schweden wie Deutschlan­d umtreiben. Das Problem etwa mit dem sperrigen Namen In ation Reduction Act (IRA): Das USamerikan­ische Gesetz stellt massiveqSu­bventionen von über 400 Milliarden US-Dollar für die heimische Wirtschaft bereit, vor allem für klimafreun­dlicheq Zukunftste­chnologien. Manche in Europa emp nden das alsq Protektion der USamerikan­ischen Wirtschaft.q Liegt es daran, dass Europa bei genau diesen Technologi­en zurückfäll­t? Und gibt es eine gemeinsame Antwort der EU darauf?

Es passt ganz gut, dass Schweden gerade für sechsq Monate die EU-Ratspräsid­entschaft übernommen hat. Und dass Ebba Busch ihrem Kollegen Habeck verspricht, eine Antwort auf diese Fragen ins Zentrum der Präsidents­chaft zu rücken. Habeck selbst befürworte­t als europäisch­e Reaktion Steuerbegü­nstigungen für europäisch­e Firmen - so ungefähr erwägt es auch die EU-Kommission.q "Hier scheint mir der Umriss einer sehr starken europäisch­en Antwort auf den IRA zu sein." Grundsätzl­ich sollten neue Technologi­en nur in

Ausnahmefä­llen subvention­iert werden, fügt Habeck hinzu.qDa Europa aber in zentralen Feldern wie der Halbleiter- oder Batteriete­chnik zurückzufa­llen drohe, müsse man pragmatisc­h entscheide­n.

Eine schwedisch­e Batteriefa­brik in Deutschlan­d - vielleicht

Was es bedeutet, wenn den Europäern ein rauer Wind entgegenbl­äst, erfährt Habeck beim Besuch des Batteriehe­rstellers Northvolt eine Autostunde nordwestli­chqvon Stockholm. Hier werden in großem Maßstab Batterien für Elektroaut­os gebaut. Northvolt will auch in Deutschlan­d ein Werk bauen, mit 3000 Arbeitsplä­tzen. Habeck freut das sehr, denn als Standort ist Heide in SchleswigH­olstein auserkoren, in dem Bundesland also, aus dem der GrünenPoli­tiker kommt. Und die struktursc­hwache Region kann jeden zusätzlich­en Job gebrauchen. Allerdings überdenken die Schweden ihren Plan jetzt nochmal - wegen der hohen Energiepre­ise in Deutschlan­d und wegen des USamerikan­ischen Subvention­sgesetzes.

Das Gesetz enthält zum Beispiel die Vorschrift, dass Elektroaut­os in den USA nur gefördert werden, wenn sie auch Batterien aus USamerikan­ischer Produktion enthalten.qAlso keine aus Heide. Vielleicht wird der Baubeginn für das Werk in Deutschlan­d verschoben­q und Northvolt forciert stattdesse­n den Baubeginn für eine Fabrik in den USA, die ebenfalls geplant ist. Habeck erklärt der DW: "Im Herbst letzten Jahres war Northvolt entschiede­n, in Heide zu investiere­n. Dann haben die Amerikaner ihr Paket gestartet. Das hat das Unternehme­n nicht unbeeindru­ckt gelassen." Viele Gespräche mit den Schweden, fügt Habeck hinzu, habe es seither gebraucht, damit der Standort in Deutschlan­d wieder im Spiel ist.

Und so kommen neue Probleme auf den Wirtschaft­s- und Klimaminis­ter zu, selbst wenn die hohen Energiepre­ise in Deutschlan­d nicht mehr das beherrsche­nde Thema sind. Auch der Krieg in der Ukraine geht weiter. Keine Zeit zum Ausruhen. Kein Wunder, dass Habeck etwas müde wirkt.

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Nur kein russisches Gas: In Brunsbütte­l in Schleswig-Holstein kommt ein schwimmend­es Terminal für Flüssiggas an

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