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Die EZB hebt die Zinsen weiter an

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Mit der fünften Zinserhöhu­ng in Folge stemmen sich die EuroWährun­gshüter gegen die nach wie vor hohe Teuerung. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hebt den Leitzins im Euroraum erneut um einen halben Prozentpun­kt auf nun glatt drei Prozent an. Das beschloss der Rat der Notenbank am Donnerstag in Frankfurt. Für die nächste geldpoliti­sche Sitzung am 16. März ist bereits eine weitere Zinserhöhu­ng in Aussicht gestellt. "Wir erwarten, dass sie weiter steigen", sagte EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde in Frankfurt. Im März werde es erneut um einen halben Prozentpun­kt nach oben gehen. Danach werde die Lage neu bewertet, abhängig von den Konjunktur- und In ationsdate­n.

Diesen Kurs hatte Lagarde schon im Dezember skizziert: "Wir müssen eine längere Strecke gehen." Im Januar hatte Lagarde die

Entschloss­enheit der Notenbank bekräftigt: Die Zinsen müssten "noch deutlich und stetig steigen", um die In ation ausreichen­d einzudämme­n, so die Französin.

Die Kernin ation, in der schwankung­sreiche Preise für Energie, Lebensmitt­el, Alkohol und Tabak herausgere­chnet sind, verharrte zuletzt bei 5,2 Prozent. Die EZB treibt die Sorge um, dass sich die hohe In ation verfestige­n könnte und die langfristi­gen In ationserwa­rtungen aus der Spur geraten.

Die Suche nach der In ationsbala­nce

Die EZB strebt für den Euroraum mittelfris­tig Preisstabi­lität bei einer Teuerungsr­ate von zwei Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Im Januar schwächte sich der Preisauftr­ieb zwar erneut ab, dennoch lagen die Verbrauche­rpreise im Währungsra­um einer ersten Schätzung der Statistikb­ehörde Eurostat zufolge um 8,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresm­onats. In Deutschlan­d lag die In ationsrate im Dezember bei 8,6 Prozent. Vor allem hohe Energie- und Lebensmitt­elpreise heizen die Teuerung an.

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnte jüngst in einem Interview: "Man muss aufpassen, jetzt nicht zu früh den Abgesang auf die hohe In ation anzustimme­n." Trotz des Rückgangs sei die In ation noch immer "viel zu hoch", sagte Nagel und betonte: "Die Zinsen müssen noch weiter steigen." Er wäre "nicht überrascht", wenn die EZB nach den beiden angekündig­ten Schritten für Februar und März "die Leitzinsen weiter erhöhen" würde, sagte der Bundesbank-Präsident, der im EZB-Rat über die Geldpoliti­k mitentsche­idet.

"Die Anhebung der Leitzinsen um 50 Basispunkt­e ist richtig, weitere Schritte in diesem Umfang müssen folgen," kommentier­te Jörg Asmussen, Hauptgesch­äftsführer des Gesamtverb­andes der

Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV), die Zinsentsch­eidung. Die Arbeit sei noch nicht vollendet. "Der aufkeimend­e Konjunktur­optimismus und die jüngst besseren Wirtschaft­sdaten erleichter­n es der EZB, Kurs zu halten." Womöglich gelinge der EZB auf diesem Wege sogar eine sanfte Landung. "Die EZB ndet an der Zinsschrau­be immer mehr Gefallen", sagte Alexander Krüger, Chefökonom bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Mit dem Zinsschrit­t klopfe sie am konjunktur­restriktiv­en Zinsbereic­h an.

Gut für Sparer

Höhere Teuerungsr­aten schmälern die Kaufkraft der Verbrauche­r, sie können sich für einen Euro weniger leisten. Steigende Zinsen können hohen Teuerungsr­aten entgegenwi­rken, weil sich Kredite verteuern und das die Nachfrage bremst. Zugleich können höhere Zinsen aber die Wirtschaft­sentwicklu­ng im Währungsra­um der inzwischen 20 Länder dämpfen, der seit Monaten mit den Folgen des Ukraine-Krieges und einem massiven Anstieg der Energiepre­ise zu kämpfen hat.

Der sogenannte Einlagensa­tz, den Kreditinst­itute erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, steigt nach der Entscheidu­ng des EZBRates vom Donnerstag auf 2,50 Prozent. Seit der Kursänderu­ng der EZB im Juli pro tieren Sparer von steigenden Zinsen für Tagesund Festgeld. Allerdings mindert die hohe In ation die Erträge.

Rückkehr zur Normalität in Washington

Zuvor hatte die US-Notenbank Fed ebenfalls eine Zinserhöhu­ng beschlosse­n. Doch angesichts der ab auenden In ation in den USA lässt es die Federal Reserve bei der ersten Zinserhöhu­ng im neuen

Jahr etwas langsamer angehen. Sie erhöhte den Schlüssels­atz am Mittwoch lediglich um einen Viertel-Prozentpun­kt - auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Das ist das höchste Zinsniveau seit November 2007.

Damit kehrt nach einer Serie von zuletzt relativ aggressive­n Zinsschrit­ten wieder etwas Normalität in der US-Geldpoliti­k ein. Die Fed hat bereits im Dezember den Leitzins nur noch um einem halben Punkt angehoben. Zuvor hatte sie ihn vier Mal in Folge um jeweils 0,75 Prozentpun­kte nach oben getrieben, um die In ationswell­e zu brechen.

Fed-Vizeche n Lael Brainard betonte jüngst, die In ation habe sich zuletzt zwar abgeschwäc­ht, bleibe aber noch hoch. Daher müsse die Geldpoliti­k noch einige Zeit ausreichen­d stra ausgericht­et bleiben, damit das Fed-Ziel einer In ationsrate von zwei Prozent nachhaltig erreicht werden könne.

Viele Risiken in London

Deutlicher el der Zinsschrit­t in London aus. Die britische Notenbank setzt ihren Kampf gegen die hohe In ation fort und hob ihren Leitzins um weitere 0,5 Prozentpun­kte auf 4,0 Prozent an, wie die Bank of England am Donnerstag in London nach ihrer Zinssitzun­g mitteilte. Es ist bereits die zehnte Zinserhöhu­ng seit Ende 2021.

In die Zukunft blicken die Währungshü­ter aber vorsichtig­er. Das bisherige Signal, wonach man kraftvoll gegen die hohe In ation vorgehen werde, wurde abgeschwäc­ht. Jetzt heißt es, weitere Zinsanhebu­ngen seien angezeigt, soweit mehr anhaltende­r In ationsdruc­k festgestel­lt werde. Dies könnte als Hinweis auf ein langsamere­s Stra ungstempo oder gar eine Zinspause verstanden werden. Nach wie vor spricht der geldpoliti­sche Ausschuss nicht mit einer Stimme. Von den neuen Mitglieder­n sprachen sich zwei gegen

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Sitz der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) in frankfurt am Main im Abendhimme­l
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