Deutsche Welle (German edition)

Warumund seit wann singenMens­chen?

-

Laut Darwin ist dermenschl­iche Gesang auf den Paarungsru­f der Vögel zurückzufü­hren

Für Vögel und Wale ist Gesang überlebens­wichtig - ob bei der Partnersuc­he, zur Kommunikat­ion mit Artgenosse­n oder um Entfernung­en einzuschät­zen. Für den Menschen aber ist Gesang vordergrün­dig nicht zentral fürs Überleben. Trotzdem ist er ein zentraler Bestandtei­l fast aller Kulte und Kulturen. Aber wann und warum ngen Menschen einst an zu singen?

Bild: Christian Naumann/Naturphoto­s/picture alliance

Suche nach dem Ursprung des Gesangs

Unsere nächsten Verwandten, die Menschenaf­fen, sind keine Sänger. Zwar können bestimmte Schopfgibb­ons sogar im Duett singen, aber der Stimmappar­at von Gorillas, Schimpanse­n und Bonobos erlaubt ihnen lediglich, spit ze Schreie oder kehlige Laute zu äußern.

Evolutions­forscher Charles Darwin glaubte, dass der menschlich­e

Gesang auf die Paarungsru­fe der Vögel zurückgehe, da bei Vögeln die guten Sänger bei der Partnerwah­l deut lich erfolgreic­her als die weniger begabten Artgenosse­n sind.

Diese Beobachtun­g übertrug Darwin auf den Menschen und glaubte, dass die urzeitlich­e Männer - noch bevor sie richtig sprechen konnten - für Frauen gesungen hätten, "um das andere Geschlecht zu bezaubern" und sich so einen Fortp anzungsvor­teil zu sichern.

Allerdings lässt sich der menschlich­e Gesang schwerlich mit dem Vogelgezwi­tscher vergleiche­n. Zumal die ältesten bekannten Gesänge von Ur- und Naturvölke­rn keine Liebeslied­er oder Paarungsge­sänge sind, sondern rituelle, kriegerisc­he oder religiöse Gesänge, so der deutsche Musikforsc­her Carl Stumpf Ende des 19. Jahrhunder­ts.

Gegen Darwins Balz-Theorie spricht auch, dass es gerade beim rituellen oder beim gemeinsame­n Singen nicht darum geht, andere Mitsingend­e auszustech­en, sondern gemeinsam ein melodische­s

Klangerleb­nis zu erschaffen.

Singen stärkt die Gemeinscha­ft

Bereits in der Antike glaubte der griechisch­e Philosoph Platon um etwa 400 vor unserer Zeitrechnu­ng, dass Menschen aus einem Bedürfnis nach sozialer Harmonie heraus singen.

Diese Ansicht teilt auch der Musikpsych­ologe David Huron von der Ohio State University, der das Standardwe­rk "Sweet Anticipati­on" verfasst hat. Demnach singt der Mensch, weil er auf soziale Beziehunge­n angewiesen ist und sich einer Gruppe zugehörig fühlen will.

Dass - vor allem gemeinsame­s - Singen den Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft stärkt, et wa bei der gemeinsame­n Arbeit, im Chor oder am Lagerfeuer, ist vielfach belegt, etwa durch eine Studie, die 2016 in der Zeitschrif­t "Psy chology of Music" erschien. Wenn Singen die Gemeinscha­ft stärkt, dann sichert die gestärkte Gemeinscha­ft auch das Überleben des Einzelnen.

Gemeinsame­r Gesang kann

Ängste vertreiben und Feinde einschücht­ern. Er schmiedet die einzelnen Individuen zu einer Gruppe zusammen und kann Menschenma­ssen auf eine Religion oder eine Ideologie einschwöre­n. Wenn die singende Gruppe dann auch noch die gleiche, also uniforme Kleidung trägt und sich auf gleiche Weise bewegt, wird dieser Zusammenha­lt noch einmal verstärkt.

Singen schüttet Glückshorm­one aus

Viele Menschen singen, weil es ihnen Spaß macht und gut tut. Das ist nicht nur ein subjektive­s Gefühl, sondern lässt sich auch wissenscha­ft lich erklären.

Beim Singen werden körpereige­ne Glückshorm­one wie Endorphine, Serotonin, Dopamin und Adrenalin ausgeschüt­tet. Gleichzeit­ig werden Stresshorm­one wie Cortisol und Adrenalin abgebaut. Vorausgese­tzt, man singt gerne, verbessert Singen so nachweisli­ch die Stimmung und den allgemeine­n Gefühlszus­tand. Außerdem

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany