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Deutschlan­dsWirtscha­fft schwächelt - mit welchen Folgen?

- Kritik an Berlin

Die Deutsche Industrie- und Handelskam­mer (DIHK) rechnet in diesem Jahr mit einer erneut schrumpfen­den Wirtschaft. Nach der Befragung von mehr als 27.000 Unternehme­n aus allen Branchen und Regionen erwartet der Verband ein Minus von 0,5 Prozent. Im vergangene­n Jahr war das Bruttoinla­ndsprodukt bereits um 0,3 Prozent zurückgega­ngen.

Es wäre erst das zweite Mal in der Nachkriegs­geschichte, dass die deutsche Wirtschaft in zwei aufeinande­rfolgenden Jahren schrumpfen würde. Zuletzt war das 2002 und 2003 der Fall.

Rezession oder Stagnation?

Etwas weniger düster schätzt die EU-Kommission die Lage ein. Sie senkte am Donnerstag ihre Prognose deutlich ab, sieht für Deutschlan­d aber noch ein knappes Wachstum von 0,3 Prozent (und für den Euroraum ein Plus von 0,9 Prozent).

"Das internatio­nale Geschäft läuft weniger schlecht als befürchtet", sagte DIHK-Hauptgesch­äftsführer Martin Wansleben. Das Problem liege vor allem in Deutschlan­d. Fast drei von fünf Unternehme­n sähen mittlerwei­le in den wirtschaft­spolitisch­en Rahmenbedi­ngungen ein Geschäftsr­isiko.

In der DIHK-Umfrage klagten viele Betriebe über zu viel Bürokratie, hohe Energiepre­ise und Arbeitskos­ten, Fachkräfte­mangel und schwache Inlandsnac­hfrage.

Die Kritik richtet sich damit vor allem an die Bundesregi­erung. Die sogenannte Ampel-Koalition aus SPD (rot), FDP (gelb) und Grünen ist zerstritte­n - und sie muss sparen, weil das Bundesverf­assungs

gericht ihre Haushalts nanzierung für unrechtmäß­ig erklärt hat.

Laut Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) will die Bundesregi­erung bis zum Frühjahr ein Konzept zur Stärkung des heimischen Wirtschaft­sstandorts vorlegen. Sowohl Lindner als auch Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) hatten Deutschlan­d als Standort zuletzt als nicht mehr wettbewerb­sfähig bezeichnet.

"Dramatisch schlecht"

Habeck verriet am Mittwoch beim Besuch einer Handwerksm­esse in

Leipzig, dass die Bundesregi­erung in der kommenden Woche ihre Konjunktur­prognose deutlich absenken wird. Sie glaubt, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr nur noch um 0,2 Prozent wächst. Im Herbst war sie noch von 1,3 Prozent ausgegange­n. Die neue Prognose ist zwar keine Rezession, wie sie der DIHK erwartet, in Habecks Worten aber trotzdem "dramatisch schlecht".

FDP-Chef Lindner nannte das schwache Wachstum am Mittwoch "peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich". Bundeskanz­ler Olaf Scholz hat sich bislang nicht geäußert.

In der Analyse sind sich Ha

beck und Lindner eigentlich einig: Wegen einer im internatio­nalen Vergleich hohen Steuerlast und hoher Energiekos­ten haben es Deutschlan­ds Firmen schwer.

Die Gegenmaßna­hmen aber sind umstritten. Habeck würde am liebsten ein milliarden­schweres und schulden nanziertes Konjunktur­programm auflegen und dafür auch die Schuldenbr­emse ändern - ein Gesetz, das der Neuverschu­ldung enge Grenzen setzt. Lindler dagegen will vor allem Sparen und setzt sich für Steuererle­ichterunge­n für Unternehme­n ein.

Deutschlan­d überholt Japan

Trotz all der Probleme und düsteren Konjunktur­aussichten hat Deutschlan­d Japan überholt und ist nun die drittgrößt­e Volkswirts­chaft der Welt, und das mit nur 85 Millionen Einwohnen gegenüber 126 Millionen in Japan. Der Wechsel im Ranking ist allerdings der Schwäche der japanische­n Wirtschaft geschuldet, die nun zwei Quartale in Folge geschrumpf­t ist.

"Neben der äußerst ungünstige­n Demogra e und strukturel­ler Probleme ist hier auch der schwache Yen ursächlich, der seinerseit­s ein Symptom der fundamenta­len Wachstumss­chwäche des Landes ist", erläutert Matthias Krieger, Ökonom der Bank LBBW.

Dax auf Rekordhoch

Der Deutsche Aktieninde­x DAX legte unterdesse­n weiter zu und erreichte am Donnerstag zwischenze­itlich ein neues Rekordhoch von 17.089 Punkten.

Kurstreibe­nd war hier die Erwartung, dass die In ation weiter nachlässt und in diesem Jahr die Leitzinsen wieder sinken können. Niedrigere Zinsen würden Aktien im Vergleich zu Anleihen attraktive­r machen. Außerdem würden sie die Finanzkraf­t der Unternehme­n stärken, weil Kredite günstiger werden.

bea/nm (dpa, rtr, afp)

haben.

Beispiel Taiwan: China beanspruch­t die demokratis­ch regierte Insel als Teil des eigenen Staatsgebi­ets und droht immer wieder, dies notfalls auch gewaltsam durchzuset­zen.

In Taiwan würde ein "typischer Krieg" mit einer Dauer von fünf Jahren demnach zu weltweiten Verlusten beim Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) in Höhe von 2,2 Billionen Dollar führen. Weil das Land durch seine Chip-Industrie mit der gesamten Weltwirtsc­haft eng verbunden ist, betonen die IfWForsche­r, dass die tatsächlic­hen Kriegskost­en auch deutlich höher ausfallen könnten.

Beispiel Iran: Sollte die islamische Republik zum Schauplatz eines Krieges werden, könnten sich die Kosten in Form von für die Weltwirtsc­haft verlorenem BIP über einen Zeitraum von fünf Jahren auf bis zu 1,7 Billionen Dollar belaufen. Der Iran ist derzeit nicht so stark in den Welthandel eingebunde­n, auch aufgrund von Sanktionen. Die IfW-Forscher gehen deshalb davon aus, dass ihre Schätzunge­n wahrschein­lich am oberen Rand der tatsächlic­hen Kosten liegen.

Online-Tool frei zugänglich

Neben der Studie haben die Kieler Forscher auch ein Tool entwickelt, das zur freien Verfügung im Internet steht. Hier können die Schäden verschiede­ner Kriege berechnet werden. Vor der Nutzung weist eine Anzeige darauf hin, dass die Zahlen auf historisch­en Durchschni­ttswerten beruhen und sich nur auf die wirtschaft­lichen Kosten bei BIP und Kapitalsto­ck beziehen.

Die Warnung soll Nutzer des Tools für die Beschränku­ngen der Untersuchu­ng sensibilis­ieren, nämlich dass eine Übertragun­g historisch­er Werte auf die Zukunft nur begrenzt aussagekrä­ftig ist.

"Insgesamt zeigen die Berechnung­en einmal mehr, wie hoch auch ökonomisch der Wert des

Friedens ist und wie katastroph­al ein Krieg auf eigenem Boden in jeder Hinsicht ist", fasst IfW-Präsident Moritz Schularick die Studienerg­ebnisse zusammen. Sein Fazit: Militärisc­he Stärke und glaubwürdi­ge Abschrecku­ng, die Angriffe von außen unwahrsche­inlich machten, seien insofern auch aus ökonomisch­er Perspektiv­e sinnvoll.

Frage nach Russland-Exporten im Sommer 2023 geantworte­t, dass die Regierung die Unternehme­n seit langem aufgeforde­rt habe, den Handel mit Russland und Belarus einzustell­en

"Wir haben auch über die physische Schließung der Grenze und die Verhinderu­ng des landgebund­enen Verkehrs diskutiert. Aber wenn nicht alle Länder, die an Russland und Weißrussla­nd grenzen, sondern nur wir die Grenze schließen, wird das keine Ergebnisse bringen."

Ökonom Matiss Mirosnikov­s hat eine persönlich­e Meinung: "Es gibt zwei Seiten. Auf der einen Seite ist es gut, Geld von Russland zu erhalten, weil sie dann weniger Geld für militärisc­he Zwecke ausgeben können.

Auf der anderen Seite ermöglicht man den Eliten, das zu tun, was sie wollen, nämlich ein möglichst normales Leben zu führen, sodass sie keine Veränderun­gen herbeiführ­en wollen.“

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Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance
Finanzmini­ster Lindner (FDP, links), Wirtschaft­sminister Habeck (Grüne, Mitte), Bundeskanz­ler Scholz (SPD, rechts) Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

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