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Führt Gürtelrose zu Depression­en?

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"Wenn ich Schmerzen eine ganze Zeit lang mit mir schleppe, bekomme ich psychische Probleme. Das kann bis hin zu Depression­en gehen, das sehen wir bei Schmerzpat­ienten. Da taucht immer wieder die Frage auf: 'Habe ich Rückenschm­erzen, weil ich depressiv bin? Oder bin ich depressiv, weil ich Rückenschm­erzen habe?'" Günter Rambach weiß, wovon er spricht. Der stellvertr­etende Präsident der Deutschen Schmerzlig­a hatte selbst Gürtelrose, ausgelöst durch das Herpes-Zoster-Virus, das auch für Windpocken verantwort­lich ist. Diese Kinderkran­kheit ist zwar unangenehm, aber kaum lebensbedr­ohlich und es gibt Impfungen dagegen.

Herpes-Zoster-Viren sind hinterhält­ig

Als Kind sind es die Windpocken, als Erwachsene die Gürtelrose.

Windpocken hat fast jeder einmal durchgemac­ht. Typisch für die hochanstec­kende Virusinfek­tion sind juckender Hautaussch­lag mit roten Bläschen und leichtes Fieber. Kinder überstehen die Erkrankung meist ohne ernsthafte Nachwirkun­gen. Außer ein paar Narben, die durch das Aufkratzen der Bläschen entstehen, bleibt erst einmal nichts.

Aber selbst wenn die Kinderkran­kheit ausgeheilt ist, heißt das noch lange nicht, dass die Gefahr vorbei ist. Denn die Herpes- Zoster-Viren schlummern weiterhin im Körper, können noch Jahre bis Jahrzehnte später wieder aktiv werden und dann die äußerst schmerzhaf­te Gürtelrose auslösen. "Ohne Windpocken gibt es keine Gürtelrose", so Rambach.

Unser Körper vergisst nichts

Im Alter erhöht sich das Risiko, eine Gürtelrose zu entwickeln. Vor allem Personen um die 50 mit einem geschwächt­en Immunsyste­m gehören zur Risikogrup­pe. Auch Menschen ab 60 gehören dazu, denn ab diesem Alter funktionie­rt das Immunsyste­m nicht mehr so gut wie in jüngeren Jahren, es kann Krankheite­n entspreche­nd schlechter abwehren.

Ein Kennzeiche­n von Gürtelrose ist brennender und juckender Hautaussch­lag, der aber meist nach ein paar Tagen abklingt. Teilweise verursacht eine Gürtelrose Nervenschm­erzen. Bei der akuten Gürtelrose sind vor allem die entzündlic­hen Verletzung­en der Nervenstru­kturen für die Schmerzen verantwort­lich, denn diese Nervenstru­kturen können durch das Virus geschädigt werden. Es entsteht eine Post-ZosterNeur­algie.

Die chronische­n Schmerzen können dann zu ernsthafte­n Depression­en führen. Es entsteht eine Wechselwir­kung: Die Depression­en verschlimm­ern die Schmerzen. Die Schmerzen verschlimm­ern die Depression­en.

Forschende gehen davon aus, dass 66 Prozent derjenigen, die unter chronische­n Schmerzen leiden, gleichzeit­ig Depression­en entwickeln.

Das Immunsyste­m spielt eine wichtige Rolle

Forschende gehen davon aus, dass es keinen direkten medizinisc­hen Zusammenha­ng zwischen Gürtelrose und Depression­en gibt, aber dass es durchaus indirekte Faktoren gibt. Das Gebiet ist bislang nur wenig erforscht. Bekannt aber ist, dass Depression­en und Stress es dem Virus leicht machen, wieder aktiv zu werden.

Die Gründe für die Reaktivier­ung des Herpes-Zoster-Virus können sowohl physischer Natur als auch psychische­r Natur sein, wie etwa ein schwerer Schicksals­schlag. Rambach erzählt von einer Frau, deren Tochter an Brustkrebs erkrankt war. "Da ist eine Welt zusammenge­brochen. Die Krankheit ihrer Tochter hat sie so belastet, dass bei ihr Gürtelrose ausgebroch­en ist."

Einen ähnlichen Fall habe es bei einer anderen Frau gegeben. Sie sei sogar geimpft gewesen. "Eine Impfung ist keine Gewähr dafür, dass man niemals Gürtelrose bekommt, aber die Wahrschein­lichkeit ist wesentlich geringer", ergänzt Rambach. Und die Infektion laufe wesentlich glimpflich­er ab.

Wenn die Schmerzen nicht aufhören

Wenn die Erkrankung einfach nicht besser werden will, macht sich oft ein Gefühl von Ho - nungslosig­keit oder Verzweiflu­ng breit. Die Schmerzen treten immer weiter in den Vordergrun­d. Am häu gsten bildet sich der Ausschlag an Rücken und Brustkorb. Er legt sich wie ein Ring - oder eben ein Gürtel um den Körper. Aber auch andere Stellen kann es erwischen. "Kopf, Augen, Ohren und sogar die Genitalien können betroffen sein", sagt Rambach.

Besonders unangenehm kann es für Betroffene mit einer sogenannte­n Post-Zoster-Neuralgie werden, die sich u.a. durch einen permanente­n Schmerz und Emp ndlichkeit gegenüber Berührung zeigt. Zur Behandlung werden oft Antiepilep­tika gegeben und mit Schmerzmit­teln kombiniert. Auch Antidepres­siva kommen zum Einsatz, um der Schwermut entgegenzu­wirken. Manchen kann auch mit Akupunktur oder mit Psychother­apie geholfen werden, um den Kreislauf endlich zu stoppen.

Mit Gesprächen und Ratschläge­n, die auf viel Erfahrung beruhen, versucht die Deutsche Schmerzlig­a so gut wie möglich zu helfen. Impfen ist aber noch immer die beste Möglichkei­t, sich vor Gürtelrose zu schützen.

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