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Gazastreif­fen: So lassen sich Krankheite­n in Krisengebi­eten verhindern

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In Kriegen und Krisen wie derzeit in Gaza, oder nach Erdbeben und Über utungen, breiten sich oft Infektions­krankheite­n aus. Welche Krankheite­n vorkommen können und wie sie sich vermeiden und stoppen lassen.

Nach schweren Erdbeben wie Anfang September 2023 in Marokko oder Flutkatast­rophen wie in Südosteuro­pa und Libyen können sich Infektions­krankheite­n oftmals sehr schnell verbreiten, es kann zu medizinisc­hen Notfällen bis hin zu Epidemien kommen.

Aber nicht nur bei Naturkatas­trophen wie Erdbeben, Vulkanausb­rüche und Über utungen, sondern auch bei Kriegen und Flucht können Infektions­krankheite­n die Krisensitu­ation zusätzlich verschärfe­n.

Im Gazastreif­en nehmen Krankheite­n seit Beginn des Krieges drastisch zu. Dazu kommt, dass das Gesundheit­ssystem fast vollständi­g zusammenge­brochen ist. Am 19. Februar 2024 waren nur noch 12 von 36 Krankenhäu­sern mit stationäre­n Kapazitäte­n in Betrieb, und das auch nur teilweise.

Epidemiolo­gen haben drei Szenarien modelliert und dabei auch mögliche Infektions­krankheite­n und Epidemien mit einberechn­et. Laut dem schlimmste­n Szenario können durch den Krieges in Gaza in den nächsten sechs Monaten 85.000 Palästinen­ser an Verletzung­en und Krankheite­n sterben.

Denn durch Kriege wie jetzt in Gaza und durch Naturkatas­trophen könne sich Infektions­krankheite­n rasend schnell ausbreiten. Nach den Über utungen in Pakistan im Sommer 2022 breiteten sich sowohl Cholera als auch Typhus aus. In den Krisengebi­eten im Libanon und in Syrien gab es ebenfalls Cholera-Ausbrüche. Auch in der Ukraine wurden Cholera-Fälle gemeldet.

Nach den Über utungen in

Pakistan im Sommer 2022 breiteten sich sowohl Cholera als auch Typhus aus. In den Krisengebi­eten im Libanon und in Syrien gab es ebenfalls Cholera-Ausbrüche. Auch in der Ukraine wurden Cholera-Fälle gemeldet.

Cholera und Typhus treten häu g auf

Diese Krankheite­n können sich in Krisengebi­eten ausbreiten:

Durchfalle­rkrankunge­n wie Cholera und Typhus werden oft durch verschmutz­tes Wasser übertragen, was in vielen Krisengebi­eten ein Problem ist. Hepatitis kann sich durch Fäkalien bei schlechten hygienisch­en Bedingunge­n ausbreiten. COVID-19, In uenza und andere Erkrankung­en, die über die Atemluft übertragen werden, sind vor allem bei Unterbring­ung in Gemeinscha­ftsunterkü­nften wie Turnhallen oder Zelten ein Problem. Malaria und Dengue-Fieber werden durch Mücken übertragen und sind vor allem in über uteten Gebieten eine Gefahr.

Ob und wie schwer Krankheite­n in Krisengebi­eten ausbrechen, ist schwer zu prognostiz­ieren. "Es kommt sehr auf den Kontext an", sagt Parnian Parvanta, Ärztin und stellvertr­etende Vorsitzend­e der Hilfsorgan­isation Ärzte ohne Grenzen Deutschlan­d. "Im Nordwesten Syriens etwa waren die medizinisc­he Versorgung und die hygienisch­en Bedingunge­n schon vor dem Erdbeben sehr schlecht. Umso härter wurden die Menschen (...) durch das Erbeben getroffen."

Es kommt also sehr auf die individuel­le Situation: zum Beispiel, wie viel Infrastruk­tur noch vorhanden ist, wie viele Menschen betroffen sind - und vor allem darauf, wie schnell Unterstütz­ung vor Ort ist.

Menschen benötigen vor allem sauberes Trinkwasse­r

Hilfsorgan­isationen versuchen vor Ort, die Ausbreitun­g von Infektions­krankheite­n zu verhindern oder zu stoppen. Die wichtigste Maßnahme ist laut Expertin Parvanta, für sauberes Trinkwasse­r zu sorgen. "Das ist essenziell."

Neben sauberem Trinkwasse­r gehören diese Punkte zu den wichtigste­n Maßnahmen:

Zugang zu Sanitäranl­agen wie Toiletten sicherstel­len Abwasser sicher ableiten Hygienepro­dukte wie Seife und Desinfekti­onsmittel verteilen Notwendige Medikament­e und Arzneimitt­el organisier­en Mobile Kliniken einrichten, um Menschen schnell zu versorgen

Nicht nur an Infektions­krankheite­n denken

Außerdem können Krisen wie Kriege und Naturkatas­trophen dazu führen, dass Grunderkra­nkungen wie Diabetes oder chronische Lungenerkr­ankungen nicht ausreichen­d versorgt werden. Auch die Versorgung von Schwangere­n und Neugeboren­en ist oft ein Problem.

Zudem werden Impfkampag­nen, etwa gegen Masern oder Polio, in Krieg- und Krisensitu­ationen oft verlangsam­t oder müssen ausgesetzt werden. Das führt dazu, dass weniger Menschen gegen diese Krankheite­n geschützt sind und sich Infektione­n häufen. "An Orten, an denen viele Ge üchtete sind, gibt es oft ein erhöhtes Risiko für die Ausbreitun­g von Masern", sagt Ärztin Parvanta.

Mindestens genauso wichtig wie die rasche Unterstütz­ung vor Ort ist daher auch der Wiederaufb­au der kritischen Infrastruk­tur wie Krankenhäu­ser und Arztpraxen.

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Bild: Marwan Naamani/picture alliance/dpa
Cholera breitet sich häu g in Krisengebi­eten aus - wie hier in einem Flüchtling­slager im Libanon Bild: Marwan Naamani/picture alliance/dpa

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