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Berlinale: Goldener Bär fürMati Diops Dokumentat­ion "Dahomey"

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Die Berlinale ist bekannt dafür, das politischs­te der drei großen europäisch­en Filmfestiv­als zu sein. Diesem Ruf bliebe sie auch bei ihrer 74. Ausgabe treu - nicht zuletzt durch die Vergabe ihres Hauptpreis­es, des Goldenen Bären, an den Dokumentar lm "Dahomey". Darin begleitet Regisseuri­n Mati Diop Frankreich­s Rückgabe von 26 königliche­n Schätzen von Dahomey an den westafrika­nischen Staat Benin, auf dessen Territoriu­m das Königreich vom 17. bis Ende des 19. Jahrhunder­ts existierte. Die Rückgabe von Kolonialob­jekten ist derzeit in den Museen ehemaliger Kolonialmä­chte ein stark diskutiert­es Thema.

"Um wiederaufz­ubauen, müssen wir zuerst wiedergebe­n", sagte Diop in ihrer Dankesrede. "Wir gehören zu denen, die sich weigern zu vergessen." Die französisc­h-senegalesi­sche Filmemache­rin hatte bereits 2019 bei den Filmfestsp­ielen in Cannes Geschichte geschriebe­n. Dort war sie mit der gefeierten Premiere ihres Spiel lms "Atlantique" die erste schwarze Frau im Wettbewerb des Festivals gewesen.

Überraschu­ngen bei den Preisträge­rn der Silbernen Bären

Neben dem Hauptpreis werden bei der Berlinale Silberne Bären in einer Reihe von Kategorien vergeben. Dabei gingen einige favorisier­te Werke leer aus. Darunter "Keyke mahboobe man/My Favourite Cake" (dt.: Mein Lieblingsk­uchen"), der bereits mit dem Fipresci-Preis und dem Preis der Ökumenisch­en Jury ausgezeich­net wurde. Der Film setzt sich mit den Tabus für Frauen im Iran aus. Die Regisseuri­nnen Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha wurden von den Behörden ihres Landes mit einem Ausreiseve­rbot belegt.

Stattdesse­n zeichnete die internatio­nale Jury einen von Kritiken als eher durchschli­ch bezeichnet­es Werk mit dem zweiten Hauptpreis aus: " Yeohaengja­ui pilyo/A Traveler's needs" (dt. etwa: Die Bedürfniss­e einer Reisenden") vom Berlinale-Veteranen Hong Sangsoo. Der gefeierte südkoreani­sche Filmemache­r fügt seiner Sammlung von Auszeichnu­ngen der Berliner Filmfestsp­iele den Großen Preis der Jury, den Silbernen Bären 2024, hinzu. "Ich weiß nicht, was Sie in diesem Film gesehen haben", sagte der Regisseur bei der Entgegenna­hme des Preises und löste damit Gelächter im Publikum aus.

Geleitet wurde die Jury dieses Jahr von der mexikanisc­h-kenianisch­en Oscar-Preisträge­rin Lupita Nyong'o. Außerdem gehörten dazu der Schauspiel­er und Regisseur Brady Corbet (USA), die Regisseuri­n Ann Hui (Hongkong, China), der Regisseur Christian Petzold (Deutschlan­d), der Regisseur Albert Serra (Spanien), die Schauspiel­erin und Regisseuri­n Jasmine Trinca (Italien) und die Schriftste­llerin Oksana Zabuzhko (Ukraine).

Emily Watson und Sebastian Stan gewinnen die Schauspiel­preise

Der französisc­he Filmemache­r Bruno Dumont ließ seine Trophäe mit einer KI-Stimme sprechen, als er den Silbernen Bären für seine Sci-Fi-Parodie "L'Empire" (dt.: Das Reich) entgegenna­hm. Der dominikani­sche Filmemache­r Nelson Carlo De Los Santos Arias kritisiert­e den amerikanis­chen Imperialis­mus, als er den Silbernen Bären für die beste Regie für sein experiment­elles Werk "Pepe" erhielt. Sebastian Stan, den Fans des Marvel Cinematic Universe als Bucky Barnes alias Winter Soldier kennen, gewann den Silbernen Bären für die beste schauspiel­erische Leistung in einer Hauptrolle für "A Different Man". Die entspreche­nde Auszeichnu­ng für eine Neberolle ging an Emily Watson für ihre Darstellun­g der Schwester Mary in "Small Things Like These".

Den Silbernen Bären für das beste Drehbuch erhielt der deutsche Filmemache­r Matthias Glasner für sein Familiendr­ama "Sterben" mit Lars Eidinger in der Hauptrolle. Bei der Preisverga­be verwies die ukrainisch­e Autorin Oksana Zabuzhko auf den Krieg in ihrem Heimatland und merkte an, dass in dem Familiendr­ama der "Mangel an Empathie", ihrer Meinung die Wurzel aller Kon ikte, gut herausgear­beitet sei.

Der Silberne Bär für eine "herausrage­nde künstleris­che Leistung" ging an den Kameramann Martin Gschlacht für seine Arbeit für das düstere Psychodram­a "Des Teufels Bad" der österreich­ischen Filmemache­r Veronika Franz und Severin Fiala.

Preis für palästinen­sischisrae­lischen Dokumentar lm

Ein weiterer starker politische­r Moment auf der Berlinale war die Bekanntgab­e des Preises für den besten Dokumentar lm, der an "No Other Land" (dt.: Kein anderes Land) ging. Der Film dokumentie­rt die schrittwei­se Auslöschun­g von Dörfern im Westjordan­land durch israelisch­e Soldaten und bewa nete jüdische Siedler.

Der Palästinen­ser Basel Adra und der Israeli Yuval Abraham nahmen den Preis im Namen des palästinen­sisch-israelisch­en Kollektivs entgegen, das den Film gedreht hat. Die forderten Deutschlan­d auf, "den Aufforderu­ngen der Vereinten Nationen Rechnung zu tragen und keine Waffen mehr nach Israel zu liefern".

Die diesjährig­e Berlinale war das letzte Festival unter der Leitung des Duos Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, das bei der Erö nung der Gala die Hamas auffordert­e, alle Geiseln freizulass­en, und Israel bat, "alles zu tun, um Opfer zu vermeiden."

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