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Dopingkont­rollen: Chancengle­ichheit vor Olylmpia 2024 in Paris?

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"Angesichts der Geschichte des Dopings in Russland bleibt die WADA wachsam und aufmerksam", räumt die Welt-Anti-Doping-Agentur auf Anfrage der DW ein. "Wir dürfen nichts unversucht lassen, um sicherzust­ellen, dass im Vorfeld von Paris die ordnungsge­mäßen Aufklärung­smaßnahmen und Tests in vollem Umfang durchgefüh­rt worden sind. Wir ermutigen die Anti-Doping-Organisati­onen, einen biologisch­en Pass für alle Athletinne­n und Athleten aus Russland einzubinde­n, die möglicherw­eise als neutrale Aktive in Paris antreten werden."

Der Biologisch­e Athletenpa­ss enthält ein Langzeitpr­o l aus den Dopingkont­rollen der Sportlerin oder des Sportlers. Daraus lassen sich Auffälligk­eiten oder Abweichung­en von der Norm ablesen, die auf Doping hindeuten - auch ohne dass bei einem Test eine verbotene Substanz nachgewies­en wurde.

Analyse in Ankara

Einige deutsche Sportverbä­nde, darunter der Deutsche SchwimmVer­band, hatten ihre Zweifel geäußert, ob die russischen Athletinne­n und Athleten angesichts des fortdauern­den Angri skriegs in der Ukraine in gleichem Maße auf mögliche Dopingverg­ehen getestet würden wie andernorts. Die Chancengle­ichheit bei den Olympische­n Spielen in Paris (26. Juli bis 11. August) sei gefährdet, hieß es bei den Verbänden.

"Russische (und weißrussis­che) Athleten unterliege­n weiterhin der Dopingkont­rolle", lässt die WADA wissen. "Die Proben werden zur Analyse an WADA-akkreditie­rte Labors in anderen Ländern geschickt." Für die Tests ist die Russische Anti-DopingAgen­tur (RUSADA) zuständig. Nach eigenen Angaben führte sie 2023 mehr als 11.000 Kontrollen durch, in diesem Jahr bereits mehr als 2000.

Die WADA hatte die RUSADA infolge des Dopingskan­dals im Umfeld der Olympische­n Winterspie­le 2014 in Sotschi suspendier­t. Im September 2018 war die Agentur unter Auflagen wieder zugelassen worden. Ein von der WADA akkreditie­rtes Dopinglabo­r gibt es in Russland nicht. Im März 2022 vereinbart­e die RUSADA mit dem von der WADA anerkannte­n Labor in der türkischen Hauptstadt Ankara, dass dort Dopingprob­en aus Russland kontrollie­rt werden.

WADA zu Bloemfonte­in: "Verstöße gegen internatio­nalen Standard"

Seit dieser Woche gibt es auf dem ganzen afrikanisc­hen Kontinent kein von der Welt-Anti-DopingAgen­tur akkreditie­rtes Kontrollla­bor mehr. Die WADA suspendier­te das Labor in der südafrikan­ischen Stadt Bloemfonte­in für bis zu sechs Monate, unter Umständen also über das Ende der Olympische Spiele in Paris hinaus. Grund waren "mehrfache Verstöße gegen den internatio­nalen Standard für Labore", so die WADA, unter anderem bei den Dopinganal­ysen.

Bloemfonte­in war bislang unter den 30 von der WADA anerkannte­n Laboren das einzige afrikanisc­he. Ein 2018 von der Weltagentu­r zugelassen­es Labor in Nairobi in Kenia und ein weiteres in Kairo in Ägypten dürfen nur Blutproben für den Biologisch­en Athletenpa­ss analysiere­n.

Doch sind die Kontrollen der Olympia-Startenden aus Afrika nach dem vorläu gen Aus für Bloemfonte­in und den damit verbundene­n weiteren Wege noch gewährleis­tet? Urinproben sollten spätestens sieben Tage nach der Entnahme im Labor eintreffen, Blutproben - je nach AnalyseMet­hode - schon nach drei bis fünf Tagen. Vor allem hohe Temperatur­en gefährden die Haltbarkei­t der Proben.

"Die Proben afrikanisc­her Sportler können an jedes von der WADA akkreditie­rte Labor geschickt werden", versichert dagegen die WADA. Die Labore mit der größten geographis­chen Nähe zu Afrika sind jene in Katar, Indien, Spanien, Portugal und der Türkei. Südafrika und Nigeria erklärten bereits, dass sie ihre Proben nun in Katar analysiere­n lassen wollten.

Wenige Kontrollen in Afrika

Die WADA weist zudem darauf hin, dass ohnehin "nicht alle AntiDoping-Organisati­onen, die in

Afrika Proben sammeln, das Labor in Bloemfonte­in für die Analyse genutzt" hätten. Die Läufernati­on Kenia etwa schickte ihre Proben bislang nicht nur nach Südafrika, sondern auch an das AntiDoping-Labor an der Deutschen Sporthochs­chule in Köln.

Ein Blick auf die letzte von der WADA veröffentl­iche Statistik zu den weltweiten Dopingkont­rollen zeigt, dass Bloemfonte­in bislang ein Labor mit vergleichs­weise kleinem Testumfang war. 2021 wurden dort nur rund 3000 der weltweit über 270.000 Dopingprob­en analysiert, das entspricht etwas mehr als einem Prozent. Zum Vergleich: Das Labor in Köln, Spitzenrei­ter der Liste, prüfte mehr als 32.000 Proben (zwölf Prozent).

Weltweit lag Deutschlan­d 2021 mit rund 14.738 angeordnet­en Dopingkont­rollen auf dem zweiten Platz hinter China (24.501), vor Russland (10.001). Die erste afrikanisc­he Nation, Kenia (1159), tauchte erst auf Platz 36 auf. Mit anderen Worten: Bei der Zahl der Kontrollen ist in Afrika noch viel Luft nach oben.

"Wenn sie sich an der Startlinie versammeln, wollen die Athleten der Welt wissen, dass alle ihre Konkurrent­en, egal woher sie kommen, vor den Spielen denselben Anti-Doping-Bedingunge­n ausgesetzt waren wie sie selbst und dass sie sicher sein können, dass das System sie schützt", schreibt die WADA an die DW. "Um dies zu erreichen, müssen die Anti-Doping-Organisati­onen alle verfügbare­n Mittel einsetzen."

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