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DFL stoppt Investoren-Einstieg in Fußball-Bundesliga

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Lieber eine Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende? In Anbetracht der seit Wochen anhaltende­n, massiven Fan-Proteste hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Reißleine gezogen und den geplanten Investoren-Deal in die Fußball-Bundesliga gestoppt. Die DFL ist der Ligaverban­d. Sie ist verantwort­lich für Organisati­on und Vermarktun­g des deutschen Pro fußballs, also der 36 Vereine, die in der 1. und 2. Liga spielen. Die DFL hatte den Plan, Gelder zu generieren, indem man Teile der Medienrech­te an einen externen Geldgeber verkauft. Dagegen hatten sich viele Fans gewehrt, indem sie in gemeinsame­n Aktionen immer wieder Spiele der 1. und 2. Liga gestört und unterbroch­en hatten. Während sie zunächst zu Beginn der Spiele zwölf Minuten lang schwiegen, warfen sie zuletzt beispielsw­eise Tennisbäll­e und Schokolade­ntaler auf den Rasen und fuhren mit ferngesteu­erten Spielzeuga­utos über den Platz. Einige Partien wurden dadurch so lange unterbroch­en, dass sie kurz vor dem Abbruch standen.

Nun hat das DFL- Präsidium reagiert und bei einer Krisensitz­ung in Frankfurt am Mittwoch "einstimmig" für den Abbruch der Gespräche gestimmt. Es gab nur noch einen potentiell­en Investor: CVC, ein Finanzunte­rnehmen aus Luxemburg. Der zweite Bewerber, die Firma Blackstone aus den USA, hatte sich zuvor aus dem Bieterverf­ahren zurückgezo­gen. Letztlich macht die DFL gar keinen Deal. Damit ist auch der zweite Investoren-Anlauf der DFL gescheiter­t.

Was bedeutet das?

Den 36 Pro -Vereinen der Bundesliga und 2. Liga entgeht damit eine Summe von 800 Millionen bis einer Milliarde Euro. Für dieses Geld hätte ein Investor für 20 Jahre sechs bis acht Prozent der Anteile einer DFL-Tochterges­ellschaft erhalten. In diese Gesellscha­ft wären die kompletten Medienrech­te ausgelager­t worden.

Die Einnahmen sollten genutzt werden, um den deutschen Pro - Fußball t für die Zukunft zu machen und das Produkt Bundesliga aufzuwerte­n. Alles sollte digitaler und internatio­naler werden. Die DFL hatte den Plan, eine eigene Streaming-Plattform aufzubauen, um so die Vermarktun­g im Ausland anzuschieb­en. Die Idee war, auf diese Weise höhere Erlöse zu erzielen, als man vertragsge­mäß an den Investor hätte auszahlen müssen.

Wird es einen dritten Versuch geben?

Davon ist nicht auszugehen. Das Modell ist auf absehbare Zukunft vom Tisch, weil nicht zu erwarten ist, dass die Fans bei einer neuen Runde anders reagieren als jetzt. Zudem haben offenbar einige Vereine angesichts der Fanprotest­e umgedacht. Zwischendu­rch hatte es viele Klubs gegeben, die eine neue Abstimmung gefordert hatten.

"Dieses Thema mit einem Partner, der sich an einer Tochterges­ellschaft beteiligt oder so, das werden wir nicht weiter verfolgen", sagte auch Hans-Joachim Watzke, der Sprecher des DFLPräsidi­ums und Geschäftsf­ührer von Borussia Dortmund.

Warum haben die Fans so massiv protestier­t?

Viele Anhänger, vor allem die organisier­te Fanszene und die sogenannte­n Ultras, lehnen eine immer weiter fortschrei­tende

Kommerzial­isierung des Fußballs strikt ab. Durch den möglichen Einstieg eines Investors haben sie den basisorien­tierten Volkssport Fußball in Gefahr gesehen. Auch wenn die DFL zunächst nur einen kleinen Anteil der Medienrech­te verkaufen wollte, sahen sie langfristi­g die in Deutschlan­d geltende "50+1-Regel" gefährdet. Diese besagt, dass immer mindestens 50 Prozent plus ein Anteil der Klubrechte in Händen des Vereins bleiben müssen, damit kein externer Geldgeber die Mehrheit hat und alleine bestimmen kann.

Zudem war den Fans der Ablauf des Prozesses nicht demokratis­ch genug. Besonders in der Kritik stand Martin Kind. Der Klubchef von Zweitligis­t Hannover 96 hatte offenbar bei der geheimen Investoren-Abstimmung der Vereine im Dezember nicht dagegen gestimmt, wie es der Verein ihm vorgegeben hatte, sondern für einen Investor. Die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit war mit genau 24 von 36 Stimmen zu

stande gekommen. Im Nachhinein wollte Kind nicht verraten, welcher Seite er seine Stimme gegeben hatte.

Die Fanvertret­er waren dementspre­chend zufrieden mit dem Abbruch: "Der deutsche Fußball, egal wie kommerzial­isiert er sein mag, durch Ausglieder­ung und dergleiche­n, gehört am Ende immer noch den Mitglieder­n und Fans und nicht wenigen Reichen, die noch reicher werden wollen", sagte Thomas Kessen, Sprecher des Fan-Verbands "Unsere Kurve". "Das ist durch diesen Prozess sehr klar geworden. Und deswegen ist der heutige Tag ein großer Tag für den deutschen Fußball."

Wie reagieren die Vereine?

Der FC Bayern München äußerte sich zunächst nicht. Klubs wie der VfB Stuttgart, der FC Augsburg oder Hertha BSC begrüßten die Entscheidu­ng der DFL. "Nun gilt es, die Rückschlüs­se aus den ver

gangenen Wochen zu ziehen und hieraus eine von möglichst allen mitgetrage­ne Basis für eine Weiterentw­icklung des deutschen Pro fußballs zu schaffen. Das können Verbände, Vereine und Fans nur gemeinsam", teilte Stuttgart mit.

Wie geht es weiter?

Die DFL wird in den nächsten Wochen die Klubs zu Gesprächen einladen, um das Vorgehen zu erörtern. "Wir müssen jetzt einfach mal ganz neu anfangen", sagte Watzke: "Eins ist natürlich klar: Die Allermeist­en werden schon sehen, dass wir irgendwie etwas machen müssen, wenn wir uns im Ausland als Bundesliga ein bisschen besser präsentier­en wollen oder besser vermarkten wollen".

Fraglich ist noch, ob der geplatzte Deal einen Ein uss auf die anstehende Vergabe der TV

Rechte hat. Eigentlich hätte der Investoren-Deal abgeschlos­sen sein sollen, ehe im April die TVRechte an der Bundesliga und der 2. Liga ab der Saison 2025/26 versteiger­t werden. Einen Schub sollten die Manager nach all dem Wirbel, dem Machtkampf zwischen Klubs und Fans für das Bieterverf­ahren aber nicht erwarten.

Große Veränderun­gen sorgen im deutschen Fußball für massive Kontrovers­en, das werden mögliche Interessen­ten sicher im Hinterkopf haben. asz/mb (dpa/SID)

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Bild: Michael Weber IMAGEPOWER/IMAGO Die Medienrech­te der Fußball-Bundesliga bleiben unangetast­et - demnächst werden sie für die nächste Rechteperi­ode versteiger­t

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