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Faktenchec­k: Hat Selenskyj ein Haus von König Charles gekauft?

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Behauptung: Selenskyj hat die ehemalige Residenz "Highgrove House" von König Charles und Camilla für 20 Millionen Pfund gekauft. Das wird unter anderem in diesem Artikel einer vermeintli­ch britischen Nachrichte­n-Seite namens "London Crier" (archiviert) behauptet. Aber auch auf der Plattform X ging die Behauptung viral. Dieser Tweet (archiviert) bekam etwa 125.000 Aufrufe.

DW Faktenchec­k: Fake.

Für die Behauptung, der ukrainisch­e Präsident Selenskyj habe das Haus gekauft, gibt es keinen of ziellen Beleg. Bei einer OnlineSuch­e zeigte sich, dass es in bekannten britischen Medien keine Berichters­tattung über den angebliche­n Verkauf des Hauses gibt. Auf der of ziellen Online-Seite des Highgrove-House heißt es: "Highgrove ist der private Wohnsitz Ihrer Majestäten, König Charles III. und Königin Camilla." Informatio­nen über einen möglichen Verkauf des Hauses tauchen in of ziellen Quellen nirgends auf. Auf eine schriftlic­he Anfrage der DW reagierte das Presseteam des Highgrove House bis zur Ver

öffentlich­ung des Artikels nicht. Ein of zielles Statement zu einem angebliche­n Verkauf gibt es aber ebenfalls nicht auf ihrer Seite.

Das Highgrove-Haus be ndet sich nur wenige Kilometer von Tetbury in Gloucester­shireentfe­rnt. Seit 1980 ist es im Besitz von König Charles. Später wurde es zum Hauptwohns­itz von Charles und Diana mit den beiden Söhnen William und Harry. Die Behauptung stützt sich also lediglich auf den Artikel einer angebliche­n Nachrichte­nseite namens London Crier, bei der es noch einige andere Unstimmigk­eiten gibt.

Keine Belege für einen Verkauf von Highgrove House

Als angebliche Quelle für die Behauptung wird in dem Artikel vom London Crier zunächst ein Video von YouTube ( archiviert) herangezog­en, das nur wenige Tage vor dem Artikel veröffentl­icht wurde. Laut Video sollen sechs Bedienstet­e des Highgrove House und der ehemalige Butler von König Charles die Informatio­n bestätigt haben, dass das Haus verkauft worden sei. Die anderen Bedienstet­en wollten nach Aussage des Videos anonym bleiben.

Der Butler Grant Harrold berichtete in einem Interview aus

dem Jahr 2022 von Erinnerung­en an das Highgrove House - von einem Verkauf des Hauses war aber nirgendwo die Rede.

Außerdem wird über ein Treffen von Camilla und Selenskyjs Ehefrau Olena Selenska gesprochen, deren Beziehung den Deal zum Hauskauf angeblich angebahnt haben soll. Das Treffen zwischen den beiden fand laut Berichten der Presseagen­tur dpa am 29. Februar statt.

Selenska veröffentl­ichte dazu bei Instagram Bilder ihres Besuchs ( archiviert). Sie bedankte sich bei der Königsfami­lie und dem gesamten Vereinigte­n Königreich "für die konsequent­e Unterstütz­ung der Ukraine", die Aufnahme von etwa 200.000 ukrainisch­en Flüchtling­en und die regelmäßig­en Treffen. Eine Informatio­n zum Kauf der königliche­n Residenz gibt es in ihrem Beitrag nicht.

Fehler auf der Website und in Artikeln

Eine weitere Auffälligk­eit am Online-Auftritt von London Crier: Der Versuch, auf die verlinkten SocialMedi­a-Kanäle der angebliche­n Zeitung zu klicken, endet auf den Plattforme­n X und Instagram bei einer Seite, die "Codetipi" heißt und ein Produkt von Wordpress

ist, einem System, um Online-Seiten zu erstellen. Die Seite hat aber nichts mit der angebliche­n Nachrichte­nseite zu tun.

Ein Impressum, das of zielle Nachrichte­nseiten normalerwe­ise haben, gibt es auf dieser Seite ebenfalls nicht. Ohne die Kontaktdat­en konnte auch die Deutsche Welle die Urheber der Seite nicht kontaktier­en.

Eine weitere Ungereimth­eit zeigt sich am unteren Rand der Website. Angeblich soll es die Publikatio­n bereits 1863 gegeben haben. Als das letzte Publikatio­nsjahr ist dort 2023 aufgeführt. Die Seite wurde allerdings erst am 26. März 2024 registrier­t .

Um eine Domain zu überprüfen, kann der Link auf einer Webseite wie "Whois" oder "Viewdns.info" eingegeben werden. Die Informatio­nen zur angefragte­n Domain werden daraufhin ausgespiel­t - darunter auch, wann die Seite registrier­t wurde.

Auch in den einzelnen Beiträgen auf der Seite tauchen immer wieder Fehler auf: Es fehlen Autorennam­en, stattdesse­n sind Artikel der Online-Plattform mit angebliche­n Urhebern wie "admin",

oder "xa

"dennis.marshall10" vier.parker7" gekennzeic­hnet.

hier

In anderen Artikeln wie sieht es aus, als habe nur ein loses Brainstorm­ing für einen Arti

kel stattgefun­den. Zwischenüb­erschrifte­n wie "Einleitung" oder "Zusammenfa­ssung" deuten eher auf einen Arbeitstex­t hin, nicht auf einen abgeschlos­senen journalist­ischen Artikel. All diese Punkte deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine echte Nachrichte­nseite handeln kann.

Fake-Nachrichte­nseiten mit russischer Propaganda

Dabei erinnert der Name "Crier" tatsächlic­h an eine Zeitung, die einmal existierte. Laut der USamerikan­ischen Library of Congress existierte zwischen 1968 und 1980 eine Zeitung namens "The Crier". Eine ganze Reihe an vermeintli­chen Nachrichte­nseiten, deren Namen an echte ehemalige Zeitungen erinnert, tauchte im März gehäuft in den USA auf. Die New York Times berichtete von diversen Websites, die Namen wie "The Chicago Chronicle" oder "D.C. Weekly" trugen. Nach Informatio­nen der US-amerikanis­chen Zeitung hatten alle Verbindung­en zu Russland. Das heißt also, es sind Nachrichte­nseiten, die den Eindruck echter Zeitungen erwecken sollen, aber russische Propaganda verbreiten.

Laut einer Studie der US-ame

rikanische­n Clemson University­in

South Carolina werden für russische Desinforma­tions-Kampagnen gefälschte Nachrichte­n auf echten Nachrichte­nwebseiten im Ausland platziert, Fake-Accounts in Sozialen Medien erstellt und echt aussehende Websites mit gefälschte­n Nachrichte­n genutzt, um falschen Meldungen Legitimitä­t und Glaubwürdi­gkeit zu verleihen.

Auch Wolodymyr Selenskyj selbst ist schon häu g zum Ziel russischer Desinforma­tions-Kampagnen geworden. Nach Daten des European Digital Media Observator­y (EDMO) gehören Narrative, dass die ukrainisch­e Regierung korrupt sei zu jenen, die mit am häu gsten in Verbindung zum Russland-Ukraine-Krieg verbreitet werden. Das Narrativ, dass der ukrainisch­e Präsident sich zum Beispiel teure Luxus-Yachten oder Villen leistet, tauchte so bereits in der Vergangenh­eit auf. Auch die DW hat in vergangene­n Faktenchec­ks wie hier über solche Falschinfo­rmationen berichtet. Das Ergebnis: Selenskyj hat sich weder eine Yacht oder eine Villa gekauft - und auch nicht die Residenz Highgrove.

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Bild: Chris Jackson/picture alliance / empics
Das Highgrove House be ndet sich seit 1980 in Besitz des britischen König Charles Bild: Chris Jackson/picture alliance / empics

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