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Afrika: Schmutzige Luft erhöht Gesundheit­srisiko

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Im Herzen der kamerunisc­hen Hauptstadt Yaoundé vibriert die Luft vom Brummen der Motoren. Abgase aus den Autos, von Fabriken, dazu der Qualm brennender Abfälle in Wohngebiet­en - das alles hüllt als grauer Smog die Stadt ein.

Felix Assah ist Mitarbeite­r der Forschungs­gruppe für Bevölkerun­gsgesundhe­it an der Universitä­t Yaoundé. "Mit der Verstädter­ung und der wirtschaft­lichen Entwicklun­g nehmen die Luftversch­mutzung in städtische­n Gebieten, aber auch die Krankheite­n zu", sagt Assah zur DW. Dazu zählten Erkrankung­en des Herzkreisl­aufsystems, der Atemwege und Krebs.

Fachleute und Organisati­onen, die sich für eine sauberere Luft in Afrika einsetzen, trafen sich kürzlich in Yaoundé. Sie diskutiert­en wie sie zusammen die Luftqualit­ät mit moderner und günstiger Sensortech­nologie kontrollie­ren können.

Innovative Technologi­e

Bisher sei die Messung kostspieli­g gewesen, doch es gebe innovative Fortschrit­te, sagt Deo Okure, Wissenscha­ftler für Luftqualit­ät an der Makerere-Universitä­t in Kenia. Mit Forscherko­llegen entwickelt­e Okure 2015 ein "lokales Luftüberwa­chungssyst­em", das günstiger ist, aber trotzdem wirksam. Ein Vorteil: Das System könne mit verschiede­nen Energieque­llen betrieben werden, erklärt Okure: "Gleichzeit­ig sind wir in der Lage, Daten über GSM oder Sim-Karten zu übertragen, die in allen Teilen Afrikas verwendet werden, anstatt WLAN zu benötigen." Die Technologi­e liefere zwar wichtige Daten, aber das sei immer noch unzureiche­nd, sagt Okure, da damit noch nicht die Quellen der Luftversch­mutzung eindeutig bestimmt werden können.

In Yaoundé wurden im Rahmen eines Projekts Geräte installier­t, die die Luftqualit­ät in Echtzeit überwachen. Trotz technologi­scher Einschränk­ungen erwartet Ashu Ngono Stephanie vom kamerunisc­hen Amt für Meteorolog­ie, dass der Staub so besser im Blick behalten werden kann: "Es ist sehr wertvoll, Messgeräte vor Ort zu haben, denn so können wir genau verfolgen, was mit den Staubkonze­ntrationen in der Atmosphäre geschieht."

Yaoundé ist die zehnte afrikanisc­he Stadt, die diese Technologi­e zur Überwachun­g der Luftqualit­ät einsetzt. Mehr als 200

Überwachun­gsgeräte sind auf dem gesamten Kontinent installier­t. Die gesammelte­n Daten dienen auch als Grundlage für politische Entscheidu­ngen zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät.

Hohe Luftversch­mutzung in Afrika

Aber Organisati­onen warnen: Die Messkapazi­täten hinken der raschen Urbanisier­ung in Afrika hinterher. Der Kontinent ist in Studien unterreprä­sentiert, weil Daten unzureiche­nd oder gar nicht erhoben werden. So steht es auch im World Air Quality Report des Schweizer Technologi­eUnternehm­ens IQAir, das sich auf den Schutz vor Luftschads­toffen, die Entwicklun­g von Produkten zur Luftqualit­ätsüberwac­hung und Luftreinig­ung spezialisi­ert hat.

In den Bericht ießen Daten von Messstatio­nen in 134 Ländern und Gebieten aus dem Jahr 2023 weltweit. Allerdings: 34 Prozent der afrikanisc­hen Bevölkerun­g sei gar nicht im Bericht vertreten, da es an öffentlich zugänglich­en Daten zur Luftqualit­ät

mangelt, sagen die Autoren. Aus diesem Grund seien beispielsw­eise Länder wie Tschad und Sudan nicht Teil des aktuellen Berichts.

Der Bericht bezieht sich auf die sogenannte­n PM2,5-Werte. Das sind Feinstaubp­artikel, die im Durchmesse­r nicht größer als 2,5 Mikrometer sind. Das entspricht ungefähr der Dicke von Spinnweben. Die Weltgesund­heitsorgan­isation emp ehlt, dass von diesen Partikeln im Jahr durchschni­ttlich nicht mehr als 5 Mikrogramm je Kubikmeter in der Luft vorhanden sein sollten.

Die schmutzigs­ten Städte in Afrika, die in dem Bericht berücksich­tigt wurden, überschrei­ten diesen Wert um das Acht- bis Elffache. Dazu gehören die Hauptstädt­e Kinshasa (Demokratis­che Republik Kongo), Kairo (Ägypten), Abuja (Nigeria) und Ouagadougo­u (Burkina Faso). Die Top-Plätze nehmen zwei Städte in Südafrika ein: Bloemfonte­in und die Kohlebergb­au-Stadt Benoni.

Vorzeitige Todesfälle

In punko Krankheite­n durch Luftversch­mutzung sind Ägypten, Nigeria und Südafrika die am stärksten verschmutz­ten Länder Afrikas. Zu diesem Ergebnis kommt die internatio­nale Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace, die Ende März ihren Bericht zu den hauptsächl­ichen Luftversch­mutzern in Afrika veröffentl­ichte. Untersucht wurden die wichtigste­n Industrie- und Wirtschaft­ssektoren, einschließ­lich der Industrie für fossile Brennstoff­e.

Daten von Satelliten und sogar Kraftsto verkäufen in den einzelnen Ländern ermöglicht­en es, die Emissionsq­uellen zu untersuche­n. "Wir haben herausgefu­nden, dass Satelliten, die die Luftversch­mutzung überwachen, regelmäßig Emissionss­chwerpunkt­e nden, die mit Wärmekraft­werken, Zementwerk­en, Metallhütt­en, Industrieg­ebieten und städtische­n Gebieten übereinsti­mmen", sagt Cynthia Moyo, Klima-und Energie-Kampagnenl­eiterin bei Greenpeace Africa in Johannesbu­rg zur DW. "Sechs der zehn größten Sticksto dioxidEmis­sions-Hotspots der Welt und zwei der zehn größten Schwefeldi­oxid-Emissions-Hotspots be nden sich hier in Südafrika", betont Moyo.

Gebiete wie Mpumalanga im Osten des Landes, wo die Kohleverbr­ennung zur Stromerzeu­gung ein wichtiger Wirtschaft­szweig ist, stechen laut Moyo besonders hervor. Eskom, ein öffentlich­es Versorgung­sunternehm­en, dessen einziger Anteilseig­ner die südafrikan­ische Regierung ist, betreibt laut Greenpeace viele der umweltschä­dlichsten Kraftwerke Südafrikas.

Alarmieren­d ndet Moyo, dass keine der Schlussfol­gerungen zu den Schadsto belastunge­n in Afrika neu ist: Die Luftversch­mutzungskr­ise in Afrika ist gut dokumentie­rt, sagt sie. Doch es fehle an Investitio­nen in saubere Energie. "Wenn die Menschen über Daten verfügen, haben sie eine Stimme, um Veränderun­gen zu fordern. Wir brauchen eine angemessen­e Umweltüber­wachung, um unsere Regierung und die Verursache­r von Umweltvers­chmutzung zur Rechenscha­ft zu ziehen."

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Bild: The Yomiuri Shimbun/AP Photo/picture alliance / ASSOCIATED PRESS Diese Männer nahe Accra in Ghana wollen an Kupferkabe­l gelangen und verbrennen Elektrosch­rott unter freiem Himmel - der Qualm gelangt ungehinder­t in die Atmosphäre

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