Deutsche Welle (German edition)

Wahlen in Indien: Parteienwe­rben um Expats

- Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

"Wenn ich könnte, würde ich die BJP (Bharatiya Janata Party) wählen", erklärt der 26-jährige Robin S. Aufmerksam verfolge er, was in seiner Heimat Indien passiere, sagt der derzeit in Würzburg lebende Luftfahrtt­echniker der DW. "Denn ich bin Inder, wo immer ich lebe."

Gefragt, warum er die BJP unterstütz­e, hält Robin S. kurz inne. Dann nennt er die Initiative­n der hindu-nationalis­tischen Partei zur Verbesseru­ng der nationalen Sicherheit, der wirtschaft­lichen Digitalisi­erung und der Infrastruk­tur in seinem Heimatland.

"Trotz Krisen wie der COVID19-Pandemie und des RusslandUk­raine-Krieges hat die BJP die In ation wirksam unter Kontrolle gebracht", sagt Robin S. Gleichzeit­ig, räumt er ein, gebe es noch Raum für Verbesseru­ngen.

Wahlhelfer aus dem Ausland

Am 19. April haben im bevölke

rungsreich­sten Land der Welt, die sich über Monate hinstrecke­nden Parlaments­wahlenbego­nnen. Der Wahlkampf ist in vollem Gange. Premiermin­ister Narendra Modi, der Frontmann der BJP, hofft auf eine dritte Amtszeit.

Modi wie auch seine Rivalen hoffen auch auf die Unterstütz­ung der indischen Gemeinden im Ausland. Allerdings dürfen nicht ortsansäss­ige Inder (NRI) wie Robin S. nach indischem Recht nicht im Ausland wählen. Sie müssen sich für die Wahl registrier­en lassen und am Wahltag physisch in Indien präsent sein.

Nur um der Wahlen willen in die Heimat zu reisen, stellt für viele Inder einen enormen Aufwand dar. Viele seien allerdings bereit, in ihrem jeweiligen Aufenthalt­sland Kundgebung­en, Gemeindeve­rsammlunge­n oder religiöse Aktivitäte­n wie Gebete für Modis dritte Amtszeit zu organisier­en, sagt Vijay Chauthaiwa­le, der BJP-Chefkoordi­nator für Auslandsan­gelegenhei­ten.

"Indische Gemeinscha­ften mo

bilisieren derzeit Autokorsos in Frankreich, London sowie in zehn Städten in den USA", so Chauthaiwa­le zur DW. "Durch London sind rund 250 Autos gezogen, geschmückt mit der indischen Flagge und Bildern von Premier Modi."

Einige NRIs seien auch bereit, in ihr Heimatland zurückzuke­hren und sich am Wahlkampf der BJP zu beteiligen, so der Politiker. "Die meisten von ihnen haben immer noch eine starke Bindung an das Mutterland. Sie glauben, dass eine Machtübern­ahme durch die BJP gut für das Land und damit auch für sie selbst ist", fügt er hinzu.

Nationalis­ten gewinnen an Ein uss

In der Wahlsaison sei die indische Diaspora von mehr als nur symbolisch­er Bedeutung, sagt Sanjay Ruparelia, Professor an der Universitä­t von Toronto.

"In der Diaspora lebende indische Staatsbürg­er können etwa eine Finanzieru­ngsquelle für Parteien sein", sagt er im DW-Gespräch.

Zwar sei der Ein uss der Diaspora über lange Zeit marginal gewesen, räumt der Politologe ein. Das habe sich allerdings seit der Machtübern­ahme durch Modi im Jahr 2014 geändert. Denn inzwischen erhielten die BJP und die "Sangh Parivar" - ein Netzwerk nationalis­tischer Hindu-Organisati­onen - politische und - nanzielle Unterstütz­ung von Gruppen in der Diaspora.".

"Darüber hinaus steuert die Diaspora jährlich Milliarden­beträge an Überweisun­gen bei", so der Analyst. Ein erhebliche­r Teil dieser Gelder ieß in kulturelle, von politische­n Parteien gesponsert­e Initiative­n.

Modi beliebt bei Auslandsin­dern

Chauthaiwa­le von der BJP hingegen bestreitet vehement, dass die Partei nennenswer­te Mittel von im Ausland lebenden Indern erhalte.

"Die BJP organisier­t keine Spendenkam­pagnen für die NRIs", sagt er. Akzeptiert würden nur individuel­le Kleinstspe­nden. "Die größten Beiträge, die die Diaspora-Inder der BJP zukommen lassen, sind Zeit, Energie und Fachwissen".

Auf die indische Diaspora hat Modi erhebliche­n Ein uss. Die im Ausland lebenden Inder kämen häu g zusammen, um Modis Reden während der diplomatis­chen Reisen des Premiermin­isters persönlich zu hören, sagt Ruparelia.

"Modis internatio­nalen Reisen, seine Treffen mit ausländisc­hen Staatsober­häuptern und großen Versammlun­gen tragen dazu bei, sein Image als beeindruck­ender Staatsmann innerhalb und außerhalb Indiens zu festigen."

Indien "ausgesproc­hen polarisier­t"

Kritiker werfen dem indischen Premier vor, er verfolge eine hindu-nationalis­tische Agenda. Diese drohe Indiens säkulares Fundament zu untergrabe­n, den Raum für religiöse Minderheit­en, insbesonde­re Muslime, zu verkleiner­n und das Land näher an eine hinduistis­che Nation heranzufüh­ren.

Indiens "lebendige Demokratie" werde im Westen oft einer unfairen Prüfung unterzogen, sagt demgegenüb­er die in Hamburg lebende Politologi­n Amrita Narlikar. Dadurch werde auch die Diaspora in die Defensive gedrängt.

Junge und gebildete indische Auswandere­r wie Robin S. sind sich der Kritik, die die BJP im Westen erfährt, durchaus bewusst. Doch Robin bleibt ein BJP-Anhänger und hofft, dass seine Familie, die ebenfalls die BJP unterstütz­t, in Indien wählen geht. Denn bei den Wahlen stehe viel auf dem Spiel.

Dennoch hat er jetzt einige Vorbehalte gegenüber der Regierungs­partei. "Mir ist klar geworden, dass die Partei nicht ohne Fehler ist", sagt Robin S. "Seit der BJP gibt es einen Anstieg extremisti­scher Stimmungen religiöser ebenso wie auch politische­r Art. Unsere Gesellscha­ft ist im Moment ziemlich polarisier­t."

Ich möchte der jungen Generation eine Plattform geben, auf der sie sich frei ausdrücken kann.

JAFAAR ABDUL KARIM

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Bild: Shristi Mangal Pal/DW Kritischer Sympathisa­nt des Premiers: Robin S., hier vor der alten Mainbrücke in Würzburg
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