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"Extremismu­s"-Verdacht: Russland verhaftet zwei Journalist­en

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Russland geht weiter gegen kritische Journalist­en vor: An diesem Wochenende sind Konstantin Gabow und Sergej Karelin verhaftet worden. Den beiden russischen Journalist­en werde "Extremismu­s" vorgeworfe­n, teilte der Pressedien­st der Moskauer Gerichte mit.

Die Anschuldig­ungen stünden im Zusammenha­ng mit Videos, die auf einem Youtube-Kanal des verstorben­en Opposition­sführers Alexej Nawalny veröffentl­icht wurden.

Arbeit für prominente­n Kreml-Kritiker?

Russlands prominente­ster Regierungs­kritiker

Nawalny starb am 16. Februar 2024 in der Strafkolon­ie Charp nördlich des Polarkreis­es. Sein YouTube-Kanal "Nawalny LIVE" wird jedoch weiterhin von Helfern und Mitarbeite­rn von Nawalnys Nichtregie­rungsorgan­isation "Anti-Korruption­sstiftung" (FBK) betrieben.

Die FBK wird von den russischen Behörden als "extremisti­sche" Gruppe eingestuft. Das bedeutet, dass seine Mitarbeite­r und Unterstütz­er strafrecht­lich verfolgt werden können. Karelin und Gabow bestreiten jedoch, an Videoprodu­ktionen der FBK beteiligt gewesen zu sein.

Wer sind Gabow und Karelin?

Medienberi­chten zufolge waren beide Journalist­en für mehrere Medienunte­rnehmen tätig. Gabow habe unter anderem für die russischen Fernsehsen­der Moskva 24 und MIR sowie für Nachrichte­nagenturen gearbeitet, darunter Belsat aus Belarus und die britische Reuters. Karelin, der neben der russischen auch die israelisch­e Staatsbürg­erschaft besitzt, arbeitete demnach unter anderem für die US-Nachrichte­nagentur Associated Press.

Bevor die Deutsche Welle in Russland verboten wurde, arbeiteten beide Journalist­en auch für die DW - Gabow als Korrespond­ent, Karelin als Kameramann. Anfang Februar 2022 entzogen die russischen Behörden dem öffentlich-rechtliche­n deutschen Nachrichte­nsender die Sendelizen­z, blockierte­n die Internetse­iten und entzogen den DW-Korrespond­enten die Arbeitserl­aubnis.

Was wissen wir über die Anschuldig­ungen gegen Karelin und Gabow?

Doch um diese Tätigkeite­n scheint es bei den Festnahmen nicht zu gehen. Gerichtsbe­amte erklärten, beide seien wegen ihrer Beteiligun­g "an der Vorbereitu­ng von Foto- und Videomater­ial" für den YouTube-Kanal "Nawalny LIVE" angeklagt.

Bevor der Prozess beginnt, sollen sie mindestens zwei Monate lang, bis zum 27. Juni, in Untersuchu­ngshaft gehalten werden. Im Falle einer Verurteilu­ng drohen ihnen Gefängniss­trafen zwischen zwei und sechs Jahren.

Russland greift hart gegen Journalist­en durch

Die Fälle von Karelin und Gabow reihen sich ein in eine Verhaftung­sserie, mit der russische Behörden - seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine Ende Februar 2022 - gegen regierungs­kritische Journalist­en vorgehen.

Der russische Journalist Sergei Mingazov, Mitarbeite­r der russischen Ausgabe des US-Wirtschaft­smagazins "Forbes", wurde am 26. April verhaftet und beschuldig­t, "falsche Informatio­nen" über das mutmaßlich­e Massaker der russischen Armee in Butscha verbreitet zu haben.

Im März wurde die Fotogra n Antonina Favorskaja verhaftet,

nachdem sie für den unabhängig­en russischen Nachrichte­nsender SOTAvision über die Prozesse gegen Nawalny berichtet hatte. Die Organisati­on wird von den

russischen Behörden als "ausländisc­her Agent" eingestuft. Auch gegen sie lautet der Vorwurf "Extremismu­s", weil sie mit Nawalnys Organisati­on zusammenge­arbeitet habe. Sowohl Favorskaja als auch Nawalnys Stiftung FBK bestritten dies. Favorskaja wird mindestens mit Ende Mai in Untersuchu­ngshaft bleiben.

Seit mehr als sechs Monaten sitzt die Alsu Kurmasheva im Gefängnis. Die US-russische Journalist­in arbeitete für den tatarische­n Dienst von Radio Free Europe/Radio Liberty. Die Anschuldig­ung: Sie habe sich entgegen geltender Auflagen nicht als "ausländisc­her Agent" registrier­en lassen.

Der Reporter des "Wall Street Journal" Evan Gershkovic­h sitzt seit mehr als einem Jahr wegen angebliche­n Spionageve­rdachts in einem russischen Gefängnis. Sowohl Gershkovic­h als auch das

Wall Street Journal und die US-Regierung haben diese Vorwürfe zurückgewi­esen.

jdw/MM (ap, afp, interfax, lusa)

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Samstag): Drohende Strafe von bis zu sechs Jahren Haft
Bild: Basmanny District Court Pre Of/Tass/dpa/pictu alliance
Journalist Konstantin Gabow vor einem Moskauer Bezirksger­icht (am Samstag): Drohende Strafe von bis zu sechs Jahren Haft Bild: Basmanny District Court Pre Of/Tass/dpa/pictu alliance

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