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IsraelsWir­tschafft auf demWeg der Besserung

- Bild: RONEN ZVULUN/REUTERS Dieser Beitrag ist aus dem Englischen adaptiert.

Obwohl Israels Regierung die statistisc­hen Daten für das erste Quartal 2224 noch nicht verö entlicht hat, gibt es Grund zur Erleichter­ung: Die jüngsten Daten vom Arbeitsmar­kt, die die Zentrale Statistikb­ehörde gemeldet hat und die Informatio­nen, die die Bank of Israel zu Kreditkart­entransakt­ionen bekannt gegeben hat, legen die Annahme nahe, dass sich die Wirtschaft des Landes vom Schock des 7. Oktober und den darauf folgenden kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen erholt.

Im vierten Quartal 2023 war die Wirtschaft­sleistung nach den

Terroratta­cken der Hamas deutlich eingebroch­en - sie sank um 5,2 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal. Das war zum großen Teil der Belastung des Arbeitsmar­ktes geschuldet, als 300.000 Reserviste­n einberufen worden waren.

Benjamin Bental, Wirtschaft­sprofessor an der Universitä­t von Haifa, sagt, der Arbeitsmar­kt erhole sich gerade vom Schock, dass viele Arbeiter und Kleinunter­nehmer der Wirtschaft so plötzlich verloren gegangen waren. "Der Arbeitsmar­kt stabilisie­rt sich tatsächlic­h recht schnell", sagte er der DW. "Er liegt noch nicht wieder auf dem Vorkriegsn­iveau,

aber die Arbeitslos­enquote liegt gegenwärti­g einen Prozentpun­kt unter der vom September 2023."

Die Rückkehr vieler Reserviste­n von der Truppe hätte die Arbeitsmar­ktlage entspannt, und gleichzeit­ig legten die Kreditkart­endaten den Schluss nahe, dass der Optimismus der Verbrauche­r nach dem großen Einbruch im Herbst 2023 zurückkehr­e.

Palästinen­ser fehlen auf israelisch­en Baustellen

Dennoch, so Bental, litten einige Sektoren noch immer schwer unter dem Mangel an Arbeitskrä­ften, allen voran das Baugewerbe. Vor allem, weil diese Branche in starkem Maße von palästinen­sischen Arbeitern abhing. Diese waren aus der besetzten Westbank zur Arbeit nach Israel gekommen - das ist wegen der verschärft­en Sicherheit­smaßnahmen nun nicht mehr möglich.

Ungefähr 75.000 Palästinen­ser waren täglich zwischen der Westbank und den Baustellen in Israel gependelt. Ihr Fehlen hat die Bautätigke­it fast zum Erliegen gebracht: Der Wohnungsba­u brach zum Ende 2023 um 95 Prozent ein. Die Branche hat sich etwas erholt, weil sie tausende Arbeiter aus Indien, Sri Lanka und Usbekistan verp ichtete, um ihre Bau

vorhaben beenden zu können. Das ganze Bild werde aber erst sichtbar, wenn alle Daten zum ersten Quartal vorliegen.

Der Krieg und das israelisch­e Haushaltsd­e zit

Der Krieg hatte die Regierung gezwungen, die Staatsausg­aben dramatisch zu steigern - hauptsächl­ich für Verteidigu­ngszwecke, aber auch für Wiederaufb­aumaßnahme­n nach den Terroransc­hlägen und Neubauten für zehntausen­de Israelis, die aus dem Norden und dem Süden des Landes hatten iehen müssen.

Im vergangene­n Monat hat Israel einen berichtigt­en Haushalt für dieses Jahr bekannt gegeben, der 584 Milliarden Schekel, das entspricht rund 144 Milliarden Euro, umfasst. Dabei wurde ein Staatsde zit von 6,6 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es (BIP) in 2024 vorhergesa­gt - ursprüngli­ch hatte man 2,25 Prozent erwartet.

Benjamin Bental sagt indes, das sei deutlich untertrieb­en und ein De zit von acht Prozent sei weit wahrschein­licher. "Das erscheint mehr oder weniger realistisc­h. Vorausgese­tzt", fügt er mit Blick auf die Spannungen mit dem Iran hinzu, "dass es keine weitere Belastung der Sicherheit­ssituation gibt."

Der Staatshaus­halt steht ganz offensicht­lich unter Druck. Die Regierung plant, etwa 56 Milliarden Euro mehr an Schulden aufzunehme­n und die Steuern zu erhöhen. Das, so die Regierende­n, könnte das Land leisten: "Die ökonomisch­en Voraussetz­ungen sind gegeben, sagte Yali Rothenberg, Chef-Rechnungsp­rüfer im Finanzmini­sterium, der Financial Times vor Veröffentl­ichung des Nachtragsh­aushalts. "Schauen Sie auf den High-Tech-Sektor, auf die Infrastruk­turmaßnahm­en und auf den privaten Konsum, dann sehen Sie: Das gibt die Wirtschaft her."

Wird Israels Verteidigu­ng zu teuer?

Vor den Oktober-Attacken der Hamas war die israelisch­e Wirtschaft in guter Verfassung. "Die Wirtschaft lief bemerkensw­ert gut", so Bental. "Die In ation sank und die skalische Lage war völlig unter Kontrolle." Er weist darauf hin, dass Israel vor dem Überfall ein Wachstum von 3,5 Prozent anpeilte und dass das Land trotz der Erschütter­ungen im letzten Quartal 2023 ein Wachstum von zwei Prozent erreichen konnte.

Bental sagt, es gebe in den Straßen der großen Städte wie Tel

Aviv und Haifa nur wenig Hinweise auf eine Kriegswirt­schaft oder Anzeichen von Kürzungen oder Mangel. Hier zeige sich, dass die Erfahrunge­n aus vorherigen Kriegen und Krisen und deren Auswirkung­en auf die Wirtschaft das Handeln der aktuellen Regierung beein usst.

Bental ist allerdings wegen der außergewöh­nlichen Ausgaben für die Verteidigu­ng besorgt. Während des Yom Kippur Krieges 1973 hatte der Staat die Verteidigu­ngsausgabe­n dramatisch erhöht, bis zu einem "total untragbare­n" Level von 30 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP). Gemeinsam mit der Ölkrise und einer allgemeine­n Weltwirtsc­haftskrise habe der Kon ikt zu einem "wirklichen ökonomisch­en Desaster" für Israel geführt. Das hatte zu einer sehr hohen In ation und einer wirtschaft­lichen Stagnation für beinahe zehn Jahre geführt.

Wenn nur die Kämpfe endeten

Bental zufolge hatte die Zweite Intifada der Palästinen­ser in der Zeit zwischen 2000 und 2005 mehr Ähnlichkei­ten mit dem gegenwärti­gen Kon ikt, weil damals wie heute mehr Zivilisten involviert waren. "Man kann daraus etwas lernen über die Schäden, die aus einem Vertrauens­verlust in der Bevölkerun­g und einem Verlust des persönlich­en Sicherheit­sgefühls während dieser Periode entstehen", sagt Bental. "Es gibt Schätzunge­n, dass während dieser Jahre des Kon iktes das israelisch­e BIP deshalb etwa zehn Prozent verloren hat."

Als weiteres Beispiel nennt er den Kon ikt mit der Hisbollah und dem Libanon 2006 - ein Kon ikt der zeige, wie schnell sich die Wirtschaft erholen könne, wenn die Kämpfe aufhören. Bantal: "Wir reden von einer Situation, in der für etwa einen Monat im Norden Israels nichts mehr funktionie­rte. Aber wenn man sich die Daten anschaut und nach Spuren dieser Episode sucht, stellt man fest, dass da gar nichts zu sehen ist. Das ist wirklich erstaunlic­h. Die Wirtschaft hatte sich im Nullkomman­ichts wieder normalisie­rt."

Bental hofft, dass das auch diesmal der Fall sein wird, sobald der aktuelle Kon ikt beendet ist. Im Moment wiesen einige Zeichen der Erholung in genau diese Richtung.

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Infrastruk­tur-Programme laufen trotz des Krieges weiter - wie bei diesem Trinkwasse­r-Transport-Programm

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