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Was bedeutet der Angriff des Irans auf Israel für die Weltwirtschaft?
Nachdem Israel den iranischen Angri mit Hunderten Drohnen, Marsch ugkörpern und ballistischen Raketen ohne größere Schäden abwehren konnte, herrscht erst einmal Erleichterung an den internationalen Finanzmärkten: Die Ölpreise sinken leicht und die Futures auf den US-Index S&P 500 haben ins Plus gedreht. Trotzdem ist "seit Freitag die Geopolitik wieder die größte Sorge für die Märkte" geworden, schreiben die Analysten der Deutschen Bank in einer Mitteilung an ihre Kunden.
Immer, wenn sich die geopolitische Lage im Nahen Osten verschärft, lässt sich das weltweit an
den Ölpreisen ablesen: Denn die Preise für das Nordseeöl Brent oder sein US-Pendant WTI (West Texas Intermediate) sind wie die Fieberkurve der Weltwirtschaft.
Allerdings hatten die Sorgen vor einer Eskalation im Nahen Osten die Preise für Rohöl schon vor dem iranischen Angri auf Israel um rund zehn Prozent nach oben getrieben. Laut Rohsto -Experte Jorge León von Rystad Energy, einem Energieberatungsunternehmen in Oslo, war dieser Anstieg "fast ausschließlich auf den anhaltenden Kon ikt zurückzuführen".
Ölpreise treiben In ation
"Als allgemeine Faustregel gilt, dass ein Anstieg der Ölpreise um zehn Prozent die Gesamtin ation in den Industrieländern um 0,1 bis 0,2 Prozent erhöht. Dementsprechend wird der Anstieg des Ölpreises im vergangenen Monat die Gesamtin ation in diesen Volkswirtschaften um etwa 0,1 Prozent erhöhen", rechnet Neil Shearing vor, Chefvolkswirt bei Capital Economics.
Doch wie wahrscheinlich ist es, dass die Notenbanken durch den erhöhten In ationsdruck ihre geplanten Zinssenkungen auf Eis legen?
Es sei unwahrscheinlich, dass dies einen wesentlichen Ein uss auf die geldpolitischen Entscheidungen der Zentralbanken haben wird, glaubt Shearing. Dazu müssten die Ölpreise stärker und nachhaltiger steigen. Entscheidend seien die Auswirkungen auf die Kernin ation, der Anstieg der Verbraucherpreise ohne die Berücksichtigung von Nahrungsmitteln und Energie. Denn erst wenn die Erzeuger ihre höheren Energiekosten an die Verbraucher weitergeben, könnten die Notenbanken bei den für 2024 angekündigten Zinssenkungen auf die Bremse treten, glaubt Shearing.
Zuletzt war vor allem in den USA die In ation wieder in den Fokus gerückt. Im März 2024 waren die US-Verbraucherpreise um rund 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat angestiegen. Neil Shearing von Capital Economics sieht deshalb erst für den Herbst genug Spielraum für die
US-Notenbank Federal Reserve für eine Zinssenkung in den USA: "Wir rechnen mit dem ersten Schritt im September. Und unter der Annahme, dass die Energiepreise in den nächsten Monaten nicht in die Höhe schnellen, gehen wir davon aus, dass sowohl die EZB als auch die BoE (Bank of England) im Juni eine Zinssenkung vornehmen werden."
Steigerung der Öl-Förderung in Sicht?
Eine weitere große Unbekannte ist die künftige Förderpolitik der so genannten OPEC+. Darunter versteht man die traditionellen
Förderländer des Nahen Ostens, Afrikas und Venezuela, die mit den Nicht-OPEC-Staaten wie Russland, Kasachstan, Mexiko und Oman kooperieren. Rohsto - Experten diskutierten zuletzt verstärkt darüber, ob etwa die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Fördermenge demnächst ausweiten könnten, um einer Abkühlung der Weltkonjunktur durch zu teures Öl entgegenzuwirken.
Aktuell haben die Förderländer ihre freiwilligen Produktionskürzungen bis Ende Juni verlängert. Erst auf der Ministertagung der OPEC am 2. Juni könnten die
se Kürzungen rückgängig gemacht werden, erklärt Jorge León. "Sollte die geopolitische Lage in der Region jedoch weiter eskalieren, könnte die Gruppe in den kommenden Wochen ein außerordentliches Treffen abhalten", so der Ölmarkt-Experte.
Mit fast sechs Millionen Barrel pro Tag (1 Barrel sind rund 159 Liter) an freien Kapazitäten könnte die OPEC die Produktion leicht erhöhen, um den Preisdruck nach oben zu begrenzen, falls der Kon ikt eskaliert. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei hoch, unterstreicht Jorge León.
"Anhaltend höhere Ölpreise würden die In ation im Westen wieder anheizen und die Zentralbanken dazu veranlassen, alle Bemühungen um eine geldpolitische Normalisierung zu verschieben, was zu einem schwächeren globalen Wirtschaftswachstum führen würde", so der Rystad Energy-Analyst.
Entscheidend für die weitere Richtung der Ölpreise ist auch die Situation in der Straße von Hormus, wo seit Monaten Angriffe der mit Teheran verbündeten Huthi-Miliz auf die internationale Schi fahrt die Frachtpreise in die Höhe getrieben hat. Nach der Beschlagnahmung eines "mit Israel
verbundenen Schiffes", wie es die Machthaber in Teheran formulieren, am Samstag durch den Iran, rückt die Meerenge, durch die rund ein Fünftel des weltweit gehandelten Öls transportiert wird, wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Warten auf Reaktion Israels
Jetzt warten die Märkte auf die Reaktion Israels. Es gibt widersprüchliche Signale, wie das israelische Kriegskabinett auf die Attacke Teherans reagieren könnte. Die USA versuchen, mäßigend auf die Regierung in Jerusalem einzuwirken. Aber kaum jemand glaubt, dass es gar keine Reaktion Israels geben wird.
"Wer erwartet, dass Israel auf Irans beispiellose Attacke nicht reagiert, leidet entweder unter Wahnvorstellungen oder hat keine Ahnung davon, wie die Dinge im Nahen Osten funktionieren - oder beides", schrieb Avi Mayer, der frühere Chefredakteur der Jerusalem Post, auf X. "Darauf nicht zu reagieren würde man als Feigheit sehen und das würde nur noch zu mehr und schwerwiegenderen Angriffen einladen. Israel wird darauf antworten", so Mayer.
Bleibt abzuwarten, wie stark diese Reaktion ausfällt. "Im schlimmsten Fall könnte ein energischer Vergeltungsschlag Israels eine Eskalationsspirale auslösen, die möglicherweise zu einem beispiellosen regionalen Kon ikt führt", befürchtet Jorge León.
Unter diesen Umständen "würden die geopolitischen Prämien deutlich steigen" und eine neue Runde von US-Sanktionen gegen den Iran könnte die Weltwirtschaft stärker belasten, als es zurzeit absehbar ist.