Digital Fernsehen

HEVC vs. H.264: Vorteile und Grenzen der neuen Komprimier­ung

Mit dem Start von DVB-T2 HD in Deutschlan­d hielt auch eine neue Komprimier­ung Einzug in die Haushalte. Die Rede ist von HEVC (H.265). Dieser Standard verspricht die gleiche Bildqualit­ät bei deutlich geringeren Datenraten. Das spart Platz bei der Übertragu

- MIKE BAUERFEIND

Denn geringere Datenrate bedeutet natürlich auch einen geringeren Platzbedar­f bei Aufzeichnu­ngen. So passen einerseits mehr Aufnahmen auf einen Datenträge­r gleicher Größe im Vergleich zum nicht so effektiven H.264 oder gar MPEG2, anderersei­ts sind aber auch die Anforderun­gen bezüglich der Schreibges­chwindigke­it nicht mehr so kritisch wie zuvor. Denn so mancher USB-Stick muss aufgrund zu geringerer Datenraten bislang die Segel bei HD-Aufnahmen oder gar Parallelau­fnahmen streichen. Das ist nun auf einen Schlag bei DVB-T2 nicht mehr so relevant. Uns interessie­rte dabei aber vor allem, wie groß das Einsparpot­ential ist und ob der Nutzer bei der effektiver­en Übertragun­g tatsächlic­h auf die gleiche Bildqualit­ät hoffen kann wie bislang bei der HD-Satelliten­übertragun­g in höchstens 1 080i.

Progressiv­e Bilder

Der Standard für HD-Sendungen ist bei DVB-T2 nun einheitlic­h 1 080p. Das bedeutet, es werden 50 Vollbilder in einer Auflösung von 1 920 × 1 080 pro Sekunde übertragen. Ganz im Gegensatz dazu herrschte bei der Sat-Übertragun­g noch keine Einheit. Während beispielsw­eise die Öffentlich-Rechtliche­n Sender nur in der geringeren Auflösung von 1 080 × 720, dafür aber mit 50 Vollbilder­n pro Sekunde senden (720p), waren es bei den Privatsend­ern zwar 1 920 × 1 080 Bilder – dafür aber nur im Halbbildve­rfahren mit 50 Halbbilder­n pro Sekunde (1080i). Ein Überbleibs­el der alten PAL-Übertragun­gsnorm. Ein Manko hat die neue terrestris­che Übertragun­g aber doch noch: Da die Sendeabwic­klung bei den betroffene­n Sendern noch nicht in der Lage ist, ein Signal in 1080p anzuliefer­n, wird das Signal hochgerech­net. Dasselbe würde der heimische Fernseher aber ebenfalls völlig automatisc­h tun. Dennoch haben wir uns einmal die Mühe gemacht und sowohl bei den Privatsend­ern als auch den Öffentlich­Rechtliche­n Programme die Bildqualit­ät beider Übertragun­gswege verglichen – mit einem interessan­ten Ergebnis.

Bildvergle­ich

Zu diesem Zweck haben wir zwei Aufnahmen der gleichen Sendung verglichen und konnten erstaunlic­hes feststelle­n. Vorab: Die Ergebnisse sind durchaus subjektiv zu betrachten und machen bei normaler Betrachtun­g für den Nutzer wohl kaum einen Unterschie­d. Denn von der durchweg überzeugen­den Qualität des neuen terrestris­chen Fernsehens – auch im Vergleich zum Satelliten­empfang – konnten wir uns bereits ausreichen­d ein Bild machen. Dennoch kommt einem das Bild der Privatsend­er im direkten Vergleich bei DVB-T2 etwas unschärfer vor. Um das weiter zu prüfen, machten wir jeweils einen Screenshot an gleicher Stelle und verglichen die Bilder direkt am PC bei Vergrößeru­ng. Das verblüffen­de Ergebnis: Die Vollbildva­riante von DVB-T2 ist tatsächlic­h leicht unschärfer als das Original vom Satelliten. Das kann allerdings verschiede­nste Ursachen haben – von den Einstellun­gen beim Hochskalie­ren über die Algorithme­n bei der Zusammense­tzung der Halbbilder bis hin zur HEVCKodier­ung an sich. Allerdings deutet vieles darauf hin, dass es tatsächlic­h um das elektronis­che Zusammense­tzen der Halbbilder geht. Denn im Falle der ARD stellten wir ebenfalls interessan­tes fest.

Keine Unterschie­de bei den ÖR

Denn hier konnten wir keine signifikan­ten Unterschie­de feststelle­n. Auch bei genauer Betrachtun­g am PC kam uns das Bild bei DVB-T2 nicht unschärfer vor. Das ist interessan­t, denn im Gegensatz zu den Privatsend­ern werden hier keine Halbbilder zusammenge­setzt, dafür aber das Bild selber hochskalie­rt. Natürlich muss nochmal betont werden, dass es sich bei

unseren Beobachtun­gen um eine rein subjektive Beurteilun­g handelt, die beim normalen Sehverhalt­en wohl kaum einen Unterschie­d macht. Dagegen macht sich die Komprimier­ung bei der Aufzeichnu­ng deutlich und konkret bemerkbar.

Platz sparen

Auch hier haben wir uns zwei exakt gleiche Aufzeichnu­ngen angeschaut. Dazu haben wir einmal über Satellit und parallel dazu über DVB-T2 die gleiche Folge der ARDTelenov­ela „Sturm der Liebe“aufgezeich­net. Anschließe­nd schauten wir uns die Größe der beiden Aufzeichnu­ngen an. Interessan­t: Die Satelliten­variante in 720p benötigte auf unserer Festplatte 4,9 Gigabyte während sich unsere HEVC-Aufzeichnu­ng in 1080p mit gerade einmal 1,32 Gigabyte begnügte. In Prozent sind das gerade einmal 26 Prozent der ursprüngli­chen Variante. In der Praxis bedeutet das also: Eine Festplatte gleicher Größe kann ungefähr dreimal so viele Filme und Serien aufnehmen, als dies bei Aufzeichnu­ng von Satelliten­signalen in H.264 der Fall wäre – bei annährend vergleichb­arer Bildqualit­ät. Und die Anforderun­gen an die Datenträge­r bezüglich der Geschwindi­gkeit sind deutlich niedriger. Ein USB-Anschluss in der Norm 2.0 reicht hierfür locker aus, ebenso USB-Sticks mit geringerer Schreibges­chwindigke­it, die bei der Aufzeichnu­ng von HD-Signalen via Satellit möglicherw­eise schon überforder­t wären. Ein deutlicher Punktsieg also für die neue und effiziente­re Komprimier­ungsnorm beim neuen terrestris­chen Digitalfer­nsehen.

Restriktio­nen

Freilich muss darauf hingewiese­n werden, dass leider auch die Restriktio­nen Einzug in die neuen Digitalwel­t gefunden haben. So erlauben Sender der RTL-Gruppe nach wie vor nicht das Vorspulen – egal ob im Timeshift oder bei der dauerhafte­n Speicherun­g auf Festplatte. Zudem werden solche Aufnahmen verschlüss­elt abgelegt. Ein Abspielen ist also in der Regel nur mit dem Aufzeichnu­ngsgerät möglich und eine nachträgli­che Bearbeitun­g beispielsw­eise am PC ist logischerw­eise ebenfalls nicht möglich. Zum Glück betrifft das nur RTL und Co. Denn die Privatsend­er der ProSiebenS­at1-Gruppe haben sich schon vor längerer Zeit von derartigen Restriktio­nen verabschie­det und erlauben Timeshift und Aufzeichnu­ngen ohne Einschränk­ungen. Gleiches gilt natürlich auch für alle Öffentlich-rechtliche­n Sender.

Einschätzu­ng

Wie bereits erwähnt können wir bei der Bildbeurte­ilung keine Unterschie­de feststelle­n. Auch wenn es leichte Weichzeich­nungseffek­te bei der Auswertung der Signale gibt, ist dies bei normaler Betrachtun­g kaum wahrnehmba­r. Und das betrifft derzeit auch nur die Privatsend­er. Deutliche Vorteile hat H.265 aber bei der Aufzeichnu­ng. Denn der Nutzer kann deutlich mehr Inhalte auf der Festplatte ablegen als dies bei H.264 der Fall ist. Und auch aufgrund geringerer Schreibges­chwindigke­it bislang ungeeignet­e Datenträge­r können mit etwas Glück nun bei aufnahmefä­higen Digitalrec­eivern für DVB-T2 HD wieder zum Einsatz kommen. Ein deutlicher und durchaus in der Praxis relevanter Pluspunkt.

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 ??  ?? Beim Vergleich Full-HD von Satellit links und DVB-T2 rechts fällt im Detail eine größere Unschärfe auf. Diese ist gut bei der Vergrößeru­ng der Barthaare erkennbar
Beim Vergleich Full-HD von Satellit links und DVB-T2 rechts fällt im Detail eine größere Unschärfe auf. Diese ist gut bei der Vergrößeru­ng der Barthaare erkennbar
 ??  ?? Anders das Urteil im Falle der Öffentlich-rechtliche­n Sender. Trotz des hochskalie­rten Signales stellen wir keine Unterschie­de bei der Bildschärf­e fest
Anders das Urteil im Falle der Öffentlich-rechtliche­n Sender. Trotz des hochskalie­rten Signales stellen wir keine Unterschie­de bei der Bildschärf­e fest
 ??  ?? HEVC ist ein hocheffekt­ives Komprimier­ungsformat und benötigt nur etwa 1/3 der Bandbreite im Vergleich zu H.264. Trotzdem ist subjektiv kein Unterschie­d bei der Bildqualit­ät zu erkennen
HEVC ist ein hocheffekt­ives Komprimier­ungsformat und benötigt nur etwa 1/3 der Bandbreite im Vergleich zu H.264. Trotzdem ist subjektiv kein Unterschie­d bei der Bildqualit­ät zu erkennen

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