Die Rundfunkgebühren in Deutschland
Der neue ARD-Intendant Ulrich Wilhelm beabsichtigt, die Politik aufzufordern, die Rundfunkgebühren zu erhöhen. Er sieht in Zukunft erhebliche Mehrausgaben auf die deutschen ÖRs zukommen, die diesen Schritt notwendig machen.
Forderungen des ARD-Intendanten Ulrich Wilhelm und die Folgen
Damit gießt Wilhelm für alle Öl ins Feuer, die ohnehin ständig über die ach so hohen deutschen Rundfunkgebühren jammern. Doch tun sie das zu Recht?
Was wir bekommen
Monatlich müssen die Deutschen 17,50 Euro Rundfunkgebühr bezahlen. Das ist etwa gleich viel, wie eine Erwachsenen-Kinokarte für einen aktuellen Kassenschlager plus einer Tüte Popkorn kostet. Mit der Rundfunkgebühr werden in Deutschland zunächst 18 TV-Programme von ARD und ZDF, die Lokalversionen der Dritten nicht mitgerechnet, finanziert. Sie sind ohne Zusatzkosten über DVB-T/T2 in Deutschland und via Astra in weiten Teilen Europas verfügbar. Damit gibt es das Heimatfernsehen auch im Urlaub. Weiter bildet die Rundfunkgebühr die Grundlage für an die 70 öffentlich-rechtliche Radioprogramme. Sie werden über UKW, DAB Plus und Astra ausgestrahlt und sind ebenfalls ohne weitere Ausgaben zu hören. Weiter sind die Internetauftritte von ARD und ZDF zu berücksichtigen. Sie enthalten nicht nur den Zugriff auf die Mediatheken, sondern bieten auch exklusive Inhalte an, wie etwa Livesport, der nicht über die regulären Programme ausgestrahlt wird. Weiter gibt es mit Funk ein spezielles Angebot für junge Zuschauer.
17,50 Euro sichern Arbeitsplätze
Mit dem Rundfunkbeitrag werden auch so richtig viele Arbeitsplätze gesichert. Nicht nur jene in den Funkhäusern. Von den 17,50 Euro profitieren auch viele Produktionsfirmen und Schauspieler. Der Großteil der Sendezeit auf den ARD- und ZDF-Kanälen wird mit eigenproduzierten oder in Auftrag gegebenen Inhalten bestritten. Diese Produktionen sind nicht nur Garant für qualitativ hochwertige Inhalte, sondern sind auch Bestandteil der deutschen Identität. Gäbe es keine Rundfunkgebühr, würden viele im In- und Ausland beliebte deutsche Serien erst gar nicht gedreht worden sein. Als einige wenige Beispiele sollen hier nur der Tatort, Polizeiruf 110, Die Rosenheim Cops, Der Bergdoktor, Die Bergretter und Wilsberg genannt werden.
Inhalte
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk punktet mit vielen Inhalten, die es im Privatfunk schlicht nicht gibt. Dieser muss mit seinen Programmen möglichst viele erreichen, um profitabel betrieben werden zu können. Die Folge ist, dass im Privatradio viele Stationen dieselbe Musik spielen und die Moderation auf ein absolutes Mindestmaß re-
duziert haben. Manche sagen auch, wenig schmeichelhaft, Dudelfunk dazu. Qualitativ hochwertige Wortprogramme, wie etwa der Deutschlandfunk oder Bayern 2, mit spannenden, gut recherchierten Features, objektiver, hintergründiger Berichterstattung zum Tagesgeschehen oder etwa Hörspiele, findet man in dieser Vielfalt und Ausmaß auf keinem Privatsender. Ähnliches trifft auf den Bereich Kultur und Klassik zu. Privat gibt es sie am ehesten nur im PayTV. Unschlagbar sind ARD und ZDF aber auch mit ihren zahlreichen Magazinen, die uns umfassend zu allen Lebenslagen informieren. Sie sind nicht auf Sensationshascherei angewiesen, sondern bringen uns Zahlen, Daten und Fakten so wie sie wirklich sind, näher. Dabei brauchen sie nicht darauf zu achten, potentielle Werbekunden zu verärgern. Einfach, weil es auf ARD und ZDF kaum Werbung gibt und diese Sender nicht von Werbeeinnahmen abhängig sind. Gerade das trägt dazu bei, wirklich unabhängig zu sein. Privatsender mögen gefühlt zwar etwas unabhängiger von der Politik sein, dafür sehen sie sich einem hohen Abhängigkeitsverhältnis zur werbetreibenden Wirtschaft ausgesetzt.
Glaubwürdigkeit
Selbst wenn gerne auf die durch Rundfunkgebühren finanzierten Sender geschimpft wird, ändert das nichts daran, dass die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF, also die Tagesschau und heute, nach wie vor höchstes Ansehen und Glaubwürdigkeit genießen. Das kommt nicht von ungefähr, sondern ist unter anderem eine Folge ausreichender, hochqualifizierter Manpower, die (nicht nur) den Hintergründen zu tagesaktuellen Themen nachgehen können. Gerade diese ausgewogene Berichterstattung ist durch nichts zu ersetzen. Sie ist einer der Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie.
Rundfunkgebühren international
Die deutsche Rundfunkgebühr von 17,50 Euro wird von vielen als unverschämt hoch empfunden. Eine Erhöhung um etwa 30 Cent, so wie vorgesehen, führt immer wieder zu hitzigen Diskussionen, die glauben lässt, sie triebe manchen in den finanziellen Ruin. Dabei wird nicht nur vergessen, dass der deutsche Rundfunkbeitrag vor einigen Jahren mit 17,98 Euro schon einmal höher war, als er nach der nach der angedachten Erhöhung sein wird. Dass Deutschland im europäischen Vergleich eine sehr geringe Rundfunkgebühr vorschreibt, lässt man erst gar nicht gelten.
Beispiel Österreich
Gleich vorweg: Die Österreicher zeigen wenig Verständnis dafür, warum sich die Deutschen derart über ihre Rundfunkgebühr aufregen. Denn sie bekommen für ihre Rundfunkgebühr nur vier TV-Programme. Sie werden zwar über DVB-T2 und Astra ausgestrahlt, sind aber über beide Wege verschlüsselt. Womit teures Empfangsequipment vonnöten ist. Weiter veranstaltet der öffentlich-rechtliche ORF drei landesweite und neun regionale Radioprogramme. Sie kommen über UKW und Astra. Anders als in Deutschland, beinhaltet die österreichische Rundfunkgebühr neben der eigentlichen Rundfunkgebühr, auch einen bundesweit einheitlichen Kunstförderungsbeitrag, sowie je nach Bundesland unterschiedlich hohe Landesabgaben. Je nachdem, wo man wohnt, werden so monatlich zwischen 20,93 und 26,73 Euro fällig. Dieser Umstand ärgert die Leute schon mehr. Immerhin bekommt der ORF von jedem Gebührenzahler nur 18,93 Euro als Programmentgelt. Obwohl der ORF bei vielen Österreichern den Ruf hat, abgehoben zu sein, schätzen doch die meisten das Angebot des Landessenders. Dieser trägt erheblich zur Stärkung der österreichischen Identität bei. Zuletzt schätzen es die Österreicher, TV-Serien und Spielfilme ohne Unterbrecherwerbung genießen zu können.Ungeachtet dessen sehen einige österreichische Politiker die Rundfunkgebühr als etwas Abzuschaffendes. Genauso, wie sie über eine zumindest Teilprivatisierung des ORF nachdenken. Dabei scheint es sich aber nur um Einzelmeinungen zu handeln. Spricht man mit Österreichern, stellen diese die Rundfunkgebühr kaum infrage.
Beispiel Schweiz
Die Schweizer zahlen den höchsten Rundfunkbeitrag in Europa. Pro Monat sind rund 32,06 Euro fällig. Anders als etwa bei uns, gehen die eingehobenen Gebühren nicht nur an den öffentlich-rechtlichen Sender SRG SSR, die sieben TV- und 19 Hörfunkprogramme in den vier Landessprachen veranstaltet. Ein Teil wird auch an die privaten Radio- und TV-Sender ausbezahlt, deren wirtschaftliches Überleben damit erleichtert wird.
Weitere Länder
In Dänemark ist von jedem Haushalt mit einem Fernseher oder internetfähigem
PC monatlich eine Rundfunkgebühr von derzeit 27,20 Euro zu entrichten. Damit werden sechs TV- und 12 Radiokanäle finanziert.Die Schweden müssen monatlich eine Haushaltsabgabe von rund 20,40 Euro bezahlen. Damit werden vier Fernsehund 12, großteils nur über das Internet oder lokal per DAB verfügbare Radios betrieben. Auch in Tschechien wird eine Haushaltsgebühr eingehoben. Sie beträgt etwa 6,72 Euro monatlich. Die Tschechen bekommen dafür fünf TV- und 12 Radioprogramme über verschiedene Verbreitungswege. In Polen liegt die Rundfunkabgabe etwa bei 5 Euro. Dennoch ist bei unseren östlichen Nachbarn Schwarzsehen weit verbreitet. Was den Staatssender in finanzielle Schwierigkeiten brachte. Noch 2011 gaben 2/3 der Polen an, kein TV-Gerät zu besitzen. Finnland hat seine Rundfunkgebühr durch die sogenannte YLE-Steuer er-