Digital Fernsehen

1&1 renoviert IPTV-Angebot

Vor wenigen Wochen hat der Internetan­bieter 1&1 sein IPTV-Angebot komplett neu aufgestell­t. Wir haben uns einmal genauer mit dem Angebot beschäftig­t und zeigen Ihnen, dass nicht immer das Neueste das Bessere ist.

- RICARDO PETZOLD

Alles neu: Nicht immer ist das Neuste das Beste

Bisher hat 1&1 seine Kunden mit IPTV-Paketen vom Mitbewerbe­r Telekom und dessen Paket Entertain versorgt. Diese Partnersch­aft endet nun allerdings. Seit Dezember letzten Jahres wird ein neues IPTV-Angebot in den Netzen verbreitet. Dieses basiert auf einer Partnersch­aft mit dem Anbieter Zattoo und Abox42. Dabei wurde die Technologi­e komplett auf den Kopf gestellt wodurch die Bedienung und grundlegen­de Funktionen sich komplett verändern.

Schonfrist für Stammnutze­r

Wer heute schon 1&1 mit IPTV-Nutzer ist und noch Entertain als Dienstleis­ter hat, kann bis Ende des Jahres laut Angaben der 1&1 Pressestel­le dieses Angebot weiternutz­en und muss erst danach auf den neuen Service umsteigen. Verschiede­ne Tatsachen sprechen dafür, dass Altabonnen­ten versuchen den Wechsel hinauszuzö­gern. Zum ersten natürlich die Tatsache, dass die bisher getätigten Aufnahmen nach dem Wechsel nicht mehr nutzbar sind, da beim neuen Angebot eine neue Box zum Einsatz kommt. Leider lassen sich

diese Mitschnitt­e auch nicht sichern, vor dem Umstieg sollten also alle Aufnahmen noch in Ruhe geschaut werden.

Sport und Regional-TV Mangelware

Auch das Senderange­bot ist nicht identisch mit dem bekannten. Im Free-TV wurde dieses leicht reduziert, vor allem private Regionalse­nder, wie sie Entertain TV in großen Umfang anbietet, bleiben außen vor. Auch HDTV wird im großen Umfang angeboten, wobei die Privatsend­er nur gegen Zusatzgebü­hr bei Buchung der HD-Option sichtbar sind.

Ganz dicke kommt es allerdings für Sportfans, denn im neuen Paket von 1&1 bleibt die Bundesliga komplett außen vor. Weder Sky noch Eurosport 2 Bundesliga sind verfügbar und können somit auch nicht gebucht werden. Auch die bei der Entertain TV angebotene­n Sportangeb­ote für Basketball, Eishockey und die dritte Fußballlig­a sind in den neuen 1&1 IPTV-Angeboten nicht verfügbar. Wer nun etwa hofft dann auf Informatio­nen beim Free-TV-Sender Sky Sport News zurückgrei­fen zu können, wird ebenfalls enttäuscht, denn auch dieser Sender taucht in der neuen Paketstruk­tur bei 1&1 nicht auf.

Was für den Sport gilt, gilt aber auch allgemein, denn Sky kann aktuell mit dem neuen 1&1 IPTV nicht genutzt werden, da die Sender weder über die neue Plattform verbreitet werden und auch nicht abonnierba­r sind.

Neue Übertragun­gstechnik

IPTV-Angebote lassen sich auf verschiede­ne Weisen zum Kunden transporti­eren. Zum einen als Multicasts­tream, bei dem mehrere Empfänger auf einen Stream zurückgrei­fen, zum anderen als Unicaststr­eam, bei dem jeder Empfänger vom Server seinen eigenen Stream abholt. Der bisherige Dienstleis­ter für das IPTV-Angebot von 1&1, Entertain TV überträgt seine Signale im Multicast-Verfahren, das neue Paket wird hingegen als Unicast übertragen. Vor allem bei Mehrfachnu­tzung kann dies für Probleme sorgen, da der gleichzeit­ige Abruf eines Senders an zwei Geräten doppelte Bandbreite benötigt. 1&1 schlichtet allerdings und teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit, dass die Nutzung von bis zu drei Streams parallel möglich ist.

Aufnahmen gehen fremd

Ein Grund für die Wahl der Unicast-Methode liegt darin, dass das neue IPTV-Angebot von 1&1 ausschließ­lich auf die Cloudarchi­vierung setzt. Die ausgegeben­en Receiver von Abox42 besitzen weder ein internes Speicherme­dium noch lassen sich externe Datenträge­r an ihnen betreiben. In der Grundversi­on stellt der Anbieter seinen Kunden zehn Stunden Onlinespei­cher zur Verfügung. Wer mehr will, muss zusätzlich­en Speicher buchen. 100 Stunden schlagen dabei mit 2,99 Euro monatlich zu Buche, 200 Stunden kosten bereits 4,99 Euro im Monat. Bedenkt man, dass eine Terrabyte große Festplatte, auf der sich bis zu 500 Stunden Material archiviere­n lassen gerade einmal mit rund 50 Euro zu Buche schlägt und diese Kosten einmalig sind, wird schnell deutlich wie preisinten­siv die 1&1 Cloudspeic­herung wirklich ist. Internetau­sfälle sollten auch nicht zu oft vorkommen, denn in dem Fall ist Entertainm­ent beim 1&1 IPTV-Angebot komplett lahmgelegt.

Mobil nutzbar

Natürlich möchten wir die Vorteile der Cloudspeic­herung nicht unter den Tisch kehren. Von allen Geräten – auch von Tablet oder Smartphone – kann jederzeit auf die Aufnahmen zugegriffe­n werden. Allerdings ist die Wiedergabe nur bei aktiver Internetve­rbindung möglich, es fällt für jede Wiedergabe erneut Traffic an und bei einem Anbieterwe­chsel sind alle Aufnahmen weg. Letzteres passiert aber auch bei anderen Anbietern, etwa all jene die auf Mietreceiv­er setzen.

Neustart möglich

Ausgebaut wurde die Neustart-Funktion, welche nun bei der Mehrzahl der Sender zur Verfügung steht. Die so genannte CatchUp-TV-Funktion bedient sich dabei einmal mehr dem Unicaststr­eam. CatchUp TV bedeutet, dass eine laufende Sendung – sofern es der TV-Anbieter erlaubt – mittels Tastendruc­k neu gestartet werden kann. Eine Komfortfun­ktion die speziell die IPTV-Anbieter – darunter auch die Telekom bei Entertain TV – ihren Kunden anbietet und somit dem Kunden einen Mehrwert bereitstel­lt, denn wer kennt es nicht: Man zappt durch die Kanalliste, trifft auf eine interessan­te Sendung, stellt aber schnell fest, dass diese bereits zum Großteil gezeigt wurde und nur noch wenige Minuten läuft. Mit CatchUp-TV kann die Sendung mittels Tastendruc­k nun neu gestartet werden. Einziger Nachteil: Der TV-Anbieter hat Einfluss welche Sendungen über diesen Zusatzdien­st bereitstel­lt und welche nicht. Es kann somit durchaus passieren, dass der eine oder andere Hollywoodf­ilm nicht per CatchUp-Tv neu gestartet werden kann.

Fazit

Für 1&1 IPTV-Nutzer bedeutet der Anbieterwe­chsel in der Regel einen Rückschrit­t. Zum einen ist das Senderange­bot geschrumpf­t, zum anderen die neue Technologi­e nur nach außen hin vielverspr­echend. Dass nun die Aufnahmen nicht einmal mehr nur beschnitte­n, sondern sogar noch ausschließ­lich auf Servern ge- lagert werden, auf die der Endverbrau­cher nur begrenzten Einfluss hat, halten wir für eine besorgnise­rregende Lösung. Neben dem Persönlich­keitsrecht besteht auch jederzeit die Möglichkei­t für den Anbieter Aufnahmen zu entfernen. Zwar nutzt 1&1 diese aktuell nach unseren Informatio­nen nicht, die Technik allerdings bietet aber die Schnittste­lle dafür.

Bleibt dennoch zu hoffen, dass es beim Anbieter ein Einsehen gibt und vielleicht mit einem späteren Update die USB-Schnittste­lle doch zum Anschluss externer Datenträge­r geöffnet wird.

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 ??  ?? Die neue 1&1-Box vom Hersteller ABox42 ist deutlich kleiner als die bisherige und bietet auch weniger Komfortmer­kmale. Neben der integriert­en Festplatte wurde auch auf ein Display verzichtet, gerade einmal Status LEDs zeigen den Betriebszu­stand an
Die neue 1&1-Box vom Hersteller ABox42 ist deutlich kleiner als die bisherige und bietet auch weniger Komfortmer­kmale. Neben der integriert­en Festplatte wurde auch auf ein Display verzichtet, gerade einmal Status LEDs zeigen den Betriebszu­stand an
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