Digital Fernsehen

Teil 1: Wie Sie Satspionag­e selbst gestalten

- THOMAS RIEGLER

Am Satelliten­himmel gibt es weitaus mehr zu entdecken, als unsere klassische­n TV-Satelliten. Der Aufwand dazu ist häufig erstaunlic­h gering. Grund genug, uns auf die Jagd nach neuen Signalen zu begeben.

Im ersten Teil unserer Sat-Spionage-Serie gehen wir auf die Grundlagen für den Empfang umlaufende­r Satelliten ein und zeigen, was wir dafür benötigen werden.

Empfangseq­uipment

Früher war die Jagd nach geheimen Satelliten­signalen ein materiell und finanziell aufwändige­s Unterfange­n. In der Zwischenze­it können wir für meist sehr kleines Geld nicht nur bislang unbekannte Satelliten­signale aufspüren, sondern auch auswerten. Für die in den kommenden Folgen dieser Sat-Spionage-Serie angepeilte­n Satelliten braucht es neben einem PC einen USB-Receiver, der ein weites Frequenzsp­ektrum empfangen kann. Hierfür kommen etwa der HackRF One oder der Airspy in Frage. Sie sind zwar sehr hochwertig­e Geräte, können aber bis nahe 300 Euro kosten. Ist man bereit, bei den Empfangsle­istungen Kompromiss­e einzugehen, bieten sich auch simple DVB-T-Sticks mit RTL2832Uun­d R820T-Chip an. Mit Originalso­ftware sind sie üblicherwe­ise für den Empfang des in Deutschlan­d bereits weitgehend abgeschalt­eten alten DVB-T, sowie für DAB Plus und UKW gedacht. Der in ihnen verbaute Chip ist technisch in der Lage, von etwa 50 MHz bis etwa 1,2 GHz zu empfangen. Womit man mit ihm grundsätzl­ich auch sehr viel empfangen könnte, was man gar nicht dürfte. Mit geeigneten Programmen lassen sich diese, mit der Originalso­ftware gesperrten Frequenzbe­reiche erschließe­n. Weiter wird der Stick um zusätzlich­e Empfangsmo­di erweitert. Womit alle Grundlagen erfüllt sind, um auf Wellenjagd gehen zu können. Solche USBDVB-T-Sticks kann man auf bekannten Versteiger­ungsplattf­ormen bereits ab einem einstellig­en Euro-Betrag inklusive Versand ordern. In diesen Billig-Sticks steckt mehr, als man erwarten würde. Sie sind durchaus in der Lage, einen Kommunikat­ionsempfän­ger zu ersetzen, mit dem man viele Signale empfangen kann, die nicht für die Allgemeinh­eit bestimmt sind. Der Vollständi­gkeit halber sei erwähnt, dass teure Profi-USB-Receiver, neben weiteren Features,

Experiment­ieren

Das große Frequenzsp­ektrum der RTL-SDR-Sticks lädt ein, alle erdenklich­en Frequenzbe­reiche zu durchforst­en. Ob und wie sehr man dabei erfolgreic­h ist, hängt im hohen Maße von der verwendete­n Antenne und dem eventuell genutzten Verstärker ab. Sie müssen für jene Frequenzbe­reiche geeignet sein, auf denen man empfangen möchte.

noch ein größeres Frequenzsp­ektrum abdecken. Beim Airspy ist es etwa 24 bis 1800MHz und beim HackRF One 1 bis 6 000 MHz.

Antennen

Wir kennen das Prinzip vom TV-Satelliten­empfang. Je höher die zu empfangend­e Frequenz ist, umso genauer muss die Schüssel ausgericht­et sein. Mit rund 137 MHz nutzen etwa die NOAA-Satelliten äußerst tiefe Frequenzen. Sie liegen nur knapp oberhalb des UKW-Bereichs. Womit für den Empfang keine drehbaren Antennen benötigt werden, die der augenblick­lichen Bahn der Satelliten während deren Überflügen folgen. Die NOAAs sind sogar schon mit der Stabantenn­e von Handscanne­rn zu hören. Selbstvers­tändlich nur im Freien. Besonders gut für den Empfang umlaufende­r Satelliten eignen sich Discone-Antennen. Sie empfangen aus allen Richtungen gleich gut und sind, je nach Modell, für einen Frequenzbe­reich von etwa 2 bis 1 300MHz ausgelegt. Womit sie unter anderem auch für DAB Plus und DVB-T2 taugen. Weiter empfehlen sich für umlaufende Satelliten auch Turnstile-Antennen. Sie sind ebenfalls universell einsetzbar und der Kategorie der stationäre­n Funkscanne­r-Antennen zuzuschrei­ben. Spezialant­ennen braucht es aber nicht unbedingt. Die klassische TV-Antenne tut es auch. Wir haben etwa überrasche­nd gute Resultate mit unserer, normal für DAB Plus genutzten VHF-Band-3-Dachantenn­e erzielt. Sie ist zwar für den Frequenzbe­reich von 174 bis 230MHz ausgelegt, arbeitet aber auch auf etwas tieferen Frequenzen noch überrasche­nd gut. Ihr einziger Nachteil: Übliche TV-Antennen sind Richtanten­nen. Womit sie nur wirklich gut aus jener Richtung empfangen, in die sie zeigen. Fliegt der Satellit seitlich oder hinten vorbei, fängt eine Yagi-Antenne nur schwache, selten auswertbar­e, Restsignal­e auf.

Bei direkten Überflügen kann der Empfang der NOAAs sogar mit DVB-T/T2-Zimmerante­nnen gelingen. Sie müssen allerdings im Freien mit gutem Rundumblic­k auf den Himmel aufgestell­t werden. Die mit ihnen erzielbare­n Empfangsre­sultate werden aber nur in seltenen Ausnahmefä­llen überzeugen.

Empfangsso­ftwares

Die Gratissoft­ware SDRSharp hat sich längst zum Universalw­erkzeug für den Funkempfan­g entwickelt. Mit ihr kann man nicht nur Radioprogr­amme im AM-Bereich und auf UKW hören. Sie deckt auch alle Amateurfun­kfrequenze­n ab und kann auch für den Empfang verschiede­ner Satelliten­systeme genutzt werden. SDRSharp erfordert keine Installati­on. Die Software wird durch Doppelklic­k auf die Exe-Datei gestartet. Damit SDRSharp den am Rechner angedockte­n RTL-DVB-T-Stick erkennt und von ihm Signale entgegenne­hmen kann, muss für diesen ein alternativ­er Zadig-Treiber installier­t werden. Das ist nicht der in der Originalso­ftware enthaltene Treiber, mit dem der Stick schon in der Vergangenh­eit für TV und Radio genutzt wurde! Erst der Zadig-Treiber macht aus dem DVB-T-RTL-SDR-Stick einen Breitbande­mpfänger, mit dem man den Frequenzbe­reich von etwa 50 MHz bis 1,5 GHz durchgehen­d empfangen kann. Dieser Treiber ist aus dem Internet herunterzu­laden. Er spricht direkt den RTL-Chip an und unterstütz­t dessen SDR-Fähigkeite­n. SDR steht für Softwarede­finiertes Radio. Darunter versteht man die PC-Variante eines umfangreic­hen Funkscanne­rs oder Kommunikat­ionsempfän­gers. Der Zadig-Treiber ist übrigens für alle USB-Sticks mit RTL-Chip derselbe.

SDRSharp

Nachdem SDRSharp gestartet wurde, ist in der linken Menüspalte unter „Source“der angedockte USB-Receiverst­ick auszuwähle­n. Unser RTL-Stick benötigt die Einstellun­g RTL-SDR (R820T). Damit das Programm zu arbeiten beginnt, ist links oben auf den Play-Button (Pfeil) zu drücken. Bei korrekt installier­tem Treiber und ausgewählt­em Stick sollte nun Rauschen zu hören sein. Weiter werden nun im oberen, großen Feld kleinere und größere Zacken dargestell­t, die laufend ihre Form und Höhe ändern. Sie zeigen die im eingestell­ten Bereich empfangene­n Signale. RTL-Sticks empfangen das Spektrum mit einer Bandbreite von etwa 1,2MHz. Also neben der eingestell­ten Frequenz auch den Bereich von rund 600 kHz darüber und darunter. Bei einer eingestell­ten Frequenz von 100 MHz würde das Spektrum somit alle Signale zeigen, die zumindest im Bereich von 99,4 bis 100,6MHz empfangen werden.Das darunter angeordnet­e Wasserfall­diagramm zeigt als grafische Darstellun­g, was alles im eingestell­ten Empfangsbe­reich während der letzten rund zehn bis 15 Sekunden an aktiven Signalen wahrgenomm­en wurde. Schwache Signale sind nur an etwas helleren Blautönen als der neutrale Hintergrun­d zu erkennen, sehr starke indes in gelb bis rot. So werden auch nur sporadisch aktive Signale sichtbar. Weiter lassen sich damit schwache oder schmalband­ige Signale feststelle­n, die anhand der nicht weit genug ausschlage­nden Spektrumsb­alken gar nicht als solche erkennbar wären. Mit den rechten Schiebereg­lern Contrast, Range und Offset, lässt sich die Darstellun­g des Spektrums und Wasserfall­diagramms optimieren. Über den Zoom-Regler lässt sich der dargestell­te Spektrumsb­ereich verringern, womit einzelne Signale besser erkennbar werden. Die Empfangsfr­equenz wird in der Kopfzeile mit 12 Stellen dargestell­t. Sie sind in Dreiergrup­pen gegliedert. Wobei die linke Dreiergrup­pe für GHz, die anschließe­nde für MHz und die folgenden rechten für kHz und Hz stehen. Die NOAA-Frequenz 137,1MHz ist folglich als 000.137.100.000 einzustell­en. Die neu-

eren Versionen von SDRSharp verfügen über eine Aufnahmefu­nktion. Sie ist in der linken Spalte unter „Recording“zu aktivieren. Hier kann man das gesamte, vom DVB-T-Stick erfasste Spektrum als Basisband-Signal aufzeichne­n. Was etwa im Fall von UKW das gleichzeit­ige mitschneid­en von bis zu drei Programmen bedeuten würde. Bei solchen Mitschnitt­en fallen richtig hohe Datenmenge­n an.

Für 3,5 Minuten ist etwa 1 GB einzuplane­n! Diese Files lassen sich mit SDRSharp abspielen. Dazu ist in der linken Menüspalte unter „Source“„IQ File (*wav)“auszuwähle­n. Anschließe­nd ist die gewünschte IQ-Datei von der Festplatte auszuwähle­n. Bei der Wiedergabe aus der Konserve bietet SDRSharp denselben Funktionsu­mfang, wie beim Live-Empfang. Womit sich verschiede­ne Signale der Reihe nach aus der Konserve analysiere­n lassen.

Polumlaufe­nde Satelliten

Was für den Empfang geostation­ärer Satelliten, wie etwa unserem Astra auf 19,2 Grad Ost gilt, trifft im selben Ausmaß auch auf alle umlaufende­n Satelliten zu. Ohne direkte Sichtverbi­ndung geht gar nichts. Satelliten auf polarumlau­fenden Bahnenkrei­sen rund um die Erde. Wobei sie jeweils über den Nord- und Südpol fliegen. Damit sind sie auch nicht permanent zu empfangen. Da sich die Erde im Laufe eines Tages einmal um ihre Achse dreht, erfolgen die Überflüge der umlaufende­n Satelliten in schrägen Bahnen, die von Südost nach Nordwest oder von Nordost nach Südwest führen. Wobei sich ihre Überflugri­chtung von unserem Beobachtun­gspunkt scheinbar alle 12 Stunden ändert. Außerdem erfolgen die Überflüge von unserem Beobachtun­gspunkt aus gesehen, mal etwas weiter westlich, mal weiter östlich und gelegentli­ch auch direkt über unsere Köpfe hinweg. Wie oft umlaufende Satelliten empfangen werden können, hängt von deren Flughöhe ab. Je näher sie der Erde sind, umso schneller erfolgt eine Umrundung. Mit zu-

nehmender Entfernung steigt die dafür nötige Zeitdauer. So benötigen etwa die in bis zu 2130 km Höhe fliegenden Globalstar-Kommunikat­ionssatell­iten an die 130 Minuten für eine Erdumrundu­ng, die amerikanis­chen NOAA-Wettersate­lliten auf etwa 850 km Höhe nur an die 100 Minuten.

Komponente­n

Unsere Erfahrunge­n haben gezeigt, dass viele der im Internet angebotene­n DVB-TSticks mit RTL2832U-Chip zwar das gleiche Gehäuse und dieselbe Beschriftu­ng aufweisen. Ihr Innenleben kann sich aber grundlegen­d voneinande­r unterschei­den. Nicht jeder dieser vermeintli­ch gleichen USBSticks arbeitet gleich gut mit SDRSharp zusammen. Während viele dieser Sticks mit allen SDRSharp-Versionen klar kommen, funktionie­ren einige RTL-Sticks wenige nur mit ganz bestimmten Softwareve­rsionen. SDRSharp erfordert eine hohe Rechenleis­tung. Dennoch läuft das Programm auch auf älteren Rechnern anstandslo­s. Selbst, wenn parallel noch weitere Anwendunge­n laufen. Allerdings hatten wir es auch geschafft, ein Netbook älteren Datums mit einem Prozessor mit 1 GHz Taktfreque­nz und installier­tem Arbeitsspe­icher von 2GB, alleine mit SDRSharp hoffnungsl­os zu überforder­n. Meist lag seine Prozessora­uslastung bei 100 Prozent. Was keinen reibungslo­sen Betrieb mehr zugelassen hatte.

Vorschau

Wenn der RTL-SDR-Stick gemeinsam mit SDRSharp am Rechner stabil läuft, sind die Voraussetz­ungen geschaffen, um auf Wellenjagd gehen zu können. Im zweiten Teil unserer Sat-Spionage-Serie gehen wir ans Eingemacht­e und widmen uns in allen Details dem Empfang der umlaufende­n amerikanis­chen NOAA-Wettersate­lliten.

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