Teil 1: Wie Sie Satspionage selbst gestalten
Am Satellitenhimmel gibt es weitaus mehr zu entdecken, als unsere klassischen TV-Satelliten. Der Aufwand dazu ist häufig erstaunlich gering. Grund genug, uns auf die Jagd nach neuen Signalen zu begeben.
Im ersten Teil unserer Sat-Spionage-Serie gehen wir auf die Grundlagen für den Empfang umlaufender Satelliten ein und zeigen, was wir dafür benötigen werden.
Empfangsequipment
Früher war die Jagd nach geheimen Satellitensignalen ein materiell und finanziell aufwändiges Unterfangen. In der Zwischenzeit können wir für meist sehr kleines Geld nicht nur bislang unbekannte Satellitensignale aufspüren, sondern auch auswerten. Für die in den kommenden Folgen dieser Sat-Spionage-Serie angepeilten Satelliten braucht es neben einem PC einen USB-Receiver, der ein weites Frequenzspektrum empfangen kann. Hierfür kommen etwa der HackRF One oder der Airspy in Frage. Sie sind zwar sehr hochwertige Geräte, können aber bis nahe 300 Euro kosten. Ist man bereit, bei den Empfangsleistungen Kompromisse einzugehen, bieten sich auch simple DVB-T-Sticks mit RTL2832Uund R820T-Chip an. Mit Originalsoftware sind sie üblicherweise für den Empfang des in Deutschland bereits weitgehend abgeschalteten alten DVB-T, sowie für DAB Plus und UKW gedacht. Der in ihnen verbaute Chip ist technisch in der Lage, von etwa 50 MHz bis etwa 1,2 GHz zu empfangen. Womit man mit ihm grundsätzlich auch sehr viel empfangen könnte, was man gar nicht dürfte. Mit geeigneten Programmen lassen sich diese, mit der Originalsoftware gesperrten Frequenzbereiche erschließen. Weiter wird der Stick um zusätzliche Empfangsmodi erweitert. Womit alle Grundlagen erfüllt sind, um auf Wellenjagd gehen zu können. Solche USBDVB-T-Sticks kann man auf bekannten Versteigerungsplattformen bereits ab einem einstelligen Euro-Betrag inklusive Versand ordern. In diesen Billig-Sticks steckt mehr, als man erwarten würde. Sie sind durchaus in der Lage, einen Kommunikationsempfänger zu ersetzen, mit dem man viele Signale empfangen kann, die nicht für die Allgemeinheit bestimmt sind. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass teure Profi-USB-Receiver, neben weiteren Features,
Experimentieren
Das große Frequenzspektrum der RTL-SDR-Sticks lädt ein, alle erdenklichen Frequenzbereiche zu durchforsten. Ob und wie sehr man dabei erfolgreich ist, hängt im hohen Maße von der verwendeten Antenne und dem eventuell genutzten Verstärker ab. Sie müssen für jene Frequenzbereiche geeignet sein, auf denen man empfangen möchte.
noch ein größeres Frequenzspektrum abdecken. Beim Airspy ist es etwa 24 bis 1800MHz und beim HackRF One 1 bis 6 000 MHz.
Antennen
Wir kennen das Prinzip vom TV-Satellitenempfang. Je höher die zu empfangende Frequenz ist, umso genauer muss die Schüssel ausgerichtet sein. Mit rund 137 MHz nutzen etwa die NOAA-Satelliten äußerst tiefe Frequenzen. Sie liegen nur knapp oberhalb des UKW-Bereichs. Womit für den Empfang keine drehbaren Antennen benötigt werden, die der augenblicklichen Bahn der Satelliten während deren Überflügen folgen. Die NOAAs sind sogar schon mit der Stabantenne von Handscannern zu hören. Selbstverständlich nur im Freien. Besonders gut für den Empfang umlaufender Satelliten eignen sich Discone-Antennen. Sie empfangen aus allen Richtungen gleich gut und sind, je nach Modell, für einen Frequenzbereich von etwa 2 bis 1 300MHz ausgelegt. Womit sie unter anderem auch für DAB Plus und DVB-T2 taugen. Weiter empfehlen sich für umlaufende Satelliten auch Turnstile-Antennen. Sie sind ebenfalls universell einsetzbar und der Kategorie der stationären Funkscanner-Antennen zuzuschreiben. Spezialantennen braucht es aber nicht unbedingt. Die klassische TV-Antenne tut es auch. Wir haben etwa überraschend gute Resultate mit unserer, normal für DAB Plus genutzten VHF-Band-3-Dachantenne erzielt. Sie ist zwar für den Frequenzbereich von 174 bis 230MHz ausgelegt, arbeitet aber auch auf etwas tieferen Frequenzen noch überraschend gut. Ihr einziger Nachteil: Übliche TV-Antennen sind Richtantennen. Womit sie nur wirklich gut aus jener Richtung empfangen, in die sie zeigen. Fliegt der Satellit seitlich oder hinten vorbei, fängt eine Yagi-Antenne nur schwache, selten auswertbare, Restsignale auf.
Bei direkten Überflügen kann der Empfang der NOAAs sogar mit DVB-T/T2-Zimmerantennen gelingen. Sie müssen allerdings im Freien mit gutem Rundumblick auf den Himmel aufgestellt werden. Die mit ihnen erzielbaren Empfangsresultate werden aber nur in seltenen Ausnahmefällen überzeugen.
Empfangssoftwares
Die Gratissoftware SDRSharp hat sich längst zum Universalwerkzeug für den Funkempfang entwickelt. Mit ihr kann man nicht nur Radioprogramme im AM-Bereich und auf UKW hören. Sie deckt auch alle Amateurfunkfrequenzen ab und kann auch für den Empfang verschiedener Satellitensysteme genutzt werden. SDRSharp erfordert keine Installation. Die Software wird durch Doppelklick auf die Exe-Datei gestartet. Damit SDRSharp den am Rechner angedockten RTL-DVB-T-Stick erkennt und von ihm Signale entgegennehmen kann, muss für diesen ein alternativer Zadig-Treiber installiert werden. Das ist nicht der in der Originalsoftware enthaltene Treiber, mit dem der Stick schon in der Vergangenheit für TV und Radio genutzt wurde! Erst der Zadig-Treiber macht aus dem DVB-T-RTL-SDR-Stick einen Breitbandempfänger, mit dem man den Frequenzbereich von etwa 50 MHz bis 1,5 GHz durchgehend empfangen kann. Dieser Treiber ist aus dem Internet herunterzuladen. Er spricht direkt den RTL-Chip an und unterstützt dessen SDR-Fähigkeiten. SDR steht für Softwaredefiniertes Radio. Darunter versteht man die PC-Variante eines umfangreichen Funkscanners oder Kommunikationsempfängers. Der Zadig-Treiber ist übrigens für alle USB-Sticks mit RTL-Chip derselbe.
SDRSharp
Nachdem SDRSharp gestartet wurde, ist in der linken Menüspalte unter „Source“der angedockte USB-Receiverstick auszuwählen. Unser RTL-Stick benötigt die Einstellung RTL-SDR (R820T). Damit das Programm zu arbeiten beginnt, ist links oben auf den Play-Button (Pfeil) zu drücken. Bei korrekt installiertem Treiber und ausgewähltem Stick sollte nun Rauschen zu hören sein. Weiter werden nun im oberen, großen Feld kleinere und größere Zacken dargestellt, die laufend ihre Form und Höhe ändern. Sie zeigen die im eingestellten Bereich empfangenen Signale. RTL-Sticks empfangen das Spektrum mit einer Bandbreite von etwa 1,2MHz. Also neben der eingestellten Frequenz auch den Bereich von rund 600 kHz darüber und darunter. Bei einer eingestellten Frequenz von 100 MHz würde das Spektrum somit alle Signale zeigen, die zumindest im Bereich von 99,4 bis 100,6MHz empfangen werden.Das darunter angeordnete Wasserfalldiagramm zeigt als grafische Darstellung, was alles im eingestellten Empfangsbereich während der letzten rund zehn bis 15 Sekunden an aktiven Signalen wahrgenommen wurde. Schwache Signale sind nur an etwas helleren Blautönen als der neutrale Hintergrund zu erkennen, sehr starke indes in gelb bis rot. So werden auch nur sporadisch aktive Signale sichtbar. Weiter lassen sich damit schwache oder schmalbandige Signale feststellen, die anhand der nicht weit genug ausschlagenden Spektrumsbalken gar nicht als solche erkennbar wären. Mit den rechten Schiebereglern Contrast, Range und Offset, lässt sich die Darstellung des Spektrums und Wasserfalldiagramms optimieren. Über den Zoom-Regler lässt sich der dargestellte Spektrumsbereich verringern, womit einzelne Signale besser erkennbar werden. Die Empfangsfrequenz wird in der Kopfzeile mit 12 Stellen dargestellt. Sie sind in Dreiergruppen gegliedert. Wobei die linke Dreiergruppe für GHz, die anschließende für MHz und die folgenden rechten für kHz und Hz stehen. Die NOAA-Frequenz 137,1MHz ist folglich als 000.137.100.000 einzustellen. Die neu-
eren Versionen von SDRSharp verfügen über eine Aufnahmefunktion. Sie ist in der linken Spalte unter „Recording“zu aktivieren. Hier kann man das gesamte, vom DVB-T-Stick erfasste Spektrum als Basisband-Signal aufzeichnen. Was etwa im Fall von UKW das gleichzeitige mitschneiden von bis zu drei Programmen bedeuten würde. Bei solchen Mitschnitten fallen richtig hohe Datenmengen an.
Für 3,5 Minuten ist etwa 1 GB einzuplanen! Diese Files lassen sich mit SDRSharp abspielen. Dazu ist in der linken Menüspalte unter „Source“„IQ File (*wav)“auszuwählen. Anschließend ist die gewünschte IQ-Datei von der Festplatte auszuwählen. Bei der Wiedergabe aus der Konserve bietet SDRSharp denselben Funktionsumfang, wie beim Live-Empfang. Womit sich verschiedene Signale der Reihe nach aus der Konserve analysieren lassen.
Polumlaufende Satelliten
Was für den Empfang geostationärer Satelliten, wie etwa unserem Astra auf 19,2 Grad Ost gilt, trifft im selben Ausmaß auch auf alle umlaufenden Satelliten zu. Ohne direkte Sichtverbindung geht gar nichts. Satelliten auf polarumlaufenden Bahnenkreisen rund um die Erde. Wobei sie jeweils über den Nord- und Südpol fliegen. Damit sind sie auch nicht permanent zu empfangen. Da sich die Erde im Laufe eines Tages einmal um ihre Achse dreht, erfolgen die Überflüge der umlaufenden Satelliten in schrägen Bahnen, die von Südost nach Nordwest oder von Nordost nach Südwest führen. Wobei sich ihre Überflugrichtung von unserem Beobachtungspunkt scheinbar alle 12 Stunden ändert. Außerdem erfolgen die Überflüge von unserem Beobachtungspunkt aus gesehen, mal etwas weiter westlich, mal weiter östlich und gelegentlich auch direkt über unsere Köpfe hinweg. Wie oft umlaufende Satelliten empfangen werden können, hängt von deren Flughöhe ab. Je näher sie der Erde sind, umso schneller erfolgt eine Umrundung. Mit zu-
nehmender Entfernung steigt die dafür nötige Zeitdauer. So benötigen etwa die in bis zu 2130 km Höhe fliegenden Globalstar-Kommunikationssatelliten an die 130 Minuten für eine Erdumrundung, die amerikanischen NOAA-Wettersatelliten auf etwa 850 km Höhe nur an die 100 Minuten.
Komponenten
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass viele der im Internet angebotenen DVB-TSticks mit RTL2832U-Chip zwar das gleiche Gehäuse und dieselbe Beschriftung aufweisen. Ihr Innenleben kann sich aber grundlegend voneinander unterscheiden. Nicht jeder dieser vermeintlich gleichen USBSticks arbeitet gleich gut mit SDRSharp zusammen. Während viele dieser Sticks mit allen SDRSharp-Versionen klar kommen, funktionieren einige RTL-Sticks wenige nur mit ganz bestimmten Softwareversionen. SDRSharp erfordert eine hohe Rechenleistung. Dennoch läuft das Programm auch auf älteren Rechnern anstandslos. Selbst, wenn parallel noch weitere Anwendungen laufen. Allerdings hatten wir es auch geschafft, ein Netbook älteren Datums mit einem Prozessor mit 1 GHz Taktfrequenz und installiertem Arbeitsspeicher von 2GB, alleine mit SDRSharp hoffnungslos zu überfordern. Meist lag seine Prozessorauslastung bei 100 Prozent. Was keinen reibungslosen Betrieb mehr zugelassen hatte.
Vorschau
Wenn der RTL-SDR-Stick gemeinsam mit SDRSharp am Rechner stabil läuft, sind die Voraussetzungen geschaffen, um auf Wellenjagd gehen zu können. Im zweiten Teil unserer Sat-Spionage-Serie gehen wir ans Eingemachte und widmen uns in allen Details dem Empfang der umlaufenden amerikanischen NOAA-Wettersatelliten.