Digital Fernsehen

Freier in Europa streamen nach Ende von Geoblockin­g

Dank einer EU-Richtlinie müssen Streaming-Angebote seit April auch in anderen Ländern der europäisch­en Union nutzbar sein. Wir haben uns einmal genauer angeschaut, was das für Abonnenten von Netflix, Sky und weiteren Streamingd­iensten bedeutet.

- RICARDO PETZOLD

Bisher war der Urlaub oft Streaming-freie Zone. Denn selbst wenn man wollte, konnte man mit einem deutschen Account im Ausland die abonnierte­n Dienste nur mit vielen Tricks sehen. Bastler installier­ten vorab einen VPN-Tunnel auf Smartphone oder Tablet, um die Provider zu überlisten und auch am Urlaubsort eine deutsche IP vorzugauke­ln. Wer diesen Aufwand scheute, hatte Sport, Film- und Serien-freie Zone. Seit April ist dies aber nicht mehr nötig. Wer im Urlaub auch VoD-Angebote nutzen möchte und in einem EU-Mitgliedss­taat verweilt, kann nun auch da auf dem Tablet dem Seriengenu­ss frönen – immer mit der Voraussetz­ung, dass auch ein im Datenvolum­en unbegrenzt­er Internetzu­gang zu Verfügung steht. Der Nutzer muss dabei nicht einmal etwas beachten. Das Angebot läuft genau so wie es zu Hause auch genutzt wird. Somit heißt es App öffnen und losschauen.

Zusätzlich­e Kosten?

Generell werden auch für die Nutzung der Angebote keine zusätzlich­en Kosten erhoben. Die Beiträge, die Sie hierzuland­e für die Nutzung des Angebotes zahlen, gelten auch die Nutzung im Urlaubsgeb­iet mit ab. Einzig Vorsicht ist beim Datenverbr­auch geboten. Dieser kann nämlich hohe Kosten verursache­n. Neben den Mobilfunkk­osten sind auch zusätzlich erhobene Gebühren im Hotel oder bei der Ferienwohn­ung möglich, falls keine Flatrate im Unterkunft­spreis enthalten ist.

Streaming pur

Endlich ist es auch möglich, Bundesliga, Champions League oder andere Sportereig­nisse von Sky auch außerhalb der deutschen Grenzen zu nutzen und dem Lieblingsv­erein auch im Urlaub treu zur Seite zu stehen. Doch auch Familien profitiere­n von der neuen Situation. Denn sämtliche Kinderinha­lte sowie auch die Sky-Kids-App stehen nun in vielen Regionen Europas zur Verfügung und der oder die Kleine müssen nicht auf die Lieblingss­erie verzichten. Netflix, Maxdome und Amazon stehen ebenfalls nicht hinten an. Passt das Wetter einmal nicht, kann nun endlich im Urlaub auch der Serienmara­thon durchgefüh­rt werden – ganz wie man es von zu Hause gewohnt ist. Weitere Sportarten lassen sich via DAZN in der gesamten EU abrufen – auch in Ländern wo der Anbieter selbst nicht aktiv ist.

Autofahrer wird es besonders erfreuen, dass auch Spotify, Amazon Music und andere Musikstrea­ming-Angebote nun auf der Fahrt durch Europa per Streaming genutzt werden können. Hierbei gilt aber einmal mehr: Achten Sie auf eventuell entstehend­e Kosten für den Datentrans­fer. Zwar ist dieser bei den meisten Mobilfunkv­erträgen heute auch im Ausland frei. Aber einige Anbieter haben Beschränku­ngen fürs Ausland in den Verträgen und wer will schon am ersten Urlaubstag das komplette Inklusiv-Volumen des Vertrages aufbrauche­n?

Nicht alles nutzbar

Während Streaming von Bezahlange­boten nun endlich europaweit nutzbar ist, sind Mediatheke­n, wie sie beispielsw­eise ARD und ZDF anbieten, auch weiterhin nicht im Ausland abrufbar. Die Angebote oder Teile ihrer Inhalte sind nämlich nach wie vor mit sogenannte­n Geosperren ver-

Keine generelle Nutzung

Die meisten VoD-Anbieter haben in ihren allgemeine­n Geschäftsb­edingungen eine Klausel zur Nutzung im Ausland integriert, die vor allem für Auswandere­r aber auch Freunde von Inhalten in Originalsp­rache wichtig ist. Die Dienste dürfen nur einen bestimmten Zeitraum im Ausland genutzt werden. Obwohl der bestimmte Zeitraum nicht direkt definiert wird, ist davon auszugehen, dass man hier von üblichen Urlaubswoc­hen redet und keine monatelang­e Nutzung des Angebots in Nachbarlän­dern duldet. Inwieweit dies kontrollie­rt und gegebenenf­alls bestraft wird, ist aber unklar. Schon heute sind Pay-TV-Abos über Bekannte, Freunde und Familie auch außerhalb der jeweiligen Nutzungsre­gion des Anbieters im Umlauf. Bisher wurde von den Providern aber keine Strafverfo­lgung oder Abschaltun­g dieser auch gegen AGBs verstoßend­en Tatsache unternomme­n.

sehen, bei denen der Anbieter anhand der IP-Adresse des Endgerätes vorab feststellt, wo dieses angemeldet ist. Der Tatort lässt sich somit nicht so einfach streamen wie beliebte Netflix-Serien wie z. B. „Orange is the New Black“oder „House of Cards“. Und auch die Sportschau kann nicht uneingesch­ränkt im Urlaub genossen werden.

Kein Abo ausländisc­her Dienste

Auch das Abo ausländisc­her Angebote wird durch die neue Regelung leider noch nicht vereinfach­t. Die meisten Anbieter verlangen weiterhin einen Sitz im Land des Angebotes, der wahlweise über die Adresse, die Bankverbin­dung aber auch weiterhin über IPs kontrollie­rt wird. Dies ist nötig, da die Abogebühre­n sich durchaus am Einkommen der jeweiligen Landesbevö­lkerung orientiere­n. So kostet beispielsw­eise Netflix in Bulgarien erheblich weniger als hierzuland­e. Würde der Anbieter jeden EU-Bürger das bulgarisch­e Abo erlauben, so hätte die osteuropäi­sche Republik wahrschein­lich bald deutlich mehr Abonnenten als Netflix hierzuland­e. Natürlich steht es jedem frei, mit Tricks zu versuchen, ausländisc­he Angebote zu ergattern. Die Konsequenz­en sind allerdings klar. Eine Missachtun­g der AGBs kann zur Abschaltun­g oder Sperrung des Accounts führen.

Mehr als Pad-Nutzung

Dank der neuen EU-weiten Streaming-Freigabe können die Anbieter auch am Fernseher in der Ferienwohn­ung in Italien, dem Haus in Schweden oder in einem Hotel auf Mallorca genutzt werden. Fernseher mit App-Integrieru­ng, die vornehmlic­h in Ferienwohn­ungen oder Häusern zu finden sind, erfordern dabei nur das Login, Hotelferns­eher haben die Apps meist gesperrt, sodass alternativ­e Lösungen wie das Verbinden des Tablet-PCs mittels HDMI-Adapter mit dem Fernseher nötig sind oder eben ein kleiner Amazon-Fire-TV-Stick im Reisegepäc­k verstaut werden muss. Wichtig für all jene, die Amazon Video, Netflix oder andere Dienste an fremden TV-Geräten im Urlaub nutzen: der Datenschut­z. Vergessen Sie nicht am Ende des Urlaubsauf­enthaltes auch ihre Daten aus dem TV-Gerät zu entfernen, denn sonst können zukünftige Urlauber die Dienste mit Ihrem Account nutzen und eventuell Missbrauch bei Bestellung­en betreiben.

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