Alternative IPTV: So gut ist der Empfang über das Internet schon jetzt
Als Internet Protocol Television, kurz IPTV, bezeichnet man die Übertragung von TV-Programmen und allgemein Videoinhalte auf Basis des Internet Protokolls über den Breitbandanschluss.
Über IPTV können wir viele Programme sehen, die uns auf anderen Verbreitungswegen nicht zugänglich sind. Welche Inhalte erwarten uns und wie zuverlässig funktioniert Fernsehen über das Internet?
Die weite Welt lässt grüßen
Einst war es der Kurzwellenempfänger, mit dem unsere Vorfahren mehr schlecht als recht Radioprogramme aus aller Herren Länder zu empfangen versuchten. Mit Satellitenempfang war und ist, an exotische Programme bereits ungleich leichter ranzukommen. Was für Radio und TV gleichermaßen zutrifft. Grenzen sind nur noch durch die Ausleuchtzonen der Satelliten und der Erdkrümmung gesetzt. Letztere verhindert in Europa die Sicht zu Satelliten, die über Amerika bis Fernost
stationiert sind. Das Internet verspricht grenzenlose Freiheiten. Einschränkungen durch Ausleuchtzonen oder dergleichen kennt es nicht. Unzählige TV-Stationen aus aller Welt werden seit geraumer Zeit auch über das Internet verbreitet. Ihre Streams sind, vereinfacht ausgedrückt, genauso über Webadressen zugänglich, wie etwa bekannte Internet-Suchmaschinen, Einkaufsportale oder die Homepage des örtlichen Sportvereins. Sie unterscheiden sich lediglich darin, dass die Streams von Fernsehprogrammen nicht unbedingt für die Allgemeinheit bestimmt sind. Zum Teil handelt es sich bei den Streams um Signalzuführungen zu geschlossenen Benutzergruppen. Zu ihnen zählen etwa IPTV-Plattformen in diversen Ländern und Signalzuführungen zu Kabelnetzen.
IPTV-Arten
IPTV versteht sich als Oberbegriff für über das Internet verbreitete Videoinhalte. Dazu zählen über HbbTV zugänglich gemachte Mediatheken ebenso, wie das Kabelfernsehen aus der Telefonsteckdose. Zu ihm zählt EntertainTV der Telekom. Weiter lassen sich auf Linux-Boxen umfangreiche IPTV-Pakete mit Kanälen aus aller Welt installieren. Gerade diese Zugänge sorgen für manche Überraschungseffekte. Sie bringen uns TV-Stationen aus Weltregionen ins Haus, die wir vielleicht nur vom Atlas kennen oder sie mal auf Fernreisen besucht haben. Damit sind diese IPTV-Listen nicht nur dazu gedacht, entspannte Stunden vor der Glotze zu verbringen, sondern auch die weite Welt zu entdecken.
Für Spannung und Überraschungen ist jedenfalls gesorgt. Und nebenbei lässt sich damit viel mehr von fremden Ländern, Menschen und Kulturen erfahren, als es vor Jahrzehnten noch mit dem Kurzwellenradio möglich war.
Welche Sender?
Während sich Mediatheken in der Regel auf das nachsehen einzelner Sendungen konzentrieren, kann man über bezahlpflichtiges IP-Kabelfernsehen die üblichen deutschen Programme empfangen. Selbst zu installierende IPTV-Pakete enthalten Sammlungen von Streamadressen, über die der Zugang zu Stationen aus aller Herren Länder ermöglicht wird. Die Programme kommen in Ordnern vorsortiert. Wobei thematische Gliederungen und Ländersammlungen angeboten werden. Diese beinhalten meist aber nur kleine Programmanbieter. So fehlen etwa in der Rubrik Deutschland alle auch nur halbwegs wichtigen Privatsender. Also kein RTL, Pro Sieben und so weiter. Auch die Kanäle des ZDF und teilweise der ARD sind nicht enthalten. Immerhin sind die, allerdings nur zeitweise aktiven Livestreams mehrerer dritter Programme enthalten. Dafür gibt es eine große Anzahl an Lokalsendern zu entdecken. Manche von ihnen kennt man bereits von Astra, andere vom lokalen Kabelanbieter. Von vielen wird man aber noch nie etwas gehört haben. Alleine das reizt, einen Blick auf sie zu werfen. So versprüht etwa Sylt 1, das Lokalfernsehen der gleichnamigen Insel im hohen deutschen Norden, für die an den Alpen lebenden Bayern durchaus bereits den Hauch des Exotischen. Sogar einige kleine Privatsender, die zum Beispiel über Satellit nicht zu bekommen sind. Wie etwa das Deutsche Anlegerfernsehen oder Blizz. Daneben wird das Paket mit mehreren Homeshopping-Kanälen komplettiert. Ähnlich verhält es sich auch bei den Länderpaketen mit österreichischen oder schweizer Sendern. Auch wenn die über Satellit verschlüsselten Kanäle des ORF und der SRG üblicherweise fehlen, lassen sich hier manche Leckerbissen finden. Wie etwa der Musiksender TVM3 aus der französischen Schweiz oder die offenen Kanäle aus Deutschland und Österreich. Viele TV-Sender machen die Streams zu ihren Programmen über die eigenen Homepages zugänglich. Die meisten Anstalten bemühen sich zwar, einen Großteil der Sendefolge auch im Netz anbieten zu können. Meist werden jedoch nur Eigenproduktionen gestreamt oder man nutzt Geoblocking und sperrt ausländische Zuseher von einzelnen Sendungen aus. Eine Praxis, die übrigens auch von ARD und ZDF genutzt wird. In IPTV-Sammlungen enthaltene öffentlich-rechtliche, aber auch manche kommerzielle Sender, basieren meist auf denselben Streams, wie sie auch auf deren Homepages eingebaut sind. Womit wir deren Sendefolge nur eingeschränkt nutzen können. So gibt es besonders während interessanter Inhalte meist nur eine Tafel zu sehen, die uns darüber aufklärt, dass diese Sendung nur im Heimatland der Station verfügbar ist.
Die weite Welt
An IPTV reizen weniger die Sender aus der näheren Umgebung. Viel mehr reizen Stationen aus der Ferne. So entdecken wir etwa die Vollprogramme TLT und TVO aus Venezuela und mit Nos Pais sogar einen englischsprachigen Spielfilmsender, der Actionstreifen neueren Datums zeigt. Eine wahre Fundgrube erwartet uns bei
den Stationen aus Russland und der Ukraine. Nachdem der Empfang russischer TV-Programme über Satellit wegen zunehmender Verschlüsselung immer schwieriger geworden ist, können wir über den Breitbandanschluss viele Kanäle wieder sehen, die manche von uns noch von früher kennen. Wobei das IPTV-Angebot um ein Vielfaches größer ist, als es je über Satellit für uns war. So finden wir unter anderem mehrere Musik- und Sportsender. Zu den sehenswerten Stationen zählt ferner Wairarapa TV, ein Lokalsender aus der Region rund um die neuseeländische Hauptstadt Wellington. Mit Three (TV3) finden wir über IP auch den ersten landesweiten Privatsender Neuseelands mit seinem Vollprogramm. Aus Australien bekommen wir per Stream zumindest die Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ABC. Das restliche Programm wird ausgeblendet. Die IPTV-Liste der TV-Stationen aus den USA ist lang. Die Liste jener Sender, bei denen die Mattscheibe schwarz bleibt, ebenso. Zu den größten Anziehungspunkten zählen die großen US-Networks, wie NBC, CBS und Fox. Sie sind in den Listings zwar reichlich vertreten, aber meist nur mit ihren Newsfeeds. Womit der Zugang zu den großen Networks auch in der grenzenlosen IP-Welt verwehrt bleibt. Uneingeschränkten Zugang haben wir meist nur zu kleinen Stationen, wie Lokal-TVs. Zu den Highlights zählt NASA TV, wo alle Aspekte der Raumfahrt ausführlich beleuchtet werden. Live-Ausblicke von der ISS auf die Erde inklusive.
Ständiger Wechsel
Längst nicht alle TV-Sender haben ein Interesse daran, weltweit frei über IPTV empfangbar zu sein. Was häufig in den Übertragungsrechten begründet liegt. Schließlich haben viele Vollprogramme die Ausstrahlungsrechte für Filme und Serien nur für ihr klassisches Sendegebiet erworben. Weiter finden sich in IPTV-Listen auch mehrere klassische Pay-TV-Kanäle. Dass ihnen die finanzielle Grundlage entzogen wird, wenn sie ohne Abo zu sehen sind, liegt auf der Hand. Bei ausländischen Sendern ist uns oft nicht bekannt, ob diese FTA- oder Pay-Programme sind. Womit wir uns immer wieder in einer rechtlichen Grauzone bewegen. TV-Piraterie kann es schließlich auch über IPTV geben. Damit versprechen IPTV-Listen in der Regel nur dann den Zugang zu den meisten, in ihnen enthaltenen Kanälen, solange sie neu sind. Bereits binnen weniger Wochen können solche Listings veraltet sein. Womit viele Stationen, die man gerne sehen möchte, schwarz bleiben. Zuletzt geht es immer darum, ob die Personen, die solche IPTV-Zugangslisten zusammenstellen, neue Links finden, über die Programme zu sehen sind. Wie lange gefundene Links laufen, ist unvorhersehbar. Sie können schon nach wenigen tagen tot sein oder auch nach über einem Jahr noch laufen. Am besten fährt man mit IPTV, wenn man sich jeden tag aufs Neue überraschen lässt, was es zu sehen gibt. Denn eine Garantie, dass man einen heute empfangenen Sender auch noch morgen bekommt, hat man nicht. Bei diversen Streamingboxen können sie, dank Autoupdate, über Nacht von der Senderliste verschwunden sein.
Bildqualität
Die Bildqualität bewegt sich bei den meisten Stationen auf hohem Niveau. Viele werden bereits in HD gestreamt. Wobei
die kleinere HD-Auflösung mit 1 280 720 Pixel die Regel ist. Full HD trifft man bislang nur selten an. Selbst bei vielen, nur in SD gestreamten Programmen lässt sich die Bildqualität nicht von anderen Verbreitungswegen unterscheiden. Zum Teil richtet sich die Bildqualität auch am vorhandenen Breitbandanschluss. Womit die Sender zuerst mit Datenraten sparender geringer Auflösung, wie etwa 854 404 Pixel kommen und erst nach mehreren Sekunden zur vollen Bildqualität wechseln, sofern sie die Downloadgeschwindigkeit zulässt. Für ruckelfreie IPTV-Wiedergabe braucht es übrigens keine besonders schnellen Breitbandanschlüsse. Bei den meisten Sendern findet man mit rund 2 bis 3 MBit/s locker das Auslangen. Für SD darf es auch ein Stück weniger sein.
Die Fernsehzukunft?
Immer wieder ist zu hören, dass die Zukunft des Fernsehens in IPTV liegt. Schließlich gibt es keinen anderen Verbreitungsweg, über den wir mehr Programme nutzen können. Allerdings sind die uneingeschränkten Zugänge meist nur auf kleine Stationen mit urheberrechtlich eher unbedenklichen Inhalten beschränkt. Die großen Vollprogramme, egal ob öffentlich-rechtlich oder Privat, fehlen in der Regel wegen der fehlenden Übertragungsrechte außerhalb ihrer Heimatländer. Deshalb achten sie auch besonders darauf, dass sie nicht doch zufällig über Plattformen zu sehen sind, über die sie nicht zu sehen sein sollten. Dies trifft zumindest auf offene Plattformen zu, wie wir sie etwa auf unseren Linux-Boxen installieren können. Der Satellit bleibt die attraktivere Lösung, an sehenswerten TV-Kanäle aus nah und fern zu kommen. Einzelne Satelliten sind nicht weltweit zu empfangen. Über speziell geformte Ausleuchtzonen lässt sich die Reichweite von Programmen auf bestimmte Zielgebiete fokussieren. Darüber hinaus wird deren Empfang erheblich erschwert. Alles in allem eine gute Grundlage, attraktive Programme ausstrahlen zu können. Wenngleich wir wissen, dass längst nicht alle dieser Kanäle uncodiert verbreitet werden. Ein weiterer Vorteil des Satelliten liegt im unkomplizierten Empfang, egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Für den Satelliten braucht es keine Breitband-Infrastruktur, egal ob über Kabelanschluss
oder Mobilfunk. Diese ist ohnehin längst nicht überall verfügbar und kosten extra Geld. Derzeit ist IPTV jedenfalls eine wertvolle Ergänzung zum Satellitenempfang. Über es können wir viele Stationen empfangen, die für uns auf anderen Wegen unerreichbar sind. Der Reiz von IPTV liegt sicher im Detail. Etwa, wenn es darum geht, US-Nachrichten live zu gucken oder mal einen Blick auf eine exotische Station vom anderen Ende der Welt zu werfen.