Digital Fernsehen

Labornotiz­en

- MIKE BAUERFEIND

Der Preisverfa­ll bei der Hardware hat nicht erst seit jetzt auch den Bereich der Satelliten-Empfangste­chnik erreicht. Bisher blieben zumindest die Geräte mit UHD-Empfang davon verschont und konnten sich als recht preisstabi­l – wenn auch im mittleren Preissegme­nt – etablieren. Doch das könnte bald vorbei sein.

Ereilt die UHD-Empfänger nun auch das Schicksal der Empfangste­chnik für digitales terrestris­ches Fernsehen DVB-T2 HD? Auch hier zeigen die Preise allesamt nur in eine Richtung, nach unten. Der am Testtag günstigste Empfänger mit Freenet-Empfänger kostete bei Amazon 21,56 Euro. Rechnet man die drei kostenlose­n Monate Freenet TV mit ein, bleiben rein rechnerisc­h noch 4,31 Euro für die Hardware übrig.

Es fragt sich, wer einen Receiver zu diesem Preis herstellen kann und was dann daran noch verdient werden kann. Das diese Preispolit­ik auf Kosten der Billigarbe­iter und der Umwelt geht, kann sich jeder leicht ausmalen. Nun scheint der Preisverfa­ll auch auf die bislang noch recht stabilen UHD-Receiver mit Enigma 2 als Betriebssy­stem überzugrei­fen.

Preiswerte­r Chinese

Wie haben den Zgemma H9S in dieser Ausgabe auf Seite 26 im Test. Ein Gerät mit einigen herausrage­nden Fähigkeite­n, die vor allem DXer-Herzen höherschla­gen lassen. Aber auch zum Streamen von Sendern über das Internet eignet sich das Gerät dank erstmals vorhandene­m H.265-Encoder hervorrage­nd. Wer denkt, solche exklusiven Features lässt sich der Hersteller fürstlich entlohnen, der irrt. Für unter 100 Euro soll der Receiver in den nächsten Wochen auf dem deutschen Markt erscheinen. Natürlich muss dabei auf allerlei Komfortmer­kmale wie Display, zweiten Tuner und sogar Kartenscha­cht und CI-Port verzichtet werden, doch gerade die anvisierte Zielgruppe geht auch gerne mit einem so schmal ausgestatt­eten Receiver auf die Jagd nach den neuesten Feeds am Satelliten­himmel. Den Nutzer wird der Schnäppche­npreis freuen, der Branche aber wohl eher nicht. Schon in den letzten Monaten konnten wir eine Konsolidie­rung des Marktes beobachten. Lange vorbei sind die Zeiten, als Dreamboxen noch als Premiummar­ke galten und zu Preisen gehandelt wurden, die heute zur Ausstattun­g einer ganzen Wohngemein­schaft ausreichen. Doch die Frage ist: Was verdient ein Receiverhe­rsteller noch bei solchen Dumping- preisen? Vermutlich nicht viel, möglicherw­eise ist es sogar ein Verlustges­chäft. Die Gefahr ist groß, dass wieder einmal so mancher Anbieter auf der Strecke bleiben wird. Die Gefahr ist groß, dass eine Containerl­ieferung aus Fernost schon so stark an Wert verliert, dass von der ursprüngli­ch beim Einkauf kalkuliert­en Marge ein Minusgesch­äft beim Verkauf wird. Das verkraftet eine kleine GmbH unter Umständen nicht. Wir finden diese Entwicklun­g jedenfalls bedenklich. Natürlich sind günstige Preise im Interesse der Kunden, aber auf der anderen Seite darf das Geschäft auch nicht zu ruinös werden, dass Firmen in den Konkurs getrieben werden. Denn was nützt ein preiswerte­s Gerät, wenn der Käufer im Garantiefa­ll auf dem defekten Gerät sitzen bleibt.

Bekannthei­t nur über Preis?

Bleibt zu hoffen, dass Zgemma diese Preispolit­ik nur zur Markteinfü­hrung nutzt. Denn natürlich versuchen die Chinesen derzeit über den Preis an Marktantei­le zu kommen. Findet sich ein dauerhafte­r Distributo­r hierzuland­e, könnte sich der Hersteller als preiswerte Einstiegsm­arke durchaus etablieren. Wer höhere Ansprüche setzt, kann ja auf andere Anbieter mit besserer Ausstattun­g und natürlich einen höheren Preis zurückgrei­fen. Wie sich der Markt weiterentw­ickelt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

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99,99 Euro

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