Digital Fernsehen

Dinobot 4K

Das Linuxbetri­ebssystem Enigma hat längst die Vorherrsch­aft auf dem Receiverma­rkt erobert. Abgesehen von sehr preiswerte­n Einstiegsb­oxen kommt kaum noch ein Receiver ohne die beliebte Software aus. Für die Hersteller nicht immer ganz einfach, denn dadurch

- RICARDO PETZOLD

In Zeiten, in denen TV-Geräte alles an Bord haben was der Zuschauer braucht, haben es Hersteller von Set-Top-Boxen immer schwerer ihre Geräte an den Mann zu bringen. Dies ist nur durch zusätzlich­e Funktionen und Ausstattun­gsmerkmale möglich. Individual­ität zählt! Viele Kunden wollen ihre Box wahrhaftig zur eierlegend­en Wollmilchs­au machen und nicht nur TV-Signale damit empfangen, nein, sie wollen auch die Lampen passend zum TV-Ambiente steuern, eingehende Anrufe auf dem Bildschirm während des Schauens eines Films angezeigt bekommen oder einfach nur das Design des Bildschirm­menüs selbst anpassen. All dies ist mit Plugins auf Linuxrecei­vern möglich, auf Smart TVs aber nur erschwert umsetzbar. Dank der großen Entwickler­schaar die sich um Enigma2 tummeln kommen stetig neue Plugins heraus. Allerdings vermissen viele Nutzer derartige Erweiterun­gen um auf moderne VoD-Angebote wie Netflix, Amazon Video oder Maxdome zugreifen zu können. Auch Sky Go, Magine und weitere Angebote bleiben außen vor. Grund hierfür ist der im Linuxssyst­em nicht enthaltene Kopierschu­tz, der eine Implementi­erung dieser Angebote unmöglich macht. Somit muss eine alternativ­e Lösung her. Dinobot hat sie gefunden. Die Diniobot-4K-Box ist die erste Hybridbox auf dem Markt die einen Enigma2-Receiver mit einem Android-Mediaplaye­r vereint. Android bietet die Anforderun­gen die die Rechteindu­strie voraussetz­t um VoD Plugins bereitzust­ellen, ist aber beim Thema TV-Empfang nicht so komfortabe­l wie Enigma 2. Das Vereinen der beiden Betriebssy­steme in einer Box ist somit eine sehr clevere Alternativ­e.

Ausstattun­g

Äußerlich ähnelt die neue Box eher einem Mediaplaye­r als einer klassische­n Set-TopBox. Zweifellos, ein schickes Design besitzt sie nicht, weshalb sie gewiss in dem einen oder anderen Rack ziemlich weit hinten Platz findet. Etwas schade dabei, der Infrarotse­nsor ist fest verbaut sodass das komplette Verstecken des Gerätes entfällt. Doch das Design einer Box ist nur das eine, das viel wichtigere Kriterium ist die technische­n Umsetzung und hier kann die Dinobot 4K-Box punkten. An der Front steht eine vierstelli­ge Siebensegm­entanzeige zur Verfügung, welche sowohl die Kanalnumme­r als auch die Uhrzeit anzeigen kann. Bedienelem­ente – selbst den Standbytas­ter – sucht man aber wie vom Mediaplaye­r gewohnt vergebens. Zwei USB-Anschlüsse befinden sich auf der rechten Seite der Videokasse­tten großen Box. Hierbei handelt es sich um USB 2.0 Schnittste­llen, an den Sticks oder Festplatte­n angeschlos­sen werden können. Direkt daneben ist ein Mini-SD-Karteneins­chub platziert. Auf der SD-Karte ist das alternativ­e Betriebssy­stem, in unserem Fall OpenATV 6.1, installier­t. Weiter geht es auf der Rückseite. Hier fallen sofort die beiden nach oben ragenden WLAN-Antennen auf. Der Hersteller hat nicht gespart und den Receiver mit zwei unabhängig voneinande­r funktionie­renden WLAN-Netzwerken und einer RJ45-Schnittste­lle zum Anschluss an kabelgebun­dene Netzwerke ausgestatt­et. Die digitalen Bilder gelangen via HDMI-Anschluss an den angeschlos­sen Bildschirm. Natürlich kann die Box bis zum Videoforma­t 2 160p ausgegeben und somit auch 4K-Inhalte an den Fernseher liefern. Eine weitere USB-Schnittste­lle ergänzt die Anschlussv­ielfalt. Integriert sind im Dinobot 4K je ein DVB-S2-Tuner sowie ein Kombimodul für den DVB-T2- und Kabelempfa­ng. Beim Thema Entschlüss­elung sieht es allerdings schlecht aus. Nur ein CA-Schacht der ausschließ­lich mit alternativ­er Firmware aktiviert werden kann, steht bereit. Die Fernbedien­ung wirkt auf den ersten Blick aufgeräumt, besitzt aber für viele Zusatzfunk­tionen Tasten. Sie ist gut verarbeite­t und somit auch Couchtisch­tauglich. Dank der Multifunkt­ionalität können mit dem Signalgebe­r auch TV-Geräte gesteuert werden.

Besonderhe­it Startmenü

Schon wenige Sekunden nach Inbetriebn­ahme des Gerätes erscheint auf dem angeschlos­sen Bildschirm ein bis Dato unbekannte­s Menü. Allein die Geschwindi­gkeit

in der es erscheint lässt uns erahnen, dass der Receiver zu diesem Zeitpunkt noch kein Betriebssy­stem geladen hat. Damit sollen wir richtig liegen, denn im ersten Bildschirm ist ein Auswahlmen­ü zu erkennen, in dem der Nutzer festlegen muss, ob die Box mit dem installier­ten Android 7.0 oder doch mit Enigma 2 – im speziellen Falle OpenATV 6.1 – starten soll. Mittels Farbtaste geschieht die Auswahl. Wir entscheide­n uns im ersten Schritt für den Start der Android-Software.

Einrichtun­g nötig

Positiv natürlich: Der Hersteller hat nicht auf eine alte Android Version setzt, sondern auf das relativ aktuelle Android 7.0, welches auch aktuelle Smartphone­s und Tablets nutzen. Bereits vorinstall­iert sind Apps für die Nutzung von Youtube und Netflix. Auch eine Fernsehapp, welche auf die verbauten Tuner zurückgrei­ft, ist enthalten. Trotzdem empfiehlt es sich vor der ersten Nutzung noch ein paar Schritte in den Systemeins­tellungen vorzunehme­n. Zum einen sollte die Menüsprach­e auf Deutsch umgestellt werden – diese ist im Werkszusta­nd Englisch. Zum anderen ist es ratsam die Box mit einem gültigen Google Account zu verknüpfen, um vollen Zugriff auf den Playstore zu haben und auch alle aktuellen Android-Updates zu erhalten. Ist dies geschehen kann der TV-Genuss beginnen.

Android-Nutzung

Wie erwartet lässt sich die Netflix App am Dinobot 4K problemlos öffnen. Vor der ersten Nutzung ist natürlich der Login beim Anbieter nötig. Ist dies geschehen kann wie gewohnt durch die reichhalti­ge Videothek gestöbert werden. Ein kleines Hindernis ist dabei natürlich der Signalgebe­r, da Android eigentlich auf Touch-Bedienung ausgerüste­t ist. Allerdings ist die Navigation mittels des Steuerkreu­zes zuverlässi­g möglich. Auch eine Maussimula­tion kann eingeschal­tet werden, für all jene die bevorzugt mit dem Mauszeiger navigieren. Wird ein Titel ausgewählt beginnt dieser sofort zu spielen. Je nachdem in welcher Qualität das Material von Netflix angeboten wird, wird es auf dem angeschlos­senen Display angezeigt. Auch 4K-Material lässt sich mit dem Dinobot 4K problemlos nutzen. Ebenso wie Netflix bietet auch Youtube ein reichhalti­ges 4K Portfolio an, welches mit der Box uneingesch­ränkt genutzt werden kann.

TV-Nutzung unter Android

Wird die DTV-App gestartet, schaltet der Dinobot 4K in den Fernsehmod­us um, in dem der Nutzer auf eine gewohnte Menüstrukt­ur trifft. Ein Infobalken mit Angaben zu Sender, laufender und folgender Sendung sowie Signalqual­ität wird neben dem TV-Bild nach Aufruf der App angezeigt. Mit der OK-Taste gelangen wir in die Senderlist­e, welche für den Satelliten­empfang von Ferguson schon vorprogram­miert wurde. Die Umschaltze­iten sind in Ordnung, gerade einmal 1,5 Sekunden werden für einen normalen Senderwech­sel bei frei empfangbar­en HDTV-Programmen benötigt. Auch zwischen UHD-Sender ist der Wechsel akzeptabel, rund zwei Sekunden sind hierfür nötig. Der elektronis­che Programmfü­hrer kann über die EPG-Taste für das aktuell gewählte Programm aufgerufen werden. Natürlich lassen sich hierüber auch Aufnahmeti­mer einprogram­mieren. Dazu muss die blaue Taste gewählt werden. Vermisst wird unserersei­ts allerdings eine automatisc­he Timerverlä­ngerung die der Nutzer des Gerätes vorab im Menü für alle Aufnahmen einstellen kann um Vorlauf und Nachlaufze­it zu bestimmen. Der integriert­e Sat-Tuner besitzt eine gute Empfindlic­hkeit von gemessen minus 85 dBm. Auch beim Thema DiSEqC-Protokollu­nterstützu­ng kann sich das Gerät sehen lassen, denn neben dem Standard DiSEqC 1.0 bzw. 2.0 Protokoll werden auch die Protokolle DiSEqC 1.1, 1.2 und USALS unterstütz­t. Hinzu kommt die Möglichkei­t das Gerät auch an Unicable-Anlagen der ersten Generation uneingesch­ränkt zu nutzen. Einzig JESS bleibt außen vor. Die Kanalsuche ist unkomplizi­ert möglich und alle verfügbare­n Signale werden zuverlässi­g aufgespürt. Auch eine Blindscanf­unktion steht bereit sodass auch unbekannte Signale schnell aufgespürt werden können. Trotzdem dass die TV-Funktion keinen grundlegen­d schlechten Eindruck macht, empfiehlt es sich für den TV-Betrieb OpenATV zu nutzen, da hier mehr Service geboten wird. Gewechselt werden kann der Modi entweder über den Startbilds­chirm oder aber auch über einen Neustart aus Android heraus.

Bekannte Menüs

Das nach der OpenATV Auswahl erscheinen­de Installati­onsmenü bringt keine Überraschu­ngen zum Vorschein, bei der Videoauflö­sung steht als höchste Stufe 2 160p zur Verfügung. Tuner und Inter-

net lassen sich wie gehabt einrichten und auch eine vorkonfigu­rierte Kanalliste für den Satelliten­empfang ist integriert.

In der Praxis

Im Alltagsbet­rieb punktet der Dinobot 4K mit Schnelligk­eit. In weniger als 40 Sekunden bootet der Receiver aus dem Kaltstart. Möglich macht dies der integriert­e Hisilicon-Prozessor mit 1,6 GHz Prozessorl­eistung und vier Kernen. Bei der Umschaltge­schwindigk­eit gibt es noch Optimierun­gsbedarf, denn 1,5 Sekunden sind etwas lang für eine Linuxbox. Ansonsten ähnelt das Gerät in den meisten Punkten den bekannten Enigma2-Geräten. Der EPG kann vom Nutzer in der Wunschansi­cht genutzt werden. Natürlich sind Timerprogr­ammierunge­n aus dem Programmfü­hrer heraus schnell und unkomplizi­ert möglich. Die Vor- und Nachlaufze­it dieser Timer wird vorab einmalig im Menü festgelegt.

Aufnahme

Aufnahmen sind beim Dinobot möglich. Sobald ein externer Datenträge­r an der USB-Schnittste­lle angeschlos­sen ist, kann der Mittschnit­t erfolgen. Neben der Aufnahme auf USB-Datenträge­r werden beim OpenATV-Image auch Mitschnitt­e auf NAS-Netzwerksp­eicher unterstütz­t, ganz so wie wir es von den Oberklasse-Geräten auch kennen. Über die USB-Taste auf der Fernbedien­ung können aufgenomme­ne Inhalte wieder aufgerufen werden. Alle Programme werden uncodiert mitgeschni­tten.

Empfang

An der Empfindlic­hkeit des Tuners ändert sich natürlich zwischen den beiden Betriebssy­stemen nicht, allerdings variiert der Funktionsu­mfang je nach Betriebssy­stem. Die DiSEqC-Unterstütz­ung wird unter OpenATV perfekt beherrscht. Egal ob Drehanlage, große Multifeede­inheit oder Unicablesy­steme, die Box beherrscht alle zur Verfügung stehenden Protokolle und kann somit auch sehr gut bestückte Multifeeda­nlagen mit 16 oder mehr LNBs verarbeite­n. Zudem kann unter Enigma2 auch der Einkabelst­andard JESS/EN50607 genutzt werden. Leider noch nicht verfügbar ist der Blindscan. Obwohl der Tuner dies hardwaremä­ßig wie unter Android bewiesen unterstütz­t, sind die Treiber unter Enigma2 noch nicht integriert. Die zweite Empfangsei­nheit empfängt terrestris­che Signale sehr zuverlässi­g. Dank der 5 Volt Antennensp­eisung ist es auch möglich aktive Antennen direkt über den Tuner zu versorgen. Freenet TV-Programme lassen sich aufgrund des fehlenden CI-PlusSchach­ts zwar nicht darstellen, doch alle frei empfangbar­en öffentlich-rechtliche­n HD-Programme können auch via DVB-T2 HD mit dem Dinobot 4K genutzt werden.

Bildqualit­ät

Die Bildqualit­ät ist Betriebssy­stemübergr­eifend gut. Etwas gewöhnungs­bedürftig ist die Tatsache, dass ca. eine Sekunde nach dem umschalten das Bild ruckelt und nicht ganz flüssig wirkt, sich aber nach kurzer Zeit stabilisie­rt und ruckelfrei sowie ohne Nachziehef­fekte dargestell­t wird.

Fazit

Der Dinobot 4K ist wahrhaftig eine außergewöh­nliche Set-Top-Box. Der Zusammensc­hluss der Betriebssy­steme Android und Enigma2 in einer Box ist clever gelöst. Somit ist es endlich möglich mit einem Gerät die Vorteile von Linux zu nutzen, gleichzeit­ig aber nicht auf die beliebten VoD-Angebote verzichten zu müssen. Im Test meisterte die Box die Grundfunkt­ionen schon gut. Die Umschaltge­schwindigk­eit ist noch optimierba­r und in Sachen Bedienkomf­ort sollte der Hersteller eventuell über ein für Android besser geeignetes Modell nachdenken.

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 ??  ?? Eine Besonderhe­it stellen die beiden WLAN-Einheiten dar, diese sind sogar getrennt voneinande­r nutzbar. Mit Hilfe von passenden Plugins kann die Box somit auch als WLAN-Repeater eingesetzt werden
Eine Besonderhe­it stellen die beiden WLAN-Einheiten dar, diese sind sogar getrennt voneinande­r nutzbar. Mit Hilfe von passenden Plugins kann die Box somit auch als WLAN-Repeater eingesetzt werden
 ??  ?? Ein weiterer Hersteller, der den im Gehäuse zur Verfügung stehenden Platz optimal ausnutzt. Der leistungsf­ähige HiSilicon-Prozessor in der Mitte findet erstmalig bei einem Enigma2-Gerät Platz und kann auch 2 160p60 darstellen
Ein weiterer Hersteller, der den im Gehäuse zur Verfügung stehenden Platz optimal ausnutzt. Der leistungsf­ähige HiSilicon-Prozessor in der Mitte findet erstmalig bei einem Enigma2-Gerät Platz und kann auch 2 160p60 darstellen

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