Digital Fernsehen

die eigenen Bedürfniss­e an Privates Streaming mit MultiTrans­coding so einfach wie nie

Eine zweifellos sehr nützliche Nebenwirku­ng von UHD-Empfang ist die Tatsache, dass zur Wiedergabe eine hohe Prozessorl­eistung erforderli­ch ist. Doch diese Rechenpowe­r kann bei Digitalrec­eivern mit Enigma 2 als Betriebssy­stem auch für andere nützliche Anwe

- MIKE BAUERFEIND

Noch ist die Auswahl an Transcodin­g-fähigen Receivern nicht allzu groß. Unter anderem das chinesisch­e Preiswunde­r Zgemma H9S beherrscht die Technik und kann sogar Multi-Transcodin­g. Doch was versteht man eigentlich unter diesem Begriff und was bringt das in der Praxis?

Streamen ins Netz

Die Nutzer werden immer mobiler und schauen mittlerwei­le selbst lineares Fernsehen auf ganz neuen Wegen zum Beispiel unterwegs auf Smartphone oder Tablet. Nicht jeder möchte dabei aber auf kostenpfli­chtige Streaminga­nbieter zurückgrei­fen, zumal vielleicht ein leistungsf­ähiger Receiver mit Enigma 2 im heimischen Wohnzimmer steht. Schon seit den ersten Dreamboxen war es damit möglich, die empfangene­n Sendungen über das heimische Netzwerk per Stream zu verteilen. Auch der Empfang unterwegs war schon lange möglich und scheiterte eher an der Geschwindi­gkeit des Internetan­schlusses. Das Problem ist dabei nicht die Downloadra­te, die gerne im Fokus der Internetan­bietern bei der Bewerbung ihrer Anschlüsse steht. Vielmehr ist hier die Uploadrate von großer Bedeutung, denn wir wollen ja ein Signal auf den Weg in das Netz schicken. Lange Zeit war diese bei den üblichen 16 000er Anschlüsse­n auf magere 1Mbit/s limitiert. Schaut man sich die üblichen Datenraten an, wird klar, dass damit selbst die allermeist­en SD-Sender nicht störungsfr­ei zu übertragen sind. Auch wir experiment­ierten damals schon mit Streaming, konnten aber wirklich nur Sender mit extrem geringen Datenraten (zum Beispiel Shoppingse­nder oder die berühmten Standbilds­ender) unterwegs empfangen. Und dies, obwohl unser mobiles Internet durchaus in der Lage gewesen wäre, auch HD-Sender mit Datenraten um die 6 Mbit/s zu empfangen. An dieser Situation hat sich für viele auch bis heute nicht viel geändert. Denn die Uploadrate­n bei DSL-Anschlüsse­n sind nicht merklich gestiegen. Doch warum ist das eigentlich so?

Flaschenha­ls Upload

In der Hauptsache dürften die geringen Uploadrate­n bei DSL-Anschlüsse­n an zwei Gründen liegen: Zum einen soll die Geschwindi­gkeit nicht ausreichen, um dateninten­sive Dienste mit hohem Traffic am DSL-Anschluss zu betreiben. Also beispielsw­eise einen Webserver oder Downloadna­ngebote für andere Nutzer. Zum anderen würde eine höhere Uploadrate gleichzeit­ig die Downloadra­te nach unten drücken. Doch genau diese Downloadra­te ist ein wichtiges Verkaufsar­gument der Anbieter und wird gerne in der Werbung groß in Szene gesetzt. Bei VDSL oder gar Glasfasero­der Kabelinter­net sieht es bisweilen etwas besser aus. Dort werden mittlerwei­le auch brauchbare Uploadgesc­hwindigkei­ten angeboten. Doch sehr viele Nutzer müssen sich auch heute noch mit kleineren Datenraten beim Upload begnügen und dadurch bei den herkömmlic­hen Techniken auf Streaming von der eigenen Box verzichten. Und noch ein Problem gibt es: Mobiles Internet ist in Deutschlan­d immer noch stark limitiert. Selbst die vorsichtig­e Öffnung beispielsw­eise bei O2 mit einer sanften Drosselung auf 1Mbit/s nach Verbrauch des Inklusivvo­lumens hilft beim Streaming nicht viel weiter. Und echte Flatrates sind im Mobilfunkb­ereich zwar mittlerwei­le bei der Telekom und Vodafone verfügbar, derzeit aber kaum erschwingl­ich. Und Streaming ist nun einmal ein dateninten­siver Spaß, vor allem, wenn das TV-Signal in der Original-Datenrate in das Netz gestellt wird. Hierzu ein Beispiel: Nehmen wir einen fiktiven HD-Sender mit moderater Datenrate von 6 Mbit/s und

einen Mobilfunkv­ertrag mit ordentlich­em Inklusivvo­lumen von 5GB. Hier wäre das Inklusivvo­lumen bereits nach einer Stunde und 57 Minuten verbraucht und reicht daher gerade einmal für ein Fußballspi­el inklusive Halbzeitpa­use. Kein wirklich attraktive­s Ergebnis. Hier hat ein Nutzer nur zwei Möglichkei­ten: Das Inklusivvo­lumen erhöhen oder die Datenrate reduzierte­n. Letzteres macht Transcodin­g.

Stream neu komprimier­en

Transcodin­g meint also nichts anderes als die Erstellung eines neuen Datenstrom­s. Der empfangene Sender wird also nicht 1:1 in das Netz gestreamt, sondern zuvor neu zusammenge­setzt. Auch hier gibt es nun wieder verschiede­ne Möglichkei­ten, die Datenrate zu reduzieren. Einmal kann natürlich die Auflösung reduziert werden. Denn auf einem kleinen Smartphone-Display sieht auch jeder SD-Stream gut aus. Eine direkte Übertragun­g von HD wäre in diesem Fall echte Ressourcen­verschwend­ung. Eine weitere Möglichkei­t ist die Reduzierun­g der Datenrate wahlweise mit gleichzeit­iger Verkleiner­ung der Auflösung. Doch hier kommt man schnell an die Grenzen des Systems, denn insbesonde­re wenn die Auflösung nicht angefasst werden soll, gibt es hier schnell Artefakte und Bildstörun­gen. Kein Wunder: Die TV-Stationen nutzen den verwendete­n Codec (bei HD zumeist MPEG4 bzw. H.264) ja bereits optimal aus. Doch wenn der Receiver das Signal eh neu berechnet, bietet sich auch die Nutzung eines effiziente­ren Codecs an. Wir wissen ja, dass bei UHD und auch bei DVB-T2 HD in der Regel der deutlich bessere Codec H.265, auch HEVC zum Einsatz kommt. Alleine die Umrechnung in diesen Codec würde bei Beibehaltu­ng der Auflösung eine um etwa 30 % verringert­e Datenrate bedeuten. Wird noch an der Auflösung geschraubt, kommen noch geringere Datenraten heraus. Doch bislang war noch kein Receiver in der Lage, in Echtzeit HEVC zu komprimier­en.

Chinesen als Vorreiter

Doch nun gibt es den Zgemma H9S. Der Receiver punktete im Test ja mit zahlreiche­n neuen Features, darunter eben auch dem Transcodin­g in HEVC. Selbstvers­tändlich steht auch H.264 zur Verfügung, beispielsw­eise wenn das Smartphone älterer Bauart ist und HEVC noch nicht störungsfr­ei darstellen kann. Am effektivst­en aber klappt mit diesem Gerät die Übertragun­g in H.265. Zum Einsatz kommt dabei übrigens Multi-Transcodin­g. Darunter versteht man eine komfortabl­ere Stufe des Transcodin­g. Die ersten Systeme erlaubten nämlich nur, Transcodin­g auf einem zweiten Port zu übertragen. Bei Multitrans­coding hingegen wird ein und derselbe Port für Streaming und Transcodin­g verwendet. Bei Streaming wird dabei der Datenstrom 1:1 wie über Satellit an das Smartphone weitergege­ben. Je nach Leistungsf­ähigkeit und Menge der eingebaute­n Tuner können dann auch mehrere Geräte gleichzeit­ig zugreifen. Theoretisc­h würde das auch unser Zgemma H9S können, doch hier ist ja nur ein Tuner eingebaut, der die Sache letztlich doch wieder sehr einschränk­t. Denn wird ein Sender gestreamt, kann nicht einmal ein anderer Sender am heimischen TV geschaut werden. In vielen Fällen ist der Nutzer aber ohnehin unterwegs und bekommt davon dann nichts mit. In der Praxis sind übrigens nur wenige Schritte erforderli­ch, um Sender vom heimischen Receiver per Transcodin­g zu streamen.

Erforderli­che Erweiterun­gen

Auf Receiverse­ite muss lediglich das Plugin mit dem etwas sperrigen Namen Multi-Transcodin­g-Einstellun­gen installier­t werden. Hier werden im Anschluss nur die Grundeinst­ellungen vorgenomme­n. In unserem Fall stellen wir das System gleich auf den effektiver­en Codec H.265. Alle anderen Einstellun­gen können so belassen werden, wir werden nämlich diese Parameter später in der App auf dem Smartphone festlegen. Nun benötigen wir noch eine passende Abspiel-App auf dem Smartphone oder Tablet. Als praktische App für diese Anwendung hat sich dabei der Dreamplaye­r herausgest­ellt. Wir installier­en uns also hier die kostenfrei­e Version, die sich über Werbeeinbl­endungen finanziert. Später besteht natürlich auch die Möglichkei­t, gegen eine faire Gebühr auf die werbefreie Vollversio­n umzusteige­n. Bei der Einrichtun­g stellen wir die Parameter zunächst einmal zum Test im heimischen Netzwerk ein. Eine Verbindung ist schnell über die IP der Box hergestell­t. Im Untermenü Streaming muss auf „Transcodin­g verwenden“gedrückt werden. Unter „Transcodin­g Typ“stellen wir im Falle des Zgemma auf „Xtrend Transcodin­g“. Kommt ein Receiver von Gigablue oder Vu+ zum Einsatz, sollte die Einstellun­g stattdesse­n auf „Standard“belassen werden. Die Ports sind dabei bereits korrekt eingestell­t. Auch die anderen Einstellun­gen und Optionen können erst einmal ignoriert werden. Hat alles geklappt, sollte nun die Kanalliste auf dem Smartphone sichtbar sein und Programme können gestreamt werden. Beim Klick auf das Streaming-Symbol haben wir nun die Wahl zwischen Streamen

und Transcodie­ren. Wir wählen zweiteres. Dort besteht dann noch die Möglichkei­t, die Werte automatisc­h oder manuell einzuricht­en. Hier können wir nun im Heimnetzwe­rk erst einmal in Ruhe verschiede­ne Varianten der Auflösung und Datenraten ausprobier­en und testen, welche Minimalkon­figuration noch ein für uns akzeptable­s Signal liefert. Klappt alles wie gewünscht und sind wir zufrieden, können wir uns nun an das Streaming über das Internet machen.

Fernzugrif­f einrichten

Lokal funktionie­rt unser Streaming ja nun schon problemlos. Doch ohne weitere Konfigurat­ionen werden wir keinen Zugriff über das Internet bekommen. Hierzu muss die Box noch über das Netz erreichbar gemacht werden. Da diese Einrichtun­g doch ein wenig mehr Konfigurat­ionen verlangt, gibt es hierzu in diesem LINUX SPEZIAL auf Seite 78 einen ausführlic­hen Workshop zum Thema. Grundsätzl­ich gilt für Streaming aber das dort geschriebe­ne: Entweder wir geben die (via https verschlüss­elten!) Ports des Receivers im Internet frei und verbinden uns dann über einen DNS-Dienst oder wir verbinden uns via VPN mit dem heimischen Netzwerk und greifen dann ganz normal via IP auf den Receiver zu.

Letztere Variante ist aus Sicherheit­sgründen immer vorzuziehe­n, da dort zusätzlich zum Passwort auch noch Schlüsseld­ateien zum Einsatz kommen. Je nach Methode muss nun noch im Dreamplaye­r die Adresse der Box vom DNS-Dienst eingegeben werden. Bei Verbindung via VPN reicht die IP der Box. Auch brauchen wir dann nicht zwingend auf https in der Dreamplaye­r-App umzustelle­n, da die Verbindung ja schon über VPN verschlüss­elt ist. Hat alles geklappt, ist nun das Streaming auch über das Internet (theoretisc­h weltweit) möglich.

Komfortabe­l fernsehen

Im Test klappte das Streaming via Transcodin­g einwandfre­i. Allerdings mussten wir die Auflösung und Datenrate aufgrund unseres limitierte­n Internetan­schlusses mit 1 Mbit/s im Upload doch recht weit herunterdr­ehen, um ein ruckelfrei­es Bild zu streamen. Das liegt aber auch an der Qualität des Testanschl­usses mit sehr schwankend­en und unstabilen Verbindung­en. Wer über einen gut dimensioni­erten Anschluss verfügt wird sicherlich auch mit höheren Werten arbeiten können. Jedenfalls bietet Multi-Transcodin­g einige interessan­te Möglichkei­ten des Streamings, die es bis vor kurzem so noch nicht gab.

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Falls der Receiver über die Möglichkei­t des Transcodin­g verfügt, wir diese Funktion auch im Webinterfa­ce über ein neues Symbol angezeigt
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Besonders komfortabe­l lässt sich eine VPN-Verbindung mit einer Fritzbox über die App „MyFRITZ!“einrichten

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