Satelliten-Antenne aus Tetra-Packs im Eigenbau
Den Anstoß für diesen Artikel gab ein alter LNB-Arm mit noch vorhandener Mastschelle, den wir im Alteisen-Container gefunden hatten. Mit dem sollte sich doch etwas machen lassen.
Was es noch brauchte, war ein passender Reflektor. Warum nicht selbst basteln?
Der Reflektor
Wie schon der Name Reflektor verrät, reflektiert der Reflektor die vom Satelliten empfangenen Signale und bündelt sie zu einem gemeinsamen Brennpunkt, in dem der LNB sitzt. Zur Umsetzung der Bündelung eines Brennpunktes wird eine metallische Oberfläche benötigt. Bei Reflektoren aus Aluminium oder Stahl ist sie offensichtlich. Bei anderen Schüsseln, wie den Kunststoffschüsseln ist im Inneren eine reflektierende Metallschicht eingearbeitet. Damit eine Sat-Antenne ihre Aufgabe zufriedenstellend erfüllen kann, muss der Reflektor genau gearbeitet und von hoher Oberflächengüte sein. Unebenheiten oder gar eine ungleichmäßige Wölbung wirken sich negativ auf die Empfangseigenschaften aus.
Unser Reflektor-Material
In unserem Workshop selbst aus einem Metallstück einen Reflektor in schweißtreibender Arbeit zu formen, lag uns fern. Wir dachten und: Das muss doch auch wesentlich einfacher gehen. Auf der Suche nach einem geeigneten Ausgangsmaterial sind wir auf die Getränkekartons im Supermarkt gestoßen, in denen es neben Milch, auch diverse Fruchtsäfte zu kaufen gibt. Die klassischen herkömmlichen Milchkartons sind an der Innenseite nur mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen. Sie scheiden allerdings für unser Vorhaben aus. Andere handelsüblich Getränkekartons sind innen mit einer dünnen Aluminiumschicht versehen. Genau das, was wir brauchen. Also erstmal alle leeren, alubeschichteten Getränkekartons auswaschen und sammeln.
Vorbereitungsarbeiten
Zunächst sind die gesammelten Getränkekartons aufzuschneiden, sofern vorhanden, ihre Schraubverschlüsse zu entfernen und ihre Innenseiten noch einmal mit Wasser zu reinigen und zu trocknen. Im nächsten Schritt streifen wir sie, soweit es geht, glatt. Nachdem unser Reflektor einen Durchmesser von etwa 65 cm haben soll, veranschlagen wir 12 1-Liter-Kartons. Schließlich ist auch etwas Verschnitt zu berücksichtigen. Zum Zusammenfügen der einzelnen Elemente nehmen wir einen Handtacker für übliche 8-mm-Klammern. Außerdem benötigen wir ein Stück Holz, auf das wir die zu verbindenden Kartonteile auflegen. Schließlich brauchen wir unter ihnen etwas Freiraum. Ansonsten würden wir die Getränkekartons mit dem Tacker auf die Tischplatte fest anklammern. So werden die Klammern nur durch das Material geschossen. Ihre beiden Schenkel sind zuletzt mit einem kleinen Hammer umzubiegen, sodass eine feste Verbindung entsteht. Alternativ würde sich auch Paket-Klebeband anbieten. Die mit ihm geschaffenen Verbindungen wären aber endgültig und würden sehr schwer nachträgliche Korrekturen zulassen. Am Rande möchten wir anmerken, dass wir es uns anfangs leichter vorgestellt hatten, selbst eine Schüssel zu bauen. Eigentlich hatten wir vor, auch den LNB-Arm mit Getränkekartons zu basteln. Dieser ließ sich aber nicht so, wie von uns angedacht, verwirklichen, ohne die von ihm geforderte Stabilität zu behalten.
Tackern
Satellitenschüsseln besitzen eine leichte Wölbung. Diese versuchen wir zu erreichen, indem wir als erstes aus acht Getränkekartons ein Achteck zusammenklammern. Dazu überlappen wir zwei Kartons am Rand nur ganz wenig, in der Mitte aber entsprechend mehr. Um die geforderte Wölbung zu erreichen, fügen wir in der Mitte aus je zwei sich überlappenden schmalen Streifen, ein Kreuz ein. Weiter werden die noch freien Flächen mit Kartonstücken ausgefüllt. Zuletzt werden zum Befestigen des Pappreflektors an der Schüsselhalterung mit einem Tapetenmesser kleine Löcher geschnitten.
Erster Test
Auf diese Weise schaffen wir es tatsächlich, den aufgeschnittenen Getränkekartons eine Form zu geben, die an eine Sat-Schüssel zumindest erinnert. Was grobe Unebenheiten an der Reflektor-Oberflä-
che mit einschließt. Mit Unebenheiten von bis zu 5 mm im Bereich der Überlappungsstellen der einzelnen Pappteile ist uns allerdings kein Meisterwerk an perfekter Oberflächengüte gelungen. Was insofern nicht wundert, da wir für den Reflektor so wenig Klammern als nur irgend nötig, verbraucht hatten. Schließlich sollte ein erster Test zeigen, ob mit der von uns frei nach Augenmaß geschaffenen Wölbung überhaupt Empfang möglich ist. Zur Ermittlung der Empfangsqualität bemühen wir einmal mehr unseren PC-Receiver TBS 5927 und die Gratis-Software EBS Pro. Sie verrät uns im Spektrum, dass mit der Pappschüssel tatsächlich etwas empfangen wird. Zumindest sind die Höcker der einzelnen Transponder von Astra 19,2 Grad Ost gut im Spektrum zu erkennen. Allerdings nur mit vernichtend geringer Signalstärke von nur an die 0,7 dB über Grundrauschen. Viel zu wenig für die Wiedergabe von TV-Programmen. Auch weiteres Feintuning führt nicht zum Ziel.
Nacharbeiten
Wir vermuten, dass der Fehler in einer zu starken Wölbung liegt. Also entfernen wir die Klammern, mit denen wir den äußeren „Papp-Ring“zusammen getackert hatten und fügen sie, diesmal mit geringerer Überlappung aufs Neue zusammen. Dadurch wird der Kartonreflektor flacher. Wieder an der Halterung montiert, erreichen wir nun deutlich ausgeprägtere Höcker.
Empfang!
Trotz bewölktem Himmel schaffen wir nun auf 19,2 Grad Ost auf 10,744 GHz horizontal an die 5,7dB. Genug, um damit Arte, tagesschau24, One und Phoenix einwandfrei zu empfangen. Auf der vertikalen Ebene empfangen wir die 10,847GHz, über die spanische TVs und Radios übertragen werden. Bei den weiteren Transpondern wurde die erforderliche Mindestsignalstärke leider gerade nicht erreicht. Dass sie dennoch nur knapp unter der Mindestsig-
nalstärke liegen, zeigte uns der Blindscan, indem er rund dreimal so lange als üblich für das Durchsuchen aller Astra-Frequenzen benötigt. Im zweiten Versuch drehen wir die Pappantenne auf 13 Grad Ost. Hier gehen uns auf Anhieb fünf Transponder, nämlich auf der horizontalen Ebene die 11,137 GHz und 11,179 GHz, sowie vertikal die 10,992GHz, 11,033GHz und 11,240GHz, per Blindscan ins Netz. Ihre Signalstärken liegen zwischen etwa 4,5 und 5 dB.
Empfangspraxis
Unser in Rekordzeit von nicht einmal einer Stunde zusammengebauter Reflektor soll- te primär zeigen, dass sich mit Minimalaufwand und gänzlich unüblichen Materialien, Satellitenempfang bewerkstelligen lässt. Potential zur Verbesserung unserer Pappantenne wäre jedenfalls noch reichlich vorhanden. So ließen sich etwa Abstufungen an der Reflektor-Oberfläche vermeiden, würde die Antenne etwa so aufgebaut werden, wie eine Segmentschüssel. Hilfreich kann es zudem sein, wenn man einen originalen Reflektor als Schablone nutzen kann, an dem die Form der Pappschüssel weitgehend angepasst wird. Bei unserem Versuch haben wir aber auch gelernt, dass wir es bei beschichteten Getränkekartons mit einem sehr leicht verformbaren Material zu tun haben. Das hat uns zwar das Arbeiten an sich erleichtert, führte aber auch dazu, dass sich die Form des Reflektors bei jedem leichten Windstoß geringfügig veränderte.
Learning by doing
Wir haben beim Reflektorbau jedenfalls viel gelernt. Bei einem nächsten Versuch würden wir die Antenne wohl anders konstruieren und ihr mit zusätzlichen Versteifungen an der Rückseite mehr Stabilität verleihen. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass sich so noch einige dB herausholen lassen.