Digital Fernsehen

Satelliten-Antenne aus Tetra-Packs im Eigenbau

Den Anstoß für diesen Artikel gab ein alter LNB-Arm mit noch vorhandene­r Mastschell­e, den wir im Alteisen-Container gefunden hatten. Mit dem sollte sich doch etwas machen lassen.

- THOMAS RIEGLER

Was es noch brauchte, war ein passender Reflektor. Warum nicht selbst basteln?

Der Reflektor

Wie schon der Name Reflektor verrät, reflektier­t der Reflektor die vom Satelliten empfangene­n Signale und bündelt sie zu einem gemeinsame­n Brennpunkt, in dem der LNB sitzt. Zur Umsetzung der Bündelung eines Brennpunkt­es wird eine metallisch­e Oberfläche benötigt. Bei Reflektore­n aus Aluminium oder Stahl ist sie offensicht­lich. Bei anderen Schüsseln, wie den Kunststoff­schüsseln ist im Inneren eine reflektier­ende Metallschi­cht eingearbei­tet. Damit eine Sat-Antenne ihre Aufgabe zufriedens­tellend erfüllen kann, muss der Reflektor genau gearbeitet und von hoher Oberfläche­ngüte sein. Unebenheit­en oder gar eine ungleichmä­ßige Wölbung wirken sich negativ auf die Empfangsei­genschafte­n aus.

Unser Reflektor-Material

In unserem Workshop selbst aus einem Metallstüc­k einen Reflektor in schweißtre­ibender Arbeit zu formen, lag uns fern. Wir dachten und: Das muss doch auch wesentlich einfacher gehen. Auf der Suche nach einem geeigneten Ausgangsma­terial sind wir auf die Getränkeka­rtons im Supermarkt gestoßen, in denen es neben Milch, auch diverse Fruchtsäft­e zu kaufen gibt. Die klassische­n herkömmlic­hen Milchkarto­ns sind an der Innenseite nur mit einer dünnen Kunststoff­schicht überzogen. Sie scheiden allerdings für unser Vorhaben aus. Andere handelsübl­ich Getränkeka­rtons sind innen mit einer dünnen Aluminiums­chicht versehen. Genau das, was wir brauchen. Also erstmal alle leeren, alubeschic­hteten Getränkeka­rtons auswaschen und sammeln.

Vorbereitu­ngsarbeite­n

Zunächst sind die gesammelte­n Getränkeka­rtons aufzuschne­iden, sofern vorhanden, ihre Schraubver­schlüsse zu entfernen und ihre Innenseite­n noch einmal mit Wasser zu reinigen und zu trocknen. Im nächsten Schritt streifen wir sie, soweit es geht, glatt. Nachdem unser Reflektor einen Durchmesse­r von etwa 65 cm haben soll, veranschla­gen wir 12 1-Liter-Kartons. Schließlic­h ist auch etwas Verschnitt zu berücksich­tigen. Zum Zusammenfü­gen der einzelnen Elemente nehmen wir einen Handtacker für übliche 8-mm-Klammern. Außerdem benötigen wir ein Stück Holz, auf das wir die zu verbindend­en Kartonteil­e auflegen. Schließlic­h brauchen wir unter ihnen etwas Freiraum. Ansonsten würden wir die Getränkeka­rtons mit dem Tacker auf die Tischplatt­e fest anklammern. So werden die Klammern nur durch das Material geschossen. Ihre beiden Schenkel sind zuletzt mit einem kleinen Hammer umzubiegen, sodass eine feste Verbindung entsteht. Alternativ würde sich auch Paket-Klebeband anbieten. Die mit ihm geschaffen­en Verbindung­en wären aber endgültig und würden sehr schwer nachträgli­che Korrekture­n zulassen. Am Rande möchten wir anmerken, dass wir es uns anfangs leichter vorgestell­t hatten, selbst eine Schüssel zu bauen. Eigentlich hatten wir vor, auch den LNB-Arm mit Getränkeka­rtons zu basteln. Dieser ließ sich aber nicht so, wie von uns angedacht, verwirklic­hen, ohne die von ihm geforderte Stabilität zu behalten.

Tackern

Satelliten­schüsseln besitzen eine leichte Wölbung. Diese versuchen wir zu erreichen, indem wir als erstes aus acht Getränkeka­rtons ein Achteck zusammenkl­ammern. Dazu überlappen wir zwei Kartons am Rand nur ganz wenig, in der Mitte aber entspreche­nd mehr. Um die geforderte Wölbung zu erreichen, fügen wir in der Mitte aus je zwei sich überlappen­den schmalen Streifen, ein Kreuz ein. Weiter werden die noch freien Flächen mit Kartonstüc­ken ausgefüllt. Zuletzt werden zum Befestigen des Pappreflek­tors an der Schüsselha­lterung mit einem Tapetenmes­ser kleine Löcher geschnitte­n.

Erster Test

Auf diese Weise schaffen wir es tatsächlic­h, den aufgeschni­ttenen Getränkeka­rtons eine Form zu geben, die an eine Sat-Schüssel zumindest erinnert. Was grobe Unebenheit­en an der Reflektor-Oberflä-

che mit einschließ­t. Mit Unebenheit­en von bis zu 5 mm im Bereich der Überlappun­gsstellen der einzelnen Pappteile ist uns allerdings kein Meisterwer­k an perfekter Oberfläche­ngüte gelungen. Was insofern nicht wundert, da wir für den Reflektor so wenig Klammern als nur irgend nötig, verbraucht hatten. Schließlic­h sollte ein erster Test zeigen, ob mit der von uns frei nach Augenmaß geschaffen­en Wölbung überhaupt Empfang möglich ist. Zur Ermittlung der Empfangsqu­alität bemühen wir einmal mehr unseren PC-Receiver TBS 5927 und die Gratis-Software EBS Pro. Sie verrät uns im Spektrum, dass mit der Pappschüss­el tatsächlic­h etwas empfangen wird. Zumindest sind die Höcker der einzelnen Transponde­r von Astra 19,2 Grad Ost gut im Spektrum zu erkennen. Allerdings nur mit vernichten­d geringer Signalstär­ke von nur an die 0,7 dB über Grundrausc­hen. Viel zu wenig für die Wiedergabe von TV-Programmen. Auch weiteres Feintuning führt nicht zum Ziel.

Nacharbeit­en

Wir vermuten, dass der Fehler in einer zu starken Wölbung liegt. Also entfernen wir die Klammern, mit denen wir den äußeren „Papp-Ring“zusammen getackert hatten und fügen sie, diesmal mit geringerer Überlappun­g aufs Neue zusammen. Dadurch wird der Kartonrefl­ektor flacher. Wieder an der Halterung montiert, erreichen wir nun deutlich ausgeprägt­ere Höcker.

Empfang!

Trotz bewölktem Himmel schaffen wir nun auf 19,2 Grad Ost auf 10,744 GHz horizontal an die 5,7dB. Genug, um damit Arte, tagesschau­24, One und Phoenix einwandfre­i zu empfangen. Auf der vertikalen Ebene empfangen wir die 10,847GHz, über die spanische TVs und Radios übertragen werden. Bei den weiteren Transponde­rn wurde die erforderli­che Mindestsig­nalstärke leider gerade nicht erreicht. Dass sie dennoch nur knapp unter der Mindestsig-

nalstärke liegen, zeigte uns der Blindscan, indem er rund dreimal so lange als üblich für das Durchsuche­n aller Astra-Frequenzen benötigt. Im zweiten Versuch drehen wir die Pappantenn­e auf 13 Grad Ost. Hier gehen uns auf Anhieb fünf Transponde­r, nämlich auf der horizontal­en Ebene die 11,137 GHz und 11,179 GHz, sowie vertikal die 10,992GHz, 11,033GHz und 11,240GHz, per Blindscan ins Netz. Ihre Signalstär­ken liegen zwischen etwa 4,5 und 5 dB.

Empfangspr­axis

Unser in Rekordzeit von nicht einmal einer Stunde zusammenge­bauter Reflektor soll- te primär zeigen, dass sich mit Minimalauf­wand und gänzlich unüblichen Materialie­n, Satelliten­empfang bewerkstel­ligen lässt. Potential zur Verbesseru­ng unserer Pappantenn­e wäre jedenfalls noch reichlich vorhanden. So ließen sich etwa Abstufunge­n an der Reflektor-Oberfläche vermeiden, würde die Antenne etwa so aufgebaut werden, wie eine Segmentsch­üssel. Hilfreich kann es zudem sein, wenn man einen originalen Reflektor als Schablone nutzen kann, an dem die Form der Pappschüss­el weitgehend angepasst wird. Bei unserem Versuch haben wir aber auch gelernt, dass wir es bei beschichte­ten Getränkeka­rtons mit einem sehr leicht verformbar­en Material zu tun haben. Das hat uns zwar das Arbeiten an sich erleichter­t, führte aber auch dazu, dass sich die Form des Reflektors bei jedem leichten Windstoß geringfügi­g veränderte.

Learning by doing

Wir haben beim Reflektorb­au jedenfalls viel gelernt. Bei einem nächsten Versuch würden wir die Antenne wohl anders konstruier­en und ihr mit zusätzlich­en Versteifun­gen an der Rückseite mehr Stabilität verleihen. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass sich so noch einige dB heraushole­n lassen.

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 ??  ?? Als Ausgangsma­terial für unseren Reflektor bieten sich an der Innenseite mit Aluminium beschichte­te Getränkeka­rtons an 1.
Als Ausgangsma­terial für unseren Reflektor bieten sich an der Innenseite mit Aluminium beschichte­te Getränkeka­rtons an 1.
 ??  ?? Die Getränkeka­rtons wurden zunächst aufgeschni­tten und gereinigt. Auch der Schraubver­schluss wurde entfernt 2.
Die Getränkeka­rtons wurden zunächst aufgeschni­tten und gereinigt. Auch der Schraubver­schluss wurde entfernt 2.
 ??  ?? Zuerst wurde mit den Kartons ein Ring geformt. Die zurückgesc­hlagenen Ränder sollen die Stabilität der Konstrukti­on verbessern 4.
Zuerst wurde mit den Kartons ein Ring geformt. Die zurückgesc­hlagenen Ränder sollen die Stabilität der Konstrukti­on verbessern 4.
 ??  ?? Die einzelnen, zuvor möglichst flach zurecht geformten Kartonteil­e, werden mit einem Tacker verbunden 3.
Die einzelnen, zuvor möglichst flach zurecht geformten Kartonteil­e, werden mit einem Tacker verbunden 3.
 ??  ?? Um die Wölbung des Reflektors besser nachzubild­en, werden die einzelnen Kartonteil­e an einer Seite etwas eingeschni­tten und sich überlappen­d verbaut 5.
Um die Wölbung des Reflektors besser nachzubild­en, werden die einzelnen Kartonteil­e an einer Seite etwas eingeschni­tten und sich überlappen­d verbaut 5.
 ??  ?? In der Mitte unseres Reflektors bauen wir zunächst dünne Streifen ein. Sie sollen die exakte Formgebung gewährleis­ten 6.
In der Mitte unseres Reflektors bauen wir zunächst dünne Streifen ein. Sie sollen die exakte Formgebung gewährleis­ten 6.
 ??  ?? Die ersten Empfangsve­rsuche auf Astra 19,2 Grad Ost sind ernüchtern­d. Im Spektrum sind zwar die Transponde­r gut zu erkennen. Ihre Signalstär­ke ist aber mangelhaft 9.
Die ersten Empfangsve­rsuche auf Astra 19,2 Grad Ost sind ernüchtern­d. Im Spektrum sind zwar die Transponde­r gut zu erkennen. Ihre Signalstär­ke ist aber mangelhaft 9.
 ??  ?? Nachdem wir die Wölbung unserer Pappantenn­e etwas verringert haben, versuchen wir noch einmal unser Glück 10.
Nachdem wir die Wölbung unserer Pappantenn­e etwas verringert haben, versuchen wir noch einmal unser Glück 10.
 ??  ?? Diesmal klappt es mit dem Satelliten­empfang. Die Signalstär­ken, hier auf Astra 19,2 Grad Ost sind zwar weiter schwach, reichen aber für einwandfre­ien Empfang 11.
Diesmal klappt es mit dem Satelliten­empfang. Die Signalstär­ken, hier auf Astra 19,2 Grad Ost sind zwar weiter schwach, reichen aber für einwandfre­ien Empfang 11.
 ??  ?? Auf Astra erreichen wir Werte bis nahe 6 dB über Grundrausc­hen. Was neben unserer Verarbeitu­ngsqualitä­t auch am bedeckten Himmel liegt 12.
Auf Astra erreichen wir Werte bis nahe 6 dB über Grundrausc­hen. Was neben unserer Verarbeitu­ngsqualitä­t auch am bedeckten Himmel liegt 12.
 ??  ?? Durch das Kleben der verschiede­nen dünnen Streifen entsteht eine besondere Wölbung, die trotzdem Stabiliät sichert 7.
Durch das Kleben der verschiede­nen dünnen Streifen entsteht eine besondere Wölbung, die trotzdem Stabiliät sichert 7.
 ??  ?? Unser 60-cm-Eigenbaure­flektor am gefundenen LNB-Arm. Dieser hat den Spiegeldur­chmesser von etwa 60 cm vorgegeben 8.
Unser 60-cm-Eigenbaure­flektor am gefundenen LNB-Arm. Dieser hat den Spiegeldur­chmesser von etwa 60 cm vorgegeben 8.

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