Digitalreceiver für jeden Zweck
Diesmal haben wir zwei Linux-Receiver, den ersten Empfänger für Freenet TV über Satellit und den „kleinen“Mediareceiver für EntertainTV im Test
Genau genommen beherbergt der Axas HIS 4K Combo+ zwei Geräte in einem: Einen flotten Enigma2-Digitalreceiver mit UHD-Empfang und einen Mediaplayer auf Basis von Android, der ebenfalls lineares Fernsehen wahlweise über Satellit, Kabel oder DVB-T2 empfangen kann. Ob dieses Kunststück gelingt, haben wir ausführlich getestet.
Der eine oder andere Leser wird vermutlich beim Bild des Receivers an einen Irrtum gedacht haben, denn in der letzten Ausgabe hatten wir ebenfalls von Axas einen Enigma2-Receiver getestet, der diesem Gerät täuschend ähnlich sieht. Tatsächlich gleichen sich die Receiver wie ein Ei dem anderen, wäre da nicht das kleine „+“hinter dem Gerätenamen. Tatsächlich sind beide Geräte nahezu baugleich, nur dass unser heutiges Testgerät neben Enigma2 auch noch Android als Betriebssystem an Bord hat.Zwei verschiedene Firmwareversionen
in einem Gerät sind an sich nichts Besonderes. Schon zu Zeiten der d-box gab es entsprechend modifizierte Geräte. Anfangs musste noch zwischen zwei EEprom mechanisch über einen außen angebrachten Schalter umgeschaltet werden. Später kamen dann auch reine Softwarelösungen zum Wechsel des Betriebssystems zum Einsatz. Beim Axas wählt der Nutzer bereits im Bootmenü, ob die Box mit Android oder Enigma2 starten soll. Natürlich geht das Ganze auf die Kosten der Bootzeit, denn immerhin wird das Auswahlmenü für 10 Sekunden
eingeblendet. Erfolgt bis dahin keine Auswahl, startet das Gerät mit dem zuletzt genutzten Betriebssystem.
Android-Betriebssystem
Da der Axas bis auf Android absolut baugleich mit dem Gerät aus der letzten Ausgabe ist, werden wir uns in diesem Test ausschließlich auf das Android-Betriebssystem konzentrieren. Da aus unserer Sicht Android nur ein Extra bzw. ein Mediaplayer ist, fließen die Funktionen in der Auswertung allerdings nur in die Wertung Multimedia ein. Zwar gibt es auch
unter Android eine TV-Funktion, diese ist aber insgesamt den Funktionen von Enigma2 noch deutlich unterlegen. Wer sich hier nochmal informieren möchte, dem sei die Ausgabe der DIGITAL FERNSEHEN 10/2018 ab Seite 28 empfohlen.
Installation
Eine Ersteinrichtung unter Android gibt es nicht. Stattdessen startet die Box komplett bis ins Hauptmenü hoch und ist ab Werk noch auf Englisch gestellt. Das Wechseln auf Deutsch funktioniert aber schnell und intuitiv über die Systemeinstellungen. Hier kann bei Bedarf auch ein drahtloses Netzwerk eingerichtet werden, falls die Box nicht über LAN mit dem Internet verbunden ist. Grundsätzlich gilt: Ein Anschluss an das Netz unter Android ist auf jeden Fall zu empfehlen, denn nur so können die Funktionen auch vollständig genutzt werden. Zum Einsatz kommt hier ein recht aktuelles Android in der Version 7 Nougat, das als Android TV speziell für Mediaplayer optimiert wurde. Außerdem sollte noch die Zeitzone korrekt eingestellt werden, da sonst die Uhrzeit nicht stimmt.
Hauptmenü
Das Startmenü erinnert ein wenig an die Menüführung vom Fire TV. So werden einige Videos von Youtube zum Anschauen angeboten. Darunter sind etwas kleiner die voreingestellten Apps zu finden, unter anderem auch LiveTV. Dahinter verbirgt sich wie vermutet eine App zum Empfang von linearem TV über die eingebauten Tuner. Auch eine vom Fire TV bekannte Sprachfunktion zum Beispiel zur Suche von Medieninhalten gibt es. Problem dabei: Die Fernbedienung verfügt über kein eingebautes Mikrofon, weshalb wir die Sprachsteuerung mit dem Axas auch nicht testen konnten. Eine kleine Auswahl weiterer Apps ist ebenfalls vorinstalliert, darunter auch der Streaminganbieter Netflix, Youtube sowie Google Play Filme, Musik und Spiele. Weitere Apps lassen sich über den ebenfalls installierten Playstore von Google nachladen.
Google Playstore
Wie üblich lässt sich der Playstore zum herunterladen von Apps nutzen. Hierzu ist allerdings ein Google Konto und eine Anmeldung erforderlich. Im Gerät selbst fanden wir allerdings keine Möglichkeit, ein neues Konto einzurichten. Deshalb erstellten wir das Konto zunächst am PC und loggten uns anschließend mit den Daten ein. Das ist etwas umständlich, allerdings wäre das Anmelden mit der Fernbedienung ohnehin nicht besonders komfortabel. Apropos Fernbedienung: Diese kann auch mit einem Maussymbol aufwarten. Wird diese gedrückt, hat man einen Steuerpfeil zur Verfügung und kann auch Apps steuern, die sonst nicht mit der Fernbedienung nutzbar sind. Eine echte Alternative zu einer Maus ist die Bedienung mit den Pfeiltasten allerdings nicht.
App-Auswahl
Wer im Playstore eine ähnlich große Auswahl wie auf dem Smartphone hofft, wird allerdings etwas enttäuscht. Auf den ersten Blick bietet Amazon nur eine handvoll kompatible Medienapps sowie Spiele zum Installieren an. Zwar gibt es eine Suchfunktion, doch auch hier werden nur die bereits im Hauptmenü angebotenen Apps gefunden. So gab es beispielsweise bei der Suche nach Waipu, Instant Video oder erwartungsgemäß Sky keine Treffer. Immerhin sind die Streamingdienste Netflix, Magine und auch Maxdome verfügbar. Daneben gibt es zahlreiche Mediatheken und auch die Möglichkeit, den komplexen Mediaplayer Kodi zu installieren. Insgesamt betrachtet doch eine recht anständige Auswahl.Trotz Bedenken, Android TV lässt sich letztlich doch recht komfortabel mit der Fernbedienung steuern. Zumindest dann, wenn man nicht surfen will, sondern nur die TV-optimierten Apps nutzt. Besonders erfreut waren wir über Netflix. Die App funktioniert nämlich sehr gut auf dem Gerät und bietet an entsprechenden Fernsehern sogar Medien in UHD-Auflösung und HDR an. Auch andere Apps laufen gut und stabil auf dem Axas, so dass Android tatsächlich eine sinnvolle Ergänzung von Enigma2 ist, wo bekanntlich die meisten Streamingdienste nicht funktionieren. Und bei Bedarf kann man unter Android sogar fernsehen, wenn auch nicht so komfortabel wie mit Enigma2.
TV-Funktionen
Der Schlüssel zum linearen Fernsehen ist die App Live TV. Wird diese gestartet, greift Android auf die eingebauten Tuner zu und kann somit unverschlüsselte Sender sowohl über Satellit, Kabel als auch DVB-T2 empfangen. Die Bedienung fällt auch hier nicht schwer, da die Menüs selbsterklärend sind. Zunächst muss hier erst einmal die Antenne eingerichtet und ein Suchlauf durchgeführt werden. Hier waren wir sehr überrascht, denn es werden zahlreiche Protokolle unterstützt. So lassen sich Multifeedanlagen und sogar Drehanlagen steuern, da DiSEqC 1.0, 1.1, 1.2 und sogar USALS unterstützt wird. Und auch an Unicable-Anlagen kann der Receiver genutzt werden. Die nächste Überraschung: Auch ein Blindscan ist möglich. Dies beweist, dass der Tuner grundsätzlich Blindscan beherrscht, aber der Treiber wohl unter Enigma2 nicht verfügbar ist, denn dort gibt es keinen Blindscan. Etwas ungewöhnlich ist die Einrichtung der Antenne unter DiSEqC 1.0 und 1.1. Normalerweise würde man hier den Port auswählen und dann den entsprechenden Satelliten hinzufügen. Hier ist es aber genau umgedreht: Man sucht zunächst den passenden Satelliten und
ordnet diesem einen Port zu. Auch beim Suchlauf sind wir etwas verwirrt. Die App kann nämlich nicht mehrere Satelliten in einem Rutsch absuchen, sondern jeder Satellit muss einzeln abgesucht werden. Und hier bekommen wir jedes Mal eine Meldung, dass beim Suchlauf alle Sender gelöscht würden. Das macht aber keinen Sinn, wir wollen ja Multifeed-Empfang einrichten. Doch es stellt sich heraus, dass die Kanalliste des anderen Satelliten nicht gelöscht wird und sich die Meldung nur auf den zu suchenden Satelliten bezieht.
Kanalliste
Gefundene Sender landen unsortiert in der Kanalliste. Verwirrend: Der Receiver beginnt statt mit der Kanalnummer 1 mit der 2001. Das macht nur begrenzt Sinn, denn so müssen immer vier Ziffern zur Direktwahl des Senders auf der Fernbedienung eingegeben werden. Probleme bereitete uns die Verwaltung von Favoriten. Es gibt zwar eine Favoritentaste, diese erlaubt aber nur das Filtern der Kanalliste zum Beispiel nach Satellit, HD-Sendern oder verschlüsselten und unverschlüsselten Sendern, das Anlegen eigener Favoriten klappte im Test aber nicht. Zwar gibt es eine Taste, mit der man diese einrichten könnte, ein Druck darauf führt aber stets zum Absturz der App. Das Sortieren der Kanalliste ist leider auch nicht möglich, es können nur Sender gelöscht, gesperrt oder umbenannt werden.
EPG
Hier gibt es nichts zu meckern. Die App bietet sowohl einen Multikanal- als auch einen Einzel-EPG. Aber auch hier gibt es ein kleines Problem: Die EPG-Beschreibung in der Einzelkanalvorschau ist nicht vollständig lesbar, da diese von der Menüleiste überdeckt wird und wir fanden auch keine Möglichkeit, den Text vollständig anzeigen zu lassen. Hier lassen sich auch Timer anlegen, die zur Sendung auf das Programm umschalten. Aufnahmen sind unter Android allerdings nicht möglich, hierzu muss wieder auf Enigma2 umgeschaltet werden.
DVB-T2 HD
Wir haben uns auch den Empfang von DVB-T2 angeschaut. Auch das funktioniert problemlos. Hier waren wir sehr überrascht, wie präzise sich der Empfang einstellen lässt. So kann beim terrestrischen Suchlauf nicht nur das Land, sondern sogar das Bundesland ausgewählt werden. Beim Suchlauf wurden dann auch örtlich vorhandenen Sender gefunden und in der Gesamtliste abgelegt. Zur bessern Navigation schalteten wir anschließend den Filter so ein, dass die DVB-T2-Sender angezeigt werden. Auch hier zeigt sich die App als insgesamt doch recht brauchbar zur Wiedergabe der Sender. Ein Sortieren ist aber aus bereits genannten Gründen nicht möglich und auch auf HbbTV als Komfortfunktion muss der Nutzer leider verzichten. Fernsehen ist also auch unter Android möglich, aber im Vergleich zu Enigma2 muss (noch) auf zahlreiche Komfortfunktionen verzichtet werden.
Im Betrieb
Bis auf die Unzulänglichkeiten im TV-Betrieb funktioniert Android insgesamt erstaunlich gut auf der Box. Besonders erfreut waren wir natürlich, dass eine voll praxistaugliche App von Netflix auf der Box vorhanden ist und auch wie gewünscht funktioniert. Auch die anderen Apps funktionieren gut und sind dank der Optimierung für die Fernbedienung gut bedienbar. Natürlich müssen die Nutzer hier nach wie vor noch auf viele Dienste verzichten und hoffen, dass Android TV sich auf breiter Front durchsetzt.
Fazit/Hinweis zum Test
Wichtig zu wissen: Die Tabelle berücksichtigt die TV-Funktionen der Box unter Enigma2, da wir dieses Betriebssystem eindeutig zum TV-Empfang favorisieren. Da wir im Text nur auf die Android-Funktionen eingehen, empfehlen wir jedem Leser, auch den Test zu Enigma2 in der DIGITAL FERNSEHEN 10/2018 ab Seite 28 zu beachten. Unter Android macht der Receiver aber insgesamt auch eine gute Figur. Insbesondere die Streamingmöglichkeiten haben uns gefallen. Auch besteht die Möglichkeit, als komplexen Mediaplayer Kodi zu installieren. Auch unter Kodi gibt es übrigens die Möglichkeit, die Tuner einzubinden und lineares Fernsehen zu empfangen. Dies zu beschreiben, würde den Platz in diesem Test aber sprengen. Was die TV-Funktionen angeht, so kann Android durchaus genutzt werden, um mal schnell auf einen Sender zu Zappen. Wer komfortabler Fernsehen möchte, startet das Gerät aber besser unter Enigma2. Generell raten wir zudem eher ab, die TV-Funktion unter Android mit komplexexen Empfangssystemen wie Drehanlagen oder ähnlichem zu nutzen. Hier sollte besser weiterhin Enigma2 eingesetzt werden, dort sind die Funktionen und die Bedienung im Vergleich deutlich ausgereifter.