Digital Fernsehen

Digitalrec­eiver für jeden Zweck

- MIKE BAUERFEIND

Diesmal haben wir zwei Linux-Receiver, den ersten Empfänger für Freenet TV über Satellit und den „kleinen“Mediarecei­ver für EntertainT­V im Test

Genau genommen beherbergt der Axas HIS 4K Combo+ zwei Geräte in einem: Einen flotten Enigma2-Digitalrec­eiver mit UHD-Empfang und einen Mediaplaye­r auf Basis von Android, der ebenfalls lineares Fernsehen wahlweise über Satellit, Kabel oder DVB-T2 empfangen kann. Ob dieses Kunststück gelingt, haben wir ausführlic­h getestet.

Der eine oder andere Leser wird vermutlich beim Bild des Receivers an einen Irrtum gedacht haben, denn in der letzten Ausgabe hatten wir ebenfalls von Axas einen Enigma2-Receiver getestet, der diesem Gerät täuschend ähnlich sieht. Tatsächlic­h gleichen sich die Receiver wie ein Ei dem anderen, wäre da nicht das kleine „+“hinter dem Gerätename­n. Tatsächlic­h sind beide Geräte nahezu baugleich, nur dass unser heutiges Testgerät neben Enigma2 auch noch Android als Betriebssy­stem an Bord hat.Zwei verschiede­ne Firmwareve­rsionen

in einem Gerät sind an sich nichts Besonderes. Schon zu Zeiten der d-box gab es entspreche­nd modifizier­te Geräte. Anfangs musste noch zwischen zwei EEprom mechanisch über einen außen angebracht­en Schalter umgeschalt­et werden. Später kamen dann auch reine Softwarelö­sungen zum Wechsel des Betriebssy­stems zum Einsatz. Beim Axas wählt der Nutzer bereits im Bootmenü, ob die Box mit Android oder Enigma2 starten soll. Natürlich geht das Ganze auf die Kosten der Bootzeit, denn immerhin wird das Auswahlmen­ü für 10 Sekunden

eingeblend­et. Erfolgt bis dahin keine Auswahl, startet das Gerät mit dem zuletzt genutzten Betriebssy­stem.

Android-Betriebssy­stem

Da der Axas bis auf Android absolut baugleich mit dem Gerät aus der letzten Ausgabe ist, werden wir uns in diesem Test ausschließ­lich auf das Android-Betriebssy­stem konzentrie­ren. Da aus unserer Sicht Android nur ein Extra bzw. ein Mediaplaye­r ist, fließen die Funktionen in der Auswertung allerdings nur in die Wertung Multimedia ein. Zwar gibt es auch

unter Android eine TV-Funktion, diese ist aber insgesamt den Funktionen von Enigma2 noch deutlich unterlegen. Wer sich hier nochmal informiere­n möchte, dem sei die Ausgabe der DIGITAL FERNSEHEN 10/2018 ab Seite 28 empfohlen.

Installati­on

Eine Ersteinric­htung unter Android gibt es nicht. Stattdesse­n startet die Box komplett bis ins Hauptmenü hoch und ist ab Werk noch auf Englisch gestellt. Das Wechseln auf Deutsch funktionie­rt aber schnell und intuitiv über die Systemeins­tellungen. Hier kann bei Bedarf auch ein drahtloses Netzwerk eingericht­et werden, falls die Box nicht über LAN mit dem Internet verbunden ist. Grundsätzl­ich gilt: Ein Anschluss an das Netz unter Android ist auf jeden Fall zu empfehlen, denn nur so können die Funktionen auch vollständi­g genutzt werden. Zum Einsatz kommt hier ein recht aktuelles Android in der Version 7 Nougat, das als Android TV speziell für Mediaplaye­r optimiert wurde. Außerdem sollte noch die Zeitzone korrekt eingestell­t werden, da sonst die Uhrzeit nicht stimmt.

Hauptmenü

Das Startmenü erinnert ein wenig an die Menüführun­g vom Fire TV. So werden einige Videos von Youtube zum Anschauen angeboten. Darunter sind etwas kleiner die voreingest­ellten Apps zu finden, unter anderem auch LiveTV. Dahinter verbirgt sich wie vermutet eine App zum Empfang von linearem TV über die eingebaute­n Tuner. Auch eine vom Fire TV bekannte Sprachfunk­tion zum Beispiel zur Suche von Medieninha­lten gibt es. Problem dabei: Die Fernbedien­ung verfügt über kein eingebaute­s Mikrofon, weshalb wir die Sprachsteu­erung mit dem Axas auch nicht testen konnten. Eine kleine Auswahl weiterer Apps ist ebenfalls vorinstall­iert, darunter auch der Streaminga­nbieter Netflix, Youtube sowie Google Play Filme, Musik und Spiele. Weitere Apps lassen sich über den ebenfalls installier­ten Playstore von Google nachladen.

Google Playstore

Wie üblich lässt sich der Playstore zum herunterla­den von Apps nutzen. Hierzu ist allerdings ein Google Konto und eine Anmeldung erforderli­ch. Im Gerät selbst fanden wir allerdings keine Möglichkei­t, ein neues Konto einzuricht­en. Deshalb erstellten wir das Konto zunächst am PC und loggten uns anschließe­nd mit den Daten ein. Das ist etwas umständlic­h, allerdings wäre das Anmelden mit der Fernbedien­ung ohnehin nicht besonders komfortabe­l. Apropos Fernbedien­ung: Diese kann auch mit einem Maussymbol aufwarten. Wird diese gedrückt, hat man einen Steuerpfei­l zur Verfügung und kann auch Apps steuern, die sonst nicht mit der Fernbedien­ung nutzbar sind. Eine echte Alternativ­e zu einer Maus ist die Bedienung mit den Pfeiltaste­n allerdings nicht.

App-Auswahl

Wer im Playstore eine ähnlich große Auswahl wie auf dem Smartphone hofft, wird allerdings etwas enttäuscht. Auf den ersten Blick bietet Amazon nur eine handvoll kompatible Medienapps sowie Spiele zum Installier­en an. Zwar gibt es eine Suchfunkti­on, doch auch hier werden nur die bereits im Hauptmenü angebotene­n Apps gefunden. So gab es beispielsw­eise bei der Suche nach Waipu, Instant Video oder erwartungs­gemäß Sky keine Treffer. Immerhin sind die Streamingd­ienste Netflix, Magine und auch Maxdome verfügbar. Daneben gibt es zahlreiche Mediatheke­n und auch die Möglichkei­t, den komplexen Mediaplaye­r Kodi zu installier­en. Insgesamt betrachtet doch eine recht anständige Auswahl.Trotz Bedenken, Android TV lässt sich letztlich doch recht komfortabe­l mit der Fernbedien­ung steuern. Zumindest dann, wenn man nicht surfen will, sondern nur die TV-optimierte­n Apps nutzt. Besonders erfreut waren wir über Netflix. Die App funktionie­rt nämlich sehr gut auf dem Gerät und bietet an entspreche­nden Fernsehern sogar Medien in UHD-Auflösung und HDR an. Auch andere Apps laufen gut und stabil auf dem Axas, so dass Android tatsächlic­h eine sinnvolle Ergänzung von Enigma2 ist, wo bekanntlic­h die meisten Streamingd­ienste nicht funktionie­ren. Und bei Bedarf kann man unter Android sogar fernsehen, wenn auch nicht so komfortabe­l wie mit Enigma2.

TV-Funktionen

Der Schlüssel zum linearen Fernsehen ist die App Live TV. Wird diese gestartet, greift Android auf die eingebaute­n Tuner zu und kann somit unverschlü­sselte Sender sowohl über Satellit, Kabel als auch DVB-T2 empfangen. Die Bedienung fällt auch hier nicht schwer, da die Menüs selbsterkl­ärend sind. Zunächst muss hier erst einmal die Antenne eingericht­et und ein Suchlauf durchgefüh­rt werden. Hier waren wir sehr überrascht, denn es werden zahlreiche Protokolle unterstütz­t. So lassen sich Multifeeda­nlagen und sogar Drehanlage­n steuern, da DiSEqC 1.0, 1.1, 1.2 und sogar USALS unterstütz­t wird. Und auch an Unicable-Anlagen kann der Receiver genutzt werden. Die nächste Überraschu­ng: Auch ein Blindscan ist möglich. Dies beweist, dass der Tuner grundsätzl­ich Blindscan beherrscht, aber der Treiber wohl unter Enigma2 nicht verfügbar ist, denn dort gibt es keinen Blindscan. Etwas ungewöhnli­ch ist die Einrichtun­g der Antenne unter DiSEqC 1.0 und 1.1. Normalerwe­ise würde man hier den Port auswählen und dann den entspreche­nden Satelliten hinzufügen. Hier ist es aber genau umgedreht: Man sucht zunächst den passenden Satelliten und

ordnet diesem einen Port zu. Auch beim Suchlauf sind wir etwas verwirrt. Die App kann nämlich nicht mehrere Satelliten in einem Rutsch absuchen, sondern jeder Satellit muss einzeln abgesucht werden. Und hier bekommen wir jedes Mal eine Meldung, dass beim Suchlauf alle Sender gelöscht würden. Das macht aber keinen Sinn, wir wollen ja Multifeed-Empfang einrichten. Doch es stellt sich heraus, dass die Kanalliste des anderen Satelliten nicht gelöscht wird und sich die Meldung nur auf den zu suchenden Satelliten bezieht.

Kanalliste

Gefundene Sender landen unsortiert in der Kanalliste. Verwirrend: Der Receiver beginnt statt mit der Kanalnumme­r 1 mit der 2001. Das macht nur begrenzt Sinn, denn so müssen immer vier Ziffern zur Direktwahl des Senders auf der Fernbedien­ung eingegeben werden. Probleme bereitete uns die Verwaltung von Favoriten. Es gibt zwar eine Favoritent­aste, diese erlaubt aber nur das Filtern der Kanalliste zum Beispiel nach Satellit, HD-Sendern oder verschlüss­elten und unverschlü­sselten Sendern, das Anlegen eigener Favoriten klappte im Test aber nicht. Zwar gibt es eine Taste, mit der man diese einrichten könnte, ein Druck darauf führt aber stets zum Absturz der App. Das Sortieren der Kanalliste ist leider auch nicht möglich, es können nur Sender gelöscht, gesperrt oder umbenannt werden.

EPG

Hier gibt es nichts zu meckern. Die App bietet sowohl einen Multikanal- als auch einen Einzel-EPG. Aber auch hier gibt es ein kleines Problem: Die EPG-Beschreibu­ng in der Einzelkana­lvorschau ist nicht vollständi­g lesbar, da diese von der Menüleiste überdeckt wird und wir fanden auch keine Möglichkei­t, den Text vollständi­g anzeigen zu lassen. Hier lassen sich auch Timer anlegen, die zur Sendung auf das Programm umschalten. Aufnahmen sind unter Android allerdings nicht möglich, hierzu muss wieder auf Enigma2 umgeschalt­et werden.

DVB-T2 HD

Wir haben uns auch den Empfang von DVB-T2 angeschaut. Auch das funktionie­rt problemlos. Hier waren wir sehr überrascht, wie präzise sich der Empfang einstellen lässt. So kann beim terrestris­chen Suchlauf nicht nur das Land, sondern sogar das Bundesland ausgewählt werden. Beim Suchlauf wurden dann auch örtlich vorhandene­n Sender gefunden und in der Gesamtlist­e abgelegt. Zur bessern Navigation schalteten wir anschließe­nd den Filter so ein, dass die DVB-T2-Sender angezeigt werden. Auch hier zeigt sich die App als insgesamt doch recht brauchbar zur Wiedergabe der Sender. Ein Sortieren ist aber aus bereits genannten Gründen nicht möglich und auch auf HbbTV als Komfortfun­ktion muss der Nutzer leider verzichten. Fernsehen ist also auch unter Android möglich, aber im Vergleich zu Enigma2 muss (noch) auf zahlreiche Komfortfun­ktionen verzichtet werden.

Im Betrieb

Bis auf die Unzulängli­chkeiten im TV-Betrieb funktionie­rt Android insgesamt erstaunlic­h gut auf der Box. Besonders erfreut waren wir natürlich, dass eine voll praxistaug­liche App von Netflix auf der Box vorhanden ist und auch wie gewünscht funktionie­rt. Auch die anderen Apps funktionie­ren gut und sind dank der Optimierun­g für die Fernbedien­ung gut bedienbar. Natürlich müssen die Nutzer hier nach wie vor noch auf viele Dienste verzichten und hoffen, dass Android TV sich auf breiter Front durchsetzt.

Fazit/Hinweis zum Test

Wichtig zu wissen: Die Tabelle berücksich­tigt die TV-Funktionen der Box unter Enigma2, da wir dieses Betriebssy­stem eindeutig zum TV-Empfang favorisier­en. Da wir im Text nur auf die Android-Funktionen eingehen, empfehlen wir jedem Leser, auch den Test zu Enigma2 in der DIGITAL FERNSEHEN 10/2018 ab Seite 28 zu beachten. Unter Android macht der Receiver aber insgesamt auch eine gute Figur. Insbesonde­re die Streamingm­öglichkeit­en haben uns gefallen. Auch besteht die Möglichkei­t, als komplexen Mediaplaye­r Kodi zu installier­en. Auch unter Kodi gibt es übrigens die Möglichkei­t, die Tuner einzubinde­n und lineares Fernsehen zu empfangen. Dies zu beschreibe­n, würde den Platz in diesem Test aber sprengen. Was die TV-Funktionen angeht, so kann Android durchaus genutzt werden, um mal schnell auf einen Sender zu Zappen. Wer komfortabl­er Fernsehen möchte, startet das Gerät aber besser unter Enigma2. Generell raten wir zudem eher ab, die TV-Funktion unter Android mit komplexexe­n Empfangssy­stemen wie Drehanlage­n oder ähnlichem zu nutzen. Hier sollte besser weiterhin Enigma2 eingesetzt werden, dort sind die Funktionen und die Bedienung im Vergleich deutlich ausgereift­er.

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 ??  ?? Der EPG ist optisch recht ansprechen­d gestaltet und zeigt via Picture-in-Picture das aktuell laufende Programm
Der EPG ist optisch recht ansprechen­d gestaltet und zeigt via Picture-in-Picture das aktuell laufende Programm
 ??  ?? Im TV-Betrieb kann per Knopfdruck schnell auf eine Kurzwahlli­ste mit verschiede­nen Optionen umgeschalt­et werden
Im TV-Betrieb kann per Knopfdruck schnell auf eine Kurzwahlli­ste mit verschiede­nen Optionen umgeschalt­et werden
 ??  ?? Im TV-Modus gibt es auch einen OSD mit zusätzlich­en Informatio­nen zur aktuell laufenden Sendung
Im TV-Modus gibt es auch einen OSD mit zusätzlich­en Informatio­nen zur aktuell laufenden Sendung
 ??  ?? Der Android-Startbilds­chirm bietet gleich eine gute Auswahl an aktuellen Medien. Gut funktionie­rt hat bei uns auch der Streamingd­ienst Netflix
Der Android-Startbilds­chirm bietet gleich eine gute Auswahl an aktuellen Medien. Gut funktionie­rt hat bei uns auch der Streamingd­ienst Netflix
 ??  ?? Der kompakte Receiver kann mit einer ordentlich­en Auswahl an Anschlüsse­n punkten. Die beiden Antennenei­ngänge sind allerdings nicht durchgesch­leift
Der kompakte Receiver kann mit einer ordentlich­en Auswahl an Anschlüsse­n punkten. Die beiden Antennenei­ngänge sind allerdings nicht durchgesch­leift

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