Zu Besuch bei SES
Ein Ausflug in die Luxemburger Uplinkstation
Im vergangen Jahr wurde der in den neunziger jahren des letzten Jahrtausends gegründete Satelliten Beobachter Club (SBC) wiederbelebt. Ziel ist es, sich in regelmäßigen Abständen an interessanten Orten rund um das Thema Satelliten-Empfang zu treffen. In diesem Jahr reisten die Mitglieder des SBC gemeinsam nach Luxemburg.
Der Satelliten Beobachter Club (SBC) ist eine Gruppe begeisterter und engagierter Beobachter der Satellitenszene, so genannte Sat-DXer, aus allen Berufsrichtungen und Altersgruppen. Viele davon haben in der Zwischenzeit ihr Hobby auch zum Beruf gemacht. Der seit 1996 eingetragene Verein wurde 1992 von Christian Brenner gegründet. Nach
einer längeren Pause gibt es seit 2016 wieder jährliche Treffen. Nach Eutelsat Paris (2016) sowie Media Broadcast und Bibel TV in Hamburg (2017) stand dieses Jahr am 7. September eine Reise nach Luxemburg zu SES Astra sowie der Luxemburger RTL-Zentrale an.
Geschichte
Seit Ende der 80er-Jahre hat die Société Européenne des Satellites (SES), zu deutsch Europäische Satellitengesellschaft, in Luxemburg wie kein anders Unternehmen den Sat-Empfang in Europa geprägt und revolutioniert. Aus dem einstigen Astra 1A-Satelliten mit nur 16 analogen Transpondern wurde inzwischen eine weltweite Satellitenflotte auf zig Orbitpositionen. Über die 50 geostationären und 16 MEO-Satelliten können derzeit mehr als 7 700 TV-Sender über 350 Millionen TV-Haushalte rund um den Globus erreichen. Davon befinden
sich 167 Millionen Haushalte in Europa. Steve Bisenius (Vice President Sales Engineering, SES) sowie Thomas Wrede (Vice President New Technology & Standards Media Platforms, SES Video) empfingen die SBC-Mitglieder im Château de Betzdorf, der SES-Zentrale. Dieses Schloss war bis 1964 Residenz der erbgroßherzoglichen Familie. Heute steckt in den Gemäuern Hochfrequenztechnik pur, auf den Außenflächen stehen Hunderte von Satellitenantennen, die teils senden, teils nur empfangen.
Aufgabengebiete
Steve Bisenius stellte die einzelnen Dienstleistungen vor, die die SES inzwischen erbringt. Radio- und Fernsehsignale dominieren zwar aktuell noch, doch der Bedarf auch andere Signale via Satellit zu verbreiten wächst rasant. Das „Buzzword“hierzu ist „O3b-Dienste“, also Signale für die anderen 3 Milliarden
Menschen („other 3 billion“), die aktuell über keinen breitbandigen Internetanschluss verfügen. Hierfür hat die SES das gleichnamige Tochterunternehmen O3b Networks in Großbritannien gegründet. Diese MEO-Satelliten befinden sich nicht wie die TV-Satelliten in der geostationären Umlaufbahn, sondern in eine etwa 7825km hohen Umlaufbahn direkt über dem Äquator.
UHD bei SES
Thomas Wrede ging mehr auf die schon vorhandenen und künftigen UHD-Programme via Satellit ein. Trotz HEVC-Codierung braucht ein UHD-Programm aktuell ca. 16–25 Mbit/s Übertragungskapazität via Satellit. Ein kostenintensiver Parallelbetrieb für die TV-Sender, die dadurch keinen einzigen Zuschauer hinzugewinnen. Laut Wrede macht UHD nur Sinn, wenn die TV-Signale auch mit High Dynamic Range Informationen (HDR) zum erweiterten Farbraum ausgestrahlt werden. Leider gibt es hier verschiedene, zueinander nicht kompatible Varianten wie HDR 10, HDR 10 plus oder Dolby Vision. Anschließend holte der langjährige SES-Mitarbeiter Marcel Pettinger die Gäste zu einem Rundgang ab. Es ging vom Sendezentrum DINO (Digital Network Operations Center) zum SOC (Satellite Operational Centre) und GOC (Ground Operations Centre). Der Sendebetrieb ist inzwischen nahezu komplett automatisiert, Server überwachen jedes Sendebit auf Korrektheit. Neben dem Hauptsitz in Luxemburg betreibt die SES am Münchner Standort Unterföhring ein Playoutcenter samt Rechenzentrum, um noch näher bei seinen TV-Kunden zu sein.
RTL Besuch
An Nachmittag ging es weiter auf den Luxemburger Kirchberg, wo seit Urzeiten die RTL-Programme unter der Adresse „Boulevard Pierre Frieden“zuhause sind. Die RTL Group SA ist mit zirka 57 Fernsehund 31 Radiosendern Europas größter Betreiber von werbefinanziertem Privatfernsehen und Privatradio. Das vor einigen Jahren neu errichtete Gebäude heißt deshalb auch RTL City, und beeindruckte durch seine klare Strukturiertheit. Innerhalb kürzester Zeit könnten hier neue Radiooder TV-Sender an den Start gehen. Die ganze Technik wird durch das Unternehmen bce, der Kurzform für Broadcasting Center Europe, realisiert. Allein für diese Firma arbeiten über 200 Leute. Dort werden z.B: die RTL-Programme für Ungarn sowie für Holland fertig zusammengestellt, auch wenn die Live-Einspielungen direkt aus den einzelnen Ländern zugeliefert werden. bce bietet die drei Schwerpunkte Media Services, Systemintegration und Software Solutions an, Fernsehen, Radio, Streaming, TV-Produktion, Postproduktion, Telekommunikation und IT ist das Tagesgeschäft. Andreas Fleuter, Technical Infrastructure & SLA Director bei BCE, führte die SBC-Mitglieder durchs Haus.Insbesondere für das Luxemburger Programm RTL Letzeburg gibt es auch zahlreiche Studios in dem Hochhaus. Im gleichen Studio gibt es Kulissen für verschiedene Sendungen. Die Kameras der Nachrichtensendung werden inzwischen alle von der Bildregie aus ferngesteuert. Damit sich die Kameras im Raum immer orientieren können, sind an verschiedenen Stellen an den Wänden Orientierungsmarken angebracht.
Sportsender
Auch das Playout der neuen französischen Sport-Pay-TV-Pakete RMC Sport
1-4 erfolgt nun in diesem Haus, bce hatte hierfür den Dienstleistungsauftrag erhalten. Von dem einstigen beliebten deutschsprachigen Radioprogramm ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben. Das an der Grenze zu Deutschland ausgestrahlte deutsche Lokalprogramm kommt größtenteils automatisiert aus dem Computer, das vor allem aus dem deutschen Kabel bekannte RTL Radio wird heute in Berlin zusammengestellt.
Feedübertragungen
In dem Gebäude befindet sich auch die ENEX, die European News Exchange S. A., die quasi der Gegenpool der Privatsender zur Eurovision der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ist. Hier können RTL- und auch Nicht-RTL-Sender aus ganz Europa News-Beiträge austauschen. bce gilt als Vorreiter in Europa für den IP-basierten Sendebetrieb. Wo früher SDI-Kabel die Signale transportierten, wurde in dem Neubau gleich auf IP-Glasfaserkabel gesetzt. Ein Wechsel von HD auf UHD ist so überschaubar durchzuführen, da lediglich die aktiven Komponenten aktualisiert werden müssen.
Ausklang einer Reise
Nach den beiden Tagesterminen ging es für die SBC-Mitglieder noch zu einer ausführlichen Stadtführung durch die bergige City von Luxemburg. Auch für kommendes Jahr ist im September wieder eine gemeinsame Reise wahrscheinlich ins europäische Ausland geplant. Mitglied im SBC kann jeder werden, das gemeinsame Hobby ist das Thema. Es werden keine Gebühren oder Jahresbeiträge erhoben. Interessierte Personen oder Firmen benötigen für den Aufnahmeantrag die Patenschaft eines bestehenden Mitgliedes, was aber kein Problem darstellen sollte. Die Aufnahme in den Verein erfolgt dann nach schriftlichem Aufnahmeantrag durch Beschluss des Vorstands.