Alte Schallplatten und Kassetten digitalisieren
Kassetten- und Videorekorder erlaubten uns bereits vor Jahrzehnten, selbst Musik und TV-Sendungen aufzuzeichnen. Wir sind der Frage nachgegangen, wie gut die Qualität alter Aufnahmen heute noch ist.
Schnell zeigte sich während unserer Tests, dass die Problematik weitaus umfangreicher, als von uns angenommen ist. Geht es doch darum, historische Mitschnitte nicht nur zu bewahren, sondern sie auch nutzbar zu halten.
Videosysteme
Anders als bei der Kompaktkassette, bescherte uns der Videorekorder zahlreiche, untereinander nicht kompatible Systeme. Bereits während der 1960er wurden für den Hausgebrauch Videorekorder mit offenen Spulen angeboten. Wegen ihres astronomisch hohen Preises haben sie aber kaum Käufer gefunden. Ähnlich „erfolgreich“war während der frühen 1970er das VCR-System, das Kassetten mit übereinander angeordneten Bandspulen nutzte. Dieselben Kassetten fanden auch in den Nachfolgesystemen VCR-LP und SVR Verwendung. Die Systeme setzten sich alleine deshalb schon nicht durch, weil die Kassetten, aber auch die Rekorder extrem störanfällig waren. Das japanische Betamax kam 1978 zu uns. Es nutzte, wie auch alle weiteren Videosysteme, Kassetten mit nebeneinander angeordneten Bandwickeln. Wegen
der relativ kleinen Kassetten lag die maximale Aufnahmedauer bei 3 Stunden 35 Minuten. Betamax begeisterte damals durch seine im Vergleich zu VHS besseren Bildqualität. Betamax wurde mehrmals weiterentwickelt. Superbeta und ED-Beta erforderten jeweils eigene Videorekorder, boten aber noch bessere Bildqualität. Das VHS-System kam etwa zeitgleich auf den Markt, überzeugte von Beginn an aber mit längerer Spielzeit. Sie lag mit den erst später eingeführten E300-Kassetten bei mindestens 5 Stunden. Etwas später folgten Geräte mit einer zweiten Geschwindigkeit (Longplay) und 10 Stunden Aufnahmekapazität. Gegen Ende der VHS-Ära folgten sogar noch Geräte mit Superlongplay, einem 15-Stunden-Kriechgang. Zur VHS-Familie gesellten sich Super-VHS und DVHS (digital) mit jeweils verbesserter Wiedergabequalität. Ferner kamen für Videokameras die VHS-C- und SVHS-C-Minikassette heraus. VHS hatte sich im Laufe der Zeit gegenüber allen anderen Videosystemen durchsetzen können. Was alleine seinem guten Marketing zu verdanken ist, denn VHS war im Vergleich zu den meisten anderen Videosystemen, so ziemlich das schlechteste. 1979 folgte mit Video 2000 das
nächste Videoformat. Es arbeitete als einziges mit einer Wendekassette, so wie wir sie vom Audio-Kassettenrekorder kennen. Die maximale Aufnahmedauer lag bei 2×4 Stunden und später mit der V2000-LP-Variante, bei 2 × 8 Stunden. Weitere Videosysteme wurden speziell für Videokameras entwickelt. Ihre Kassetten mussten demnach besonders klein sein. Neben dem bereits erwähnten VHS-C, bescherten uns die Konzerne der Unterhaltungselektronik die Videosysteme CVC (1980) mit maximal 45 Minuten Aufnahmedauer, Video 8 (1985), Hi8 (1989) und Digital 8, die jeweils auf dieselbe Kassette in der Größe einer Audiokassette arbeiteten. Damit waren in Standardgeschwindigkeit bis zu 2 und in Longplay bis zu 4 Stunden möglich. 1994 kam schließlich das digitale MiniDV auf den Markt, dass etwa halb so große Kassetten nutzte und es auf bis zu 80 Minuten Aufnahmedauer in Standardgeschwindigkeit und 2 Stunden in Longplay brachte. Kaum bekannt ist, dass dieses Videoformat auch ein größeres Kassettenformat für stationäre Heimvideorekorder mit einer Spielzeit von bis zu 3 (4,5) Stunden, beinhaltete. Ab 2001 gab schließlich noch das MicroMV-Sys-
tem ein kurzes Gastspiel. Es nutzte um etwa 70 Prozent kleinere Kassetten als die des MiniDV-Formats und brachten es auf eine Aufnahmedauer von 60 Minuten. Das 2003 eingeführte HDV-System zeichnete auf MinDV-Tapes in HD auf.
Verwirrt?
Die Zeit von 1971 bis 2003 haben uns jedenfalls 21 Videosysteme beschert, die mit zehn verschiedenen Kassettenformaten arbeiteten. Das macht es natürlich nicht leicht, das passende Gerät zu einem bestimmten Band zu finden. Ganz schwierig wird es etwa, wenn man eine in Superlongplay aufgezeichnete VHS-Kassette hat. Diesen Kriechgang beherrschten nämlich nur ganz wenige Rekorder.
Alte Player und ihre Tücken
Die meisten von uns haben ihre Videorekorder schon längst in den Ruhestand geschickt und gut auf dem Speicher verstaut. Während sie vielleicht zehn, 15 oder noch mehr Jahre vor sich hingestanden haben, sind sie nicht besser geworden. So können etwa Kondensatoren ausgetrocknet oder Antriebsriemen spröde geworden sein. Dann ist da noch die Kopftrommel, die mit rund 1 500 Umdrehungen pro Minute mittels haardünner Videoköpfe die auf den Bändern gespeicherten Informationen auslesen. Sie sind typische Verschleißteile und können gegen Ende ihrer Tage die Bildqualität empfindlich beeinträchtigen. Drop Outs oder verrauschte Bilder deuten darauf hin. Selbst wenn ein Videorekorder noch einwandfrei funktioniert hatte, als er einst weggepackt wurde, muss das heute ganz und gar nicht mehr sein. So kann er etwa, nachdem er wieder Bekanntschaft mit der Steckdose gemacht hat, mit einem lauten PUFF, einen seiner Netzteilkondensatoren in, den Raum füllenden, Rauch aufgehen, oder einfach auf keine Steuerbefehle mehr reagieren. Womit das Gerät nicht mehr zu gebrauchen ist. Auch das vorzeitige Beenden der Wiedergabe ist möglich. Sogar bei Bildplattenspielern. All diese Beispiele sind nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern uns selbst während der Vorarbeiten zu diesem Artikel passiert. Die Frage ist also weniger, ob sich ein Band noch abspielen lässt, sondern, ob man noch ein Wiedergabegerät besitzt oder auftreiben kann, dass uns dies ermöglicht. So war es uns etwa nicht mehr möglich, unsere ältesten Videotapes, einmal Halbzollbänder auf offenen Spulen, weiter VCR-LP-Kassetten mit 45 bis 50 Jahre alten TV-Aufnahmen abzuspielen.
Zur Bildqualität
Audio- und Videobänder sind mit unzähligen Kleinstmagneten beschichtet, die durch den Aufnahmekopf entsprechend der zu speichernden Informationen ausgerichtet werden. Diese Ausrichtung ist jedoch nicht dauerhaft. Durch die Einwirkung äußerer Magnetfelder, wie etwa jenes der Erde oder durch nahe Lautsprechermagnete, werden die Partikel nach und nach einheitlich ausgerichtet. Man spricht auch von Selbstlöschungseffekt. Je älter ein Mitschnitt ist, umso mehr macht er sich bemerkbar. Am besten kann man ihn durch sachgerechte Lagerung einbremsen. Auch die Verwendung guten Bandmaterials und hochwertiger Aufzeichnungsgeräte macht sich bezahlt. Zugegeben, heute ist es nicht unbedingt einfach zu beurteilen, ob und wie stark die Bildqualität alter Videobänder im Vergleich zu ihrem Aufnahmedatum nachgelassen hat. Während der 1980er- und -90er-Jahre waren wir noch fest in der analogen Fernsehwelt in SD und 4:3-Format verankert. Heute sind wir dank HD und UHD ein um Welten besseres TVBild gewohnt. Unsere ältesten noch abspielbaren Videobänder stammen aus der Zeit um 1982. Womit sie bereits 36 Jahre alt sind. Eine Zeitspanne, die an unserem Video-2000-Videorekorder nicht spurlos vorübergegangen ist. Abgesehen von deutlichen Dopouts, wohl Zeichen einer altersschwachen Kopftrommel, empfanden wir die Bildqualität so, wie eh und je. Besonders auf einem noch gut funktionierenden, hochwertigen Röhrenfernseher hinterließ das Gesehene einen positiven Gesamteindruck.
Dieser wiederholte sich auch bei alten VHS-Mitschnitten aus dem Jahr 1988. Sie wurden auf einem Oberklassengerät in Longplay aufgenommen und überzeugten noch immer mit einer Qualität, bei der man auch heute noch einen Film ansehen würde. Also auch hier keine erkennbare Spur von einer altersbedingten Minderung der Bildqualität. Dem heutigen Qualitätsempfinden kommen allerdings SVHS-Aufnahmen, egal ob von 1990 oder 1999, schon deutlich mehr entgegen. Schließlich bietet SVHS eine horizontale Auflösung von bis zu 400 Linien. Beim normalen VHS sind es je nach Güte des Rekorders zwischen 240 und
270. Die besten Resultate erreicht man mit bereits digitalen miniDV- und DV-Mitschnitten. Dieses System zeichnete das TV-Bild quasi ohne Qualitätsverlust auf. Unsere DV-Tapes aus der Zeit ab 2000 überzeugten demnach durch mehr Schärfe und Brillanz.
Achtung vor Magneten!
Allerdings waren nicht alle von uns geprüften alten Videokassetten wirklich top. Einige, vor rund 25 Jahren bespielte Tapes kamen mit verwaschenen Farben und allgemein Matschbildern. Kann das echt sein, dass wir uns früher einen derartigen Schrott an Bildqualität angetan haben? Nein. Diese Bänder wurden in der Nähe einer Lautsprecherbox aufbewahrt. Das Magnetfeld der Lautsprecher hat bereits für eine Löschung aller Details im Bild gesorgt. Denselben Effekt kann man noch besser bei Autokassetten erleben. Nach zehn Jahren neben einem Lautsprecher können sie bereits so stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein, dass die auf ihnen enthaltene Musik nur noch leise aus dem Grundrauschen zu vernehmen ist. Außerdem fehlen alle Höhen. Der Sound von Mittelwellen-Radio kann im Vergleich zu solchen Kassettenaufnahmen bereits mit High-End-Qualität verglichen werden.
Audiokassetten
Die Kompaktkassette wurde 1963 eingeführt. Ab den späten 1960ern hat sie auf breiter Front das Tonbandgerät in den Haushalten abgelöst. Entsprechend alte Kassetten können sich auf unseren Speichern finden. Uns standen für unsere Testreihe zwei 1969 aufgenommene Bänder, sowie eine größere Anzahl der frühen 1970er zur Verfügung. Offen gestanden, wir waren absolut überrascht, welch tollen Sound diese 42 bis 49 Jahre alten Kassetten noch immer haben. Alleine schon deshalb, weil es damals noch gar keine Chrom-Kassetten für bessere Tonqualität gab. Die immer noch hohe Lautstärke, Dynamik und Frequenzgang zeigten uns aber auch, dass diese Kassetten mit hochwertigen Geräten aufgenommen wurden.
Tonbänder
Offene Spulentonbandgeräte haben sich, zumindest in Westdeutschland, ab den frühen 1950ern etabliert. Obwohl es sich bei ihnen um ein sehr altes Technik handelt, gibt es kaum ein anderes, selbst moderneres Aufnahmemedium, das an die Tonqualität eines Tonbands herankommt. Entscheidend ist dabei die Aufnahmegeschwindigkeit, die bei Heimgeräten 4,75, 9,5, 19 und bei großen HiFi-Maschinen, auch 38cm/s betragen konnte. Auf die Tonqualität wirkte sich auch aus, ob das Band in Viertel- oder Halbspur aufgenommen wurde. Was auch mit einschließt, dass längst nicht jedes Band auf jedem Gerät abgespielt werden kann. Die ältesten uns vorliegenden Tonbänder stammten aus den frühen 1960ern und sind somit deutlich über 50 Jahre alt. Leider müssen einige dieser Tapes recht schlechte Lagerbedingungen gehabt haben und klangen bereits erstaunlich dumpf. Bei einem anderen, relativ neuen Band, hatte sich bereits der Großteil der Magnetschicht von der dünnen Kunststofffolie gelöst. Die meisten hingegen überraschten uns mit einer derartigen Dynamik und naturgetreuen Wiedergabe, dass es uns beinahe vom Hocker gehoben hat.
VHS HiFi
Bei HiFi-Videorekordern wurde der Ton neben der qualitativ minderwertigen Längsspur auch unter den Bildinformationen im Schrägspurverfahren aufgezeichnet. Und zwar mit ausgezeichneter Dynamik und überwältigendem Frequenzgang. Deshalb nutzten HiFi-Freaks ihren Videorekorder als Alternative zum Kassettendeck oder der Tonbandmaschine. Wir haben auch solche, nur mit HiFi-Audio bespielte Videokassetten getestet. Trotz ihres Alters von bis zu 30 Jahren klangen sie so gut, wie eh und je.
CDs
Die CD wurde 1982 als digitaler Nachfolger der Schallplatte eingeführt. Bis in die frühen 1990er war immer wieder davon zu hören und zu lesen, dass die Lebensdauer einer Compact Disc ziemlich eingeschränkt sein soll. Von etwa zehn bis 15 Jahre war damals die Rede. Als potentiellen CD-Killer machte man damals den Aufdruck, direkt auf der Rückseite der hauchdünnen Datenträgerschicht verantwortlich. Die Farbstoffe seien zu aggressiv hieß es. Sie würden sich durch die Trägerschicht fressen und die Daten zerstören. Womit die kleinen Silberscheiben nicht mehr abspielbar wären. Grund genug für uns, unsere ältesten CDs, wie „Eine Alpensymphonie“von Richard Strauß, Erscheinungsjahr 1982, aus dem Archiv zu kramen und abzuspielen. Alle unsere alten CDs funktionierten von der
ersten bis zur letzten Sekunde anstandslos. Vielleicht waren einst diese düsteren Berichte von der Schallplattenindustrie initiiert worden?
Selbst gebrannte Rohlinge
Die ersten CD-Rekorder für den Heimgebrauch kamen 1995 auf den Markt. Anders als die damals schon verbreiteten CD- und DVD-Brenner in unseren Rechnern, hatten sie den Vorteil, dass sie CDs ausschließlich in Echtzeit brannten. Das dauerte zwar lange, führte aber auch dazu, dass die Discs von jedem noch so krummen Player akzeptiert und störungsfrei wiedergegeben wurden und bis heute werden. Unsere bis zu 20 Jahre alten selbst mit CD-Rekordern gebrannten CDs haben wir noch heute im normalen Einsatz. Ganz anders die Situation bei mit dem PC gebrannten Silberscheiben. Je schneller sie beschrieben wurden, umso häufiger wanderten sie direkt vom ersten Mal abspielen in den Mülleimer. Entweder wurden sie von den Playern erst gar nicht erkannt oder blieben immer wieder mal hängen. Für selbstgebrannte DVDs und Blu-rays gilt bis heute, dass sie nur auf allen Playern gut funktionieren, wenn sie mit der langsamst möglichen Brenngeschwindigkeit beschrieben werden. Doch das ist, besonders bei DVDs, jedoch nur die halbe Miete. Denn die Qualität der Rohlinge kann beachtlich variieren. Während frisch am PC oder einem DVD-Rekorder gebrannte DVDs, eigentlich immer laufen, können minderwertige Rohlinge schon nach einem Jahr mitunter nicht mal mehr erkannt werden. Diese Erfahrung mussten wir vor Jahren mit Rohlingen eines bekannten Markenherstellers machen. Andererseits besitzen wir sehr wohl auch über zehn Jahre alte selbst gebrannte DVDs, die auch heute anstandslos laufen. Eine verbindliche Aussage über die Lebensdauer von DVDs können wir deshalb nicht machen.