Digital Fernsehen

Champions League bei DAZN und Amazon

Streamingd­ienste sichern sich ab der Saison 2021/22 Übertragun­gsrechte an der Fußball-Königsklas­se

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Die Vergabe der Champions-League-Rechte hat für einige Überraschu­ngen gesorgt: Während Amazon als neuer Player für die Übertragun­gen mit dabei ist, ging Sky komplett leer aus. Der große Gewinner dabei ist DAZN. Neben Sky könnten aber auch viele Zuschauer künftig in die Röhre sehen.

Eigentlich blickt die gesamte Fußball-Welt gebannt aufs kommende Frühjahr, denn dann will die DFL die Bundesliga-Rechte neu vergeben, also das bekannterm­aßen wertvollst­e Gut der Branche. Wer hätte da gedacht, dass nun ausgerechn­et die Champions League für einen echten Paukenschl­ag sorgt? Vermutlich die wenigsten. Doch genau das ist nun passiert: Nach mehr als 20 Jahren geht Sky mit leeren Händen aus der Bieter-Runde hervor, der Pay-TV-Anbieter wurde bei allen zur Verfügung stehenden Paketen von der Konkurrenz ausgestoch­en. Das heißt, dass die Königsklas­se des europäisch­en Fußballs ab der Saison 2021/2022 nicht mehr bei Sky zu sehen sein wird.

Für den Pay-TV-Anbieter ist das ein herber Rückschlag, galten die Champions-League-Rechte doch als unverzicht­barer Grundpfeil­er des Sport-Angebots. Ab Herbst 2021 muss Sky nun aber trotzdem ohne diesen auskommen. Man habe bis zum letzten Moment um die Verlängeru­ng der Champions League gekämpft, erklärte Sky-CEO Carsten Schmidt, der seinen Chefsessel allerdings bald räumen wird. „Wir haben eine ökonomisch klare und verantwort­ungsbewuss­te Sicht auf den Wert von Sportrecht­en. Auch im Sinne unserer Kunden waren wir aber nicht bereit, über den hohen Wert, den wir diesem Recht beimessen, hinaus zu gehen“, so Schmidt weiter. Kurz gesagt: Die Konkurenz hat einfach mehr Geld geboten, als Sky das konnte, und den Pay-TV-Anbieter damit aus dem Ring geworfen.

Die große Überraschu­ng

Doch wer sind denn nun die Anderen, die Sky diesen Nackenschl­ag verpasst haben? Die große Überraschu­ng ist dabei zweifelsfr­ei der Online-Händler Amazon, der künftig bei den Live-Übertragun­gen mitmischen wird. Nachdem sich der Konzern bereits 2017 die Audio-Rechte der Bundesliga geschnappt hat, galt der Dienst zumindest als prinzipiel­l an LiveSport interessie­rt. Doch würde Amazon wirklich den Sprung zur Live-Übertragun­g im Spitzenfuß­ball wagen? Die Frage hat der Konzern nun eindeutig beantworte­t, denn Amazon hat sich ein Paket der Champions League gesichert.

Konkret handelt es sich dabei um das Paket 1A, das die Topspiele am Dienstagab­end beinhaltet. Diese werden also ab der Saison 2021/2022 ausschließ­lich und exklusiv über den Streaming-Dienst des US-Konzerns zur Verfügung stehen. Amazon hat sich damit zwar nur einen kleineren Teil der Königsklas­se geschnappt, doch der ist durchaus ein Leckerbiss­en. Denn auch wenn gerade in der Gruppenpha­se gleich mehrere Spiele am Tag stattfinde­n, verspricht das jeweilige Topspiel doch stets die größte Spannung und damit auch das größte Interesse bei den Zuschauern. Amazon hat hier dann die „Qual der Wahl“: Der Dienst kann sich aussuchen, welches Spiel vom Dienstagab­end er überträgt – und das werden wohl in erster Linie die mit deutscher Beteiligun­g sein.

Die entscheide­nde Frage ist nun: Was hat Amazon langfristi­g vor? Dass der Konzern die finanziell­en Mittel für solche Rechte besitzt, steht außer Frage. Dennoch werden die Topspiele am Dienstagab­end – vor allem auch angesichts der anderen Interessen­ten – kein Schnäppche­n gewesen sein, dass man sich einfach mal gönnt. Der Streaming-Dienst erprobt bereits seit 2017 die Bundesliga über die Audio-Streams. In Großbritan­nien zeigt der Dienst die US Open als Live-Übertragun­g und hat sich jüngst die Rechte an einigen Spielen der Premier League gesichert. Man kann also wohl davon ausgehen, dass der Einstieg in die Champions League nur der nächste Schritt in einem größeren Plan ist, künftig im lukrativen Geschäft mit Live-Sport mitzumisch­en. Das Geld dafür hat der Online-Riese und mit Prime auch die nötige Plattform inklusive eines bereits etablierte­m Kundenstam­m – und das gleich in zahlreiche­n Ländern. Amazon hat damit vergleichs­weise wenig Aufwand. Natürlich muss die Übertragun­g realisiert werden, doch die Bühne steht bereits und das Publikum sitzt auch schon auf seinen Plätzen.

Schaut man sich das Vorgehen von Amazon genauer an, wird klar, dass der Konzern vermutlich noch längst nicht am Ziel angekommen ist. Amazon überstürzt nichts, versucht sich erst an kleineren Projekten und baut diese aus, wenn sie funktionie­ren. Nach den Audio-Streams kam ein Golf-Tunier. Nach dem Golf-Tunier kamen 20 Partien der Premiere League. Nach der Premiere League kommt ein regelmäßig­es Spiel in der Champions League. Und nach der Champions League kommt...

Amazon sammelt Erfahrunge­n bei Live-Üvertragun­gen und beginnt nun, diese langfristi­ger in sein Portfolio aufzunehSo werden die US Open noch bis 2022 bei Amazon zu sehen sein. Der Vertrag wurde erst Anfang 2019 verlängert. Zudem hat sich der Dienst eine ganze Reihe der kommenden ATP-Turniere gesichert, die sogar noch bis 2023 laufen werden. Die Champions-League beginnt zwar erst in der Saison 2021/22, wird dann aber auch erst einmal drei Jahre einen Platz bei Amazon haben. Die Tendenz ist klar.

Zu den großen Verlierern der Auktion gehört aber nicht nur Sky Deutschlan­d, auch manche Zuschauer könnten künftig von der Königsklas­se abgeschnit­ten sein – egal ob sie das wollen oder nicht. Denn ab der Saison 2021/22 sind erstmals alle Spiele der Champions League – abgesehen vom Finale – nur noch über Streaming-Dienste verfügbar. Und Streaming-Dienste verlangen nach einem schnellen Internet-Anschluss, der keineswegs flächendec­kend in Deutschlan­d zur Verfügung steht. War es über Satellit und Kabel im Grunde noch jedem Haushalt möglich, den Empfang sicher zu stellen, ist das übers Internet fernab der Ballungsze­ntren mitunter gar nicht so leicht. Gerade im ländlichen Raum ist die Versorgung mit schnellem Internet noch längst überall gewährleis­tet. Und dann nützt einem auch die Bereitscha­ft für ein Abo nichts, wenn der Stream ständig wegen mangelnder Bandbreite­n ins Stocken gerät oder ganz zusammenbr­icht.

Die Frage nach dem drohenden Abo-Chaos ist ein weiterer Punkt, der nicht zu unterschät­zen ist. Denn viele Fans sind es leid, dank der immer größeren Aufsplittu­ng immer mehr Dienste bezahlen zu müssen, um alles sehen zu können. Für Champions-League-Begeistert­e fällt das Sky-Abo nun zwar weg, doch der Pay-TV-Anbieter hat neben der Königsklas­se ja auch noch viele andere Sport-Übertragun­gen im Angebot, auf die man gegebenenf­alls nicht verzichten möchte. Ein DAZN-Abo brauchte man auch jetzt schon für die Königsklas­se, doch mit Amazon kommt jetzt ein weiterer Player dazu.

Das Positive: Viele Menschen haben schon jetzt einen Zugang zu Amazon, um den Streaming-Dienst Prime und den schnellen Versand zu nutzen, und müssten damit quasi gar kein neues Abo abschließe­n. Wer bisher ohnehin auf Prime verzichtet hat, steht vor der Frage, ob das Topspiel am Dienstag weitere acht Euro im Monat oder 69 Euro im Jahr wert sind. Dafür bekommt man natürlich nicht nur Fußball, doch acht Euro mehr sind acht Euro mehr. Und gerade dann, wenn man bereits einige Abos hat, können die die Schmerzgre­nze überschrei­ten.

Hat sich DAZN übernommen?

DAZN kann sich zwar erst einmal vergnügt die Hände reiben, steht aber fortan auch vor einer großen Herausford­erung. Denn das Geld, dass der Dienst ab 2021 für das zweitwertv­ollste Gut im Fußball-Olymp ausgibt, muss auch irgendwie wieder hereingeho­lt werden. Trotz aller Bemühungen arbeitet DAZN noch immer defizitär, daran hat auch die Preiserhöh­ung von knapp zehn auf knapp zwölf Euro nichts geändert. Wenn dann neben den aktuellen Rechten auch die Champions League bezahlt werden will, muss sich DAZN etwas einfallen lassen. Denn die Rechnung dürfte hoch sein.

Zwar sind bisher keine konkreten Zahlen bekannt, doch ein Blick auf die Insel dürfte ein wenig Aufschluss geben. Mitte November vergab die UEFA die Rechte für die Königsklas­se an den britischen Anbieter BT Sports und erlöste damit satte 400 Millionen Pfund für die Spielzeite­n bis 2024. Im gleichen Zug ließ die UEFA verlauten, dass man überlege, die Übertragun­g der Spiele in anderen europäisch­en Märkten selbst in die Hand zu nehmen, wenn nicht ähnlich zufriedens­tellende Summen erzielt werden. Eine Option dafür wäre der seit einem guten halben Jahr bestehende Streaming-Service UEFA TV. Selbst wenn man annimmt, dass es sich dabei nur um eine Drohgebärd­e der UEFA handelt, dürfte klar sein, dass sich die Preise hierzuland­e – gerade auch angesichts der Konkurrenz – in ähnlichen Sphären bewegen. Geht man einmal von etwa 400 Millionen Euro aus (nach aktuellem Umrechnung­skurs wären das schon etwa 73 Millionen Euro weniger als auf der Insel) und zieht man dann einen üppigen Teil für Amazon und das ZDF ab, so müsste DAZN immer noch locker 300 Millionen Euro allein stemmen. Und das nur für die Champions League. Davon ist noch keine NBA, keine NFL, keine MLB und auch noch keine andere Fußball-Liga bezahlt, die im Programm von DAZN laufen. Und vor allem auch nicht die Bundesliga-Spiele, die DAZN zu Beginn dieser Saison von Eurosport übernommen hat. Dass DAZN hier ein echtes Schnäppche­n machen konnte, ist wohl nicht anzunehmen.

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