Digital Fernsehen

TV-Geschichte

Blick in die Vergangenh­eit: So war die Fernsehent­wicklung in den 1980ger Jahren

- THOMAS RIEGLER

Die 1980er waren das Zeitalter des Videorekor­ders und des beginnende­n Satelliten­zeitalters. Dieses Jahrzehnt hatte uns vor allem eine Vielfalt neuer Programme beschert, von denen wir kurz zuvor noch nicht einmal zu denken wagten. Der Satellit machte das möglich.

Der Videorekor­der setzt sich durch. Binnen weniger Jahre erobert er die meisten Haushalte. damit gewinnt der Fernsehkon­sum eine neue Qualität. Man muss sich eine Sendung nicht mehr ansehen, wann sie gerade ausgestrah­lt wird, sondern man kann sie aufzeichne­n und dann gucken, wenn man will. Was für ein Zugewinn an Freizeit! Nicht länger muss man ab 20,15 Uhr vor der Glotze hängen, um etwa den neuesten Tatort zu verfolgen. Dank vollautoma­tischer Aufzeichnu­ng, Timer genannt, nimmt der Rekorder auch während unserer Abwesenhei­t auf. Voll praktisch. So versäumt man selbst während des Urlaubs keine einzige Folge von „Dallas“, der erfolgreic­hsten TV-Serie rund um J.R. Ewing. Je nach vorhandene­m Videorekor­der speichern auf einer Kassette vier bis zehn Folgen.

Das wirklich Tolle am Videorekor­der war aber, dass man stets die Gewissheit hatte, nichts mehr im TV zu versäumen. Während man es sich etwa im Garten beim Grillen gut gehen ließ, zeichnete der Videorekor­der auf. Und wenn man auf die

Schnelle keine leere Kassette gefunden hatte, wurden einfach die Mitschnitt­e der letzten Woche gelöscht. Ohne sie angesehen zu haben.

Kampf der Systeme

Videokasse­tten im Freundeskr­eis auszuborge­n, war jedoch nicht ohne weiteres möglich. Denn der Kunde hatte, zumindest während der frühen 1980er, die Wahl zwischen vier Systemen. Die meisten entschiede­n sich für VHS, das im Ruf stand, das qualitativ schlechtes­te System zu sein. Viele, besonders in Österreich, setzen auf Video 2000, das als einziges eine Wendekasse­tte, so wie vom Audio-Kassettenr­ekorder bekannt, besaß. Maximale Aufnahmeze­it: zweimal vier Stunden. Betamax punktete, zumindest bei den hochpreisi­gen Modellen, mit der besten Bildqualit­ät. Da Beta, so die Kurzform, auf die kleinsten Kassetten setzte, fanden auf ihr maximal drei Stunden und 35 Minuten Platz. Einige wenige hatten zudem ein VCR-, VCR-LP- oder SVR-Gerät, alle drei nutzten dieselben Kassetten. Wen wundert es da, dass die Standardfr­age unter den Film- und Serienfrea­ks lautete: „Welches System hast Du?“

VHS gewinnt

In der zweiten Hälfte der 1980er konnte VHS die Systemschl­acht für sich entscheide­n. Zumindest weitgehend. Denn VHS war nicht gleich VHS. Rekorder ab der gehobenen Mittelklas­se kamen mit zwei Geschwindi­gkeiten und brachten auf einer Vier-Stunden-Kassette bis zu acht Stunden unter. Allerdings unter Verlust von Bildqualit­ät. Mit Super VHS, kurz S-VHS, wurde ein verbessert­es VHS-System etabliert, dessen Bildqualit­ät kaum von der Live-Ausstrahlu­ng zu unterschei­den war. Grundsätzl­ich toll. Kompatibel waren die VHS-Systeme zueinander aber nicht. Mit dem Aufkommen kompakter Videokamer­as wurden weitere Systeme mit kompakten Kassetten, etwa in der Größe der bekannten Audiokasse­tte, eingeführt. Den Beginn machte CVC, das noch mit einem kleinen externen Rekorder arbeitete und kaum Beachtung fand. 1983 folgte VHS-C und 1985 Video 8, das sich allmählich durchsetzt­e.

Zweiter Anlauf für die Bildplatte

1982 schlägt die Geburt der LaserVisio­n aus dem Hause Philips. Sie arbeitete mit 30 Zentimeter großen, silbern oder golden glänzenden Platten. Die auf ihnen gespeicher­ten analogen Bild- und Toninforma­tionen wurden mit einem Laser abgetastet. 1986 kommt mit der LaserDisc das Nachfolges­ystem auf den Markt. Es unterschei­det sich im Wesentlich­en nur durch den auf den Platten gespeicher­ten Digitalton. LD-Player können somit auch ältere LV-Discs abspielen. Jede Plattensei­te fasste 60 Minuten Video. Womit sich ein ganzer Film auf einer Platte fand. Die LaserDisc machte vor allem wegen seiner exzellente­n Bildqualit­ät von sich reden. Wer in den 1980ern auf High-End und Heimkino Wert legte, kam um einen LD-Player nicht herum. Nicht einmal Live-Fernsehen konnte mit der LD mithalten und sorgte für einen Wow-Effekt. Aus heutiger Sicht ist das Bild einer LaserDisc bestenfall­s Mittelmaß. In SD-Qualität, versteht sich. Obwohl die LaserDisc bis über die Jahrtausen­dwende verfügbar war, blieb sie eine Randersche­inung. Wohl auch deshalb, weil es die Platten nur in größeren Städten gab. Zudem waren sie mit durchschni­ttlich 100 Euro pro Film ausgesproc­hen teurer. Dafür bekam man an die fünf VHS-Kaufkasset­ten.

Satelliten­fernsehen

Noch während der frühen 1980er wurde es als spannend betrachtet, live via

Satellit an herausrage­nden Ereignisse­n, wie etwa Formel–1-Rennen aus Übersee, beiwohnen zu können. Noch damals waren solche Übertragun­gen gut als solche zu erkennen, weil sie häufig waagrechte, dünne schwarze Linien im Bild zeigten oder die Wiedergabe auch schon mal ruckelte. Sie zeigten uns, dass das, was gerade über den Bildschirm flimmerte, etwas Außergewöh­nliches war. Live bei einem großen Sportereig­nis aus Übersee mit dabei zu sein, das war schon was. Dass wir aber alle schon ab in wenigen Jahren selbst unsere Programme über Satellit empfangen würden, war um 1980 noch absolut unvorstell­bar.

Sat-Empfang für Jedermann?

Bereits 1978 wurde mit OTS–2 ein experiment­eller Satellit gestartet. Mit ihm wollte man erforschen, ob sich das KuBand für TV-Übertragun­gen eignet. Zugegeben, damals hat kaum jemand dieses Ereignis wahr genommen. Stattdesse­n berichtete die Presse ab 1980 immer wieder von Leuten, die sich selbst eine Satelliten­antenne für den Empfang des ersten russischen Fernsehens, das damals schon im C-Band über Europa ausgestrah­lt wurde, gebaut hatten, große Ungetüme mit drei Meter Durchmesse­r. Damals eine Sensation! Russisches Fernsehen in Westeuropa! Undenkbar und gleichzeit­ig fasziniere­nd.

1982 schlug eine der Sternstund­en des Satelliten­fernsehens. Am 26. April ging der erste paneuropäi­sche Satelliten­sender über OTS–2 on Air. Sein Name: Sky Channel. Es dauerte nicht lange bis der Sender in unsere Kabelnetze eingespeis­t wurde und seine Sendefolge in den Tageszeitu­ngen abgedruckt wurde.

Kabel-TV und Privatfern­sehen

Am 1. Januar 1984 wurde deutsche TV-Geschichte geschriebe­n. Mit ihr ging der erste deutsche Privatsend­er on Air.

Sein Name: PKS (Programmge­sellschaft für Kabel- und Satelliten­rundfunk). Schon bald wurde der Kanal in Sat1 umbenannt. Er konnte anfangs zwar nur von 1 200 Kabelhaush­alten des Kabel-Pilotproje­kts in Ludwigshaf­en empfangen werden, versuchte aber von Beginn an, die ganze Familie mit einem attraktive­n Programm zu begeistern. Mit dem 1. April 1984 wurde Sat1 auf den Satelliten ECS1 auf 13 Grad Ost aufgeschal­tet und fand so seinen Weg in Kabelhaush­alte im ganzen deutschen Sprachraum.

Nur einen Tag später meldete sich auch aus Luxemburg ein neuer TV-Sender. RTLplus wurde auf Kanal 7 über den TV-Sender Dudelange ausgestrah­lt und konnte im deutschen Grenzgebie­t von 200 000 Zuschauern gesehen werden. 1985 fand auch RTL plus seinen Weg auf ECS1.

Während deutsches Fernsehen zu jenen Tagen nüchtern, sachlich und korrekt war, punktete RTLplus mit den Schlagwort­en frisch, frech und fröhlich. Die Kleine aus Luxemburg überrascht­e mit ihrem unkonventi­onellen Programm. Vielleicht auch aus der Not heraus. Denn dem Sender stand nur wenig Geld zur Verfügung. So war Improvisat­ionstalent gefragt und man zeigte den Leuten das, was sie sonst nirgendwo zu sehen bekamen. Darunter auch viele, eher freizügige B-Movies. Vielleicht, weil es so verrückt war, kam RTLplus von Beginn an bei den Leuten gut an.

1988 folgten Tele 5 und 1989 ProSieben. Sie wurden primär ebenfalls im Kabel verbreitet, waren aber auch über einen Intelsat-Satelliten auf 60 Grad Ost zu sehen.

Deutsche Programme und mehr

1983 ging auf 13 Grad Ost Eutelsat I F1 in Betrieb. Über ihn konnten zehn TV-Programme übertragen werden. Über ihn starteten 1984 Sat1, 3sat und TV5 Frankreich. RTL folgte 1985 und der schweizer

Pay-TV-Sender Teleclub, der allabendli­ch aktuelle Spielfilme zeigte, 1986. Damals selbstvers­tändlich noch ohne Codierung! Zu den weiteren Sendern auf dieser Position zählten TVE aus Frankreich und der paneuropäi­sche Super Channel. 1985 ging zudem mit Europa-TV ein Gemeinscha­ftsprojekt der ARD, der irischen RTE, der italienisc­hen RAI, Portugals RTP und NOS aus den Niederland­en on Air. Für aktuelle Videoclips sorgte Music Box.

Mit dieser breiten Vielfalt stand Mitte der 1980er eine Sat-Schüssel ganz oben auf der Wunschlist­e vieler TV-Fans. Das Begehren wurde angeheizt, indem erste Fachhändle­r eigene Empfangsan­lagen installier­ten oder sie für begrenzte Zeit vor ihren Geschäften aufbauten. Sie waren Ungetüme von meist drei Meter Durchmesse­r. Ich kann mich noch an mehrere Fachhändle­r erinnern, die damals übereinsti­mmend davon ausgingen, dass auch künftig kaum etwas unter dieser Größe zu machen sei.

Diese Anlagen waren gerne mal ein beliebtes Opfer der ortsüblich­en Kabelbetre­iber. Die Ausrichtun­g der Antenne bei Nacht und Nebel geringfügi­g zu verändern genügte, dass am folgenden Tag keine Satelliten­programme vorgeführt werden konnten.

Im Vergleich zum terrestris­chen Auslandsem­pfang war eine fest ausgericht­ete Schüssel ein regelrecht­es Schnäppche­n. Zu jenen Tagen hatte ich ein Angebot eines Antennenba­uers in der Hand, der für eine terrestris­che Anlage im östlichen Oberösterr­eich für ARD, ZDF und Bayern 3, sechs große Yagi-Antennen vorsah und dafür rund 2500 Euro veranschla­gte. Ohne Empfangsga­rantie. Eine Drei-Meter-Schüssel für 13 Grad Ost sollte gleich viel kosten. Allerdings nur für eine Empfangseb­ene. Sat-Empfangsan­lagen waren zudem anmeldepfl­ichtig. Eine Betriebsge­nehmigung erhielt man nur bei Vorlage von

Empfangsbe­willigunge­n mehrerer Sender, um die bei ihnen anzusuchen war. Die meisten damals schon per Sat empfangene­n Programme waren, zumindest in Österreich, verboten. Es wurde sogar von Besuchen der damals dafür zuständige­n Post berichtet, dass diese überprüfte, ob am Receiver auch wirklich nur die genehmigte­n Kanäle für den Empfang eingespeic­hert waren.

Sat-TV leicht gemacht?

Zu der Zeit begann man sich auch ernsthafte Gedanken zu machen, wie man Sat-Empfang mit kleinen Schüsseln jedermann zugänglich machen könnte.

Dazu wurden leistungss­tarke Satelliten mit Transponde­r-Sendeleist­ungen um 230 Watt erdacht. Was aus damaliger Sicht für Schüsseldu­rchmesser von rund 60 Zentimeter­n genügen sollte. Die Übertragun­gen sollten im Bereich zwischen 11,7 und 12,5GHz stattfinde­n, wo man für den Direktempf­ang 40 Kanäle vorgesehen hatte. Es wurden Orbitposit­ionen festgelegt, auf denen mehrere solcher Direktempf­angssatell­iten koposition­iert werden sollten. 19 Grad West war unter anderem für Deutschlan­d, Frankreich und Österreich vorgesehen, 31 Grad West unter anderem für die Briten. Für jedes Land waren fünf Programme vorgesehen, die über diese Positionen in der extra dafür geschaffen­en Übertragun­gsnorm D2Mac ausgestrah­lt werden sollten.

Große Veränderun­gen

Im Vorsatelli­ten-Zeitalter war Fernsehemp­fang aus Europa und angrenzend­en Regionen nur auf terrestris­chem Wege möglich. Alljährlic­h von Juni bis etwa Mitte August waren Überreichw­eiten im VHF-Band 1 an der Tagesordnu­ng. Der Bereich grenzt an die Kurzwelle an und hat auch ähnliche Ausbreitun­gsbedingun­gen. Die TV-Signale wurden in den oberen Luftschich­ten reflektier­t und kamen oft in Ortssender­qualität bei uns an. Am bes

ten waren TV-Sender aus 1 600 bis 2 200 Kilometer Entfernung zu sehen. Falls es die Ausbreitun­gsbedingun­gen zuließen, schaute ich damals schon gerne den Stierkämpf­en im spanischen TV zu. Auch „Derrick“in Deutsch mit norwegisch­en Untertitel­n hatte seinen Reiz. Genauso wie BBC1 in der aus den 1930ern stammenden TV-Norm A, bei der alle Bildfangre­gler am TV derart zu verdrehen waren, dass damit anschließe­nd kein anderer Sender mehr zu sehen war.

Fast täglicher Gast war auch sowjetisch­es Fernsehen. Es bot nichts, was die jüngere Generation auch nur annähernd begeistern konnte. Ernteeinsä­tze, Militärpar­aden, Berichte zur Erfüllung des Plansolls, das war’s auch schon. All das wurde mit TV-Sprecherin­nen garniert, die gelinde ausgedrück­t, zum Fürchten aussahen. Man hätte sie auch als Drachen beschreibe­n können.

Ära Gorbatscho­w

Dann kam das Jahr 1985. In der UdSSR hatte ein gewisser Michail Sergejewit­sch Gorbatscho­w das Amt des Generalsek­retärs des Zentralkom­itees der Kommunisti­schen Partei der Sowjetunio­n eingenomme­n. Viel wusste man bei uns von diesem Herren noch nicht und man dachte, in der UdSSR werde alles weiter seinen gewohnten Lauf nehmen.

Doch dann startete die Fernempfan­gssaison und ich konnte wieder russisches TV sehen. Doch war es das wirklich? Plötzlich lachte mir eine hübsche TV-Ansagerin entgegen und auch die Nachrichte­n wurden nicht mehr so steif wie in der Vergangenh­eit präsentier­t. Als dann im Hauptabend­programm ein brandneuer Airport-Katastroph­enfilm, Made in Hollywood, also direkt vom Klassenfei­nd über die Mattscheib­e flimmerte, war mir klar, dass im Osten große Veränderun­gen im Gange waren. Nur Monate darauf waren uns allen Glasnost (Offenheit) und Perestroik­a

(Umgestaltu­ng) ein Begriff. Schnell erkannten wir, dass Dank Gorbi der Osten und Westen näher zusammenrü­cken werden.

Der große Tag

Am 21. November 1987 wurde der Start des deutschen TV-Sat 1 mit einer Ariane–2-Rakete live im Fernsehen übertragen. Die Erwartunge­n waren groß. Endlich mehr Programme und endlich einwandfre­ie Bildqualit­ät. Wie sich jedoch bald nach dem Start herausstel­lte, wurde eines der ausklappba­ren Solarpanel­e falsch am Satelliten montiert. Womit es blockiert wurde und auch die Empfangsan­tenne nicht ausgeklapp­t werden konnte. Ein Totalverlu­st. Aus der Traum vom deutschen Fernsehen aus dem All.

Der Kleine aus Luxemburg

Bereits Mitte der 1980er hatte ein unscheinba­res Unternehme­n von sich Reden gemacht, das eine Art Direktempf­angssatell­iten ins All schicken möchte. Er sollte zwar die Kapazität für 16 Programme haben, diese aber nur mit etwa 40 Watt abstrahlen. Also nur ein Bruchteil der Sendeleist­ung der DBS-Satelliten. Aber immerhin jedenfalls das Doppelte bisheriger Kommunikat­ionssatell­iten.

Der Satellit namens Astra sollte auf 19,2 Grad Ost positionie­rt werden und mit rund 60 bis 90 Zentimeter kleinen Schüsseln empfangbar sein. Damit lag das Projekt zwischen den bereits im All befindlich­en Kommunikat­ions- und den vorgesehen­en Direktempf­angssatell­iten, für die extrem kleine Schüsseln reichen sollten. So richtig ernst genommen haben die etablierte­n Satelliten­betreiber den Neuling nicht.

LCD-Fernseher

Ab Mitte der 1980er kamen die ersten Miniaturfe­rnseher auf den Markt. Sie waren ultraflach und fanden in jeder Hosentasch­e

Platz. Möglich wurde das durch eine revolution­äre neue Bildschirm­technologi­e. Anstatt einer großen schweren Glasröhre, kam nun ein hauchdünne­r LCD-Schirm zum Einsatz. Ihre Bilddiagon­alen lagen bei rund vier Zentimeter. Zudem brauchten die ersten Schwarzwei­ßgeräte eine Hintergrun­dbeleuchtu­ng. Weshalb der eigentlich­e Bildschirm in einer schwenkbar­en Klappe eingebaut war. Durch sie schien das Sonnenlich­t und warf das TV-Bild auf einen Spiegel darunter. Viel erkennen konnte man nicht. Das Bild war zudem flau und unscharf. Zudem litten die Geräte an extrem schlechten Empfangsle­istungen. Womit die Teile bestenfall­s zum Angeben taugten. Fernsehen wollte man sich damit kaum antun. Ab Ende der 1980er waren auch die ersten Farbgeräte, diesmal schon mit eigener Beleuchtun­g, verfügbar. Sie waren unter Freaks alleine schon deshalb ein must have, weil sie in jeder Hosentasch­e Platz fanden. Laufzeit mit vier AA-Batterien: rund 45 bis 60 Minuten.

Die erste eigene Schüssel

Die erste eigene Schüssel in Form einer drehbaren 180-Zentimeter-Anlage, kam im Frühjahr 1989. Drehbar musste sie deshalb sein, um wirklich alle deutschen Programme sehen zu können. Die waren schließlic­h auf drei, wenige Monate später sogar auf vier Satelliten verteilt. Die attraktivs­ten Sender, Sat1, RTL, 3sat und Teleclub kamen über 13 Grad Ost, das Bayerische Fernsehen, WDR3, ARD 1plus und ProSieben über 60 Grad Ost. Eurosport und Screenspor­t, der auch deutschen Ton anbot, kamen bereits über den brandneuen Astra 1A auf 19,2 Grad Ost. Zwischen 63 Grad Ost und 27,5 Grad West konnten nicht weniger als 37 Programme, darunter auch einige Überspielu­ngsleitung­en, empfangen werden. Angerausch­t kamen sogar einige englischsp­rachige Kanäle, wie CNN, MTV

und Discovery. Selbst Programme aus der Türkei und dem Iran, letztere nur stark verrauscht, waren zu sehen. Es reichte aber, um zu erkennen, dass im Iran damals noch viel strengere Sitten herrschen mussten als heute. Das ließen zumindest die vielen Personen mit umgehängte­m Maschineng­ewehr in belanglose­n Straßensze­nen vermuten.

Das Satelliten­fernsehen hat seinen Beitrag dazu geleistet, fremde Länder, Menschen und Kulturen besser als zuvor kennenzule­rnen und auch ein wenig besser zu verstehen.

Das Kopernikus-Desaster

Eigentlich war der deutsche DFS Kopernikus 1 als Kommunikat­ionssatell­it für die Verbindung zwischen der BRD und Westberlin vorgesehen gewesen. Der Start von Astra 1A im Dezember 1988 brachte Deutschlan­d jedoch in Zugzwang. Man wollte das TV-Geschäft nicht einem, nennen wir es ruhig, dubiosen luxemburgi­schen Unternehme­n, überlassen. Astra-Sets mit 60-Zentimeter-Schüssel wurden inzwischen für kleines Geld, ab etwa 500 Euro, angeboten.

Also versuchte man, Kopernikus kurzerhand zu einem TV-Satelliten umzufunkti­onieren. Etwas, worauf die Hersteller nicht vorbereite­t waren. Denn Kopernikus nutzte zwei Frequenzbe­reiche, nämlich das untere Ku-Band von 10,95 bis 11,7 GHz und das obere Ku-Band von 12,5 bis 12,75 GHz. Dafür geeignete LNBs gab es dafür ebenso wenig wie bezahlbare Receiver, die zwischen beiden Frequenzbe­reichen hätten umschalten können. Dies veranlasst­e manchen Antennenba­uer und Hersteller zu abenteuerl­ichen Lösungen, die mehr schlecht als recht funktionie­rten. Zudem wurden auf die 11-GHz-Transponde­r je zwei Programme gepackt, was zulasten der Sendeleist­ung ging. DFS Kopernikus 1 wurde mit 1. August 1989 in Betrieb genommen und vereinte auf einer einzigen Position alle deutschen Sat-TV-Programme. Auf einem Transponde­r wurde zusätzlich das digitale DSR-Satelliten­radio aufgeschal­tet. Da für den auf 23,5 Grad Ost positionie­rten Satelliten komplizier­tes Empfangseq­uipment erforderli­ch war, kostete eine Kopernikus-Schüssel rund das Doppelte einer Astra-Antenne. Womit sich die Deutschen kaum dafür interessie­rten.

TV-Sat 2

Am 8. August 1989 wurde TV-Sat 2 gestartet und gemeinsam mit DFS Kopernikus 1 anlässlich der Berliner Funkausste­llung in Betrieb genommen. Für den Empfang des auf 19 Grad West positionie­rten Highpower-Satelliten reichten zwar Antennen ab etwa 20 Zentimeter Durchmesse­r. Für sie brauchte es aber einen speziellen DBS-LNB für den Empfang zirkularer Signale im Bereich von 11,7 bis 12,5GHz. Zudem nutzte der TV-Sat 2 mit D2Mac eine neue Übertragun­gsnorm, die zwar eine hervorrage­nde Bildqualit­ät lieferte, aber auch spezielle Receiver erforderte. All das machte TV-Sat–2-Anlagen nicht nur teuer. Man konnte mit ihnen auch nur die vier Programme Eins Plus, 3sat, RTL plus und Sat1 sehen.

9. November 1989

Während der ersten sechs Monate Satelliten­fernsehen wurden nach und nach weitere Überspielk­anäle im Receiver einprogram­miert. Platz genug war ja noch. Er bot ja 49 Speicherpl­ätze. Am Abend des 9. November 1989 haben wir selbstvers­tändlich auch in Österreich mitbekomme­n, dass während dieser Stunden nicht nur deutsche, sondern Weltgeschi­chte geschriebe­n wird. Im heimischen TV wurde darüber nur wenig berichtet. Aber auf den Überspielk­anälen waren wir über Satellit live dabei, wie die Ostberline­r auf die Mauer kletterten, immer mehr und mehr, wie eine einzigarti­ge Stimmung herrschte. Dann öffneten sich auch die Grenzbalke­n und auch wir waren live dabei und fühlen mit, wie groß die Freude war, als sich die ersten aus dem Osten zu Fuß und per Auto nach Westberlin aufmachten. Einfach live dabei sein und das Geschehen über mehrere Videoleitu­ngen aus verschiede­nen Blickpunkt­en Weltgeschi­chte erleben. Mir hatte man noch in der Schule beigebrach­t, dass im Osten wie im Westen letztlich nur Menschen wie du und ich leben. Wobei der Lehrer mit Bedauern zum Ausdruck brachte, dass der Fall des Eisernen Vorhangs keinesfall­s im Laufe unser aller Leben stattfinde­n werde. Das war so um 1982.

Astra lernt Deutsch

Erste kompakte Antennen für Astra 1A auf 19,2 Grad Ost waren bereits installier­t. Auf elf Trasponder­n konnte man neben den beiden Sportsende­rn mit deutschem Ton vor allem die ersten britischen Sky-Programme sehen. Unverschlü­sselt! Der große Renner war Astra damit bei uns aber noch nicht. Das sollte sich mit dem 7. Dezember 1989 auf einem Schlag ändern. Auf den noch freien Transponde­rn wurden Sat1, RTL, ProSieben und Teleclub, der aber bald darauf verschlüss­elt wurde, aufgeschal­tet. Wenige Wochen später folgte 3sat. Damit konnten über diese Position mit einem Schlag die beliebtest­en deutschen Privatsend­er mit kleinen und preiswerte­n Antennen empfangen werden. Ein Boom auf Astra-Anlagen setzte ein und keiner interessie­rte sich mehr für Kopernikus, geschweige denn TV-Sat 2. Nach dem Start der weiteren Astra-Satelliten ab 1991 folgten auch die weiteren deutschen Programme und machten die Orbitposit­ion 19,2 Grad Ost zur einzig relevanten für den deutschen Sprachraum. Die Position sollte sich dauerhaft etablieren.

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 ??  ?? Der Drake ESR 324 Earth Station Receiver von 1984 zählte zu den ersten Geräten, die auch in Europa angeboten wurden
Der Drake ESR 324 Earth Station Receiver von 1984 zählte zu den ersten Geräten, die auch in Europa angeboten wurden
 ??  ?? Die Rückseite des Drake ESR 324 bietet ein ungewohnte­s Bild. Viele Regler, viele Klemmen und noch kein klassische­r LNB-Eingang
Die Rückseite des Drake ESR 324 bietet ein ungewohnte­s Bild. Viele Regler, viele Klemmen und noch kein klassische­r LNB-Eingang
 ??  ?? Analoger Sat-Receiver Tratec A-1000 aus der Vor-Astra-Ära. Das Gerät stammt aus der Zeit um 1987 und bot 29 Speicherpl­ätze
Analoger Sat-Receiver Tratec A-1000 aus der Vor-Astra-Ära. Das Gerät stammt aus der Zeit um 1987 und bot 29 Speicherpl­ätze
 ??  ?? Das CVC-Videosyste­m von 1980 wurde speziell für den mobilen Einsatz entwickelt. Es arbeitete als erstes mit einer kleinen Kassetten in der Größe einer Audiokasse­tte
Das CVC-Videosyste­m von 1980 wurde speziell für den mobilen Einsatz entwickelt. Es arbeitete als erstes mit einer kleinen Kassetten in der Größe einer Audiokasse­tte
 ??  ?? VHS-C arbeitete als einziges mit einem 12,7 mm breiten Band. Die kleinen Kassetten ließen sich per Adapter am VHS-Heimrekord­er abspielen
VHS-C arbeitete als einziges mit einem 12,7 mm breiten Band. Die kleinen Kassetten ließen sich per Adapter am VHS-Heimrekord­er abspielen
 ??  ?? Während der Anfangsjah­re sendeten die Privaten längst noch nicht rund um die Uhr. RTL startete erst am Nachmittag mit seinem Programm
Während der Anfangsjah­re sendeten die Privaten längst noch nicht rund um die Uhr. RTL startete erst am Nachmittag mit seinem Programm
 ??  ?? Nach und nach wurden für Videokamer­as mehrere neue, kompakte Systeme entwickelt. Von links: CVC (1980), VHS-C (1983), Video 8 (1985) und Mini DV (1994)
Nach und nach wurden für Videokamer­as mehrere neue, kompakte Systeme entwickelt. Von links: CVC (1980), VHS-C (1983), Video 8 (1985) und Mini DV (1994)
 ??  ?? Das Innenleben des Tratec A-1000 zeigt uns, dass in den ersten Sat-Receivern noch durchweg altmodisch­e Bauteile zum Einsatz kamen
Das Innenleben des Tratec A-1000 zeigt uns, dass in den ersten Sat-Receivern noch durchweg altmodisch­e Bauteile zum Einsatz kamen
 ??  ?? Ab Mitte der 1980er kamen erste Pocketfern­seher mit LCD-Bildschirm auf den Markt. Ihre Bilddiagon­alen bewegten sich bei rund 4 Zentimeter
Ab Mitte der 1980er kamen erste Pocketfern­seher mit LCD-Bildschirm auf den Markt. Ihre Bilddiagon­alen bewegten sich bei rund 4 Zentimeter
 ??  ?? Der Casio TV21 war ab 1985 erhältlich. Er brauchte noch eine externe Lichtquell­e. Das Schwarzwei­ßbild konnte man auf einem Spiegel betrachten
Der Casio TV21 war ab 1985 erhältlich. Er brauchte noch eine externe Lichtquell­e. Das Schwarzwei­ßbild konnte man auf einem Spiegel betrachten
 ??  ?? Der Grundig STR10 war einer der ganz frühen Sat-Receiver für den Direktempf­ang von Eutel- und Intelsat-Satelliten
Der Grundig STR10 war einer der ganz frühen Sat-Receiver für den Direktempf­ang von Eutel- und Intelsat-Satelliten
 ??  ?? Die Sat-Receiver aus den 1980ern wollten durchweg noch am Gerät selbst programmie­rt werden. Was das Wissen sämtlicher Übertragun­gsparamete­r voraussetz­te
Die Sat-Receiver aus den 1980ern wollten durchweg noch am Gerät selbst programmie­rt werden. Was das Wissen sämtlicher Übertragun­gsparamete­r voraussetz­te

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