TV-Geschichte
Blick in die Vergangenheit: So war die Fernsehentwicklung in den 1980ger Jahren
Die 1980er waren das Zeitalter des Videorekorders und des beginnenden Satellitenzeitalters. Dieses Jahrzehnt hatte uns vor allem eine Vielfalt neuer Programme beschert, von denen wir kurz zuvor noch nicht einmal zu denken wagten. Der Satellit machte das möglich.
Der Videorekorder setzt sich durch. Binnen weniger Jahre erobert er die meisten Haushalte. damit gewinnt der Fernsehkonsum eine neue Qualität. Man muss sich eine Sendung nicht mehr ansehen, wann sie gerade ausgestrahlt wird, sondern man kann sie aufzeichnen und dann gucken, wenn man will. Was für ein Zugewinn an Freizeit! Nicht länger muss man ab 20,15 Uhr vor der Glotze hängen, um etwa den neuesten Tatort zu verfolgen. Dank vollautomatischer Aufzeichnung, Timer genannt, nimmt der Rekorder auch während unserer Abwesenheit auf. Voll praktisch. So versäumt man selbst während des Urlaubs keine einzige Folge von „Dallas“, der erfolgreichsten TV-Serie rund um J.R. Ewing. Je nach vorhandenem Videorekorder speichern auf einer Kassette vier bis zehn Folgen.
Das wirklich Tolle am Videorekorder war aber, dass man stets die Gewissheit hatte, nichts mehr im TV zu versäumen. Während man es sich etwa im Garten beim Grillen gut gehen ließ, zeichnete der Videorekorder auf. Und wenn man auf die
Schnelle keine leere Kassette gefunden hatte, wurden einfach die Mitschnitte der letzten Woche gelöscht. Ohne sie angesehen zu haben.
Kampf der Systeme
Videokassetten im Freundeskreis auszuborgen, war jedoch nicht ohne weiteres möglich. Denn der Kunde hatte, zumindest während der frühen 1980er, die Wahl zwischen vier Systemen. Die meisten entschieden sich für VHS, das im Ruf stand, das qualitativ schlechteste System zu sein. Viele, besonders in Österreich, setzen auf Video 2000, das als einziges eine Wendekassette, so wie vom Audio-Kassettenrekorder bekannt, besaß. Maximale Aufnahmezeit: zweimal vier Stunden. Betamax punktete, zumindest bei den hochpreisigen Modellen, mit der besten Bildqualität. Da Beta, so die Kurzform, auf die kleinsten Kassetten setzte, fanden auf ihr maximal drei Stunden und 35 Minuten Platz. Einige wenige hatten zudem ein VCR-, VCR-LP- oder SVR-Gerät, alle drei nutzten dieselben Kassetten. Wen wundert es da, dass die Standardfrage unter den Film- und Serienfreaks lautete: „Welches System hast Du?“
VHS gewinnt
In der zweiten Hälfte der 1980er konnte VHS die Systemschlacht für sich entscheiden. Zumindest weitgehend. Denn VHS war nicht gleich VHS. Rekorder ab der gehobenen Mittelklasse kamen mit zwei Geschwindigkeiten und brachten auf einer Vier-Stunden-Kassette bis zu acht Stunden unter. Allerdings unter Verlust von Bildqualität. Mit Super VHS, kurz S-VHS, wurde ein verbessertes VHS-System etabliert, dessen Bildqualität kaum von der Live-Ausstrahlung zu unterscheiden war. Grundsätzlich toll. Kompatibel waren die VHS-Systeme zueinander aber nicht. Mit dem Aufkommen kompakter Videokameras wurden weitere Systeme mit kompakten Kassetten, etwa in der Größe der bekannten Audiokassette, eingeführt. Den Beginn machte CVC, das noch mit einem kleinen externen Rekorder arbeitete und kaum Beachtung fand. 1983 folgte VHS-C und 1985 Video 8, das sich allmählich durchsetzte.
Zweiter Anlauf für die Bildplatte
1982 schlägt die Geburt der LaserVision aus dem Hause Philips. Sie arbeitete mit 30 Zentimeter großen, silbern oder golden glänzenden Platten. Die auf ihnen gespeicherten analogen Bild- und Toninformationen wurden mit einem Laser abgetastet. 1986 kommt mit der LaserDisc das Nachfolgesystem auf den Markt. Es unterscheidet sich im Wesentlichen nur durch den auf den Platten gespeicherten Digitalton. LD-Player können somit auch ältere LV-Discs abspielen. Jede Plattenseite fasste 60 Minuten Video. Womit sich ein ganzer Film auf einer Platte fand. Die LaserDisc machte vor allem wegen seiner exzellenten Bildqualität von sich reden. Wer in den 1980ern auf High-End und Heimkino Wert legte, kam um einen LD-Player nicht herum. Nicht einmal Live-Fernsehen konnte mit der LD mithalten und sorgte für einen Wow-Effekt. Aus heutiger Sicht ist das Bild einer LaserDisc bestenfalls Mittelmaß. In SD-Qualität, versteht sich. Obwohl die LaserDisc bis über die Jahrtausendwende verfügbar war, blieb sie eine Randerscheinung. Wohl auch deshalb, weil es die Platten nur in größeren Städten gab. Zudem waren sie mit durchschnittlich 100 Euro pro Film ausgesprochen teurer. Dafür bekam man an die fünf VHS-Kaufkassetten.
Satellitenfernsehen
Noch während der frühen 1980er wurde es als spannend betrachtet, live via
Satellit an herausragenden Ereignissen, wie etwa Formel–1-Rennen aus Übersee, beiwohnen zu können. Noch damals waren solche Übertragungen gut als solche zu erkennen, weil sie häufig waagrechte, dünne schwarze Linien im Bild zeigten oder die Wiedergabe auch schon mal ruckelte. Sie zeigten uns, dass das, was gerade über den Bildschirm flimmerte, etwas Außergewöhnliches war. Live bei einem großen Sportereignis aus Übersee mit dabei zu sein, das war schon was. Dass wir aber alle schon ab in wenigen Jahren selbst unsere Programme über Satellit empfangen würden, war um 1980 noch absolut unvorstellbar.
Sat-Empfang für Jedermann?
Bereits 1978 wurde mit OTS–2 ein experimenteller Satellit gestartet. Mit ihm wollte man erforschen, ob sich das KuBand für TV-Übertragungen eignet. Zugegeben, damals hat kaum jemand dieses Ereignis wahr genommen. Stattdessen berichtete die Presse ab 1980 immer wieder von Leuten, die sich selbst eine Satellitenantenne für den Empfang des ersten russischen Fernsehens, das damals schon im C-Band über Europa ausgestrahlt wurde, gebaut hatten, große Ungetüme mit drei Meter Durchmesser. Damals eine Sensation! Russisches Fernsehen in Westeuropa! Undenkbar und gleichzeitig faszinierend.
1982 schlug eine der Sternstunden des Satellitenfernsehens. Am 26. April ging der erste paneuropäische Satellitensender über OTS–2 on Air. Sein Name: Sky Channel. Es dauerte nicht lange bis der Sender in unsere Kabelnetze eingespeist wurde und seine Sendefolge in den Tageszeitungen abgedruckt wurde.
Kabel-TV und Privatfernsehen
Am 1. Januar 1984 wurde deutsche TV-Geschichte geschrieben. Mit ihr ging der erste deutsche Privatsender on Air.
Sein Name: PKS (Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk). Schon bald wurde der Kanal in Sat1 umbenannt. Er konnte anfangs zwar nur von 1 200 Kabelhaushalten des Kabel-Pilotprojekts in Ludwigshafen empfangen werden, versuchte aber von Beginn an, die ganze Familie mit einem attraktiven Programm zu begeistern. Mit dem 1. April 1984 wurde Sat1 auf den Satelliten ECS1 auf 13 Grad Ost aufgeschaltet und fand so seinen Weg in Kabelhaushalte im ganzen deutschen Sprachraum.
Nur einen Tag später meldete sich auch aus Luxemburg ein neuer TV-Sender. RTLplus wurde auf Kanal 7 über den TV-Sender Dudelange ausgestrahlt und konnte im deutschen Grenzgebiet von 200 000 Zuschauern gesehen werden. 1985 fand auch RTL plus seinen Weg auf ECS1.
Während deutsches Fernsehen zu jenen Tagen nüchtern, sachlich und korrekt war, punktete RTLplus mit den Schlagworten frisch, frech und fröhlich. Die Kleine aus Luxemburg überraschte mit ihrem unkonventionellen Programm. Vielleicht auch aus der Not heraus. Denn dem Sender stand nur wenig Geld zur Verfügung. So war Improvisationstalent gefragt und man zeigte den Leuten das, was sie sonst nirgendwo zu sehen bekamen. Darunter auch viele, eher freizügige B-Movies. Vielleicht, weil es so verrückt war, kam RTLplus von Beginn an bei den Leuten gut an.
1988 folgten Tele 5 und 1989 ProSieben. Sie wurden primär ebenfalls im Kabel verbreitet, waren aber auch über einen Intelsat-Satelliten auf 60 Grad Ost zu sehen.
Deutsche Programme und mehr
1983 ging auf 13 Grad Ost Eutelsat I F1 in Betrieb. Über ihn konnten zehn TV-Programme übertragen werden. Über ihn starteten 1984 Sat1, 3sat und TV5 Frankreich. RTL folgte 1985 und der schweizer
Pay-TV-Sender Teleclub, der allabendlich aktuelle Spielfilme zeigte, 1986. Damals selbstverständlich noch ohne Codierung! Zu den weiteren Sendern auf dieser Position zählten TVE aus Frankreich und der paneuropäische Super Channel. 1985 ging zudem mit Europa-TV ein Gemeinschaftsprojekt der ARD, der irischen RTE, der italienischen RAI, Portugals RTP und NOS aus den Niederlanden on Air. Für aktuelle Videoclips sorgte Music Box.
Mit dieser breiten Vielfalt stand Mitte der 1980er eine Sat-Schüssel ganz oben auf der Wunschliste vieler TV-Fans. Das Begehren wurde angeheizt, indem erste Fachhändler eigene Empfangsanlagen installierten oder sie für begrenzte Zeit vor ihren Geschäften aufbauten. Sie waren Ungetüme von meist drei Meter Durchmesser. Ich kann mich noch an mehrere Fachhändler erinnern, die damals übereinstimmend davon ausgingen, dass auch künftig kaum etwas unter dieser Größe zu machen sei.
Diese Anlagen waren gerne mal ein beliebtes Opfer der ortsüblichen Kabelbetreiber. Die Ausrichtung der Antenne bei Nacht und Nebel geringfügig zu verändern genügte, dass am folgenden Tag keine Satellitenprogramme vorgeführt werden konnten.
Im Vergleich zum terrestrischen Auslandsempfang war eine fest ausgerichtete Schüssel ein regelrechtes Schnäppchen. Zu jenen Tagen hatte ich ein Angebot eines Antennenbauers in der Hand, der für eine terrestrische Anlage im östlichen Oberösterreich für ARD, ZDF und Bayern 3, sechs große Yagi-Antennen vorsah und dafür rund 2500 Euro veranschlagte. Ohne Empfangsgarantie. Eine Drei-Meter-Schüssel für 13 Grad Ost sollte gleich viel kosten. Allerdings nur für eine Empfangsebene. Sat-Empfangsanlagen waren zudem anmeldepflichtig. Eine Betriebsgenehmigung erhielt man nur bei Vorlage von
Empfangsbewilligungen mehrerer Sender, um die bei ihnen anzusuchen war. Die meisten damals schon per Sat empfangenen Programme waren, zumindest in Österreich, verboten. Es wurde sogar von Besuchen der damals dafür zuständigen Post berichtet, dass diese überprüfte, ob am Receiver auch wirklich nur die genehmigten Kanäle für den Empfang eingespeichert waren.
Sat-TV leicht gemacht?
Zu der Zeit begann man sich auch ernsthafte Gedanken zu machen, wie man Sat-Empfang mit kleinen Schüsseln jedermann zugänglich machen könnte.
Dazu wurden leistungsstarke Satelliten mit Transponder-Sendeleistungen um 230 Watt erdacht. Was aus damaliger Sicht für Schüsseldurchmesser von rund 60 Zentimetern genügen sollte. Die Übertragungen sollten im Bereich zwischen 11,7 und 12,5GHz stattfinden, wo man für den Direktempfang 40 Kanäle vorgesehen hatte. Es wurden Orbitpositionen festgelegt, auf denen mehrere solcher Direktempfangssatelliten kopositioniert werden sollten. 19 Grad West war unter anderem für Deutschland, Frankreich und Österreich vorgesehen, 31 Grad West unter anderem für die Briten. Für jedes Land waren fünf Programme vorgesehen, die über diese Positionen in der extra dafür geschaffenen Übertragungsnorm D2Mac ausgestrahlt werden sollten.
Große Veränderungen
Im Vorsatelliten-Zeitalter war Fernsehempfang aus Europa und angrenzenden Regionen nur auf terrestrischem Wege möglich. Alljährlich von Juni bis etwa Mitte August waren Überreichweiten im VHF-Band 1 an der Tagesordnung. Der Bereich grenzt an die Kurzwelle an und hat auch ähnliche Ausbreitungsbedingungen. Die TV-Signale wurden in den oberen Luftschichten reflektiert und kamen oft in Ortssenderqualität bei uns an. Am bes
ten waren TV-Sender aus 1 600 bis 2 200 Kilometer Entfernung zu sehen. Falls es die Ausbreitungsbedingungen zuließen, schaute ich damals schon gerne den Stierkämpfen im spanischen TV zu. Auch „Derrick“in Deutsch mit norwegischen Untertiteln hatte seinen Reiz. Genauso wie BBC1 in der aus den 1930ern stammenden TV-Norm A, bei der alle Bildfangregler am TV derart zu verdrehen waren, dass damit anschließend kein anderer Sender mehr zu sehen war.
Fast täglicher Gast war auch sowjetisches Fernsehen. Es bot nichts, was die jüngere Generation auch nur annähernd begeistern konnte. Ernteeinsätze, Militärparaden, Berichte zur Erfüllung des Plansolls, das war’s auch schon. All das wurde mit TV-Sprecherinnen garniert, die gelinde ausgedrückt, zum Fürchten aussahen. Man hätte sie auch als Drachen beschreiben können.
Ära Gorbatschow
Dann kam das Jahr 1985. In der UdSSR hatte ein gewisser Michail Sergejewitsch Gorbatschow das Amt des Generalsekretärs des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion eingenommen. Viel wusste man bei uns von diesem Herren noch nicht und man dachte, in der UdSSR werde alles weiter seinen gewohnten Lauf nehmen.
Doch dann startete die Fernempfangssaison und ich konnte wieder russisches TV sehen. Doch war es das wirklich? Plötzlich lachte mir eine hübsche TV-Ansagerin entgegen und auch die Nachrichten wurden nicht mehr so steif wie in der Vergangenheit präsentiert. Als dann im Hauptabendprogramm ein brandneuer Airport-Katastrophenfilm, Made in Hollywood, also direkt vom Klassenfeind über die Mattscheibe flimmerte, war mir klar, dass im Osten große Veränderungen im Gange waren. Nur Monate darauf waren uns allen Glasnost (Offenheit) und Perestroika
(Umgestaltung) ein Begriff. Schnell erkannten wir, dass Dank Gorbi der Osten und Westen näher zusammenrücken werden.
Der große Tag
Am 21. November 1987 wurde der Start des deutschen TV-Sat 1 mit einer Ariane–2-Rakete live im Fernsehen übertragen. Die Erwartungen waren groß. Endlich mehr Programme und endlich einwandfreie Bildqualität. Wie sich jedoch bald nach dem Start herausstellte, wurde eines der ausklappbaren Solarpanele falsch am Satelliten montiert. Womit es blockiert wurde und auch die Empfangsantenne nicht ausgeklappt werden konnte. Ein Totalverlust. Aus der Traum vom deutschen Fernsehen aus dem All.
Der Kleine aus Luxemburg
Bereits Mitte der 1980er hatte ein unscheinbares Unternehmen von sich Reden gemacht, das eine Art Direktempfangssatelliten ins All schicken möchte. Er sollte zwar die Kapazität für 16 Programme haben, diese aber nur mit etwa 40 Watt abstrahlen. Also nur ein Bruchteil der Sendeleistung der DBS-Satelliten. Aber immerhin jedenfalls das Doppelte bisheriger Kommunikationssatelliten.
Der Satellit namens Astra sollte auf 19,2 Grad Ost positioniert werden und mit rund 60 bis 90 Zentimeter kleinen Schüsseln empfangbar sein. Damit lag das Projekt zwischen den bereits im All befindlichen Kommunikations- und den vorgesehenen Direktempfangssatelliten, für die extrem kleine Schüsseln reichen sollten. So richtig ernst genommen haben die etablierten Satellitenbetreiber den Neuling nicht.
LCD-Fernseher
Ab Mitte der 1980er kamen die ersten Miniaturfernseher auf den Markt. Sie waren ultraflach und fanden in jeder Hosentasche
Platz. Möglich wurde das durch eine revolutionäre neue Bildschirmtechnologie. Anstatt einer großen schweren Glasröhre, kam nun ein hauchdünner LCD-Schirm zum Einsatz. Ihre Bilddiagonalen lagen bei rund vier Zentimeter. Zudem brauchten die ersten Schwarzweißgeräte eine Hintergrundbeleuchtung. Weshalb der eigentliche Bildschirm in einer schwenkbaren Klappe eingebaut war. Durch sie schien das Sonnenlicht und warf das TV-Bild auf einen Spiegel darunter. Viel erkennen konnte man nicht. Das Bild war zudem flau und unscharf. Zudem litten die Geräte an extrem schlechten Empfangsleistungen. Womit die Teile bestenfalls zum Angeben taugten. Fernsehen wollte man sich damit kaum antun. Ab Ende der 1980er waren auch die ersten Farbgeräte, diesmal schon mit eigener Beleuchtung, verfügbar. Sie waren unter Freaks alleine schon deshalb ein must have, weil sie in jeder Hosentasche Platz fanden. Laufzeit mit vier AA-Batterien: rund 45 bis 60 Minuten.
Die erste eigene Schüssel
Die erste eigene Schüssel in Form einer drehbaren 180-Zentimeter-Anlage, kam im Frühjahr 1989. Drehbar musste sie deshalb sein, um wirklich alle deutschen Programme sehen zu können. Die waren schließlich auf drei, wenige Monate später sogar auf vier Satelliten verteilt. Die attraktivsten Sender, Sat1, RTL, 3sat und Teleclub kamen über 13 Grad Ost, das Bayerische Fernsehen, WDR3, ARD 1plus und ProSieben über 60 Grad Ost. Eurosport und Screensport, der auch deutschen Ton anbot, kamen bereits über den brandneuen Astra 1A auf 19,2 Grad Ost. Zwischen 63 Grad Ost und 27,5 Grad West konnten nicht weniger als 37 Programme, darunter auch einige Überspielungsleitungen, empfangen werden. Angerauscht kamen sogar einige englischsprachige Kanäle, wie CNN, MTV
und Discovery. Selbst Programme aus der Türkei und dem Iran, letztere nur stark verrauscht, waren zu sehen. Es reichte aber, um zu erkennen, dass im Iran damals noch viel strengere Sitten herrschen mussten als heute. Das ließen zumindest die vielen Personen mit umgehängtem Maschinengewehr in belanglosen Straßenszenen vermuten.
Das Satellitenfernsehen hat seinen Beitrag dazu geleistet, fremde Länder, Menschen und Kulturen besser als zuvor kennenzulernen und auch ein wenig besser zu verstehen.
Das Kopernikus-Desaster
Eigentlich war der deutsche DFS Kopernikus 1 als Kommunikationssatellit für die Verbindung zwischen der BRD und Westberlin vorgesehen gewesen. Der Start von Astra 1A im Dezember 1988 brachte Deutschland jedoch in Zugzwang. Man wollte das TV-Geschäft nicht einem, nennen wir es ruhig, dubiosen luxemburgischen Unternehmen, überlassen. Astra-Sets mit 60-Zentimeter-Schüssel wurden inzwischen für kleines Geld, ab etwa 500 Euro, angeboten.
Also versuchte man, Kopernikus kurzerhand zu einem TV-Satelliten umzufunktionieren. Etwas, worauf die Hersteller nicht vorbereitet waren. Denn Kopernikus nutzte zwei Frequenzbereiche, nämlich das untere Ku-Band von 10,95 bis 11,7 GHz und das obere Ku-Band von 12,5 bis 12,75 GHz. Dafür geeignete LNBs gab es dafür ebenso wenig wie bezahlbare Receiver, die zwischen beiden Frequenzbereichen hätten umschalten können. Dies veranlasste manchen Antennenbauer und Hersteller zu abenteuerlichen Lösungen, die mehr schlecht als recht funktionierten. Zudem wurden auf die 11-GHz-Transponder je zwei Programme gepackt, was zulasten der Sendeleistung ging. DFS Kopernikus 1 wurde mit 1. August 1989 in Betrieb genommen und vereinte auf einer einzigen Position alle deutschen Sat-TV-Programme. Auf einem Transponder wurde zusätzlich das digitale DSR-Satellitenradio aufgeschaltet. Da für den auf 23,5 Grad Ost positionierten Satelliten kompliziertes Empfangsequipment erforderlich war, kostete eine Kopernikus-Schüssel rund das Doppelte einer Astra-Antenne. Womit sich die Deutschen kaum dafür interessierten.
TV-Sat 2
Am 8. August 1989 wurde TV-Sat 2 gestartet und gemeinsam mit DFS Kopernikus 1 anlässlich der Berliner Funkausstellung in Betrieb genommen. Für den Empfang des auf 19 Grad West positionierten Highpower-Satelliten reichten zwar Antennen ab etwa 20 Zentimeter Durchmesser. Für sie brauchte es aber einen speziellen DBS-LNB für den Empfang zirkularer Signale im Bereich von 11,7 bis 12,5GHz. Zudem nutzte der TV-Sat 2 mit D2Mac eine neue Übertragungsnorm, die zwar eine hervorragende Bildqualität lieferte, aber auch spezielle Receiver erforderte. All das machte TV-Sat–2-Anlagen nicht nur teuer. Man konnte mit ihnen auch nur die vier Programme Eins Plus, 3sat, RTL plus und Sat1 sehen.
9. November 1989
Während der ersten sechs Monate Satellitenfernsehen wurden nach und nach weitere Überspielkanäle im Receiver einprogrammiert. Platz genug war ja noch. Er bot ja 49 Speicherplätze. Am Abend des 9. November 1989 haben wir selbstverständlich auch in Österreich mitbekommen, dass während dieser Stunden nicht nur deutsche, sondern Weltgeschichte geschrieben wird. Im heimischen TV wurde darüber nur wenig berichtet. Aber auf den Überspielkanälen waren wir über Satellit live dabei, wie die Ostberliner auf die Mauer kletterten, immer mehr und mehr, wie eine einzigartige Stimmung herrschte. Dann öffneten sich auch die Grenzbalken und auch wir waren live dabei und fühlen mit, wie groß die Freude war, als sich die ersten aus dem Osten zu Fuß und per Auto nach Westberlin aufmachten. Einfach live dabei sein und das Geschehen über mehrere Videoleitungen aus verschiedenen Blickpunkten Weltgeschichte erleben. Mir hatte man noch in der Schule beigebracht, dass im Osten wie im Westen letztlich nur Menschen wie du und ich leben. Wobei der Lehrer mit Bedauern zum Ausdruck brachte, dass der Fall des Eisernen Vorhangs keinesfalls im Laufe unser aller Leben stattfinden werde. Das war so um 1982.
Astra lernt Deutsch
Erste kompakte Antennen für Astra 1A auf 19,2 Grad Ost waren bereits installiert. Auf elf Traspondern konnte man neben den beiden Sportsendern mit deutschem Ton vor allem die ersten britischen Sky-Programme sehen. Unverschlüsselt! Der große Renner war Astra damit bei uns aber noch nicht. Das sollte sich mit dem 7. Dezember 1989 auf einem Schlag ändern. Auf den noch freien Transpondern wurden Sat1, RTL, ProSieben und Teleclub, der aber bald darauf verschlüsselt wurde, aufgeschaltet. Wenige Wochen später folgte 3sat. Damit konnten über diese Position mit einem Schlag die beliebtesten deutschen Privatsender mit kleinen und preiswerten Antennen empfangen werden. Ein Boom auf Astra-Anlagen setzte ein und keiner interessierte sich mehr für Kopernikus, geschweige denn TV-Sat 2. Nach dem Start der weiteren Astra-Satelliten ab 1991 folgten auch die weiteren deutschen Programme und machten die Orbitposition 19,2 Grad Ost zur einzig relevanten für den deutschen Sprachraum. Die Position sollte sich dauerhaft etablieren.