Iranische Programme mit neuem Heimatsatelliten
Während der letzten Jahre brachte die Inbetriebnahme neuer Satelliten auf exotischen Orbitpositionen stets eine Empfangsverschlechterung mit sich. Die Satellitenbauer verstehen es, sehr zum Ärger von uns DXern, immer besser, die Ausleuchtzonen auf gewünschte Zielgebiete zu begrenzen. Dass es auch anders geht, beweist der neue Intelsat 39 auf 62 Grad Ost.
Intelsat 39 wurde am 6. August 2019 mit einer Ariane-V-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana ins All befördert. Die Startmasse des Satelliten betrug 6,6 Tonnen. Seine Lebensdauer ist für mehr als 15 Jahre ausgelegt. Intelsat 39 besitzt über 56 zirkular und linear polarisierte C-Band-Transponder von je 36 MHz Bandbreite. Im C-Nand liegt der Downlinkbereich zwischen 3,625 und 4,2GHz. Für das Ku-Band stehen 72 Transponder
mit einer Bandbreite von ebenfalls je 36MHz bereit. Sie sind linear polarisiert und arbeiten in den Bereichen 10,7 bis 11,7 GHz und 12,25 bis 12,75 GHz. Am 19. Oktober hat Intelsat 39 die Aufgaben des bereits 2001 gestarteten Intelsat 902 übernommen. Er war ursprünglich für eine Einsatzdauer von 13 Jahren vorgesehen, die er bereits vor fünf Jahren überschritten hat.
Intelsat 902 besaß im Ku-Band nur zwei, relativ eng fokussierte Spotbeams. Einer
war nach Europa ausgerichtet, der zweite auf den Persischen Golf. Über ihn wurden die nationalen und regionalen iranischen Inlandsprogramme verbreitet. Sie waren in unseren Breiten selbst mit 4,5 Meter Durchmesser kaum zu bekommen.
Bei den während der letzten Jahre gestarteten Intelsats verfolgte man die Praxis der eng zugeschnittenen Spotbeams für genau definierte Zielgebiete. Was sich als mittlere Katastrophe für uns DXer herausstellte, muss auch für Intelsat nicht
allzu zufriedenstellend gewesen sein. Wahrscheinlich ließen sich die Übertragungskapazitäten schwerer vermieten, als gedacht. Bei Intelsat 39 wurde zwar auch das Prinzip mehrerer zielgerichteter Footprints beibehalten, immerhin sechs an der Zahl, sie sind aber großzügig gestaltet. So deckt der Europa-Beam des neuen Satelliten so gut wie ganz Europa und den gesamten Mittelmeeraum ab. Er kommt auch mit mehr Leistung und sorgt im deutschen Sprachraum für eine Signalstärke von mindestens 54,2 dBW.
Für uns ohne Bedeutung ist der Ost- und Westbeam für den indischen Ozean. Auch der Johannesburg-Beam, dessen Zentrum über der Demokratischen Republik Kongo liegt. Sein veröffentlichtes Nordende liegt zwar im Sudan und dem Tschad. Ob sich die rund 4000 Kilometer bis zu uns irgendwie überbrücken lassen, wird erst die Zukunft bringen. Weiter besitzt der Satellit einen Spotbeam, der nach Bedarf ausgerichtet werden kann.
Spannender Middle-East Beam
Der Middle East Beam des Intelsat 39 deckt nun in seiner Kernausleuchtzone die gesamte Arabische Halbinsel, sowie den Iran und Afghanistan ab. Darüber hinaus verliert das Signal rasch an Power. Darf sich der Südosten der Türkei noch über 52dBW erfreuen, liegt Istanbul bereits knapp außerhalb der Ausleuchtzone und dürfte bestenfalls noch an die 40 dBW zur Verfügung haben. Klingt nach äußerst schlechten Karten für Europa. Wäre da nicht eine, nennen wir sie Nebenkeule, die Zentraleuropa bis zu den Britischen Inseln versorgt. Ihr Signalmaximum deckt Deutschland und Österreich teilweise ab und beschert uns bis zu 48,3 dBW. Im deutschen Norden und dem österreichischen Süden darf man immer noch mit über 46 dBW rechnen. Womit der erforderliche Mindestdurchmesser bei rund 75 bis 100 Zentimeter liegt. Die Schweiz liegt nicht ganz so günstig. Für sie sind bis rund 1,5 Zentimeter große Schüsseln vonnöten.
C-Band
Im C-Band verfügt Intelsat 39 über sechs Ausleuchtzonen. Der Westhemi-Beam erstreckt sich über Afrika und Europa ohne Skandinavien. Laut veröffentlichter Footprintkarte
werden bei uns bis nahe 40 dBW erreicht. Ungleich spannender ist aber, dass der Satellit auch einen eigenen C-Band-Europa-Footprint besitzt. Er erstreckt sich von Mittelskandinavien bis zur russischen Grenze und Tunesien. Deutschland und Nordösterreich liegen im Signalmaximum mit bis zu 48,5 dBW. Bemerkenswert ist diese Ausleuchtzone alleine unter dem Umstand, dass heute noch nicht vorhersehbar ist, wie sehr der 5G-Mobilfunk künftig den C-Band-Satellitenempfang beeinträchtigen oder gar zerstören wird. Die weiteren C-Band-Ausleuchtzonen spielen bei uns keine Rolle,
diese sind mit vertretbarem Aufwand hierzulande nicht empfangbar.
Ku-Band-Empfangspraxis
Die zusätzliche Europa-Versorgung im Rahmen des Middle-East-Beams macht iranisches Fernsehen bei uns jetzt so leicht empfangbar wie nie zuvor. Während der Jahrzehnte zuvor war der Iran stets ein Ziel für Hardcore-Sat-DXer. Wobei mit der Umstellung der Transponder auf DVB-S2, bei uns selbst mit sehr großen Durchmessern kaum mehr etwas zu machen war. Reizvoll waren die Iraner auf 62 Grad Ost immer schon, weil hier die echten Inlandskanäle liefen und nicht die für das Ausland produzierten Kanäle, wie sie unter anderem auf Hotbird 13 Grad Ost zu sehen sind. Dank Intelsat 39 kann man iranisches Inlands-TV nun auch mit kleinen Durchmessern bei uns sehen. Wobei letztlich doch etwas größere Antennen benötigt werden, als die Signalstärkeangaben der Footprints versprechen. Unseren Erfahrungen zufolge braucht es für den Middle-East-Beam rund 120 Zentimeter. Sie genügen, um bei nicht perfektem Wetter bis rund 8,5 dB über Grundrauschen zu erreichen. Die erforderliche Mindestsignalstärke liegt bei rund 8 dB. Womit zumindest keine Schlechtwetterreserven vorhanden sind. Bei normalem Regen und leichtem Schneefall bricht der Empfang schnell zusammen. Am ehesten werden diese Werte auf der 11,555GHz (Polarisation vertikal, Symbolrate 30 000 MSym/s, FEC ¾, Modulation DVBS-2/8PSK) erreicht. Es ist der Haupttransponder des iranischen Fernsehens, der je 24 freie TV- und Radioprogramme enthält. Zwischen 10,989 und 11,030GHz vertikal werden auf 15 schmalbandigen SCPC-Trägern weitere 29 Regional-TV-Stationen übertragen. Sie kommen jedoch mit rund 2 bis 4 dB schwächer und sind demnach mit einer 120er-Schüssel eher eine Glückssache.
C-Band-Empfang
Die ersten Empfänge im C-Band in Deutschland sind durchaus vielversprechend. Die bislang aufgeschalteten Transponder bewegen sich auf gewohntem Niveau. Zum Teil ist Empfang sogar schon ab 120 Zentimeter möglich. Wobei neben der Antennenqualität auch ideale Wetterverhältnisse
herrschen sollten. Die meisten Transponder kommen jedoch etwas schwächer, sodass die Empfangsbarkeitsgrenze jenseits von 180 Zentimeter liegen kann.
Überspielungen
Intelsat 39 wird neben TV unter anderem auch für Videoüberspielungen genutzt. In internationalen Frequenzlisten sind bisher nur Feeds auf der vertikalen Ebene auf dem Middle-East-Beam vermerkt. Wir konnten auch schon mehrfach Überspielungen auf der horizontalen Ebene beobachten, die, der Signalstärke nach zu urteilen, über den Europa-Beam kommen. Es ist nicht auszuschließen, dass während der nächsten Wochen und Monate, weitere Frequenzen für Videoüberspielungen Nutzung finden werden.