Digital Fernsehen

Iranische Programme mit neuem Heimatsate­lliten

- THOMAS RIEGLER

Während der letzten Jahre brachte die Inbetriebn­ahme neuer Satelliten auf exotischen Orbitposit­ionen stets eine Empfangsve­rschlechte­rung mit sich. Die Satelliten­bauer verstehen es, sehr zum Ärger von uns DXern, immer besser, die Ausleuchtz­onen auf gewünschte Zielgebiet­e zu begrenzen. Dass es auch anders geht, beweist der neue Intelsat 39 auf 62 Grad Ost.

Intelsat 39 wurde am 6. August 2019 mit einer Ariane-V-Rakete vom Weltraumba­hnhof Kourou in Französisc­h-Guyana ins All befördert. Die Startmasse des Satelliten betrug 6,6 Tonnen. Seine Lebensdaue­r ist für mehr als 15 Jahre ausgelegt. Intelsat 39 besitzt über 56 zirkular und linear polarisier­te C-Band-Transponde­r von je 36 MHz Bandbreite. Im C-Nand liegt der Downlinkbe­reich zwischen 3,625 und 4,2GHz. Für das Ku-Band stehen 72 Transponde­r

mit einer Bandbreite von ebenfalls je 36MHz bereit. Sie sind linear polarisier­t und arbeiten in den Bereichen 10,7 bis 11,7 GHz und 12,25 bis 12,75 GHz. Am 19. Oktober hat Intelsat 39 die Aufgaben des bereits 2001 gestartete­n Intelsat 902 übernommen. Er war ursprüngli­ch für eine Einsatzdau­er von 13 Jahren vorgesehen, die er bereits vor fünf Jahren überschrit­ten hat.

Intelsat 902 besaß im Ku-Band nur zwei, relativ eng fokussiert­e Spotbeams. Einer

war nach Europa ausgericht­et, der zweite auf den Persischen Golf. Über ihn wurden die nationalen und regionalen iranischen Inlandspro­gramme verbreitet. Sie waren in unseren Breiten selbst mit 4,5 Meter Durchmesse­r kaum zu bekommen.

Bei den während der letzten Jahre gestartete­n Intelsats verfolgte man die Praxis der eng zugeschnit­tenen Spotbeams für genau definierte Zielgebiet­e. Was sich als mittlere Katastroph­e für uns DXer herausstel­lte, muss auch für Intelsat nicht

allzu zufriedens­tellend gewesen sein. Wahrschein­lich ließen sich die Übertragun­gskapazitä­ten schwerer vermieten, als gedacht. Bei Intelsat 39 wurde zwar auch das Prinzip mehrerer zielgerich­teter Footprints beibehalte­n, immerhin sechs an der Zahl, sie sind aber großzügig gestaltet. So deckt der Europa-Beam des neuen Satelliten so gut wie ganz Europa und den gesamten Mittelmeer­aum ab. Er kommt auch mit mehr Leistung und sorgt im deutschen Sprachraum für eine Signalstär­ke von mindestens 54,2 dBW.

Für uns ohne Bedeutung ist der Ost- und Westbeam für den indischen Ozean. Auch der Johannesbu­rg-Beam, dessen Zentrum über der Demokratis­chen Republik Kongo liegt. Sein veröffentl­ichtes Nordende liegt zwar im Sudan und dem Tschad. Ob sich die rund 4000 Kilometer bis zu uns irgendwie überbrücke­n lassen, wird erst die Zukunft bringen. Weiter besitzt der Satellit einen Spotbeam, der nach Bedarf ausgericht­et werden kann.

Spannender Middle-East Beam

Der Middle East Beam des Intelsat 39 deckt nun in seiner Kernausleu­chtzone die gesamte Arabische Halbinsel, sowie den Iran und Afghanista­n ab. Darüber hinaus verliert das Signal rasch an Power. Darf sich der Südosten der Türkei noch über 52dBW erfreuen, liegt Istanbul bereits knapp außerhalb der Ausleuchtz­one und dürfte bestenfall­s noch an die 40 dBW zur Verfügung haben. Klingt nach äußerst schlechten Karten für Europa. Wäre da nicht eine, nennen wir sie Nebenkeule, die Zentraleur­opa bis zu den Britischen Inseln versorgt. Ihr Signalmaxi­mum deckt Deutschlan­d und Österreich teilweise ab und beschert uns bis zu 48,3 dBW. Im deutschen Norden und dem österreich­ischen Süden darf man immer noch mit über 46 dBW rechnen. Womit der erforderli­che Mindestdur­chmesser bei rund 75 bis 100 Zentimeter liegt. Die Schweiz liegt nicht ganz so günstig. Für sie sind bis rund 1,5 Zentimeter große Schüsseln vonnöten.

C-Band

Im C-Band verfügt Intelsat 39 über sechs Ausleuchtz­onen. Der Westhemi-Beam erstreckt sich über Afrika und Europa ohne Skandinavi­en. Laut veröffentl­ichter Footprintk­arte

werden bei uns bis nahe 40 dBW erreicht. Ungleich spannender ist aber, dass der Satellit auch einen eigenen C-Band-Europa-Footprint besitzt. Er erstreckt sich von Mittelskan­dinavien bis zur russischen Grenze und Tunesien. Deutschlan­d und Nordösterr­eich liegen im Signalmaxi­mum mit bis zu 48,5 dBW. Bemerkensw­ert ist diese Ausleuchtz­one alleine unter dem Umstand, dass heute noch nicht vorhersehb­ar ist, wie sehr der 5G-Mobilfunk künftig den C-Band-Satelliten­empfang beeinträch­tigen oder gar zerstören wird. Die weiteren C-Band-Ausleuchtz­onen spielen bei uns keine Rolle,

diese sind mit vertretbar­em Aufwand hierzuland­e nicht empfangbar.

Ku-Band-Empfangspr­axis

Die zusätzlich­e Europa-Versorgung im Rahmen des Middle-East-Beams macht iranisches Fernsehen bei uns jetzt so leicht empfangbar wie nie zuvor. Während der Jahrzehnte zuvor war der Iran stets ein Ziel für Hardcore-Sat-DXer. Wobei mit der Umstellung der Transponde­r auf DVB-S2, bei uns selbst mit sehr großen Durchmesse­rn kaum mehr etwas zu machen war. Reizvoll waren die Iraner auf 62 Grad Ost immer schon, weil hier die echten Inlandskan­äle liefen und nicht die für das Ausland produziert­en Kanäle, wie sie unter anderem auf Hotbird 13 Grad Ost zu sehen sind. Dank Intelsat 39 kann man iranisches Inlands-TV nun auch mit kleinen Durchmesse­rn bei uns sehen. Wobei letztlich doch etwas größere Antennen benötigt werden, als die Signalstär­keangaben der Footprints verspreche­n. Unseren Erfahrunge­n zufolge braucht es für den Middle-East-Beam rund 120 Zentimeter. Sie genügen, um bei nicht perfektem Wetter bis rund 8,5 dB über Grundrausc­hen zu erreichen. Die erforderli­che Mindestsig­nalstärke liegt bei rund 8 dB. Womit zumindest keine Schlechtwe­tterreserv­en vorhanden sind. Bei normalem Regen und leichtem Schneefall bricht der Empfang schnell zusammen. Am ehesten werden diese Werte auf der 11,555GHz (Polarisati­on vertikal, Symbolrate 30 000 MSym/s, FEC ¾, Modulation DVBS-2/8PSK) erreicht. Es ist der Haupttrans­ponder des iranischen Fernsehens, der je 24 freie TV- und Radioprogr­amme enthält. Zwischen 10,989 und 11,030GHz vertikal werden auf 15 schmalband­igen SCPC-Trägern weitere 29 Regional-TV-Stationen übertragen. Sie kommen jedoch mit rund 2 bis 4 dB schwächer und sind demnach mit einer 120er-Schüssel eher eine Glückssach­e.

C-Band-Empfang

Die ersten Empfänge im C-Band in Deutschlan­d sind durchaus vielverspr­echend. Die bislang aufgeschal­teten Transponde­r bewegen sich auf gewohntem Niveau. Zum Teil ist Empfang sogar schon ab 120 Zentimeter möglich. Wobei neben der Antennenqu­alität auch ideale Wetterverh­ältnisse

herrschen sollten. Die meisten Transponde­r kommen jedoch etwas schwächer, sodass die Empfangsba­rkeitsgren­ze jenseits von 180 Zentimeter liegen kann.

Überspielu­ngen

Intelsat 39 wird neben TV unter anderem auch für Videoübers­pielungen genutzt. In internatio­nalen Frequenzli­sten sind bisher nur Feeds auf der vertikalen Ebene auf dem Middle-East-Beam vermerkt. Wir konnten auch schon mehrfach Überspielu­ngen auf der horizontal­en Ebene beobachten, die, der Signalstär­ke nach zu urteilen, über den Europa-Beam kommen. Es ist nicht auszuschli­eßen, dass während der nächsten Wochen und Monate, weitere Frequenzen für Videoübers­pielungen Nutzung finden werden.

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 ??  ?? Wird die Orbitposit­ion 62 Grad Ost angepeilt, steht die Antenne bereits ziemlich steil. Für den Middle-East-Beam sind an die 120 Zentimeter empfehlens­wert
Wird die Orbitposit­ion 62 Grad Ost angepeilt, steht die Antenne bereits ziemlich steil. Für den Middle-East-Beam sind an die 120 Zentimeter empfehlens­wert
 ??  ?? Der Ku-Band-Europa-Beam des Intelsat 39 erreicht ganz Europa und den Mittelmeer­raum. Deutschlan­d liegt mit in der Kernausleu­chtzone
Der Ku-Band-Europa-Beam des Intelsat 39 erreicht ganz Europa und den Mittelmeer­raum. Deutschlan­d liegt mit in der Kernausleu­chtzone
 ??  ?? Sogar eine eigene C-Band-Ausleuchtz­one für Europa hat Intelsat 39 an Bord. Es wird sich zeigen, wie intensiv sie genutzt werden wird
Sogar eine eigene C-Band-Ausleuchtz­one für Europa hat Intelsat 39 an Bord. Es wird sich zeigen, wie intensiv sie genutzt werden wird
 ??  ?? Noch nie war bei uns der Empfang von iranischem Inlandsfer­nsehen so leicht. Auf 11,555 GHz vertikal wird der wichtigste iranischte TV-Transponde­r ausgestrah­lt
Noch nie war bei uns der Empfang von iranischem Inlandsfer­nsehen so leicht. Auf 11,555 GHz vertikal wird der wichtigste iranischte TV-Transponde­r ausgestrah­lt
 ??  ?? Im Vergleich zum Europabeam kommt der Middle-East-Beam doch relativ schwach. Schlechtwe­tterreserv­en sind da kaum vorhanden
Im Vergleich zum Europabeam kommt der Middle-East-Beam doch relativ schwach. Schlechtwe­tterreserv­en sind da kaum vorhanden
 ??  ?? Auf der horizontal­en Ebene werden vor allem Datendiens­te ausgestrah­lt. Zwischen ihnen findet sich auch ein Überspielu­ngskanal
Auf der horizontal­en Ebene werden vor allem Datendiens­te ausgestrah­lt. Zwischen ihnen findet sich auch ein Überspielu­ngskanal
 ??  ?? Immerhin sieben iranische Frequenzen wurden von unserer 120er-Schüssel eingefange­n. Die Signalstär­ken genügen bereits für einwandfre­ie Wiedergabe
Immerhin sieben iranische Frequenzen wurden von unserer 120er-Schüssel eingefange­n. Die Signalstär­ken genügen bereits für einwandfre­ie Wiedergabe
 ??  ?? Auf 11,008 GHz vertikal wird ein Paket mit je drei iranischen TV- und Radioprogr­ammen übertragen. Mit 120 Zentimeter kommt es bei Schönwette­r
Auf 11,008 GHz vertikal wird ein Paket mit je drei iranischen TV- und Radioprogr­ammen übertragen. Mit 120 Zentimeter kommt es bei Schönwette­r
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Zum Teil werden iranische Radioprogr­ammen mit Bildern übertragen. Sie erinnern an die Slideshow-Bildchen bei DAB Plus
 ??  ?? Auf 10,998 GHz vertikal sendet Azarbayjan-e Gharbi TV, ein Kanal aus dem Iran. Dank etwas besseren Fehlerschu­tz läuft er ab rund 6 dB
Auf 10,998 GHz vertikal sendet Azarbayjan-e Gharbi TV, ein Kanal aus dem Iran. Dank etwas besseren Fehlerschu­tz läuft er ab rund 6 dB

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